Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 II 109



83 II 109

19. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. März 1957 i.S. F. gegen K.
Regeste

    Bäuerliches Erbrecht. Zeitliche Rechtsanwendung.  Bedeutung der
Unterstellung des Heimwesens unter das LEG. Landwirtschaftliches Gewerbe
oder Bauland? Ausreichende landwirtschaftliche Existenz. Eignung des
Bewerbers in Bezug auf die beruflichen Fähigkeiten, die finanziellen
Verhältnisse und die moralischen Eigenschaften. Wie weit können Wohnhäuser
als Bestandteile eines landwirtschaftlichen Gewerbes gelten?

Sachverhalt

    A.- Am 19. Februar 1946 starb in A. bei Zürich Witwe G.  Ihre
gesetzlichen Erben sind zwei Söhne und eine Tochter. Das Hauptaktivum ihres
Nachlasses ist ein landwirtschaftliches Gewerbe, das aus zwei Wohnhäusern,
zwei Scheunen, einem Geflügelhaus, Hofraum, Wies- und Ackerland, Streue
und Wald besteht. Die Gebäude stehen ca. 20 Minuten vom Bahnhof A.
entfernt auf ca. 520 m Höhe über Meer oberhalb einer Hauptverkehrsstrasse.
Die beiden Wohnhäuser enthalten je drei Wohnungen. Das Wies- und Ackerland
liegt bei den Gebäuden und misst einschliesslich Gebäudefläche und Hofraum
522 Aren. Das Streue- und Waldgrundstück im Ausmass von 147 Aren befindet
sich an einem Bergabhang.

    B.- Im Jahre 1949 leitete der eine Sohn gegen seine beiden Miterben
Klage auf Feststellung und Teilung des Nachlasses und ungeteilte
Zuweisung sämtlicher Liegenschaften an ihn nach den Bestimmungen des
bäuerlichen Erbrechts ein. Der andere Sohn bestritt, dass die zum
Nachlass gehörenden Liegenschaften ein landwirtschaftliches Gewerbe im
Sinne von Art. 620 ZGB bilden und eine Familie zu ernähren vermögen,
und machte überdies geltend, dem Kläger fehle die Eignung zur Führung
eines Landwirtschaftsbetriebes. Die Tochter Frau F. widersetzte sich
ebenfalls der Zuweisung des Heimwesens an den Kläger und beantragte
widerklageweise, dieses sei gemäss Art. 620 ZGB ihr zuzuweisen, soweit es
eine wirtschaftliche Einheit bilde; im Falle der Zuweisung an den Kläger
sei ihr wenigstens die Parzelle Nr. 2656 zu überlassen.

    C.- Nachdem das erste Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom
3. September 1953, dem ein Gutachten von Walter Schmid, Werkführer
an der landwirtschaftlichen Schule Strickhof in Zürich, zugrunde lag,
durch Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 31. Oktober
1954 aufgehoben worden war, ergänzte das Bezirksgericht Horgen seine
Beweiserhebungen u.a. durch Einholung eines Gutachtens von Dr. Willy
Neukomm, Chef des Schätzungsamtes des Schweiz. Bauernverbandes in
Brugg. Mit Urteil vom 14. Februar 1956 wies es in Übereinstimmung
mit seinem frühern Entscheide das im Nachlass befindliche Heimwesen
(einschliesslich des toten Inventars und eines Anteils an einer
Brennereigenossenschaft) zum Ertragswert ungeteilt dem Kläger zu,
überband diesem die darauf lastenden Passiven und wies die Widerklage
ab. Im weitern stellte es die Schulden des Klägers und der Beklagten
Frau F. gegenüber dem Nachlass und den Aktivsaldo desselben fest und
bestimmte, welchen Betrag der Kläger an seine Miterben bar auszuzahlen
habe und wie die Parteien am Gewinn bezw. Verlust aus der bestehenden
Erbschaftsverwaltung beteiligt seien.

