Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 III 28



88 III 28

6. Entscheid vom 28. Februar 1962 i.S. Konkursmasse Parkhof AG Regeste

    Konkurs. Verwertung einer Liegenschaft vor Erledigung der
Kollokationsprozesse über ihre Pfandbelastung (Art. 128 Abs. 2 VZG).
Beschwerde gegen den Konkursverwalter, der einen Freihandverkauf als
verfrüht ablehnt.

    1.  Beschwerdefrist (Art. 17 Abs. 2 SchKG). Art. 63 SchKG gilt im
Konkursverfahren nicht. - Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung
(Art. 17 Abs. 3 SchKG).? Die einstweilige Ablehnung einer beantragten
Verwertungsmassnahme kann eine Rechtsverzögerung bedeuten. (Erw. 1.)

    2.  Beschwerdelegitimation. Der Gemeinschuldner kann Verfügungen
der Konkursverwaltung und Gläubigerbeschlüsse über die Verwertung von
Aktiven nur anfechten, wenn sie in seine gesetzlich geschützten Rechte
und Interessen eingreifen. Wann ist dies der Fall? - Für eine im Konkurs
befindliche Aktiengesellschaft können in einem solchen Fall die bisherigen
Organe handeln (Art. 740 Abs. 5 OR). Den einzelnen Aktionären fehlt die
Beschwerdelegitimation. (Erw. 2.)

    3.  Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nach Art. 128
Abs. 2 VZG. Diese Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein ernsthaftes
Kaufsangebot zu einem Preise vorliegt, der neben der Deckung der Kosten
und Masseschulden die vollständige Befriedigung aller angemeldeten und
noch nicht rechtskräftig abgewiesenen Konkursforderungen gestattet. In
einem solchen Falle kann die vorzeitige Verwertung nicht bloss auf dem
Wege der Versteigerung, sondern auch auf dem Wege des Freihandverkaufs
erfolgen. (Erw. 3, 4.)

    4.  Ein Freihandverkauf zu einem solchen Preise bedarf der Zustimmung
der Gläubiger nicht, doch ist allen Gläubigern (und im Falle des Konkurses
einer Aktiengesellschaft auch allen Aktionären) Gelegenheit zu geben,
den angebotenen Preis zu überbieten. (Erw. 5, 6.)

    5.  Einzelheiten des Vorgehens. (Erw. 7, 8.)

Sachverhalt

    A.- In dem am 21. Dezember 1959 eröffneten Konkurs über die
Parkhof AG in Basel fassten die Gläubiger auf Antrag des ausseramtlichen
Konkursverwalters Eugen D. Merki vom 1. September 1961 auf dem Zirkularwege
den Beschluss, die Konkursverwaltung sei zu ermächtigen, das Hauptaktivum
der Masse, die Liegenschaft Sektion IV Parzelle 6723 des Grundbuchs
Basel-Stadt, Aeschengraben 21, nach rechtskräftiger Entscheidung über
Bestand oder Nichtbestand der daran geltend gemachten Grundpfandrechte
freihändig zu verkaufen. Auf Beschwerde des Konkursgläubigers Dr. G. Bollag
hob die kantonale Aufsichtsbehörde diesen Beschluss mit Entscheid vom
14. Oktober 1961 als verfrüht auf. Das Bundesgericht wies den Rekurs des
Konkursverwalters am 9. November 1961 ab.

    B.- Am 6. Dezember 1961 teilte Dr. Bollag dem Substituten des
Konkursverwalters mündlich mit, ein Zürcher Rechtsanwalt habe einen
solventen Käufer an der Hand, der bereit sei, für die Liegenschaft
Aeschengraben 21 den Betrag von 12 Millionen Franken zu bezahlen, d.h.
soviel, dass sämtliche angemeldeten Forderungen samt Zins gedeckt
seien. Er verlangte vom Konkursverwalter unter Berufung auf das
Einverständnis aller Aktionäre der Parkhof AG, dass er die Liegenschaft
ohne vorherige Begrüssung der Gläubiger an den erwähnten Interessenten
verkaufe. Der Konkursverwalter lehnte dieses Vorgehen mit Schreiben
vom 7. Dezember 1961 als rechtswidrig und den Beschwerdeentscheiden vom
14. Oktober und 9. November 1961 widersprechend ab mit dem Bemerken,
auch Dr. Bollag werde zu gegebener Zeit Gelegenheit erhalten, eine
Kaufsofferte einzureichen. Nachdem ihm dieser am 14. Dezember 1961 ein
schriftliches Kaufsangebot von Rechtsanwalt Dr. X. in Zürich zum Preise
von Fr. 12'220,000.-- vorgelegt und ihn aufgefordert hatte, bis zum 18.
Dezember 1961 seine Bereitschaft zu erklären, den Freihandverkauf zu den
von Dr. X. genannten Bedingungen durchzuführen, bestätigte er mit Schreiben
vom 18. Dezember 1961 seinen ablehnenden Bescheid vom 7. Dezember.

