Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 513



82 II 513

67. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. November 1956 i.S. Tschirky
gegen Burla. Regeste

    1.  Ein neueres Testament gilt vermutungsweise unter Ausschluss
früherer Testamente (Art. 511 Abs. 1 ZGB). Tragweite dieser Vermutung
(Erw. 2).

    2.  Gegengründe können sich aus den Testamentsurkunden selbst, nach
Wortlaut oder Sinn, ergeben (Erw. 3).

    3.  Ferner fallen ausserhalb dieser Urkunden liegende Beweiselemente
in Betracht (Erw. 4). Die positiven und negativen Feststellungen des
kantonalen Urteils über indizierende Tatsachen sind für das Bundesgericht
im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG verbindlich (Erw. 5). Rechtliche Würdigung
der Tatsachen (Erw. 5 i.f. und 6).

Sachverhalt

    A.- Die am 21. Juli 1953 verstorbene Witwe Maria Meinel-Grünewald,
geboren 1865, mit letztem Wohnsitz in Basel, hinterliess als alleinige
Erben ihre Tochter Emilie Tschirky-Meinel (Beklagte) und ihr Grosskind
Lotti BurlaSchmitz, Tochter der verstorbenen Frau Ida SchmitzMeinel
(Klägerin). In ihrem Nachlass befanden sich zwei eigenhändige letztwillige
Verfügungen. Die erste, vom 3. Mai 1944, lautet:

    "Eigenhändiges Testament.

    Meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiemit auf:
Da mir daran liegt, dass die Erbteilung über meinen Nachlass sich ohne
Streitigkeiten abwickle und da die Zuwendungen an meine Grosstochter Frau
Lotti Burla-Schmitz überwiegen, bestimme ich wie folgt:

    Alle Zuwendungen an meine Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Meine
Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz soll nur ihren Pflichtteil erhalten
und die dadurch freie Quote soll meiner Tochter Frau Emilie Tschirky-Meinel
neben ihrem Erbteil zufallen."

    Die zweite, vom 23. November 1950, hat folgenden Wortlaut:

    "Testament.

    Meiner Tochter Frau Wwe. Tschirky geb. Meinel vermache ich für
ihre lange Witwenschaft mit kritischer Krankheit behaftet Fr. 15'000.--
fünfzehntausend Franken für ihre Gesundheit. Sofern zur Barauszahlung
nicht genügend Barschaft vorhanden ist, soll zu ihren Gunsten eine
verzinsliche Hypothek auf den den Miterben zufallenden Liegenschaften
oder Liegenschaftsanteilen errichtet werden."

    Das erste Testament war im Besitz der Wwe. Tschirky, während die
Erblasserin das zweite bei Notar Dr. S. Burckhardt hinterlegt hatte. Dr.
Burckhardt hatte sowohl 1944 wie 1950 die Testatorin beraten und die
Verfügungen entworfen. Dabei formulierte er jedesmal die Bestimmung,
die früheren Testamente würden aufgehoben. Die Erblasserin liess jedoch
bei der Niederschrift der Verfügung vom 23. November 1950 diesen Satz weg.

    B.- Frau Burla-Schmitz klagte gegen Witwe TschirkyMeinel auf
Feststellung, dass das Testament von 1944 durch dasjenige von 1950
aufgehoben und daher der Nachlass gemäss den Anordnungen des letzteren
zu teilen sei.

    C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat die Klage
gutgeheissen, ebenso das Appellationsgericht mit Urteil vom 6. Juli 1956.

    D.- Mit vorliegender Berufung stellt die Beklagte das Begehren
um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Abweisung der Klage und
Feststellung der Gültigkeit des Testamentes der Frau Witwe Maria
Meinel-Grünewald vom 3. Mai 1944.

    Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die gültige Errichtung sowohl des einen wie des andern der beiden
in Frage stehenden Testamente ist an und für sich unbestritten. Der
Antrag der Beklagten zielt denn auch nicht etwa auf Gültigerklärung bloss
des frühern, ihr die ganze verfügbare Quote des Nachlasses zuweisenden
Testamentes. Sie will vielmehr dieses neben dem neuen Testament zur
Geltung bringen, nimmt also den Standpunkt ein, das frühere sei durch das
neue nicht ersetzt und damit aufgehoben, sondern ergänzt worden, so dass
beide Testamente nebeneinander zu Recht bestehen. Demgegenüber lässt die
Klägerin nur das neue Testament gelten, das der Beklagten lediglich ein
Vorausvermächtnis von Fr. 15'000.-- und nicht mehr wie das frühere die
ganze verfügbare Quote zuweist. Sie hält dafür, das neue Testament trete
an die Stelle des frühern und habe dieses stillschweigend aufgehoben.