    D.- Die Beklagten appellierten gegen dieses Urteil an das
Obergericht. Mit Eingabe vom 15. Juni 1956 liess Frau F. das auf
Zuweisung des Heimwesens an sie abzielende Hauptbegehren der Widerklage
fallen. Das Eventualbegehren hielt sie in der Fassung aufrecht, dass bei
Zuweisung des Hofes an den Kläger das Grundstück Nr. 2656 in dem von
der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich am 3. September 1948
vorgeschlagenen Umfang, d.h. ohne die Einfahrt zu der auf Grundstück Nr.
1541 stehenden Scheune Nr. 52 und ohne das Geflügelhaus Nr. 53, ihr
zuzuweisen sei. Mit Urteil vom 6. Juli 1956 hat das Obergericht das
bezirksgerichtliche Urteil vom 14. Februar 1956 bestätigt.

    E.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht, die sich gegen Ziff. 1-3,
5, 6 und 8-10 des obergerichtlichen Urteils wendet, beantragt Frau F., die
auf Zuweisung der Liegenschaften an den Kläger gerichteten Klagebegehren
seien abzuweisen und der Nachlass sei auf Grund des gewöhnlichen Erbrechts
zu teilen. Für den Fall, dass die Klage grundsätzlich gutgeheissen werden
sollte, bestätigt sie das vor Obergericht gestellte Eventualbegehren.

    Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuale Einwendungen).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 108 des Bundesgesetzes über die Entschuldung
landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) finden die
Bestimmungen dieses Gesetzes über das Erbrecht, d.h. die Art. 619, 620,
621, 621bis-quater, 625 und 625bis ZGB in der Fassung gemäss Art. 94 LEG,
auf alle Erbschaften Anwendung, in denen sich ein landwirtschaftliches
Gewerbe befindet, sofern im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes
die Teilung noch nicht abgeschlossen ist (oder, was hier ausser Betracht
fällt, der Erblasser nicht anders über den Anrechnungswert oder die
Zuteilung des Gewerbes verfügt hat). Im vorliegenden Falle war die
Teilung beim Inkrafttreten des LEG, d.h. am 1. Januar 1947, noch nicht
abgeschlossen; sie ist es heute noch nicht. Daher sind der Beurteilung
dieses Falles die revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht
zugrunde zu legen, obwohl beim Tode der Erblasserin noch die ursprüngliche
Fassung von Art. 619 ff. ZGB galt.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 2 Abs. 1 LEG setzt die Anwendung dieses Gesetzes auf
ein bestimmtes Heimwesen oder eine bestimmte Liegenschaft die Unterstellung
durch einen Entscheid der zuständigen Behörde voraus. Es ist umstritten,
ob hienach auch die Anwendung der durch das LEG revidierten Bestimmungen
über das bäuerliche Erbrecht von der Unterstellung des in Frage stehenden
Heimwesens unter das LEG abhange (vgl. BGE 77 I 99 ff.). Diese Frage
braucht jedoch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil
hier die Unterstellung tatsächlich erfolgt ist.

Erwägung 4

    4.- Auch wenn man annimmt, ein Heimwesen könne nur unter der
Voraussetzung, dass es dem LEG unterstellt wurde, einem Erben gemäss
Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, kann doch
keine Rede davon sein, dass die Unterstellungsverfügung dem in Frage
stehenden Heimwesen in einer für die Gerichte verbindlichen Weise die
Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 620
ZGB zuerkenne. Vielmehr ist die Frage, ob ein solches Gewerbe vorliege,
wie die Frage, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 620 ZGB gegeben
seien, von den Gerichten selbständig zu prüfen. Dabei kommt der Bestimmung
von Art. 1 LEG, wonach dieses Gesetz auf Heimwesen und Liegenschaften
Anwendung findet, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich
genutzt werden, höchstens die negative Bedeutung zu, dass ein Heimwesen,
das diese Bedingung nicht erfüllt, nicht als landwirtschaftliches Gewerbe
im Sinne von Art. 620 ZGB gelten kann. Im übrigen ist der Ausdruck
"landwirtschaftliches Gewerbe" so auszulegen, wie es dem Sinn und Zweck
von Art. 620 ZGB entspricht. Die vor dem Inkrafttreten des LEG ergangene
Rechtsprechung bleibt dabei beachtlich.

