Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 85 II 177



85 II 177

28. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Mai 1959 i.S. Obrecht gegen
Säuberli. Regeste

    Grunddienstbarkeit (Gewerbeverbot), begründet unter dem alten
kantonalen Recht, wurde im Zuge des Übergangs vom Fertigungsprotokoll über
das Interimsregister und das Bereinigungsverfahren zum eidg. Grundbuch
textlich neu und inhaltlich (bezügl. räumlicher Ausdehnung) abweichend
formuliert. Massgebend ist der neue Wortlaut (Art. 17 Abs. 2, Art. 43
SchlT/ZGB, 738 ZGB).

    Umfang des Gewerbeverbotes (Kolonial- und Tabakwarenhandel); nicht
darunter fällt der Verkauf von Rauchwaren in der Wirtschaft und von
Schokolade u.dgl. im Kino an die Besucher.

Sachverhalt

    A.- An der zur Rheinbrücke führenden Strasse in Stein (AG)
liegen nebeneinander die Parzelle 771 mit dem Hause Nr. 99, in dem K.
Obrecht das Restaurant zur Rheinbrücke und einen Kino betreibt, und
die Parzelle 772 mit dem (an Nr. 99 angebauten) Hause Nr. 100, das
den Kolonialwarenladen des A. Säuberli enthält. Bei der Teilung der
ursprünglichen Gesamtliegenschaft aus der Erbschaft des J. Tröndle im
Jahre 1911 hatten die Käufer der beiden Liegenschaften gegenseitige
beschränkte Gewerbeverbote als Dienstbarkeiten vereinbart; das die
Wirtschaftsliegenschaft belastende wurde bei der Fertigung wie folgt
formuliert:

    "Solange im Hause Nr. 100 eine Spezerei-, Colonialwaren-, Cigarren-
und Tabakhandlung betrieben wird, darf im Hause Nr. 99 kein gleichartiges
oder ähnliches Geschäft betrieben werden."

    Entsprechend lautete das zu Gunsten der Wirtschaft auf "dem Hause
Nr. 100" lastende Konkurrenzverbot.

    Mit diesem Wortlaut wurden die Dienstbarkeiten in das als Übergang zum
Grundbuch dienende Interimsregister aufgenommen, dann jedoch anlässlich
der materiellen Bereinigung im Jahre 1948 vom Grundbuchverwalter neu
formuliert und in einem Auszug den Grundeigentümern zur Stellungnahme
unterbreitet, die Servitut zu Gunsten des Spezereiladens wie folgt gefasst:

    Auf Parz. 771: "Last: Gewerbeverbot, beschränkt auf Spezerei-,
Colonial- und Tabakwaren, zu Gunsten Parz. 772",

    und

    auf Parz. 772: "Recht: Gewerbeverbot, beschränkt auf Spezerei-,
Colonial- und Tabakwaren, zu Lasten Parz. 771."

    Sowohl der Eigentümer der Wirtschafts- (J. Tröndle) als derjenige
der Ladenliegenschaft (Säuberli) anerkannten die Dienstbarkeit in dieser
Formulierung unterschriftlich als richtig.

    B.- In der Folge nahm K. Obrecht, der 1954 die Liegenschaft 771 mit der
Wirtschaft und dem inzwischen angebauten Kino erworben hatte und ausserdem
auf derselben einen Kiosk zu erstellen beabsichtigte, den Standpunkt ein,
das Gewerbeverbot laste nur auf dem Hause Nr. 99, nicht aber auf der
übrigen Liegenschaft 771, und es berühre zudem nicht den Verkauf von
Rauchwaren, Schokolade u. dgl. in seinem Restaurant und im Kino.

    Dem opponierte der Spezereihändler Säuberli mit der Behauptung,
das Gewerbeverbot belaste nicht nur das Haus Nr. 99, sondern die ganze
Parzelle 771, und schliesse im Hause Nr. 99 (Wirtschaft und Kino) auch
den Verkauf von Tabakwaren, Schokolade u. dgl. aus.

