Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 191



83 IV 191

55. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1957
i.S. Varone gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn. Regeste

    Verhältnis von Art. 133StGB zu den Bestimmungen über einfache und
schwere Körperverletzung.

Sachverhalt

    Michele Varone, der im Verlaufe einer Schlägerei zwei Gegner
durch Messerstiche verletzt hatte, wurde vom Schwurgericht des Kantons
Solothurn am 28. März 1957 wegen einfacher und schwerer Körperverletzung
und wegen Beteiligung an einem Raufhandel zu einer bedingt aufgeschobenen
Freiheitsstrafe von zehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Michele Varone macht geltend, das Schwurgericht habe Art. 133 StGB
verletzt. Nachdem er als Urheber der Körperverletzungen festgestellt und
dafür zur Rechenschaft gezogen worden sei, könne er nicht auch noch wegen
Beteiligung an einem Raufhandel bestraft werden.

    Durch die Bestrafung wegen Körperverletzung wird die Beteiligung an
einem Raufhandel nicht abgegolten. Zwar wurde Art. 133 StGB erlassen,
weil es oft schwierig oder gar unmöglich ist, festzustellen, wer für den
Tod oder die Körperverletzungen, welche im Raufhandel verursacht werden,
verantwortlich ist. Das kann jedoch keineswegs zum Schluss führen,
dass bei Feststellung des Verletzers die Anwendung von Art. 133 StGB
entfalle. Soweit aus den Erwägungen in BGE 71 IV 180 ff. etwas anderes
abzuleiten sein sollte, kann daran nicht festgehalten werden. Art. 133
StGB bedroht mit Rücksicht auf die in der Körperverletzung oder
Tötung hervorgetretene Gefährlichkeit der Schlägerei für Leib und
Leben aller am Raufhandel Beteiligter jeden von ihnen wegen seiner
blossen Teilnahme daran, gleichgültig, ob die schwere Folge der Tat
von ihm irgendwie verschuldet wurde oder nicht. Damit aber greift der
Tatbestand des Raufhandels als eines Gefährdungsdeliktes über denjenigen
des Verletzungsdeliktes insofern hinaus, als die Gefährlichkeit einer
solchen Schlägerei für sämtliche daran Beteiligten durch das Gelingen des
Nachweises, wer die daraus hervorgegangene Körperverletzung oder Tötung
begangen hat, nicht beseitigt wird.

    Lässt aber nach dem Gesagten die Verurteilung des Beschwerdeführers
wegen Körperverletzung für eine gleichzeitige Anwendung von Art. 133 StGB
Raum, so hat die Vorinstanz richtigerweise Konkurrenz zwischen dieser
Bestimmung und Art. 122 und 123 StGB angenommen.