    Letzteres gilt insbesondere für den grundsätzlichen Entscheid BGE 50
II 329 ff., wonach das bäuerliche Erbrecht auf baureife Grundstücke nicht
angewendet werden kann. Soweit dieser Entscheid die Anwendung von Art. 620
ff. ZGB davon abhängig macht, dass der landwirtschaftliche Betrieb der
Beschaffenheit und Lage des Grundstücks dauernd entsprechen müsse und
dass eine spekulative Ausbeutung zu andern Zwecken nach dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge nicht oder dann nur unter ausserordentlichen Umständen
in Betracht fallen dürfe, ist er aber immerhin nicht allzu wörtlich zu
nehmen. Es muss genügen, wenn keine Umstände vorliegen, die die bestimmte
Erwartung begründen würden, dass das Grundstück sich in den nächsten Jahren
zu andern als landwirtschaftlichen Zwecken werde verwenden lassen. Einem
Grundstück wird der landwirtschaftliche Charakter im Sinne von Art. 620
ZGB nicht schon durch das Bestehen der blossen Möglichkeit entzogen,
dass in absehbarer Zeit allenfalls auch es von der fortschreitenden
Ausdehnung des Baugebietes erfasst werden könnte; denn sonst wäre die
Anwendung des bäuerlichen Erbrechts in grossen Teilen unseres Landes, das
stark von um sich greifenden Städten und Industriedörfern durchsetzt ist,
schon heute von vornherein ausgeschlossen, obwohl sich in der Umgebung
dieser Ortschaften noch zahlreiche lebensfähige Bauernbetriebe befinden,
und würde der Verstädterung Vorschub geleistet, der nach Möglichkeit
entgegenzuwirken das bäuerliche Erbrecht mithelfen soll. Selbst die
Tatsache, dass bereits gewisse Vorarbeiten für eine allfällige spätere
Überbauung geleistet wurden, erlaubt für sich allein nicht den Schluss,
dass dieses Recht nicht mehr anwendbar sei, da solche Vorbereitungen
von den Gemeindeverwaltungen oft auf weite Sicht vorsorglich getroffen
werden. Die Miterben desjenigen, dem ein landwirtschaftliches Grundstück
zum Ertragswert zugewiesen wird, obwohl eine Überbauung in absehbarer
Zeit immerhin als möglich erscheint, können ihre Interessen in der Weise
wahren, dass sie sich auf Grund von Art. 619 ZGB für den Fall eines
Verkaufs binnen der folgenden 15 Jahre durch Vormerkung im Grundbuch
den Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn sichern.
Freilich soll dieser Anteil gemäss Art. 619 Abs. 2 nicht mehr betragen,
als der Miterbe erhalten hätte, wenn das Grundstück bei der Teilung zum
(damaligen) Verkehrswert angerechnet worden wäre. Eine nach der Teilung
eintretende Steigerung des Verkehrswertes kommt aber auch dann allein dem
Erwerber zugut, wenn das Grundstück nicht einem Erben zum Ertragswert
zugewiesen, sondern an einen Dritten verkauft oder von einem Erben zum
Verkehrswert übernommen wird. Im übrigen steht es den Erben frei, den
für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert auf dem
Wege der Vereinbarung so festzusetzen, dass die Miterben des Übernehmers
sich auch bei einer spätern Erhöhung des tatsächlich erzielbaren Erlöses
nicht verkürzt fühlen können.