    C.- Hierauf führte Dr. Bollag am 19. Dezember 1961 im eigenen Namen
sowie namens der Konkursgläubigerin Hans Seligman-Schürch & Co., des
einzigen Verwaltungsrats der Parkhof AG, Franz Klarer, und "sämtlicher
Aktionäre der Parkhof AG" Beschwerde mit dem Antrag:

    "Es sei der Konkursverwalter anzuweisen, sofort den freihändigen
Verkauf der Liegenschaft Aeschengraben 21 ... mit Herrn Dr. X.,
Rechtsanwalt in Zürich, namens und für Rechnung einer noch zu gründenden
Immobiliengesellschaft, zum Kaufpreis von Fr. 12'220,000.--, inklusive
allfälliger Vermittlungsprovisionen und der Handänderungssteuer sowie der
Notariats- und Grundbuchgebühren, abzuschliessen, unter der Bedingung,
dass Herr Dr. X. den Finanzausweis über die Zahlungsfähigkeit seiner Gruppe
für den Kaufpreis erbringt und die Kosten der Konkursverwaltung, die durch
die Vorkehrungen zum Abschluss des Vertrages entstehen, sicherstellt."

    Am 10. Februar 1962 hat die kantonale Aufsichtsbehörde erkannt:

    "Auf die angeblich von den Inhabern der Aktien Nr. 15-59 und 90-100 der
Parkhof AG angehobene Beschwerde wird mangels Vollmacht ihres Vertreters
nicht eingetreten.

    In teilweiser Gutheissung der von den übrigen Beschwerdeführern
angehobenen Beschwerde wird der Konkursverwalter ... angewiesen, das ihm
... unterbreitete, einen Kaufpreis von Fr. 12'220,000.-- vorschlagende
Kaufsangebot, sobald der Offerent seine Bereitschaft, die Konkursverwaltung
für Kosten und Auslagen bei Scheitern der Verhandlungen zu entschädigen,
erklärt und im vom Konkursverwalter verlangten Betrage hiefür Sicherhet
geleistet hat, unverzüglich im Sinne der Entscheidungsgründe zu prüfen,
den zu fordernden Kaufpreis festzulegen und alles zum Abschluss des Kaufes
Dienliche von seiner Seite aus vorzukehren. Das weitergehende Begehren
der Beschwerde sowie die Kostenanträge der Parteien werden abgewiesen..."

    Über die Prüfung des Angebots von Dr. X., die der Konkursverwalter
gemäss diesem Entscheid nach Sicherstellung der daraus entstehenden Kosten
vorzunehmen hat, wird in den Erwägungen im wesentlichen ausgeführt,
der Konkursverwalter habe zu ermitteln, welcher Kaufpreis zur vollen
Deckung aller Gläubiger und der Massakosten und Massaforderungen (gemeint:
Massaschulden) erforderlich sei. Wenn das Angebot X. neben den Massakosten
und -schulden sämtliche angemeldeten und noch nicht rechtskräftig
abgewiesenen Konkursforderungen decke oder wenn Dr. X. einen allfälligen
Fehlbetrag noch zusätzlich zahlen wolle, habe der Konkursverwalter dieses
Angebot nach Sicherstellung des Kaufpreises anzunehmen, falls keiner
der Gläubiger oder Aktionäre mehr biete. "Die - angemessen befristete -
Möglichkeit hiezu wäre durch Zirkular den Gläubigern einerseits dafür zu
bieten, dass ihre Forderungen V. Klasse ab Konkurseröffnung unverzinslich
werden, und den Aktionären anderseits, um den Konkursverwalter gegen deren
allfällige Behauptung, er habe zu niedrig verkauft, zu schützen." Ein
Zirkularbeschluss wegen des Freihandverkaufs selber sei unter den
gegebenen Umständen unnötig. Das Zirkular an die Aktionäre erübrige sich,
falls diese dem Angebot X. zum voraus einhellig zustimmen sollten. Vom
Zirkular an die Gläubiger dürfte nur abgesehen werden, "falls ihnen
bereits von Gesetzes wegen oder dann seitens der Gemeinschuldnerin ein
Anrecht auf Verzinsung ihrer Konkursforderung bis zum Auszahlungstag,
nicht bloss bis zum Konkurseröffnungstag eingeräumt wird und sie hiefür
gedeckt sein sollten." Da kein Gläubiger mehr als die volle Deckung seiner
Forderung fordern dürfe und keinem ein Anrecht auf bestimmte Teile des
schuldnerischen Vermögens zustehe, sei ein Gläubiger nicht zu begrüssen,
wenn ihm durch eine Verwertungshandlung volle Deckung (wie wenn es nie
zum Konkurs gekommen wäre) gewährleistet werden könne.

