Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 I 288



82 I 288

41. Auszug aus dem Urteil vom 13. Juli 1956 i.S. X.-AG gegen Y.,
Steuer-Rekurskommission. Regeste

    Wehrsteuer: Verdeckte Gewinnausschüttung:

    a)  Begriff (Berichtigung der Praxis).

    b)  Anwendung bei Partnerwerken der Elektrizitätswirtschaft.

Sachverhalt

    Die X.-AG ist von zwei Grosskonsumenten elektrischen Stromes
gegründet worden mit dem Zweck, eine Wasserrechtskonzession gemeinsam
auszunützen und hierfür ein Kraftwerk zu bauen und zu betreiben. Nach
Gründungsvertrag und Statuten wird der aus dem Kraftwerk anfallende
Strom nicht verkauft, sondern von den beiden Aktionären grundsätzlich
im Verhältnis ihrer Aktienbeteiligung abgenommen, wogegen die beiden
Partner im gleichen Verhältnis die gesamten Bau- und Betriebskosten
für das Werk aufbringen mit Einschluss einer Dividende, die bei der
Gründung im Jahre 1929 auf 6% bestimmt worden war. Nach Fertigstellung
des Werkes wurden die Beitragsleistungen an die jährlichen Betriebskosten
("Jahreskosten") aufgenommen. Die Dividende auf das Aktienkapital wurde
aber nicht, wie im Gründungsvertrag vorgesehen, zum Ansatze von 6%
aufgebracht, sondern von Anfang an nur mit 4% berechnet. Im Jahre 1939
wurde der Gründungsvertrag dahin abgeändert, dass die von den Partnern
aufzubringende Dividende jeweilen von Jahr zu Jahr festgesetzt wird.
In der Folge betrug der jährliche Ansatz bis 1951 jeweilen 4%, von da
an 4 1/2%. In den auf den 30. September 1941 und 1942 abgeschlossenen
Geschäftsjahren entsprachen die von den beiden Aktionären aufgebrachten
Jahreskosten einem durchschnittlichen Aufwand von 2,07 (1940/41) und 2,24
(1941/42) Rappen für die kWh erzeugter elektrischer Energie.

    Bei der Einschätzung für die II. Periode der eidg. Wehrsteuer
(1943 und 1944, Bemessungszeitraum 1941 und 1942) haben die
kantonalen Wehrsteuerbehörden eine Gewinnaufrechnung wegen "verdeckter
Gewinnausschüttung" vorgenommen mit der Begründung, mit den von den
Aktionären in den Geschäftsjahren 1940/41 und 1941/42 aufgebrachten
Jahreskosten habe die X.-AG aus dem den Aktionären zur Verfügung
gestellten Strom keinen Verkaufserlös erzielt, wie er sich unter
normalen Verhältnissen beim Verkaufe des Stroms im freien Wettbewerb
mit der Konkurrenz ergeben hätte. Der Marktwert der von der X.-AG
gelieferten Energie sei auf Grund billiger Schätzung unter Heranziehung
von Vergleichszahlen mit 3 Rp. für die kWh anzusetzen. Der Unterschied
zwischen diesem erzielbaren Verkaufserlös und der von den Aktionären
geleisteten Vergütung sei zum Geschäftsergebnis hinzuzurechnen.

    Die X.-AG erhebt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt,
den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Sie macht u.a. geltend, die
Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung sei ungerechtfertigt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    II. - In der Sache selbst geht der Streit darum, ob es richtig ist,
bei Bemessung des für die zweite Wehrsteuerperiode steuerbaren Reingewinns
der Beschwerdeführerin das auf Grund der Buchabschlüsse errechnete und
heute nicht mehr bestrittene Geschäftsergebnis zu erhöhen, weil, wie
angenommen wird, der von der Gesellschaft vereinnahmte Erlös für den an
die Aktionäre gelieferten Strom keinen normalen Verkaufserlös darstellt,
wie er sich ergeben würde, wenn der Strom im freien Wettbewerb mit der
Konkurrenz verkauft werden könnte. Die Frage ist auf Grund der in Art. 49
WStB für die Berechnung des steuerbaren Reingewinns getroffenen Ordnung
zu beurteilen.