    Im vorliegenden Falle liegt der untere Teil des im Nachlass
befindlichen Heimwesens, dessen Zuteilung zum Ertragswert verlangt wird,
in der Zone, wo nach dem zur Bauordnung der Gemeinde A. vom 16. Juli
1953 gehörenden Zonenplan zweigeschossige Bauten erstellt werden
dürfen, während der obere Teil in dem in erster Linie für die Land- und
Forstwirtschaft bestimmten "übrigen Gemeindegebiet" liegt. Der Anschluss
an die Kanalisation ist längs der Hauptverkehrsstrasse hergestellt. Das
Quartierplanverfahren ist eingeleitet worden. Es besteht auch ein Projekt
für eine Quartierstrasse, deren Bau die Kulturfläche des Heimwesens stark
beeinträchtigen und erhebliche Teile davon für die Überbauung erschliessen
würde. Ein Hoch- und Tiefbauunternehmer, A. St. in Zürich, hat einem des
Parteivertreter am 18. Februar 1956 geschrieben, er offeriere für den
Hof Fr. 275'000.-- (ungefähr Fr. 4.- pro m2). Nach den tatsächlichen
Feststellungen des Bezirksgerichtes, welche die Vorinstanz sich durch
Übernahme der erstinstanzlichen Erwägungen zu eigen gemacht hat, wird
jedoch der Quartierplan noch mindestens 4-5 Jahre auf sich warten lassen
und wird es bis zum Bau einer Zuleitung zur Kläranlage, von welchem die
Gemeinde die Bewilligung von Bauten an der Hauptverkehrsstrasse abhängig
macht, mindestens noch bis zum Jahre 1960 oder 1961 dauern. Der Bau der
Quartierstrasse, für die noch keine Bau- und Niveaulinien gezogen wurden,
wird, wie das Bezirksgericht weiter feststellt, "nicht in absehbarer
Zeit" erfolgen. Die Umgebung des Hofes hat wie dieser selbst noch
vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter. Bis heute ist hier laut
dem angefochtenen Urteil "von einer zunehmenden Verstädterung nicht
viel zu verspüren". Vom Dorfkern ist der streitige Hof ziemlich weit
entfernt. In A. und in den übrigen Vororten von Zürich dürften noch
beträchtliche Flächen vorhanden sein, die sich für eine Überbauung
wesentlich besser eignen als das Gebiet des streitigen Hofs. Es wäre daher
eher ein Zufall, wenn in absehbarer Zeit auf diesem Hof gebaut würde. Die
privatschriftliche Offerte St.s taugt schon deshalb nicht zum Beweis der
Baureife, weil sie rechtlich unverbindlich ist. Der Umstand, dass der
Kläger sich bereit erklärt hat, den Betrag von Fr. 275'000.-- bei der
Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Miterben als für die Berechnung
des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert anzuerkennen, beweist nicht,
dass er einen Verkauf zu diesem Preis für möglich halte. Im übrigen
ist der dem Angebot St.s entsprechende Quadratmeterpreis von Fr. 4.-
immerhin nicht so hoch, dass die Fortführung des Landwirtschaftsbetriebs
auf dem streitigen Hof als schlechthin unvernünftig bezeichnet werden
könnte, wenn dieser Preis wirklich erhältlich wäre. Die Berufungsklägerin
hat denn auch im vorliegenden Prozess jahrelang geltend gemacht, dass
dieser Hof ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB
darstelle und ihr zuzuteilen sei, und diesen Standpunkt erst am 15. Juni
1956 aufgegeben, nachdem ihre persönlichen Verhältnisse sich geändert
und beide Experten ihr die Eignung zur Betriebsführung abgesprochen
hatten. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob man es beim streitigen
Heimwesen mit einem "landwirtschaftlichen Gewerbe" im Sinne der eben
erwähnten Gesetzesbestimmung zu tun habe, grundsätzlich zu bejahen. Ein
Vorbehalt ist lediglich mit Bezug auf eines der beiden Wohnhäuser zu machen
(vgl. Erwägung 7).

Erwägung 5

    5.- Ein landwirtschaftliches Gewerbe kann gemäss Art. 620 ZGB nur
dann einem Erben zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, wenn es eine
wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche
Existenz bietet.