    Weitere Erörterungen der kantonalen Aufsichtsbehörde beziehen sich
auf das Kollokationsverfahren und einen allfälligen Konkurswiderruf.

    D.- Diesen Entscheid hat der Konkursverwalter an das Bundesgericht
weitergezogen mit den Anträgen, auf die Beschwerde sei wegen Verspätung
nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen; subeventuell seien
die Beschwerdeführer Dr. Bollag und Mitbeteiligte, soweit sie
überhaupt aktivlegitimiert seien, zur Vorlegung eines vollständigen
und vorbehaltlosen, von einer schweizerischen Grossbank ausgestellten
Kapitalnachweises bzw. zur Hinterlegung des Betrags von Fr. 12'220,000.--
aufzufordern und der Konkursverwalter zu ermächtigen, nach Leistung
dieser Sicherheit den Gläubigern die Genehmigung des Freihandverkaufs an
Dr. X. zu beantragen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerde vom 19. Dezember 1961 richtet sich ihrem Sinne
nach gegen die Verfügung des Konkursverwalters vom 7. Dezember 1961,
die dieser am 18. Dezember nicht etwa durch eine neue Verfügung ersetzt,
sondern ohne neue Sachprüfung durch einen blossen Hinweis auf sie bestätigt
hat. Die Verfügung vom 7. Dezember 1961 ist Dr. Bollag unstreitig vor dem
9. Dezember 1961 zugegangen. Die Beschwerde vom 19. Dezember 1961 ist also
erst nach Ablauf der zehntägigen Frist von Art. 17 Abs. 2 SchKG eingereicht
worden. Diese Frist wurde dadurch, dass ihr Ende in die am 17. Dezember
1961 beginnenden Weihnachts-Betreibungsferien fiel, nicht verlängert,
da Art. 63 SchKG für die Fristen im Konkursverfahren nicht gilt (BGE 40
III 328). Die Beschwerde ist also wegen Verspätung unwirksam, wenn sie
nicht als Beschwerde wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung im
Sinne von Art. 17 Abs. 3 SchKG entgegengenommen werden kann.

    Wird in einem Zwangsvollstreckungsverfahren eine bestimmte Massnahme
unter Angabe sachlicher Gründe (wegen Fehlens von verfahrensrechtlichen
Voraussetzungen) eindeutig abgelehnt, so liegt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts mindestens in der Regel keine Rechtsverweigerung vor,
derentwegen nach Art. 17 Abs. 3 SchKG jederzeit Beschwerde geführt
werden könnte, sondern hat man es mit einer Sachentscheidung zu tun,
die grundsätzlich nur innert der zehntägigen Frist des Art. 17 Abs. 2
SchKG angefochten werden kann (BGE 77 III 85/86, 78 III 22 Erw. 2, 79
III 166, 80 III 24 und 135, 85 III 9). Im vorliegenden Falle hat der
Konkursverwalter die sofortige Annahme des ihm vorgelegten Kaufsangebots
unter Berufung darauf verweigert, dass das ihm zugemutete Vorgehen nach
Konkursrecht unzulässig sei. Unter diesen Umständen kann ihm nach den
erwähnten Präjudizien eine Rechtsverweigerung kaum vorgeworfen werden.

