Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 I 136



83 I 136

19. Urteil vom 10. Mai 1957 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen X und
Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich. Regeste

    Wehrsteuer: Bei der Berechnung des Liegenschaftsgewinns, welcher
der Wehrsteuer vom Einkommen natürlicher Personen unterliegt, kann die
zürcherische Grundstückgewinnsteuer nicht abgezogen werden.

Sachverhalt

    A.- X hat sich mit seinem Sohn in der Kollektivgesellschaft X &
Co. in Zürich vereinigt. Er ist am Unternehmen zu 2/3, der Sohn zu 1/3
beteiligt. Im Jahre 1952 verkaufte die Gesellschaft Liegenschaften, die
mit Fr. 560'500.-- zu Buch standen, zum Preise von Fr. 2'914,480.--. Sie
hatte der Stadt Zürich eine Handänderungssteuer von Fr. 35'241.-- zu
bezahlen und wurde von ihr ausserdem mit einer Grundstückgewinnsteuer
von Fr. 503'569.40 belastet.

    Bei der Einschätzung der Gesellschafter zur Wehrsteuer VII. Periode
(Berechnungsjahre 1951/52) wurde der von der Gesellschaft erzielte
Liegenschaftsgewinn in die Berechnung des steuerbaren Einkommens
einbezogen. Die Veranlagungsbehörde brachte bei der Ermittlung des
Kapitalgewinns die Handänderungssteuer in Abzug, dagegen nicht die
städtische Grundstückgewinnsteuer. Sie setzte das steuerbare Einkommen
des X unter Berücksichtigung seines auf dieser Grundlage berechneten
Anteils am Liegenschaftsgewinn auf Fr. 805'000.-- fest.

    X focht die Einkommenstaxation an mit dem Begehren, bei der Berechnung
des Kapitalgewinns seien auch die städtische Grundstückgewinnsteuer
und ein weiterer Posten - der nicht mehr Gegenstand des Streites ist
- abzuziehen. Die kantonale Rekurskommission hiess seine Beschwerde
gut und setzte daher das steuerbare Einkommen auf Fr. 582'000.-- herab
(Entscheid vom 10. Juli 1956).

    Sie führt aus, die zürcherische Grundstückgewinnsteuer sei zu den
Gewinnungskosten im Sinne von Art. 22 Abs. 1 lit. a WStB zu rechnen, nicht
zu den nach Art. 23 vom Abzug ausgeschlossenen Einkommenssteuern. Sie
sei zwar keine Verkehrssteuer und weise, als Sondersteuer auf
Zuwachsgewinneinkommen, gewisse Merkmale der direkten Einkommenssteuer auf,
doch überwögen die Merkmale einer indirekten Steuer (Objektsteuer). Dass
sie progressiv ausgestaltet sei, ändere daran nichts. Sie werde unabhängig
von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjektes und
nicht periodisch erhoben. Sie solle eine Art Ausgleich für eine im
wesentlichen durch Leistungen des Gemeinwesens geschaffene Wertsteigerung
herbeiführen. Ihre Bezahlung sei nicht eigentliche Einkommensverwendung
im Sinne des Art. 23 WStB, sondern hänge so eng mit der gewinnerzeugenden
Handänderung zusammen, dass sie als Voraussetzung der Gewinnerzielung
erscheine. Da Art. 21 WStB Kapitalgewinne nur erfasse, wenn sie im
Betriebe eines buchführungspflichtigen Unternehmens erzielt worden sind,
rechtfertige es sich umsomehr, nur den dem Steuerpflichtigen effektiv
zufliessenden Gewinn zu besteuern. Die Zürcher Veranlagungspraxis habe
die kommunale Grundstückgewinnsteuer von jeher abgezogen; sie sollte im
Interesse der Rechtssicherheit nicht ohne Not geändert werden.

    B.- Die eidg. Steuerverwaltung erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, der Entscheid der Rekurskommission sei teilweise aufzuheben und
das steuerbare Einkommen des X auf Fr. 750'000.-- festzusetzen. Sie macht
geltend, die zürcherische Grundstückgewinnsteuer sei als Einkommenssteuer
im Sinne des Art. 23 WStB zu charakterisieren und nicht unter die
Gewinnungskosten gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. a einzureihen, so dass sie
bei der Berechnung des der Wehrsteuer unterliegenden Einkommens nicht
abgezogen werden könne.