    C.- Obrecht erhob Klage mit dem Begehren auf Feststellung,

    1. dass die Dienstbarkeit betr. Gewerbeverbot nicht auf der ganzen
Parzelle 771 laste, sondern örtlich auf das Gebäude Nr. 99 beschränkt sei,

    2. dass ihm die Dienstbarkeit nicht verbiete, in seinem
Restaurationsbetrieb und Kino Rauchwaren, Schokolade u. dgl. im üblichen
Rahmen an seine Gäste zu verkaufen.

    Der Beklagte Säuberli beantragte Abweisung der Klage und
widerklageweise, es sei dem Kläger zu verbieten, auf der Liegenschaft
Nr. 771, sei es im Wohnhaus, Restaurant, Kino oder sonstwo, Spezerei-,
Kolonial- und Tabakwaren zu verkaufen oder durch Dritte verkaufen zu
lassen, insbesondere sei ihm der Verkauf von Tabakwaren, Schokolade
u. dgl. an Gäste des Restaurants und an Kinobesucher zu untersagen.

    D.- Das Bezirksgericht Rheinfelden wies die Klage ab und schützte
die Widerklage.

    In teilweiser Gutheissung der Appellation des Klägers hat das
Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 22. August 1958 diesen
Entscheid aufgehoben und wie folgt erkannt:

    1. Es ist dem Kläger nicht verboten, in seinem Restaurationsbetrieb
Rauchwaren und in seinem Kino Schokolade u.dgl. im üblichen Rahmen an
seine Gäste zur Konsumation (resp. zum Beginn der Konsumation) an Ort
und Stelle zu verkaufen.

    2. Im übrigen ist es dem Kläger verboten, auf seiner Liegenschaft
(771) Spezerei-, Kolonial- und Tabakwaren zu verkaufen oder durch Dritte
verkaufen zu lassen.

    3. Soweit Klage und Widerklage mehr oder etwas anderes fordern,
sind sie abgewiesen.

    (Die Kosten beider Instanzen wurden zu 3/4 dem Kläger und zu 1/4 dem
Beklagten auferlegt).

    E.- Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung an
das Bundesgericht eingelegt; beide halten an ihren Klage- und
Widerklagebegehren fest.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die streitige Grunddienstbarkeit wurde im Jahre 1911 begründet,
also unter dem alten aargauischen Recht. Die Bestimmung in Art. 17 Abs. 2
SchlT/ZGB, wonach die unter dem alten Rechte begründeten beschränkten
dinglichen Rechte in Bezug auf ihren Inhalt unter dem neuen Rechte stehen,
bezieht sich, entsprechend Art. 3 SchlT, nur auf den gesetzlichen, nicht
auch auf einen rechtsgeschäftlichen Rechtsinhalt; letzterer beurteilt
sich nach wie vor nach altem Recht (BGE 79 II 403). Indessen handelt es
sich vorliegend nicht, wie im zitierten Falle, nur um die Auslegung des
unter altem Recht vereinbarten Wortlauts der Servitut, sondern in erster
Linie um die Frage, welcher Wortlaut des Gewerbeverbotes massgebend ist,
der 1911 vereinbarte oder der in der Zwischenzeit abgeänderte, heute im
Grundbuch eingetragene. Dies ist eine Frage des intertemporalen Rechts,
eventuell eine solche der Auslegung des Art. 738 ZGB, dessen Verletzung
denn auch dem vorinstanzlichen Urteil vorgeworfen wird. In beiderlei
Hinsicht ist das Bundesgericht gemäss Art. 43 OG zur Überprüfung befugt
und daher auf die Berufung einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Nach der Umschreibung von 1911 belastete das Verbot eines der
Spezerei- und Tabakhandlung "gleichartigen oder ähnlichen Geschäftes"
nur das Haus Nr. 99, während die heutige Fassung die ganze Parzelle
771 erfasst. Die Vorinstanz stellt fest, wie es im Zuge des Übergangs
von den Fertigungsprotokollen über das Interimsregister und das
Bereinigungsverfahren zur neuen Formulierung der Servitut gekommen
ist. Danach hatte das aargauische Bereinigungsverfahren zum Zwecke, nicht
nur alle Rechte, nämlich auch die im Fertigungsprotokoll bezw. nachher
im Interimsregister nicht eingetragenen, zu Handen des Grundbuches
festzustellen bezw. zu bestätigen, sondern auch alle Widersprüche
und Unklarheiten zu beheben, damit hernach, was in das Grundbuch
eingetragen wird, nicht streitig sei. Demnach komme den schriftlichen
Erklärungen der Beteiligten im Bereinigungsverfahren, in denen eine
bisherige Dienstbarkeit anders umschrieben werde, bei Übereinstimmung der
Erklärungen rechtsbegründende, d.h. konstitutive Wirrkung zu, was bedeute,
dass von der Abgabe der Anerkennungserklärung an der neue Wortlaut der
Grunddienstbarkeit und nicht mehr die alte, im Fertigungsprotokoll oder
im Interimsregister enthaltene Formulierung gelte.