    Die Verfügung vom 7. Dezember 1961 hat jedoch die Besonderheit, dass
der Konkursverwalter damit die beantragte Verwertungsmassnahme nicht
ein für allemal, sondern nur einstweilen abgelehnt hat, weil er einen
Freihandverkauf in jenem Zeitpunkt als verfrüht ansah. Es handelt sich also
wie im Falle BGE 50 III 91 ff. um eine Unterlassung der Verwertung "bis
auf weiteres", die, falls sie ungerechtfertigt ist, eine Rechtsverzögerung
im Sinne von Art. 17 Abs. 3 SchKG darstellt. Auf die Beschwerde, mit der
geltend gemacht wird, der Freihandverkauf sei unverzüglich durchzuführen,
ist daher auf Grund der eben erwähnten Bestimmung einzutreten, obwohl
sie erst mehr als zehn Tage nach Empfang der Verfügung vom 7. Dezember
1961 eingereicht worden ist.

Erwägung 2

    2.- Der Konkursverwalter bestreitet die Beschwerdelegitimation der
Konkursgläubiger Dr. Bollag und Hans Seligman-Schürch & Co. mit Recht
nicht, wendet sich jedoch gegen die Annahme der Vorinstanz, dass auch
der einzige Verwaltungsrat und die Aktionäre der Gemeinschuldnerin befugt
gewesen seien, wegen der einstweiligen Ablehnung der Offerte X. Beschwerde
zu führen.

    a) Verfügungen der Konkursverwaltung und Gläubigerbeschlüsse über
die Verwertung von Aktiven kann der Gemeinschuldner nur anfechten, wenn
sie in seine gesetzlich geschützten Rechte und Interessen eingreifen, was
namentlich der Fall ist, wenn sie gegen gesetzliche Vorschriften über das
Verwertungsverfahren verstossen und dadurch sein Interesse an der Erzielung
eines möglichst günstigen Verwertungserlöses verletzen (BGE 33 I 483 = Sep.
ausg. 10 S. 149, 42 III 88 und 428, 72 III 29, 85 III 180). Blosse Fragen
der Angemessenheit von Verwertungsmassnahmen kann der Gemeinschuldner nach
diesen Präjudizien nicht vor die Aufsichtsbehörden bringen, doch haben
Willkür, Ermessensmissbrauch und Ermessensüberschreitung wie Verstösse
gegen positive Verfahrensvorschriften als Gesetzesverletzungen zu gelten
(BGE 85 III 181).

    Die Verfügung, mit welcher der Konkursverwalter das Eintreten auf das
Kaufsangebot X. einstweilen ablehnte, wird in der vorliegenden Beschwerde
mit der Begründung angefochten, aus dem Konkursrecht ergebe sich die
Pflicht des Konkursverwalters, ein Angebot, das alle Konkursforderungen
decke und darüber hinaus noch zu einem Überschuss zu Handen der Aktionäre
führe, sofort anzunehmen, wenn wie hier alle Aktionäre einverstanden
seien; durch einen solchen Freihandverkauf werde nämlich der Zweck
des Konkursverfahrens vollständig erreicht, und es könne nicht Sache
des Konkursverwalters sein, "auf dem Rücken und gegen den Willen der
Aktionäre zu spekulieren." Damit wird eine Gesetzesverletzung behauptet,
die zu rügen der Gemeinschuldner nach dem Gesagten befugt ist. Für eine
im Konkurs befindliche Aktiengesellschaft können in einem solchen Falle
gemäss Art. 740 Abs. 5 OR die bisherigen Organe handeln. Die Vorinstanz
hat daher die Beschwerdelegitimation des einzigen Verwaltungsrats der
Parkhof AG, Franz Klarer, zu Recht bejaht.

    b) Den einzelnen Aktionären kommt diese Legitimation dagegen nach BGE
53 III 112 (Nr. 27) nicht zu. Diese Rechtsprechung ist wohlbegründet. Die
Interessen der Aktionäre verdienen im Konkursverfahren nur insoweit
Schutz, als sie mit denjenigen der im Konkurs befindlichen Gesellschaft
übereinstimmen, und diese letztere ist in der Lage, ihre Interessen ohne
Hilfe der Aktionäre durch ihre eigenen Organe zu wahren. Der vorliegende
Rekurs ist daher gutzuheissen, soweit damit beanstandet wird, dass die
Vorinstanz den Aktionären die Beschwerdelegitimation zuerkannt hat.

Erwägung 3

    3.- In der Sache selbst macht der Konkursverwalter geltend, der
Entscheid der Vorinstanz verletze Art. 252 Abs. 1 SchKG und Art. 128
Abs. 1 VZG.