    C.- Die kantonale Rekurskommission und der Steuerpflichtige beantragen
Abweisung, die kantonale Wehrsteuerverwaltung Gutheissung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Wehrsteuer natürlicher Personen umfasst eine Steuer vom
Einkommen und eine Ergänzungssteuer vom Vermögen (Art. 18 ff. WStB). Nach
Art. 23 WStB können die kantonalen und kommunalen Einkommens- und
Vermögenssteuern nicht vom Roheinkommen abgezogen werden. Gemeint sind
Steuern, die dasselbe Objekt und denselben Charakter wie die Wehrsteuer
natürlicher Personen haben. Art. 23 betrifft die Frage, in welcher Weise
bei der Ordnung der Bundessteuer auf die gleichartigen kantonalen und
kommunalen Steuern Rücksicht zu nehmen war. Da der Abzug dieser Steuern
ausgeschlossen wurde, konnte das Mass der Bundessteuer entsprechend
niedriger gehalten werden, als es sonst zur Erreichung der gleichen
Ergiebigkeit anzusetzen gewesen wäre.

    Bei der Auslegung des Art. 23 WStB ist zu beachten, dass das
schweizerische Recht den Kantonen und Gemeinden für die Ausgestaltung
der Steuern auf dem Einkommen und Vermögen einen weiten Spielraum
lässt. Die Vorschrift ist so gefasst, dass der auf diesem Gebiete
bestehenden Mannigfaltigkeit der kantonalen und kommunalen Steuerordnungen
Rechnung getragen werden kann. In der Regel bietet die Auslegung kaum
Schwierigkeiten. Es ist klar, dass kantonale und kommunale Abgaben,
die man als ordentliche direkte Steuern auf dem Einkommen und Vermögen
bezeichnen kann, Einkommens- und Vermögenssteuern im Sinne des Art. 23
WStB sind. Dagegen können sich Zweifel erheben, ob gewisse Spezialsteuern
ungeachtet ihrer Eigenart gleich zu behandeln sind oder aber zu den
Abgaben gehören, die nach Wehrsteuerrecht für den Abzug vom Roheinkommen
in Betracht kommen, wie Zölle, Urkundenstempel, Gewerbesteuern, Patent-
und Verwaltungsgebühren, Umsatzsteuern usw., die unter Umständen zu den
Gewinnungskosten (Art. 22 Abs. 1 lit. a WStB) gerechnet werden können
(PERRET, Komm. zur Wehrsteuer 1955-1958, N. 2 zu Art. 23; I. BLUMENSTEIN,
Die allgemeine Wehrsteuer, S. 109), oder wie die Kriegsgewinnsteuer
(Art. 22 Abs. 1 lit. i WStB).

Erwägung 2

    2.- Hier wird der Wehrsteuer vom Einkommen ein Kapitalgewinn
unterworfen, der sich bei der Veräusserung von Liegenschaften ergeben
hat. Er unterliegt nach Art. 21 Abs. 1 lit d WStB der Besteuerung,
weil er im Betriebe eines buchführungspflichtigen Unternehmens, der
Kollektivgesellschaft X & Co., erzielt worden ist. Er wird gemäss Art. 21
WStB als Bestandteil des Einkommens betrachtet, in die Berechnung der
gesamten Einkünfte einbezogen, die dem steuerpflichtigen Gesellschafter
X im Jahre, in welchem der Gewinn erzielt worden ist, zugeflossen
sind. Die derart auf dem Kapitalgewinn erhobene Wehrsteuer ist somit
eine Einkommenssteuer.

    Nach Art. 43 WStB werden indessen solche Gewinne unter bestimmten
Voraussetzungen - die hier nicht vorliegen - nicht in die Berechnung der
ordentlichen Einkommenssteuer einbezogen, aber einer besonderen Steuer
unterstellt, einer vollen Jahressteuer zum Satze, der sich für die von
ihr erfassten Einkünfte allein ergibt. Diese Spezialsteuer ist trotz
ihrer Besonderheiten auch eine Einkommenssteuer; sie erfasst einen Teil
des Einkommens und tritt in diesem Umfange anstelle der ordentlichen
Wehrsteuer.