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB fallen für die Berechnung des
steuerbaren Reingewinns einer Aktiengesellschaft alle vor Berechnung
des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung ausgeschiedenen Teile des
Geschäftsergebnisses in Betracht, die nicht zur Deckung geschäftsmässig
begründeter Unkosten verwendet wurden; als Beispiele werden aufgeführt:
Aufwendungen zur Anschaffung und Verbesserung von Vermögensobjekten,
Einzahlungen auf das Gesellschaftskapital, freiwillige Zuwendungen an
Dritte, letztere insoweit, als das Gesetz nicht Steuerfreiheit besonders
anordnet (vgl. Art. 49 Abs. 2). Das Gesetz ordnet den Einbezug derartiger
Verwendungen in den Reingewinn an, weil es grundsätzlich den ganzen
Reingewinn einer Aktiengesellschaft der Besteuerung unterwerfen will
(BGE 71 I 406). Es kann, schon im Interesse der Gleichbehandlung der
Steuerpflichtigen, auf die Erfassung der vor Buchabschluss vorgenommenen
und das durch die Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Ergebnis
vermindernden Ausscheidungen von Gesellschaftsmitteln nicht verzichten.

    Zu den nach Gesetz anzurechnenden Verwendungen gehören vor allem,
soweit sie sich nicht unter dem Gesichtspunkte geschäftsmässig begründeter
Unkosten rechtfertigen lassen, das Geschäftsergebnis vermindernde
Leistungen, die eine Aktiengesellschaft ihren Aktionären zukommen
lässt. Unerheblich ist, ob die Leistungen offen als Bestandteile
des Reingewinns ausgewiesen sind, wie es z.B. der Fall ist, wenn
Vorschussdividenden ausgerichtet werden, oder ob die Zuwendung in einer
Form erfolgt, in welcher der Charakter der Gewinnausschüttung nicht zum
Ausdruck kommt. Die steuerliche Erfassung von vor Rechnungsabschluss
vorgenommenen Gewinnausschüttungen kann nicht davon abhängen, ob die
Zuwendungen als Gewinnverwendungen ausgewiesen sind, oder ob aus der für
die Ausrichtung gewählten Form der die Steuerbarkeit bestimmende Charakter
der Zuwendung als Gewinnvorwegnahme nicht hervorgeht, die steuerpflichtige
Gesellschaft die Leistung unter einer Bezeichnung gewährt, die sie formell
z.B. als eine Aufwendung für Unkosten erscheinen lässt, und damit die
steuerlich erhebliche Seite des Geschäftsvorfalls, unbewusst oder bewusst,
verdeckt ("verdeckte Gewinnausschüttung").

    Nach Theorie und Praxis darf eine verdeckte Gewinnausschüttung dann
angenommen werden, wenn

    a) eine Leistung ausgerichtet worden ist, der keine angemessene
Gegenleistung gegenübersteht, so dass sich die Leistung, als eine Entnahme
von Gesellschaftsmitteln, in einer Verminderung der durch die Gewinn-
und Verlustrechnung ausgewiesenen Geschäftsergebnisse auswirkt;

    b) mit der Leistung ein Mitglied der Gesellschaft (Aktionär)
begünstigt wurde, die Leistung ihm direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm
nahestehende Person oder Unternehmung) zugehalten wurde, wobei anzunehmen
ist, dass die Leistung unterblieben oder wesentlich geringer gewesen wäre,
wenn der Begünstigte eine der Gesellschaft fernstehende Person gewesen
wäre, die Leistung also insofern ungewöhnlich ist, sich mit sachgemässem
Geschäftsgebaren nicht vereinbaren lässt;

    c) das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung für die
handelnden Gesellschaftsorgane erkennbar gewesen sein muss, so dass
angenommen werden kann, es sei eine Begünstigung beabsichtigt gewesen.
(BOSSHARDT, Die neue zürch. Einkommens- und Vermögenssteuer, S. 203;
PESTALOZZI, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Steuerrecht, S. 22 f.;
WIDMER, Die verdeckte Gewinnausschüttung durch Verrechnung zu niedriger
Verkaufspreise, ASA 20, S. 120).