    Inwiefern der angefochtene Entscheid Art. 252 Abs. 1 SchKG verletzen
soll, wonach die Konkursverwaltung die Gläubiger der von ihr anerkannten
Forderungen zu einer zweiten Versammlung einberuft, ist unerfindlich. Die
zweite Gläubigerversammlung hat im vorliegenden Falle längst stattgefunden
(6. April 1961).

    Nach Art. 128 Abs. 1 VZG darf die Verwertung eines Grundstücks
selbst im Falle der Dringlichkeit erst stattfinden, nachdem das
Kollokationsverfahren über Pfandrechte oder andere beschränkte dingliche
Rechte am Grundstück durchgeführt ist und allfällige Kollokationsprozesse
rechtskräftig erledigt sind. Diese Bedingung ist hier nicht erfüllt,
da noch mehrere Prozesse über die Pfandbelastung der Liegenschaft
Aeschengraben 21 hängig sind. Nach Art. 128 Abs. 1 VZG dürfte diese
Liegenschaft also noch nicht verwertet werden. Der zweite Absatz von
Art. 128 BZG schränkt jedoch den im ersten Absatz ausgesprochenen Grundsatz
ein, indem er bestimmt: "Ausnahmsweise können die Aufsichtsbehörden die
Versteigerung schon vorher bewilligen, wenn keine berechtigten Interessen
verletzt werden." Auf diese (von der Vorinstanz freilich nicht angerufene)
Bestimmung kann sich die angefochtene Entscheidung stützen.

    Dem steht nicht entgegen, dass die Anwendbarkeit von Art. 128 Abs. 2
VZG im Rekursentscheide der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom
9. Dezember 1961 (Erw. 3 a) verneint worden war; denn seither ist mit dem
Kaufangebot von Dr. X. eine wesentliche neue Tatsache eingetreten. Dieses
Angebot bietet konkrete Anhaltspunkte dafür, dass heute ein Verkauf der
Liegenschaft zu einem Preise möglich ist, der neben den Konkurskosten und
Massaschulden alle angemeldeten und noch nicht rechtskräftig abgewiesenen
gesicherten und ungesicherten Konkursforderungen deckt. Bestätigt sich,
dass Dr. X. bereit und in der Lage ist, einen solchen Preis zu zahlen,
so liegt darin ein Umstand, der die Anwendung von Art. 128 Abs. 2 VZG
rechtfertigt.

Erwägung 4

    4.- Die bisherige Rechtsprechung (BGE 72 III 29, 75 III 102, 78
III 79, 80 III 80, 88 III 25) machte die Anwendung dieser Bestimmung
freilich davon abhängig, dass ganz besondere Umstände gebieterisch
für eine unverzügliche Verwertung sprechen (die Verwertung als
"überdringlich" erscheinen lassen), und diese Voraussetzung scheint
bisher nur in Fällen bejaht worden zu sein, wo ein Zuwarten bis zur
Erledigung aller Kollokationsprozesse über die dingliche Belastung der
Liegenschaft aussergewöhnliche Nachteile (insbesondere eine starke,
nur durch sofortige Verwertung abwendbare Entwertung der Liegenschaft)
befürchten liess. Wortlaut und Sinn von Art. 128 Abs. 2 VZG verlangen
indessen nicht, dass die Anwendung dieser Bestimmung auf solche Fälle
beschränkt bleibe. Von besonderer Dringlichkeit (in zeitlicher Beziehung)
ist darin nicht die Rede, sondern es heisst einfach, die vorzeitige
Verwertung könne "ausnahmsweise" (exceptionnellement) bewilligt werden
(welchen Ausdruck der italienische Text nicht wiedergibt). Als Ausnahmefall
im Sinne dieser Bestimmung kann und muss auch der Fall angesehen werden,
dass ein ernsthaftes Kaufsangebot zu einem Preise vorliegt, der neben der
Deckung der Kosten und Massaschulden die vollständige Befriedigung aller
angemeldeten und noch nicht rechtskräftig abgewiesenen Konkursforderungen
gestattet. Wenn ein Verkauf zu einem solchen Preise möglich ist, hat es
keinen vernünftigen Sinn, mit der Verwertung bis zur Erledigung aller
Kollokationsstreitigkeiten über beschränkte dingliche Rechte an der
Liegenschaft zuzuwarten. Die sofortige Verwertung verletzt in einem solchen
Falle keine berechtigten Interessen, sondern liegt ganz im Gegenteil im
klaren Interesse aller Beteiligten.