Erwägung 2

    2.- Dieser Standpunkt der Klägerin entspricht der sich aus Art. 511
Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsvermutung. Errichtet jemand, der bereits
letztwillig verfügt hat, später ein neues Testament, so erhebt sich
die Frage, ob die neue Verfügung zur frühern hinzutreten, diese also
ergänzen und allenfalls einschränken oder sonstwie ändern solle, oder ob
sie die frühere schlechthin ersetze, also nunmehr allein gelte. Während
das französische und das deutsche Recht eine Vermutung im erstern
Sinne aufstellen (vgl. Art. 1036 Code civil und § 2258 BGB), tritt nach
schweizerischem ZGB die neue Verfügung vermutungsweise an die Stelle der
frühern, wie nach § 713 des österreichischen ABGB. Immerhin erhebt Art. 511
Abs. 1 ZGB den Grundsatz der ausschliesslichen Geltung der neuen Verfügung
nicht geradezu zum dispositiven Rechtssatze, der nur vor einem deutlich
abweichenden Inhalte der neuen Verfügung zurückzutreten hätte (wie dies
für die österreichische Rechtsordnung angenommen wird, vgl. KLANG, Ziff.
IV, a, zu § 713 ABGB). Vielmehr kommt nach schweizerischem Recht eine
der Vermutung entgegengesetzte Willensmeinung auch dann zur Geltung,
wenn sie sich nicht aus der neuen Verfügung selbst ergibt. Das Gesetz
berücksichtigt aber nur einen "zweifellos" auf blosse Ergänzung der
frühern Verfügung gerichteten Willen des Testators, verlangt also zur
Entkräftung der erwähnten Vermutung einen strikten Beweis.

Erwägung 3

    3.- Von diesen Grundsätzen geht das angefochtene Urteil zutreffend
aus. Und es ist ihm in erster Linie darin beizustimmen, dass die neue
Verfügung von 1950 weder ihrem Wortlaut noch ihrem Inhalte nach einen
von der gesetzlichen Vermutung abweichenden Willen der Erblasserin
erkennen lässt. Die neue Verfügung setzt zu Gunsten der Beklagten
ein Summenvermächtnis aus, das sehr wohl als einzige Begünstigung,
im Sinne eines Vorausvermächtnisses, bestehen kann. Dieses Vermächtnis
setzt keineswegs voraus, dass die Klägerin vorerst auf den Pflichtteil
gesetzt sei, wie dies das frühere Testament von 1944 bestimmt hatte. Ja,
es erheben sich gegen eine Koexistenz, d.h. Kumulation der beiden
Verfügungen Bedenken. Wäre die neue als blosse Ergänzung der frühern zu
verstehen, wie dies die Beklagte behauptet, so hätte die Klägerin sich
nicht nur mit ihrem Pflichtteil zu begnügen, sondern daraus überdies
das Summenvermächtnis auszurichten, was sie natürlich wegen des ihr
zukommenden Pflichtteilschutzes ablehnen könnte. Das erstinstanzliche
Gericht spricht daher von einem klaren Widerspruch zwischen den beiden
Verfügungen und nimmt schon deshalb an, die neue bestehe allein zu
Recht. Das Appellationsgericht will zwar keinen eigentlichen Widerspruch
bejahen - denn nach dem "an sich möglichen" Willen der Erblasserin
könnten die beiden Zuwendungen an die Beklagte nebeneinander bestehen,
sofern sich die derart benachteiligte Klägerin damit abfände -;
doch sei es "wenig wahrscheinlich", dass die von einem Notar beratene
Erblasserin, die ohnehin Streitigkeiten unter ihren Erben befürchtete,
eine offenkundige Pflichtteilsverletzung habe anordnen wollen. In der
Tat wäre eine dahingehende Willensmeinung der Erblasserin, wenn auch
nicht unmöglich und widerspruchsvoll im eigentlichen Sinn des Wortes,
so doch ungewöhnlich und dazu geeignet, Streit zu schaffen. Es kann
nicht ohne weiteres angenommen werden, die Erblasserin habe eine solche
Konfliktsituation herbeiführen wollen. Diese Überlegung verstärkt die
nach der gleichen Richtung gehende gesetzliche Vermutung, die übrigens
selbst dann gilt, wenn sich die beiden Verfügungen ohne jede Unstimmigkeit
miteinander vereinigen liessen (vgl. ESCHER, 2. Aufl., N. 2 zu Art. 511;
TUOR, 2. Aufl., N. 22 zu Art. 509-511 ZGB).

