Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 I 65



82 I 65

10. Urteil der I. Zivilabteilung als staatsrechtlicher Kammer vom 16. Juli
1956 i.S. Krankenkasse Surental gegen Zwinggi und Obergericht des Kantons
Luzern. Regeste

    Art. 4 BV;luzernische Verordnungvom27. August 1945
fürdasSchiedsgerichtsverfahren nach Art.25KUVG. Es ist nicht willkürlich,
gegen die Urteile des Schiedsgerichts, das der Kanton Luzern zur
Beurteilung von Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und
Ärzten eingesetzt hat, die Revision zuzulassen.

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, indem das Obergericht
die Revision als Rechtsmittel gegen Urteile des gemäss Art. 25 KUVG
eingesetzten Schiedsgerichtes zulässig erklärt habe, habe es kantonales
Prozessrecht willkürlich ausgelegt. Das trifft nicht zu. Wohl bestimmte §
7 Abs. 1 der nicht mehr geltenden Verordnung vom 10. Juli 1915 betreffend
die Bezeichnung des Schiedsgerichts und das Schiedsgerichtsverfahren gemäss
Art. 25 KUVG, für das Verfahren kämen "die für das ordentliche Verfahren
vor dem Gerichtspräsidenten geltenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung
zur Anwendung", während die neue Verordnung vom 27. August 1945 über das
Schiedsgerichtsverfahren nach Art. 25 KUVG in § 6 Abs. 4 das Verfahren
insoweit dem freien Ermessen des Schiedsgerichts anheimstellt, als
sie nicht selber Bestimmungen enthält. Das Fehlen einer Verweisung auf
Bestimmungen der Zivilprozessordnung in der neuen Verordnung schliesst
indessen die Anwendung der Bestimmungen über die Revision nicht aus. Dieses
Rechtsmittel auch gegenüber Urteilen des für Streitigkeiten zwischen
anerkannten Krankenkassen und Ärzten bestellten Schiedsgerichts zuzulassen,
ist nicht nur nicht willkürlich, sondern gegenteils sehr vernünftig. Diese
Auffassung wird auch in der Literatur mit ernsthaften Gründen vertreten
(vgl. O. HUBER, Der Rechtsschutz in der Krankenversicherung S. 133). Die
besondere Zuständigkeitsordnung zur Behandlung der erwähnten Streitigkeiten
bezweckt nur, bestimmte Kreise bei der einfach zu gestaltenden Beurteilung
mitwirken zu lassen. Das erheischt nicht, dass beim Bekanntwerden neuer
Tatsachen die Revision nicht zugelassen werde. Das wäre eine unnatürliche
Folge. Dass das Obergericht des Kantons Luzern Kassationsbeschwerden
gegen Urteile der genannten Art nicht entgegennimmt, ändert nichts. Das
geschieht ausschliesslich in Anwendung des § 258 Abs. 2 ZPO, in dem
nach der Auffassung des Obergerichts die der Kassationsbeschwerde
unterliegenden Urteile abschliessend aufgezählt werden. Die Bestimmungen
über die Revision (§§ 266 ff. ZPO) enthalten eine solche Beschränkung
nicht. Dass das Obergericht einen Unterschied zwischen Kassationsbeschwerde
und Revisionsgesuch macht, ist daher nicht willkürlich.

Erwägung 2

    2.- Soweit durch die staatsrechtliche Beschwerde eine Verletzung des
Art. 25 KUVG geltend gemacht wird, ist darauf nicht einzutreten. Diese
Rüge konnte mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 ff. OG angebracht
werden, was nach Art. 84 Abs. 2 OG ausschliesst, sie zum Gegenstand
einer staatsrechtlichen Beschwerde zu machen. Das gilt besonders auch
für die Frage, ob durch die Praxis des luzernischen Obergerichts eine
zweite Instanz eingeführt werde und dies dem eidgenössichen Recht
widerspreche. Auch diese Frage gehört in das Beschwerdeverfahren nach
Art. 68 ff. OG und ist von der Krankenkasse Surental denn auch in einem
solchen aufgeworfen und vom Bundesgericht dort beantwortet worden1.

    1 Siehe BGE 81 II Heft 4 (Seite 257 ff.)

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.