    Die Bewilligung der Aufsichtsbehörde, die nach Art. 128 Abs. 2 VZG für
eine vorzeitige Verwertung erforderlich ist, wurde durch den angefochtenen
Entscheid für den Fall, dass von Dr. X. tatsächlich ein die Befriedigung
aller Gläubiger erlaubender Preis erhältlich ist, implicite bereits
erteilt, so dass es sich erübrigt, den Konkursverwalter einzuladen,
diese Bewilligung noch einzuholen.

    Dass Art. 128 Abs 2 VZG in seiner deutschen Fassung nicht wie
Art. 128 Abs. 1 allgemein von "Verwertung (Versteigerung oder Verkauf
aus freier Hand)", sondern nur von "Versteigerung" spricht und dass
auch die beiden andern Fassungen von Art. 128 Abs. 2 im zweiten
Satze durch Erwähnung der von der Konkursverwaltung festzusetzenden
Steigerungsbedingungen (conditions de vente, condizioni d'incanto)
auf diese Verwertungsart hinweisen, kann mindestens in einem Falle wie
dem vorliegenden kein Hindernis dafür sein, die vorzeitige Verwertung
auf dem Wege des Freihandverkaufs zuzulassen. Die Fassung von Art. 128
Abs. 2 VZG ist auf den Regelfall zugeschnitten, dass mindestens ein Teil
der Gläubiger einen Verlust zu erwarten hat. Wo dies zutrifft, mag es
sich rechtfertigen, die ausnahmsweise zu bewilligende Verwertung einer
Liegenschaft vor Erledigung aller auf ihre dingliche Belastung bezüglichen
Kollokationsstreitigkeiten nur auf dem normalen, mit besondern Kautelen
umgebenen Wege der Versteigerung zu gestatten. Bietet sich dagegen einmal
die aussergewöhnliche Gelegenheit, eine Liegenschaft vor Erledigung
dieser Prozesse freihändig zu einem Preise zu verkaufen, der die Deckung
sämtlicher Konkursforderungen erlaubt, so besteht kein sachlicher Grund,
diese Verwertungsart auszuschliessen. Art. 128 Abs. 2 VZG muss also auch
in einem solchen Falle anwendbar sein (wenn nicht direkt, so doch analog).

Erwägung 5

    5.- Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den
Freihandverkauf für den Fall, dass er wirklich zu einem alle
Kosten und Forderungen deckenden Preis erfolgen kann, nicht von
der Zustimmung der Gläubiger abhängig gemacht hat. Die zur Masse
gehörenden Vermögensgegenstände dürfen zwar nach Art. 256 Abs. 1 SchKG
grundsätzlich nur dann aus freier Hand verkauft werden, wenn die Gläubiger
es beschliessen, und Art. 256 Abs. 2 SchKG schreibt überdies vor, dass
verpfändete Vermögensgegenstände nur mit Zustimmung der Pfandgläubiger
anders als durch Verkauf an öffentlicher Steigerung verwertet werden
dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes braucht jedoch die
Zustimmung der Pfandgläubiger, -die "aus dem Freihandverkauf voll und
ganz bar befriedigt bzw. bis zur Erledigung des Kollokationsprozesses
sichergestellt werden" können, nicht vorzuliegen (BGE 72 III 32). Aus
entsprechenden Gründen ist bei einem Freihandverkauf zu einem Preis, der
die Befriedigung bzw. Sicherstellung aller Konkursgläubiger ermöglicht,
auch die Befragung und Beschlussfassung der nicht pfandgesicherten
Gläubiger überflüssig.