Erwägung 4

    4.- Die ausserhalb der Testamentsurkunden liegenden Beweiselemente
vermögen nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dieses Ergebnis nicht
umzustossen. Das Appellationsgericht würdigt die eigenen Vorbringen der
Beklagten dahin, dass sich die für und gegen ihre Auffassung sprechenden
Momente ungefähr die Wage halten, so dass die gesetzliche Vermutung
unentkräftet bleibe. Ein gewisses Indiz für blosse Ergänzungsabsicht sieht
das Urteil darin, dass die Erblasserin, entgegen dem Rate des Notars,
weder das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben noch es vernichtet hat.
Indessen findet das Urteil dafür verschiedene Erklärungen, z.B. dass die
Erblasserin noch weiterhin in ihren Absichten schwankend gewesen wäre, oder
dass ihr die Beklagte das bereits in Besitz genommene frühere Testament
nicht mehr herausgegeben hätte. Die zugunsten der Beklagten lautende und
von ihr als Hauptbeweis angerufene Aussage des Zeugen Albert Schäffer über
Äusserungen der Testatorin hält das Appellationsgericht für unmassgeblich,
sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit wie auch angesichts ihres nicht
eindeutigen Inhaltes. Die Einvernahme weiterer Zeugen der Beklagten -
ihrer Söhne - hat das Appellationsgericht abgelehnt, weil die selben am
Prozessausgang interessiert sind und daher befangen sein würden. Anderseits
bejaht das Gericht gewichtige Gründe für eine der gesetzlichen Vermutung
entsprechende Willensmeinung. Es stellt vor allem auf die Aussagen des
Beraters der Erblasserin, Notar Dr. S. Burckhardt, ab, denen infolge
der amtlichen Funktion des Zeugen erhöhte Beweiskraft zukomme. Danach
erhielt die Erblasserin vom Notar den Rat, die Beklagte durch ein Legat
zu begünstigen, anstatt die Klägerin auf den Pflichtteil zu setzen; und
die Erblasserin hatte die Absicht, diesen Rat zu befolgen, und war sich
bewusst, dass nicht beide Testamente füglich nebeneinander bestehen
konnten; sie zog das frühere, damals beim Notar liegende Testament
zurück und liess nur das neue in seiner Verwahrung. Sodann hält das
Appellationsgericht die Aussagen der Zeuginnen Höchle und Rapp auch bei
vorsichtiger Würdigung nicht für unglaubhaft. Nach diesen Aussagen sei aber
klarerweise das zweite Testament an die Stelle des ersten getreten. Das
von Frau Höchle bezeugte Verhalten der Beklagten ergäbe auch ein genügendes
Motiv für die allfällige Absicht der Erblasserin, mit dem neuen Testamente
die Tochter (Beklagte) etwas schlechter zu stellen. Es stehe jedoch gar
nicht fest, dass in der Vorstellung der Testatorin die Zuweisung eines
Barlegates von Fr. 15'000.-- anstelle der verfügbaren Quote überhaupt
eine ins Gewicht fallende Schlechterstellung bedeutet habe.