    Unerheblich ist, ob bei der Gestaltung der Zuwendung, Einkleidung
in eine verdeckte Form, Gründe der Steuerersparnis massgebend
oder mitbestimmend waren und ob eine Steuerumgehung beabsichtigt
war. Steuerumgehungsabsicht wird, das ist feststehende Auffassung von
Theorie und Praxis, dort, wo das Gesetz die steuerliche Erfassung
verdeckter Gewinnzuwendungen vorschreibt oder zulässt, regelmässig
nicht vorausgesetzt (BGE 71 I 415 f., 74 I 61; nicht publ. Entscheide
vom 1. März 1946 i.S. Schwob & Co., 13. Juni 1947 i.S. T.-AG, ASA 16
S. 173, und vom 19. Mai 1950 i.S. Dorfkäsereigenossenschaft U., ASA 19
S. 101, betr. Wehrsteuer; ferner BGE 72 I 184 und 305, 79 I 166 betr.
Couponabgabe; vom 28. Juni 1946 i.S. TW., ASA 15 S. 234 f., und vom 8.
Dezember 1950 i.S. A., ASA 19 S. 404 betr. Kriegsgewinnsteuer; vgl. auch
J. BLUMENSTEIN, Kommentar zum bern. StG, S. 321 ff.; BOSSHARDT, aaO,
PERRET, Wehrsteuer 1951/54 S. 107). In zwei Entscheiden (BGE 74 I 296 und
Entscheid vom 2. Oktober 1953 i.S. Z., ASA 22, S. 390) wurde allerdings -
abweichend von der erwähnten Praxis - auch die Absicht der Steuerumgehung
gefordert. Doch handelt es sich dabei, wie der Vergleich mit den dafür
angerufenen Praejudizien ohne weiteres ergibt, um ein Versehen. In den
angerufenen früheren Entscheiden waren allerdings gelegentlich auch die
Tatbestandsmerkmale, die die Steuerumgehung charakterisieren, neben andern
Merkmalen mitaufgeführt, aber nicht wie in jenen beiden Entscheiden als
kumulatives - also unbedingt notwendiges Erfordernis, sondern alternativ
als ein gelegentlich vorkommendes Indiz. Die beiden Entscheide sind
mit Recht beanstandet worden (WIDMER, Die verdeckte Gewinnausschüttung,
in ASA 20 S. 121 ff.; ebenso die im vorliegenden Verfahren eingelegten
Gutachten Imboden und H. Steiner). Sie sind im Sinne der überkommenen
Praxis, auf die sie sich berufen, zu berichtigen.

Erwägung 2

    2.- Hier soll die Gewinnvorwegnahme davon herrühren, dass die
Aufwendungen der beiden Aktionäre für den Betrieb der X.-AG keine
normale Entschädigung für den ihnen anfallenden Strom darstellen, wie
sie ein unabhängiger Dritter unter im übrigen gleichen Verhältnissen für
entsprechende Stromlieferungen zu zahlen hätte, dass sich also Leistung
und Gegenleistung nicht die Wage halten, die Stromabgabe an die Aktionäre
daher zu einer Verminderung des Gewinnes führt, der in der Gewinn- und
Verlustrechnung normalerweise auszuweisen wäre.

    a) Die X.-AG ist nach Gründungsvertrag und Statuten eine Unternehmung,
deren Zweck nicht in der Erzielung von Handelsgewinnen besteht. Ihre
Aufgabe erschöpft sich in der Herstellung elektrischer Energie. Sie ist
ausschliesslich Produktionswerk. Der gewonnene Strom wird nicht an Dritte
mit Gewinn (oder Verlust) verkauft, sondern von den beiden am Werke
beteiligten Unternehmungen, den Partnern des Gründungsvertrages, am Werk
abgenommen. Die Partner bezahlen keinen Kaufpreis, sondern sie kommen
für die gesamten Kosten der Unternehmung auf, inbegriffen eine jährliche
Dividende auf das Aktienkapital. Die dergestalt aufzubringenden Kosten
werden unter den Partnern verteilt, wobei die allgemeinen Jahreskosten
grundsätzlich im Verhältnis der Energiebezüge, gewisse näher umschriebene
besondere Kosten nach der Inanspruchnahme der Werkeinrichtungen verlegt
werden. (vgl. hierüber SAITZEW, Die Partnerwerke, S. 13 f., Ziff. 3, 4
und 5). Mit dieser Ordnung ist die X.-AG gegen Verluste nach menschlichem
Ermessen gesichert. Sie hat keine Risiken zu tragen. Sie kann sodann,
unbesehen aller dem Betriebe von Elektrizitätsunternehmungen inhärenten
Risiken und ihrer Folgen, normalerweise über die in die Jahreskosten
eingerechnete Dividende verfügen. Anderseits sind aber ihre Einnahmen
und damit auch die jährlich ausgewiesenen Gewinne von vornherein mehr
oder weniger festgelegt und beschränkt. Sie werden nicht durch die im
Betriebe der X.-AG erzielte Produktion und deren Verwertung bestimmt,
sondern durch von den Partnern im Gründungsvertrage und dessen spätern
Abänderungen getroffene Anordnungen. Sie sind besonders allen Einflüssen
entzogen, die wirksam wären, wenn die Produktion am Elektrizitätsmarkt
abgesetzt werden müsste.