    Im vorliegenden Falle bilden Kulturland, Streue und Wald zusammen
mit den für die Bewirtschaftung erforderlichen Gebäuden ohne Zweifel eine
wirtschaftliche Einheit.

    Heikler ist die Frage, ob das Heimwesen eine ausreichende
landwirtschaftliche Existenz biete, d.h. ob seine Bewirtschaftung
einen Ertrag abwerfe, der einer mittlern Bauernfamilie unter normalen
Verhältnissen zum Leben ausreicht (vgl. BGE 81 II 105 ff.). Der
Sachverständige Dr. Neukomm, auf dessen Gutachten die Vorinstanz in allen
Teilen abstellt, berechnet das durchschnittliche Einkommen auf Fr. 7640.--,
den durchschnittlichen Verbrauch der Bewirtschafterfamilie auf Grund
der Annahme, dass diese aus Mann, Frau, einem im Haushalt lebenden und
einem auswärts wohnenden mit monatlich Fr. 100.-- zu unterhaltenden
Kinde bestehe, auf von Fr. 7400.-- So kommt er aufeinen jährlichen
Vorschlag Fr. 240.--. Das von ihm errechnete Einkommen schliesst indes
den Ertrag der Mietwohnungen in beiden Wohnhäusern ein. Das Einkommen des
Übernehmers vermindert sich also, wenn man eines dieser beiden Häuser als
nicht zum landwirtschaftlichen Gewerbe gehörend von der Zuweisung ausnimmt.
Auf der andern Seite vermindert sich dann aber auch die Hypothekarzinslast.
Zudem hat der Sachverständige erklärt, bei geschickter Bewirtschaftung
könnten weitere Einnahmequellen erschlossen werden. Das Bezirksgericht
nimmt an, dies sei dem Kläger tatsächlich gelungen (S. 40 des Urteils
vom 14. Februar 1956, dessen Erwägungen das Obergericht, wie schon
bemerkt, übernommen hat). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Betrag
von Fr. 7400.--, auf den der Sachverständige auf Grund von Zahlen aus
Vergleichsbetrieben den Verbrauch beziffert hat, für eine Familie mit
zwei Kindern auch bei Mitberücksichtigung der Steuern noch über dem
Existenzminimum liegen dürfte, das gemäss BGE 81 II 110 lit. f für
die Bemessung des Lebensbedarfs massgebend ist, da nach dem Sinne des
Gesetzes auch Betriebe, die nur eine kärgliche Existenz ermöglichen, nach
bäuerlichem Erbrecht sollen vererbt werden können. Schliesslich ist darauf
hinzuweisen, dass nach dem Gutachten Schmid, auf das die Vorinstanz sich
ebenfalls beruft, im Kanton Zürich noch zahlreiche landwirtschaftliche
Betriebe mit einer Fläche von 3-5 ha vorhanden sind, die nur zum kleinern
Teil so gut gelegen und arrondiert sein dürften wie der streitige Hof und
deren Inhaber offenbar gleichwohl ihr Fortkommen finden. Daher bedeutet es
keine Bundesrechtsverletzung, dass die kantonalen Instanzen angenommen
haben, der Übernehmer finde auf diesem Heimwesen eine ausreichende
landwirtschaftliche Existenz.

Erwägung 6

    6.- Auf die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum
Ertragswert kann nach Art. 620 ZGB nur ein Erbe Anspruch erheben, der
als zu dessen Übernahme geeignet erscheint.