    Bei dieser Darstellung des Funktionierens und der Wirkung des im
Kanton Aargau mit der Übertragung der bestehenden dinglichen Rechte
in das eidgenössische Grundbuch (gemäss Art. 43 SchlT ZGB) verbundenen
Bereinigungsverfahrens handelt es sich um kantonales Recht; die bezüglichen
Feststellungen der Vorinstanz sind daher für das Bundesgericht verbindlich.
Dasselbe trifft auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen zu, dass
sowohl der Rechtsvorgänger des Klägers als der Beklagte 1948 ein Zirkular
des Grundbuchamtes erhalten haben unter Beilage je eines Auszuges aus
dem betreffenden Blatte des Interimsregisters mit der neuen Formulierung
der Last bezw. des Rechts, und dass beide den Auszug an das Grundbuchamt
unterzeichnet zurückgesandt haben, wobei auf demjenigen Säuberlis die
Unterschrift noch die gestempelte Erklärung deckte: "Weitere Rechte werden
nicht beansprucht... Vorstehender Text ersetzt bei Abweichung Stichwort
und Umschreibung in den Belegen". Damit hätten sie ihre Zustimmung zu der
vom Grundbuchverwalter vorgenommenen Formulierung der Grunddienstbarkeit
erklärt.

    Diese Folgerung aus der - mit der Überführung bisheriger Rechte in
das Grundbuch nach kantonalem Recht verbundenen - Bereinigung verstösst
nicht gegen Bundesrecht. Freilich erscheint wenig verständlich, wieso der
Grundbuchverwalter dazu kam, von sich aus die Servituten textlich neu zu
formulieren, ohne den inhaltlichen Unterschied gegenüber der bisherigen
Fassung zu merken. Die Eigentümer hätten damals darauf beharren können,
dass der genaue Wortlaut der Vereinbarung von 1911 in das Grundbuch
aufgenommen werde oder dass wenigstens eine stichwortweise Eintragung
entweder alle Elemente jener Vereinbarung enthalten oder dann auf einen
entsprechenden Beleg bei den Grundbuchakten verweisen müsse. Indem
sie dies nicht getan, vielmehr vorbehaltlos die neue Fassung als
richtig anerkannt haben, haben sie auf eine allenfalls aus der früheren
Formulierung abzuleitende örtliche Einschränkung der Last verzichtet. Die
Grundbuchbereinigung hatte ja gerade den Zweck, Unklarheiten zu beseitigen,
einen für beide Beteiligte verbindlichen Text zu formulieren und ihn von
beiden unterschriftlich bestätigen zu lassen.

    Somit ist für beide Parteien der Wortlaut des jetzigen
Grundbucheintrages massgebend, auf Grund dessen übrigens der Kläger
1954 die Liegenschaft 771 erworben hat, und dieser Eintrag ist aus sich
heraus auszulegen, ohne dass auf die Formulierung von 1911 zurückzugreifen
wäre. Der neue Eintrag stellt auch nicht eine bloss stichwortartige und
daher weiterer Auslegungselemente bedürftige Inhaltsangabe dar, sondern ist
in sich vollständig und klar, weshalb er allein für den Umfang des Rechts
massgebend ist (Art. 738 Abs. 1 ZGB); für den Rückgriff auf den früheren
Wortlaut ist daher "im Rahmen" des geltenden Eintrags kein Raum (Abs. 2).

    Angesichts der Eindeutigkeit der Funktion und des Hergangs der
Bereinigung ist daher die Unterlassung der Einvernahme des damaligen
Grundbuchverwalters und des Rechtsvorgängers des Klägers, Josef Tröndle,
nicht zu beanstanden.

