Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 III 107



88 III 107

16. Entscheid vom 21. September 1962 i.S. Firma Mayer. Regeste

    Lohnpfändung; Existenzminimum.

    Das Betreibungsamt rechnet, gemäss von der kantonalen Aufsichtsbehörde
erlassenen Richtlinien, zu den Grundansätzen nach den Elmerschen
Tabellen einen - nach Verdienstkategorien abgestuften - prozentualen
"Sozialzuschlag" hinzu. Dies fällt in den Rahmen des nach Art. 93 SchKG
dem Betreibungsamt zustehenden Ermessens und verletzt nicht Bundesrecht.

Sachverhalt

    A.- In der Betreibung der Rekurrentin gegen B. Gasche erklärte
das Betreibungsamt Lebern-Grenchen bei einem monatlichen Einkommen
des Schuldners von Fr. 925.-- und einem Notbedarf von Fr. 953.40 eine
Lohnpfändung als unmöglich. Es berechnete dieses Existenzminimum in der
Weise, dass es zu den eine 10% ige Erhöhung einschliessenden Ansätzen
gemäss den Tabellen von Elmer pro 1. Januar 1962, von Fr. 350. - für
die Eheleute und Fr. 200. - für die fünf Kinder, zusammen Fr. 550.--,
einen Sozialzuschlag von 20% = Fr. 110.-- gemäss den Richtlinien der
kantonalen Aufsichtsbehörden vom 19. März 1959 hinzuschlug.

    Hiegegen führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Antrag auf
Weglassung dieses Zuschlages von Fr. 110.-- und Vornahme einer Lohnpfändung
von Fr. 80.-.

    B.- Die Vorinstanz hat die Beschwerde abgewiesen und die
Berechnungsweise des Betreibungsamtes geschützt. Sie führt aus, durch
die Erhöhung der normalen Ansätze nach Elmer (1962) würden die gemäss
der Wegleitung von 1959 zulässigen Zuschläge nicht berührt; so falle
namentlich auch nicht der in der Wegleitung vorgesehene Sozialzuschlag
weg. Dieser betrage bei der Verdienstkategorie Fr. 921.-- bis 1000. -
gemäss jener Wegleitung 20%. Die Berechnung des Betreibungsamtes sei
mithin richtig, sodass keine Lohnpfändung möglich sei.

    C.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält die Gläubigerin an ihrem
Beschwerdeantrag samt Begründung fest. Sie führt aus, der 20%ige
Sozialzuschlag werde z.B. im Kanton Zürich nicht angewendet. Durch ihn
würden die im Kanton Solothurn wohnhaften Schuldner in unangemessener
Weise bevorzugt; er habe zur Folge, dass im Kanton Solothurn praktisch
keine Lohnpfändungen mehr möglich seien. Der Zuschlag sei ungesetzlich
und finde keine Stütze in der neuesten Tabelle Elmer. Die Wegleitung der
Aufsichtsbehörde des Kanton Solothurn sei keineswegs Gesetz; es werde
damit das Ermessen überschritten. Der Sozialzuschlag, wie er im Kanton
Solothurn angewendet werde, führe zu einer absolut ungleichen Behandlung
der Schuldner gegenüber denjenigen Betreibungsämtern, welche die Tabelle
Elmer anwendeten.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Beanstandet wird nur der "Sozialzuschlag" von - in der
Verdienstkategorie des Schuldners - 20%, den die Solothurner Praxis
gemäss der Wegleitung der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 19. März 1959
zu den Grundansätzen für das "normale Existenzminimum", die nur Nahrung
und Kleidung umfassen, gewährt. Die damaligen Grundansätze entsprechen
den Elmerschen Ziffern vom 1. Januar 1959. Wenn nun auf 1. Januar 1962
Elmer - unter Beibehaltung des gleichen Berechnungssystems - seine
Normalansätze um 10% erhöht und die Solothurner Aufsichtsbehörden diese
Erhöhung übernommen hat, so heisst das keineswegs, dass dadurch der
nach der Verdienstkategorie gestufte Sozialzuschlag, der schon 1959
zum Elmerschen Grundansatz hinzukam, dahinfalle. Die Festsetzung des
Existenzminimums ist vom Gesetz in das Ermessen des Betreibungsamtes
gestellt. Wie die Ansätze zu bemessen und was für Zuschläge allenfalls
mit Rücksicht auf die soziale Stellung des Schuldners zur Herstellung der
vom Gesetze gewollten Angemessenheit erforderlich sind, ist eine von den
lokalen Verhältnissen abhängige Ermessensfrage. Wenn die Solothurner
Aufsichtsbehörde über die Elmerschen Normalansätze hinausgeht, so
stellt das auch dann keine Gesetzesverletzung dar, wenn andere Kantone
- ebenfalls kraft ihres Ermessens - anders vorgehen. Den Elmerschen
Tabellen kommt keine Gesetzeskraft zu. Eine ungleiche Behandlung der
Schuldner hinsichtlich Bemessung des Existenzminimums durch verschiedene
Betreibungsämter verschiedener Kantone ist unvermeidlich, wenn jedes Amt -
allenfalls jede kantonale Aufsichtsbehörde - pflichtgemäss ihrem eigenen
Ermessen folgt.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.