Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 I 18



82 I 18

3. Urteil vom 2. März 1956 i. S. Wehrsteuerverwaltung des Kantons Zürich
gegen Holzkorporation Zollikon. Regeste

    Wehrsteuer: Berichtigung von Rechnungsfehlern (Art. 127 WStB).

    Die Wahl eines unzutreffenden Tarifs (in casu: des Tarifs für
Genossenschaften des Obligationenrechts statt desjenigen für natürliche
Personen bei der Besteuerung einer Korporation des kantonalen Rechts)
ist kein Rechnungsfehler.

Sachverhalt

    A.- Die Holzkorporation Zollikon ist eine Körperschaft des kantonalen
Rechts im Sinne des Art. 59 ZGB. Sie ist daher der Wehrsteuer nur für
das Vermögen unterworfen (Art. 51 Abs. 1 lit. b WStB). Am 9. Februar
1952 wurde ihr die Einschätzung für die VI. Periode eröffnet. Die danach
geforderte Steuer war zum Satze von 0,75 Promille berechnet. Es wurde
Art. 61 WStB angewandt, der diesen Satz für die von den Genossenschaften
des Obligationenrechts zu entrichtende Ergänzungssteuer vom Vermögen
vorsieht. Nachdem die Veranlagung längst rechtskräftig geworden war,
stellte die kantonale Wehrsteuerverwaltung fest, dass die Steuer zu einem
wesentlich höheren Satze, nach dem für die Ergänzungssteuer natürlicher
Personen geltenden Tarif III (Art. 51 Abs. 2 WStB), hätte berechnet
werden sollen. Sie fand, man habe es mit einem Rechnungsfehler im
Sinne von Art. 127 Abs. 1 WStB zu tun. Am 4. März 1955 liess sie der
Steuerpflichtigen eine berichtigte Einschätzung für die VI. Periode
zugehen.

    Auf Beschwerde der Pflichtigen hin hat indessen die kantonale
Rekurskommission die am 9. Februar 1952 eröffnete Veranlagung
wiederhergestellt (Entscheid vom 15. Juli 1955). Sie nimmt an, es handle
sich nicht um einen Rechnungsfehler im Sinne des Art. 127 WStB; die
Bestimmung des massgebenden Tarifs habe keine Rechenoperation erfordert,
sondern die Beantwortung der Rechtsfrage, welcher Tarif anwendbar sei.

    B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die kantonale
Wehrsteuerverwaltung, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die
Korporation zur Zahlung des in der berichtigten Einschätzung vom 4. März
1955 nachgeforderten Steuerbetrages zu verpflichten. Sie macht geltend,
infolge Verwechslung der Tarife sei es zu einer falschen Rechenoperation
und damit zu einem Rechnungsfehler gekommen, der im Verfahren nach Art. 127
Abs. 1 WStB habe berichtigt werden dürfen. Nach Abs. 3 daselbst könnten
nur solche Rechnungsfehler, die bei der Festsetzung der Steuerfaktoren
(Einkommen, Reingewinn, Vermögen, Kapital usw.) unterlaufen, nach Eintritt
der Rechtskraft der Veranlagung nicht mehr behoben werden.

    C.- Die Rekurskommission und die Steuerpflichtige beantragen Abweisung,
die eidg. Steuerverwaltung Gutheissung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 127 Abs. 1 WStB können Rechnungsfehler binnen drei
Jahren seit Eintritt der Rechtskraft der Veranlagung auf Begehren
des Steuerpflichtigen oder von Amtes wegen durch die kantonale
Wehrsteuerverwaltung berichtigt werden. Indessen kann nach Abs. 3 ebenda
eine rechtskräftige Feststellung der Steuerfaktoren (éléments imposables)
nicht abgeändert werden. Rechnungsfehler, die bei der Festsetzung
dieser Faktoren (Einkommen, Reingewinn, Vermögen, Kapital und Reserven
usw.) begangen werden, können daher nicht mehr behoben werden, sobald die
Veranlagung rechtskräftig geworden ist. Alle andern Rechnungsfehler können
innerhalb der in Art. 127 Abs. 1 WStB vorgesehenen Frist berichtigt werden.