    Ob der Kläger die von seinem Rechtsvorgänger 1948 erklärte Anerkennung
der neuen Formulierung wegen Irrtums heute noch anfechten und Berichtigung
des Grundbuchs verlangen könne, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu
beurteilen, das nur die Frage der Massgeblichkeit und der Auslegung
des jetzigen Eintrags zum Gegenstande hat. Auch eine Sistierung des
vorliegenden Prozesses bis zum Entscheid über die angeblich vom Kläger
beim Bezirksgericht bereits eingeleitete, aber dort ihrerseits sistierte
Berichtigungsklage ist abzulehnen. Es bleibt dem Kläger anheimgestellt,
jene weiter zu betreiben, nachdem der vorliegende Prozess über die
Auslegung des heutigen Eintrags erledigt ist.

    Ohne Belang für die Auslegung ist auch der Umstand, dass der
Beklagte keinen Einspruch erhoben habe, als im Jahre 1929 auf einem von
der früheren Parzelle 771 abgetrennten Teil ein Kolonialwarengeschäft
eröffnet worden sei. Es ist nicht streitig, dass der frühere Wortlaut
nur das Haus Nr. 99 belastete. Die Bereinigung mit der Neuformulierung des
Umfangs der Servitut fand aber lange nach jener Abtrennung und Eröffnung
eines Konkurrenzgeschäftes statt. Übrigens liesse sich daraus, dass der
Beklagte 1929 gegen das Konkurrenzgeschäft nicht Einspruch erhob, nicht
ableiten, die Servitut habe den abgetrennten Teil der Parzelle 771 nicht,
also nur das Haus belastet; denn es steht einem Servitutsberechtigten
zu, auf die Geltendmachung der Servitut bezüglich eines Teils des
belasteten Grundstücks oder in einem Einzelfalle zu verzichten, ohne
dass dadurch der Bestand und Umfang des Rechtes an sich berührt würde
(Urteile des Bundesgerichts vom 15. Februar 1957 und vom 25. September
1958 i.S. Spieler c. Gambaro betr. "Villenstil"-Servitut).

    Bezieht sich mithin der heutige, allein massgebliche Grundbucheintrag
auf die ganze Parzelle 771 und nicht nur auf das Haus Nr. 99, so ist der
auf gegenteilige Feststellung abzielende Berufungsantrag 1 der Klägers
abzuweisen.

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz hat eine Durchbrechung der Servitut insoweit
zugelassen, als der Kläger in seinem Restaurationsbetrieb Rauchwaren und
in seinem Kino Schokolade u. dgl. im üblichen Rahmen an seine Gäste zur
Konsumation an Ort und Stelle verkaufen darf. Mit der Berufung verlangt
Säuberli Beseitigung dieser Ausnahme vom Verbot, Obrecht dagegen
Erweiterung derselben dahin, dass er im Restaurationsbetrieb ausser
Rauchwaren auch Schokolade u. dgl. verkaufen dürfe.

    Auszugehen ist von der Formulierung der Servitut als "Gewerbeverbot,
beschränkt auf Spezerei-, Colonial- und Tabakwaren". Nun ist
"Gewerbe"-Verbot nicht gleichbedeutend mit Verkaufsverbot schlechthin,
d.h. es ist nicht jeder Verkauf solcher Waren verboten, nur der Betrieb
eines Gewerbes, d.h. eines existenzbietenden Geschäftes. Unzulässig wäre
somit die Eröffnung eines Ladens oder eines Kioskes mit solchen Waren. Mit
Recht nimmt die Vorinstanz an, der Sinn eines Gewerbeverbotes sei,
die Konkurrenz auszuschliessen, wobei jedoch das Verbot nicht absolute
Geltung beanspruchen könne, sondern nur wirtschaftlich erhebliche
Konkurrenzierung verhindern wolle. Es solle im vorliegenden Fall auf
der Parzelle 771 kein Gewerbe wie dasjenige auf Parzelle 772 betrieben
werden, also keine Spezerei- und Rauchwarenhandlung, die das Geschäft
Säuberlis konkurrenzieren würde. Es entspreche aber allgemeiner Übung,
dass in Wirtschaften Rauchwaren an Gäste abgegeben werden.