    Bei der Untersuchung der beruflichen Eignung des Klägers ist das
Bezirksgericht in seinen vom Obergericht gebilligten Erwägungen auf
Grund der eingeholten Gutachten und eines einlässlichen Beweisverfahrens
über die dem Kläger von der Gegenpartei vorgeworfenen Fehler in der
Betriebsführung zum Schlusse gelangt, dass der Kläger, obwohl er mit den
modernsten Grundsätzen der Bewirtschaftung nicht vollständig vertraut sei
und auch praktisch keinen tadellosen, vorbildlichen Betrieb gewährleiste,
doch im Sinne des bäuerlichen Erbrechts nach den orts- und landesüblichen
Vorstellungen für die Zuweisung des streitigen Heimwesens als geeignet
erscheine. Die Feststellungen über die Kenntnisse und die Betriebsführung
des Klägers, auf welche dieser Schluss sich stützt, betreffen tatsächliche
Verhältnisse und sind daher für das Bundesgericht verbindlich. Auf Grund
dieser Feststellungen konnten die kantonalen Gerichte die berufliche
Eignung die Klägers ohne Verstoss gegen Art. 620 ZGB bejahen.

    An einen Bewerber sind freilich um so höhere Anforderungen zu stellen,
je grösser die finanziellen Schwierigkeiten sind, denen er bei Übernahme
des Heimwesens begegnet (BGE 75 II 31 und dort angeführte Entscheide). In
dieser Beziehung fällt in Betracht, dass der Kläger nach den Feststellungen
des Bezirksgerichtes zwar laufende Schulden von Fr. 7000.-- und eine
Darlehensschuld von Fr. 10'000.-- hat und in den Jahren 1952 bis 1955
insgesamt 68 Mal betrieben wurde, dass er jedoch seinen finanziellen
Verpflichtungen, wenn auch mit Verspätung, nachzukommen vermochte, obwohl
er heute das Heimwesen noch unter erschwerten Bedingungen (zum Teil
mit Pachtland statt mit Eigenland) bewirtschaftet und bis anhin grosse
Zahlungen für Gerichts- und Anwaltskosten aus seinem Scheidungsprozess zu
leisten hatte und auch den vorliegenden Prozess finanzieren musste. Die
Erwartung, dass er nach Wegfall dieser ausserordentlichen Umstände seine
Verbindlichkeiten um so eher werde erfüllen können, erscheint daher
als gerechtfertigt. Die Beschaffung der Mittel für die Auszahlung der
Geschwister ist gemäss Feststellung des Bezirksgerichts zu annehmbaren
Bedingungen gesichert. In den bestehenden finanziellen Schwierigkeiten
liegt daher kein genügender Grund, dem Kläger die Eignung für die Übernahme
des Heimwesens abzusprechen.

    Ein solcher Grund kann aber auch in den moralischen Eigenschaften des
Klägers nicht gefunden werden. Der Kläger hat zwar einen etwas schwierigen
Charakter, was sich nicht nur aus dem Scheidungsprozess, sondern z.B. auch
aus seinem Schreiben an den Anwalt der Berufungsklägerin vom 16. April 1956
ergibt. Dass er seit Jahren mit seiner Haushälterin, die ein uneheliches
Kind von ihm hat, im Konkubinat lebt, wirft auf ihn ebenfalls nicht das
beste Licht. Unfleiss, Trunksucht, eine Neigung zu übermässigem Aufwand
oder andere moralische Schwächen, die seine Fähigkeit, sich auf dem
Betriebe zu behaupten, in Frage stellen könnten, sind ihm jedoch nicht
vorzuwerfen. Der vorliegende Fall hat keinerlei Ähnlichkeit mit den in
BGE 75 II 30 ff. und 77 II 225 ff. beurteilten Fällen, wo die Eignung im
Sinne von Art. 620 ZGB mit Rücksicht auf moralische Eigenschaften verneint
wurde, die befürchten liessen, dass die Bewerber sich trotz dem Besitz der
nötigen technischen Fähigkeiten als Betriebsinhaber nicht bewähren würden.

    Die kantonalen Instanzen durften demnach auch die subjektiven
Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 620 ZGB als erfüllt betrachten.