Erwägung 6

    6.- Der Vorinstanz ist auch darin recht zu geben, dass der
Konkursverwalter den Gläubigern und Aktionären der Gemeinschuldnerin
Gelegenheit zu geben hat, das Angebot von Dr. X. zu überbieten. Dagegen
kann ihr nicht gefolgt werden, wenn sie der Meinung ist, dass diese
Gelegenheit denjenigen Gläubigern vorenthalten werden dürfe, die bei
Annahme der Offerte X. für ihre Forderung einschliesslich Zinsen bis zum
Auszahlungstag volle Deckung erhalten, wie wenn die Parkhof AG nicht in
Konkurs gefallen wäre. Zwar ist richtig, dass kein Gläubiger mehr als
eine solche Deckung verlangen kann, doch dürfen die Gläubiger unabhängig
davon, wieweit ihre Forderungen gedeckt werden, vom Konkursverwalter
erwarten, dass er unparteiisch vorgeht und namentlich alle Gläubiger
gleich behandelt. Im vorliegenden Fall ist nun keineswegs ausgeschlossen,
dass der Urheber des Angebots von Fr. 12'220,000.--, wenn er selber
nicht Gläubiger ist, doch mit einer Gläubigergruppe in Verbindung steht.
Unter diesen Umständen verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung der
Gläubiger, dass die Möglichkeit, einen höhern Preis zu bieten, ihnen
allen ohne Unterschied eingeräumt wird.

Erwägung 7

    7.- Die übrigen Weisungen der Vorinstanz an den Konkursverwalter
entspringen dem billigenswerten Bestreben, neue Beschwerden zu
verhüten, und erscheinen weder als gesetzwidrig, noch beruhen sie auf
einem Ermessensmissbrauch. Man kann höchstens darüber streiten, ob und
wieweit der Konkursverwalter verpflichtet sei, bei der Herbeiführung eines
Konkurswiderrufs mitzuwirken (vgl. hiezu BGE 85 III 86 ff.). Das Dispositiv
des angefochtenen Entscheids bezieht sich jedoch nicht auf diesen Punkt,
so dass darüber heute nicht entschieden zu werden braucht.

    Dass die Vorinstanz vor ihrer Entscheidung in die Konkursakten, die
letzte Ergänzung des Kollokationsplans und die Akten der Strafuntersuchung
gegen S., M. und Mitbeteiligte hätte Einsicht nehmen müssen, trifft
entgegen der Auffassung des Konkursverwalters nicht zu. Die Vorinstanz hat
nicht selber geprüft, ob das Angebot X. bei Erhältlichkeit des offerierten
Preises allen nicht bereits rechtskräftig abgewiesenen Gläubigern volle
Deckung gewährleiste, was nur anhand der Konkursakten festgestellt werden
kann, sondern den Konkursverwalter beauftragt, diese Frage zu prüfen. Ob
die Parkhof AG wegen betrügerischer Handlungen in Konkurs gekommen sei,
wie der Konkursverwalter unter Hinweis auf die Strafakten behauptet,
ist für die Behandlung des erwähnten Angebots unerheblich.

    Der Rekurs ist daher im Hauptpunkte nur insoweit zu schützen, als
der Konkursverwalter anzuweisen ist, die Möglichkeit zur Stellung höherer
Offerten allen Gläubigern zu gewähren.

Erwägung 8

    8.- Das Eventualbegehren des Konkursverwalters, die Beschwerdeführer
seien anzuweisen, ihm einen gehörigen Kapitalausweis vorzulegen, stellt
kein Abänderungsbegehren im Sinne von Art. 79 OG dar, soweit damit die
Anordnung verlangt wird, dass der Freihandverkauf erst nach Vorlegung
eines solchen Ausweises abzuschliessen sei; denn dies hat die Vorinstanz
bereits angeordnet. Es bleibt daher nur die Frage, wer nach Leistung der
gemäss Weisung der Vorinstanz von Dr. X. einzufordernden Kostensicherheit
den ersten Schritt zu tun habe: ob der Konkursverwalter dannzumal die
Initiative zu den erforderlichen weitern Verhandlungen ergreifen müsse
oder zuwarten dürfe, bis Dr. X. von sich aus den Kapitalnachweis erbracht
haben wird. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um einen blossen
Rangstreit. Indem die Vorinstanz die Initiative dem Konkursverwalter
zuwies, hat sie das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten.

    Das Eventualbegehren auf Ermächtigung des Konkursverwalters, den
Freihandverkauf nach Sicherstellung des Kaufpreises den Gläubigern zur
Genehmigung vorzulegen, ist bereits in Erwägung 5 hievor als unbegründet
erklärt worden.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass

    a) den Aktionären der Parkhof AG die Beschwerdelegitimation
abgesprochen wird;

    b) der Konkursverwalter angewiesen wird, allen Konkursgläubigern
ohne Unterschied die Möglichkeit zu gewähren, das von Rechtsanwalt
Dr. X. gestellte Kaufsangebot zu überbieten.

    Im übrigen wird der Rekurs abgewiesen.