    Für die Besteuerung stellt sich die Frage, ob der X.-AG mit dieser
Ordnung nicht Werte entzogen werden, die in ihrem Betriebe geschaffen
worden sind, richtigerweise als Erträgnisse ihrer Tätigkeit ausgewiesen
werden sollten und deshalb der steuerlichen Erfassung zugeführt werden
müssen. Dies wäre nach der Praxis anzunehmen, wenn die Aufwendungen der
beiden Aktionäre keine normale Entschädigung für den aus dem Betriebe
der X.-AG anfallenden Strom darstellen und daher zwischen Leistung
und Gegenleistung ein offenbares Missverhältnis bestehen sollte. Dabei
ist zunächst auf die Verhältnisse abzustellen, wie sie im Jahre 1929
bei Errichtung der Unternehmung, dem Abschluss des Gründungsvertrages
bestanden. Sodann ist zu untersuchen, ob die nachträgliche Herabsetzung
der jährlichen Dividende von 6% auf 4% geschäftsmässig begründet war.

    b) Die im Untersuchungsverfahren vor Bundesgericht
eingezogenen Gutachten zwei volkswirtschaftlicher und eines
elektrizitätswirtschaftlichen Sachverständigen kommen im Ergebnis
übereinstimmend eindeutig zum Schlusse, dass zwischen den beidseitigen
Leistungen und Lasten, so wie sie im Gründungsvertrage bei Errichtung
der X.-AG dieser überbunden und von den Gründern übernommen wurden,
wirtschaftlich kein Missverhältnis besteht. Der Experte Müller im besondern
stellt (S. 29) fest, dass die X.-AG einen dem tatsächlich abgeschlossenen
Partnervertrag nachgebildeten Vertrag, der nur die Minimalrendite mit
einem den Obligationenzinsfuss geringfügig überschreitenden Satz in die
Jahreskosten einrechnet, mit einem unabhängigen Dritten hätte abschliessen
können, ohne dabei ihre wohlverstandenen Interessen und diejenigen ihrer
Aktionäre offensichtlich zu verletzen. Er legt mit überzeugender Begründung
dar, dass angesichts der damaligen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein für
die X.-AG günstigerer Vertrag auch mit einem unabhängigen Vertragspartner
nicht erzielbar gewesen wäre. Eine höhere Rendite hätte, nach Auffassung
der Experten, unter Würdigung der in der Zeit des Baubeschlusses für
die X.-AG gegebenen energiewirtschaftlichen Verhältnisse das Verhältnis
von Leistung und Gegenleistung für die Strombezüger gestört und die
letzteren im damaligen Zeitpunkt zum Verzicht auf die Vertragsabschluss
und zu einer Verschiebung der Erstellung des Kraftwerks führen müssen
(S. 32). Es ist daher davon auszugehen, dass jedenfalls bei der 1929 im
Gründungsvertrage getroffenen Ordnung das Verhältnis von Leistung und
Gegenleistung gewahrt ist und dass deshalb im Rahmen der ursprünglichen
Ordnung eine Gewinnvorwegnahme nicht in Frage kommen kann.