    Das Gesetz umschreibt den Begriff des Rechnungsfehlers nicht
näher. Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch liegt ein solcher vor, wenn
bei einer mathematischen Operation ein Versehen rein rechnerischer Natur
unterläuft. In diesem Sinne muss auch Art. 127 Abs. 1 WStB verstanden
werden. Die Veranlagung zur Wehrsteuer wird in einem besonders
geregelten Verfahren festgestellt, das der Erzielung einer sachlich
richtigen Einschätzung dient und an dem der Steuerpflichtige und die
Steuerbehörde teilzunehmen haben. Allfällige Mängel sind vom Pflichtigen
oder von der Steuerverwaltung in der hiefür im Gesetz vorgesehenen Form,
durch rechtzeitige Einsprache oder Beschwerde, zu rügen. Geschieht
dies nicht, so wird die Veranlagung rechtskräftig, und es kann darauf
grundsätzlich, im Interesse der Rechtssicherheit, nicht mehr zurückgekommen
werden. Vorbehalten ist die Nachforderung hinterzogener Steuern (Art. 129
ff. WStB) und die Revision (BGE 74 I 405), ferner eben die Berichtigung
von Rechnungsfehlern nach Art. 127 WStB. Diese Bestimmung beruht offenbar
auf dem Gedanken, dass rechnerische Versehen, die nach Festlegung der
Steuerfaktoren bei der Bestimmung der Steuer vorkommen, zunächst leicht
übersehen und oft erst im Stadium des Steuerbezuges bemerkt werden,
aber stets ohne weiteres festgestellt und behoben werden können und
dass daher die Rechtssicherheit genügend gewährleistet ist, wenn die
Berichtigung solcher Mängel auch noch während einer gewissen vom Eintritt
der Rechtskraft der Veranlagung an laufenden Frist zugelassen wird. Bei
den Fehlern, die der Veranlagung sonst noch anhaften können, verhält es
sich im allgemeinen anders. Es erscheint daher als sachlich begründet, das
in Art. 127 Abs. 1 WStB vorgesehene Berichtigungsverfahren nicht auf sie
anzuwenden, auch soweit sie nicht bei der Feststellung der Steuerfaktoren
im Sinne des Abs. 3, sondern bei andern Veranlagungsarbeiten unterlaufen
sind. Richtig ist deshalb die Auslegung, die dem nächstliegenden Sinn des
Wortes "Rechnungsfehler" entspricht. Art. 127 Abs. 1 WStB durchbricht den
- in Abs. 3 bestätigten - Grundsatz, dass auf rechtskräftig gewordene
Veranlagungen nicht zurückgekommen werden darf, und ist daher, als
Ausnahmebestimmung, vorsichtig auszulegen, im dargelegten Sinne.

Erwägung 2

    2.- Der Fehler, um den es hier geht, ist nicht bei der Feststellung der
Steuerfaktoren, sondern bei der Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes
unterlaufen. Er ist aber kein Rechnungsfehler im Sinne des Art. 127
WStB. Er besteht darin, dass ein unzutreffender Tarif angewandt wurde. Aus
welchem Grunde das geschah, ist gleichgültig. Entscheidend ist, dass
für die Wahl des richtigen Tarifes keine Rechenoperation erforderlich
war. Die dem festgesetzten steuerbaren Vermögen entsprechende Steuer wurde
innerhalb des Rahmens des zu Unrecht gewählten Tarifes rechnerisch richtig
ausgemittelt. Die Unrichtigkeit des Ergebnisses der so vorgenommenen
Veranlagung beruht nicht auf einem Versehen rechnerischer Natur. Art. 127
Abs. 1 WStB ist daher nicht anwendbar.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.