    Dieser Auffassung von Sinn und Umfang des Gewerbeverbotes ist
beizupflichten. Der Betrieb einer Wirtschaft auf Parzelle 771 ist durch
das beschränkte Gewerbeverbot nicht untersagt oder eingeschränkt. Wenn
zum Betrieb einer Wirtschaft aber von alters her, jedenfalls im Aargau
- und dabei handelt es sich um eine der Überprüfung des Bundesgerichts
entzogene tatsächliche bezw. kantonalrechtliche Frage - die Abgabe von
Rauchwaren an Gäste gehört, so kann dieser nebensächliche Verkauf eines zur
Wirtschaftskonsumation übungsgemäss gehörenden Genussmittels nicht gegen
das Gewerbeverbot verstossen. Wohl aber träfe dies zu auf die Abgabe von
Schokolade und ähnlichen Süssigkeiten, deren Verkauf in einer Wirtschaft
nicht üblich ist. Anderseits dürften von diesem Verbot ausgenommen sein
Süssigkeiten wie Glace, Eiscreme, etc., deren Abgabe in einem Restaurant -
sei es als Dessert nach dem Essen, sei es als Einzelkonsumation - heute
üblich ist und zum Wirtschaftsbetrieb gehört.

    Umgekehrt werden im Kino Rauchwaren nicht benötigt, da dort das
Rauchen überhaupt verboten ist, dagegen nach allgemeiner Übung Schokolade,
Eiscreme u. dgl. konsumiert, übrigens zu einer Zeit, wo der Spezereiladen
des Beklagten meist geschlossen sein wird, sodass eine wirtschaftlich
ins Gewicht fallende Konkurrenzierung desselben nicht anzunehmen ist.

    Wenn so die Vorinstanz der Natur und dem legitimen Bedürfnis
eines Wirtschafts- und Kinobetriebes Rechnung trägt, verletzt sie kein
Bundesrecht; direkt nicht, weil "Gewerbeverbot" kein bundesrechtlicher
Begriff ist wie Wohnrecht, Baurecht, Quellenrecht; indirekt nicht, weil die
im Grundbucheintrag zum Ausdruck kommende übereinstimmende Willensäusserung
gemäss Art. 18 OR und der dazu ergangenen Rechtsprechung so auszulegen
ist, wie sie nach Treu und Glauben im Verkehr verstanden werden durfte
oder musste. Treu und Glauben bei der Auslegung entspricht es aber,
wenn weder der Ausdruck "Gewerbeverbot" allzu extensiv auf jede Art des
Verkaufes der fraglichen Waren, sondern nur auf die gewerbsmässige, den
Hauptgegenstand des Gewerbes bildende Art angewendet, noch die Zulässigkeit
gewisser Geschäfte mit solchen Waren in einer das legitime Schutzinteresse
des Berechtigten schädigenden Weise ausgeweitet wird.

    An der rechtlichen und wirtschaftlichen Richtigkeit dieser
Interpretation ändert es nichts, dass nach seiner Behauptung in der
Berufungsschrift dem Beklagten Säuberli beim Kauf der Ladenliegenschaft
gesagt worden sein soll, wenn die benachbarte Wirtschaft Rauchwaren
verkaufen wolle, müsse sie diese von ihm beziehen. Daraus ergibt sich im
Gegenteil, dass das "Gewerbeverbot" sich auf einen solchen Verkauf in der
Wirtschaft schon damals nicht bezog. Die Verpflichtung zum Tabakbezug
im Geschäft Säuberli aber ist nirgends verbrieft worden und könnte, wenn
überhaupt einmal von einem früheren Eigentümer der Wirtschaftsliegenschaft
mündlich eingegangen, dessen Rechtsnachfolger nicht, erst recht nicht
auf Jahrzehnte hinaus binden.

    Richtig ist schliesslich (Berufung Säuberli S. 5), dass - nach
erfolgter Bereinigung des Eintrags - nicht auf den Erwerbsgrund oder auf
die langjährige Ausübung (Art. 738 Abs. 2 ZGB) zurückgegriffen werden
muss; aber auch das ändert am vorstehenden Ergebnis nichts, das, wie
dargetan, aus dem massgeblichen Eintrage selbst folgt.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Beide Berufungen werden abgewiesen, und das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau vom 22. August 1958 wird bestätigt.