Erwägung 7

    7.- Das auf die Parzelle Nr. 2656 bezügliche Eventualbegehren der
Berufungsklägerin kann auf jeden Fall nicht im vollen Umfange geschützt
werden. Das Kulturland und der Hofraum auf der Parzelle Nr. 2656 und
die darauf stehenden Wirtschaftsgebäude, insbesondere auch die Scheune
Nr. 54, gehören unzweifelhaft zum landwirtschaftlichen Gewerbe, auf dessen
ungeteilte Zuweisung der Kläger Anspruch hat. Wie die Berufungsklägerin
selber ausführt, kann keine Rede davon sein, dass sich das streitige
Gewerbe, das ohnehin nur eine knappe Existenz bietet, im Sinne von
Art. 621ter ZGB in zwei lebensfähige Betriebe zerlegen liesse.

    Als Bestandteil des landwirtschaftlichen Gewerbes, das dem Kläger
zuzuweisen ist, hat auch das eine der beiden Wohnhäuser zu gelten,
da der Betriebsinhaber eine Wohnung benötigt und gesagt werden kann,
zwischen Kulturland und Gebäuden bestehe noch ein vernünftiges Verhältnis
und den betriebsfremden Räumen komme im Vergleich zu den für den Betrieb
notwendigen Räumen und zum Kulturland nur untergeordnete Bedeutung zu
(vgl. hiezu BGE 50 II 328 und Urteil vom 11. Februar 1954 i.S. König
gegen König, Erw. 2 c Abs. 3 S. 14), auch wenn zum landwirtschaftlichen
Gewerbe ein Wohnhaus gerechnet wird, das neben der Bauernwohnung noch
zwei bescheidene Mietwohnungen enthält. (Die Mietzinsen für den 1. und
2. Stock des Hauses Nr. 50, dessen Erdgeschoss der Kläger gegenwärtig
bewohnt, betragen nach dem Gutachten Neukomm jährlich nur Fr. 636.--
bezw. Fr. 576.--.)

    Auf die Zuweisung beider Wohnhäuser kann dagegen der Kläger nicht
Anspruch erheben, da es nicht angeht, neben den zwei Wohnungen umfassenden
betriebsfremden Räumen im Hause, wo der Betriebsinhaber wohnen wird,
auch noch ein zweites Wohnhaus mit drei weitern Wohnungen im Vergleich
zu den für den Landwirtschaftsbetrieb erforderlichen Bestandteilen des
Heimwesens als Nebensache zu betrachten, die bei der Anwendung von Art.
620 ZGB das Schicksal der Hauptsache zu teilen hätte. Hieran würde
sich auch nichts ändern, wenn gewisse Kellerräume des zweiten Hauses
gegenwärtig für den Betrieb oder für den Haushalt des Betriebsinhabers
benützt werden sollten. Ebensowenig können die (gewiss nicht unlösbaren)
Schwierigkeiten, welche im Falle der Abtretung des einen Wohnhauses vom
Heimwesen die Regelung der Wegverhältnisse bieten kann, dazu führen,
dem Kläger beide Wohnhäuser zu überlassen.

    Eines dieser beiden Häuser ist daher von der Zuteilung an den
Kläger auszunehmen, wenn die Erben sich nicht auf eine andere Lösung
(z.B. Überlassung beider Häuser an den Kläger und Einräumung eines
Wohnrechts an die Berufungsklägerin) einigen. Welches der beiden Häuser
sich leichter aussondern lässt, welcher Umschwung dafür unentbehrlich
ist, wie die Wegverhältnisse zu gestalten sind und wie hoch der
Anrechnungswert des Gewerbes mit nur einem Wohnhaus zu beziffern ist,
sowie welches die weitern Folgen der Aussonderung des einen Hauses für
die Erbteilung sind, lässt sich indessen auf Grund der vorliegenden Akten
nicht beurteilen. Insbesondere lässt sich heute auch noch nicht sagen,
in welcher Weise die Erbteilung mit Bezug auf das auszusondernde Wohnhaus
durchzuführen ist (vgl. hiezu BGE 78 II 408 ff.). Daher muss die Sache
zu neuer Entscheidung (auch über die kantonalen Kosten) an die Vorinstanz
zurückgewiesen werden.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juli 1956, soweit es
angefochten wurde, aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung gemäss
den Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.