    Wird eine kantonale oder kommunale Steuer ebenfalls von dem bei der
Veräusserung von Liegenschaften im Betriebe eines buchführungspflichtigen
Unternehmens erzielten Kapitalgewinn erhoben, so hat sie insoweit das
gleiche Objekt wie die Wehrsteuer vom Einkommen. Wenn sie sich auch im
übrigen als Einkommenssteuer charakterisieren lässt, so darf sie bei der
Berechnung des der Wehrsteuer unterliegenden Einkommens nicht abgezogen
werden.

    a) In zahlreichen Kantonen werden die durch Veräusserung von
Liegenschaften in buchführungspflichtigen Betrieben entstandenen
Kapitalgewinne im Rahmen der ordentlichen Einkommensbesteuerung zusammen
mit den übrigen Einkünften der Bemessungsperiode erfasst, nach einem
System, das demjenigen des Art. 21 WStB entspricht. In diesen Fällen hat
man es zweifellos mit Einkommenssteuern im Sinne des Art. 23 WStB zu tun.

    b) In einigen anderen Kantonen werden die in Frage stehenden Gewinne
unter gewissen Voraussetzungen von der allgemeinen Einkommenssteuer
ausgenommen und einer (vom Kanton oder von der Gemeinde oder von beiden
erhobenen) Spezialsteuer unterworfen, die nach Massgabe der Höhe des
steuerbaren Gewinns progressiv ausgestaltet ist. Motiv dieser Behandlung
ist im wesentlichen die Überlegung, dass Kapitalgewinne, als einmalige,
häufig dem glücklichen Zufall oder der Spekulation zuzuschreibende
Einnahmen, stärker belastet zu werden verdienen als gewöhnliches,
periodisches Einkommen. Immerhin kann sich die Teilung der Besteuerung
unter Umständen, besonders dort, wo der Gewinn und die übrigen Einnahmen
bescheiden sind, auch zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, zumal
wenn Altbesitz veräussert worden ist und die Sondersteuer, wie es meist
vorgesehen ist, für diesen Fall ermässigt wird.

    In der Regel, wenn nicht besondere Gründe entgegenstehen, wird
auch die kantonale oder kommunale Spezialsteuer auf Kapitalgewinnen
als Einkommenssteuer im Sinne des Art. 23 WStB zu betrachten sein. Ihr
eigentlicher Gegenstand ist nicht die Handänderung als Vorgang des
Rechtsverkehrs, an die äusserlich angeknüpft wird, sondern der dabei
erzielte Gewinn. Indem der Gesetzgeber dieses Objekt von der allgemeinen
Einkommenssteuer ausnimmt, setzt er voraus, dass es an sich, seiner
Natur nach, dieser Abgabe ebenfalls unterworfen werden könnte. Das
Verhältnis ist ähnlich demjenigen zwischen der Sondersteuer des Art. 43
WStB und der ordentlichen Wehrsteuer vom Einkommen. Hier wie dort bildet
die Spezialsteuer eine Ergänzung der allgemeinen Einkommenssteuer. Die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wird auch im
System der - progressiven - Spezialsteuer berücksichtigt. Dass es nicht im
vollen Umfange geschieht und die Abgabe daher als eine Art Objektsteuer
erscheint, rechtfertigt nicht, ihr den Charakter einer Einkommenssteuer
abzusprechen (vgl. E. BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 2. Aufl.,
S. 100).

    Ebensowenig ist ein Grund hiefür die Abstufung nach der
Besitzesdauer. Sie hängt mit gewissen Eigenheiten des Steuerobjekts und
seiner Berechnung zusammen; so lässt sich erwägen, dass nach Verfluss
langer Zeit oft die Belege für den Nachweis abzugsfähiger Posten
fehlen (I. BLUMENSTEIN in ASA 5, 143 f.), oder auch, dass bei längerer
Besitzesdauer der Geldentwertung Rechnung zu tragen sei (vgl. GUHL,
Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, S. 18), und
ferner, dass der zur Rechtfertigung der Sonderbesteuerung etwa angeführte
Ausnahme- oder spekulative Charakter des Kapitalgewinns besonders stark
in Erscheinung tritt, wenn der Verkäufer nur kurze Zeit Besitzer war.