    Nun ist aber, entgegen der im Jahre 1929 getroffenen Ordnung, die
im Gründungsvertrage als zu vergütender Kostenbestandteil vorgesehene
Dividende von 6% des Aktienkapitals nicht aufrechterhalten worden. Die
Partner und Strombezüger haben der X.-AG, ungeachtet der Ordnung im
Gründungsvertrag, von der Betriebseröffnung an nur 4% ausgerichtet, und
bei der Revision des Gründungsvertrages im Jahre 1939 wurde die feste
Dividende überhaupt aufgegeben. Im Verhältnis zwischen der X.-AG als
Stromlieferant und den Partnern als Strombezügern, das die steuerliche
Betrachtung bestimmt, ist die Änderung der Herabsetzung einer vertraglich
festgesetzten Leistung gleichzuachten. Es kommt darauf an, ob die Änderung
geschäftsmässig begründet war, d.h. ob sie die Strombezüger auch hätten
durchsetzen können, wenn die Stromlieferantin X.-AG eine unabhängige
Unternehmung gewesen wäre. Die Änderung des Ansatzes der Dividende,
für die die Strombezüger aufzukommen haben, wird begründet mit dem
Sinken der Obligationenzinse. Indessen kann hierin kein Grund für eine
Änderung der Abmachung über einen fest zugesicherten Dividendensatz
liegen. Wenn auch im Zeitpunkt der Gründung der Ansatz für die
zugesicherte Dividende im Hinblick auf die damaligen Verhältnisse
am Obligationenmarkt bestimmt wurde und diese Ordnung, wie mit den
bundesgerichtlichen Experten anzunehmen ist, wirtschaftlich gerechtfertigt
war, so erscheint es doch als unwahrscheinlich, ja als ausgeschlossen,
dass ein Sinken der Obligationenzinse zwingend zu einer Änderung der
zugesicherten Dividende führen musste. Einem mit dem Hinweis auf die
Veränderungen am Obligationenmarkt begründeten Begehren der Strombezüger
auf Dividendenherabsetzung hätte eine unabhängige Stromlieferantin
mit Grund entgegengehalten, dass der Rückgang der Obligationenzinse
eine Senkung der Produktionskosten bewirke, den Strombezügern bereits
eine wesentliche Erleichterung bringe, und dass sich im übrigen eine
Dividende von 6% durchaus im Rahmen der bei andern Unternehmungen der
Elektrizitätswirtschaft erzielten Geschäftsergebnisse halte. Unter
unabhängigen Vertragsparteien hätte sich unter diesen Umständen die
Herabsetzung der Dividende nicht durchsetzen lassen. Sie war nur möglich,
weil die Strombezüger als Partner des Gründungsvertrages und alleinige
Aktionäre über die Verhältnisse der X.-AG einseitig bestimmen.

    Dass bei den Partnerwerken der Elektrizitätswirtschaft die Beschränkung
der von den Partnern in den Jahreskosten aufzubringenden Rendite auf
einen geringfügig über dem Obligationenzinsfuss stehenden Minimalbetrag
wirtschaftlich an sich gerechtfertigt ist und eine mögliche Ordnung
des Verhältnisses zwischen den strombeziehenden Partnern und dem Werk
als Stromlieferantin wäre, ist hier, entgegen den Darlegungen in den
Gutachten, nicht entscheidend. Dies deshalb, weil die Partner durch die
1929 der X.-AG erteilte Dividendengarantie für die Dauer des Vertrages
gebunden waren und die X.-AG diese Garantie nicht aufgeben konnte, ohne
ihre wohlverstandenen Interessen offensichtlich zu verletzen. Die Aufgabe
der Garantie zugunsten der Aktionäre war nur möglich, weil diese die
X.-AG beherrschten. Einem Dritten wäre sie nicht gewährt worden. Zufolge
Aufhebung der bei Errichtung der Unternehmung eingeräumten Garantie
einer Dividende von 6% wird der X.-AG die ihr normalerweise zustehende
Entschädigung für die Stromlieferungen an ihre Aktionäre entzogen, was dazu
führt, dass die in den Berechnungsjahren für die II. Wehrsteuerperiode
ausgewiesenen Reingewinne für die Steuerberechnung um die der X.-AG
entgehenden Gewinnbeträge, also um die Differenz zwischen dem Betrage
einer Dividende von 6% des Aktienkapitals und dem Betrage der tatsächlich
vergüteten Dividenden, erhöht werden müssen.