    Gewiss wird die Grundstückgewinnsteuer in der Lehre gelegentlich als
"Ausgleichsabgabe" aufgefasst, da sie einen Teil der in weitem Masse
durch Leistungen des Gemeinwesens bewirkten Werterhöhung von Grundstücken
wiederum der Allgemeinheit zuführe, eine Belastung dieser Wertsteigerung
zugunsten derjenigen Liegenschaften ermögliche, deren Eigentümer wegen
Baubeschränkung aus öffentlichen Mitteln entschädigt werden müssen (Bericht
der Expertenkommission zur Revision des Zürcher Steuergesetzes, 1949,
S. 117; GUHL, aaO S. 20 f.). Indessen schliesst die Ausgleichstheorie,
die den Zweck der Besteuerung betrifft und übrigens da und dort auch
für die Steuer im allgemeinen vertreten wird (vgl. E. BLUMENSTEIN, aaO
S. 4), nicht aus, dass der Grundstückgewinnsteuer der Charakter einer
Einkommenssteuer zugeschrieben werden kann. Massgebend ist nicht sowohl
der Zweck, als vielmehr die rechtliche Struktur der Steuer. Immerhin
könnte man sich fragen, ob eine Sondersteuer auf Grundstückgewinnen,
die in ihrem Ausmass sehr weit über die bei der Einkommensbesteuerung in
der Schweiz üblichen Ansätze hinausginge, noch als Einkommenssteuer und
nicht eher als eine Art Vorzugslast zu charakterisieren wäre, so dass
sie unter Umständen zu den Gewinnungskosten im Sinne von Art. 22 Abs. 1
lit. a WStB gerechnet werden könnte (vgl. E. BLUMENSTEIN, aaO S. 176).

Erwägung 3

    3.- Die zürcherische Grundstückgewinnsteuer, die von den Gemeinden
erhoben wird, erfasst den bei der Handänderung erzielten Kapitalgewinn (§§
154 ff., 161 ff. kant. Steuergesetz). Dieser unterliegt der ordentlichen
Einkommenssteuer nur in dem Umfange, als Abschreibungen zugelassen
worden sind; im übrigen ist er davon ausgenommen (§ 22 StG). Der Satz der
Sondersteuer steigt von 10% für die ersten Fr. 2000.-- bis auf 40% für
die Gewinnteile über Fr. 50'000.-- an, so dass die Belastung allerdings
recht einschneidend sein kann; doch wird die nach diesen Sätzen berechnete
Abgabe erheblich ermässigt, wenn der Veräusserer während 5 oder mehr
Jahren Besitzer des Grundstückes war; die Reduktion beträgt 5% für eine
Besitzesdauer von 5 Jahren und erhöht sich für jedes weitere Jahr um 3% bis
zu einem Maximum von 50% für eine Dauer von 20 und mehr Jahren (§ 170 StG).

    Die auf Grund dieser Ordnung ermittelte Steuer wird nach den
Erhebungen der eidg. Steuerverwaltung in manchen Fällen nicht oder
jedenfalls nicht wesentlich höher sein als die Belastung, die sich in
anderen Kantonen mit dem gleichen Steuersystem ergäbe, oder im Kanton
Zürich dann, wenn er die Grundstückgewinne im vollen Umfange in die
Berechnung der ordentlichen Einkommenssteuer einbezöge. Im vorliegenden
Fall ist ein sehr hoher Gewinn erzielt worden; die darauf von der Stadt
Zürich erhobene Grundstückgewinnsteuer (Fr. 503'000.--) beträgt 31%
des steuerbaren Gesamtbetrages (Fr. 1'622,000.--). Indessen handelt es
sich um einen Ausnahmefall, zumal der Verkäufer einen Teil der in Frage
stehenden Liegenschaften weniger als 5 Jahre lang besessen hat. Wird
zudem berücksichtigt, dass in der Schweiz die kantonale und kommunale
Steuer für ein Fr. 200'000.-- betragendes Arbeitseinkommen eines
Verheirateten ohne Kinder da und dort um 20% oder noch erheblich mehr
(22,5% in der Stadt Zürich, 26,4% in Sarnen) ausmacht (Steuerbelastung
in der Schweiz 1955, S. 11 ff.), so kann nicht gesagt werden, der
zürcherischen Grundstückgewinnsteuer gehe wegen des Ausmasses, das sie
in besonderen Verhältnissen ausnahmsweise erreichen kann, der Charakter
einer Einkommenssteuer im Sinne des Art. 23 WStB ab. Dass sie diesen
Charakter im übrigen hat, lässt sich angesichts ihrer Struktur, die sie
als Ergänzung der ordentlichen kantonalen und kommunalen Einkommenssteuer
erscheinen lässt, nicht mit Grund bestreiten.

    Der auf X entfallende Anteil an der Grundstückgewinnsteuer kann daher
bei der Berechnung des der Wehrsteuer VII unterliegenden Einkommens nicht
abgezogen werden. ..

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid
teilweise aufgehoben, indem das steuerbare Einkommen des X für die
Wehrsteuer VII. Periode auf Fr. 750'000.-- festgesetzt wird.