Erwägung 5

    5.- Die Beklagte bezeichnet dieses Beweisergebnis, wonach die von
ihr gegen die gesetzliche Vermutung des Art. 511 Abs. 1 ZGB geltend
gemachten Gründe nicht aufkommen, als unrichtig. Sie hält dafür, das
Bundesgericht könne frei darüber befinden, und beruft sich auf BGE 79 II
40. Danach unterliegt freilich die Frage, ob der Wille des Erblassers auf
Aufhebung oder blosse Ergänzung des frühern Testamentes gegangen sei, der
bundesgerichtlichen Überprüfung. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, die
Bindung des Bundesgerichtes an den in kantonaler Instanz festgestellten
Tatbestand (Art. 63 Abs. 2 OG) gelte bei der Auslegung letztwilliger
Verfügungen überhaupt nicht. Die Auslegung von Rechtsgeschäften
ist zwar, ganz allgemein betrachtet, nicht blosse Tatfrage. Nach der
grundlegenden Entscheidung vom 5. Oktober 1943 (BGE 69 II 319) ist zu
unterscheiden zwischen der Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner
Lebenserfahrung und der Feststellung individueller Willensmeinungen. Bei
letztwilligen Verfügungen handelt es sich um so weniger um blosse
Tatsachenfeststellung, als sich die Frage nach dem tatsächlichen "innern"
Willen nicht von der Rechtsfrage trennen lässt, ob der ermittelte Wille
auch einen genügenden formellen Ausdruck im Testament gefunden habe.
Davon geht das von der Beklagten angerufene Urteil aus, wie denn ein
zwar als vorhanden nachgewiesener, aber im Testamente nicht irgendwie,
und wäre es auch in ungeschickter Weise, ausgesprochener Wille infolge der
Formbedürftigkeit letztwilliger Verfügungen ausser Betracht bleiben muss
(BGE 69 II 383 Mitte). Sobald aber äussere Tatsachen zur Ermittlung des
wahren Sinnes testamentarischer Verfügungen herangezogen werden, richtet
sich deren Feststellung nach den gewöhnlichen Regeln und ist Sache der
Beweiswürdigung durch die kantonalen Gerichte. In dieser Hinsicht ist das
Bundesgericht an die im kantonalen Urteil enthaltenen Beweisergebnisse
ebenso wie bei andern tatsächlichen Feststellungen gebunden. Eine
selbständige Beweiswürdigung steht dem Bundesgericht inbezug auf solche
Tatsachen nicht zu, handle es sich nun um Äusserungen des Erblassers, um
Vermögensverhältnisse, um das persönliche Einvernehmen des Erblassers mit
dem einen und dem andern Erben, oder um andere Tatsachen. Insbesondere
muss es bei der Beurteilung des Beweiswertes von Aussagen durch das
kantonale Gericht sein Bewenden haben. Die Kritik der Beklagten an den
tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - sie beharrt
auf der Schlüssigkeit der Aussagen des Zeugen Schäffer, legt ihnen mehr
Gewicht bei als den gegenteiligen Depositionen der Zeugen Dr. Burckhardt
und Frau Höchle, bezeichnet die Aussage der Zeugin Rapp als "offensichtlich
unrichtig" usw. - ist somit nicht zu hören. Das Bundesgericht muss die vom
Appellationsgericht festgestellten äussern Tatsachen als solche hinnehmen
und kann nur überprüfen, ob dieselben, im Zusammenhang mit dem Wortlaute
der Testamentsurkunden, die von der Vorinstanz gezogenen Folgerungen über
den wahren Testamentswillen bzw. über die Unmöglichkeit, diesen Willen
zweifelsfrei zu ermitteln, zu rechtfertigen vermögen.

Erwägung 6

    6.- Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das angefochtene Urteil
als einwandfrei. Es fällt allerdings auf, dass die Erblasserin die
Aufhebung des frühern Testamentes im neuen nicht ausdrücklich verfügte,
obwohl der Rechtsberater dies empfahl und sie auch über die materielle
Unvereinbarkeit der beiden Testamente orientierte; ebenso, dass sie die
frühere Verfügung - wiederum gegen den Rat von Notar Dr. Burckhardt -
nicht vernichtete. Aber das kann auch auf Versehen und Vergesslichkeit
der Testatorin beruhen. Sie hat ja, nach der Darstellung der Beklagten
selbst (act. 2 S. 8/9), Dr. Burckhardt nach dem 4. Oktober 1950 nicht mehr
konsultiert und in dem etwa 50 Tage später errichteten neuen Testament
nicht nur den ersten Satz des Entwurfes des Notars weggelassen, sondern von
sich aus einen weitern Satz beigefügt. Es ist also gewiss möglich, dass die
damals 85-jährige Frau bei der Niederschrift nicht mehr an die Aufklärung
und Empfehlung ihres Ratgebers dachte, nicht aber den Willen hatte, diesen
Ratschlägen entgegen zu handeln. Ebenso kann das frühere Testament, das
sie jedenfalls beim Notar zurückzog, um es zu vernichten (Zivilgericht
S. 9), sehr wohl aus blossem Versehen erhalten geblieben und in die Hände
der Beklagten geraten sein, falls diese nicht, wie die Vorinstanz annimmt
(S. 7), schon von früher her ein zweites Exemplar besass.

    Ist somit ein auf Weitergeltung des frühern Testamentes neben dem
neuen gehender Wille der Erblasserin keineswegs erwiesen, sondern nur als
möglich zu erachten, so schliessen die von der Vorinstanz - wie dargetan,
in massgebender Weise - festgestellten Gegenindizien eine solche Annahme
vollends aus: die Aufklärung durch den Notar, die es unwahrscheinlich
macht, dass die Erblasserin, die ja Erbstreitigkeiten ausschalten wollte,
zwei miteinander rechtlich nicht vereinbare Verfügungen nebeneinander
bestehen lassen wollte; der Rückzug der frühern Verfügung in der Meinung,
sie sei zu vernichten; die Aussagen Höchle und Rapp, wonach die Erblasserin
das erste Testament durch das zweite ersetzen wollte; die Aussage Höchle,
wonach sie auch einen Grund hatte, eine neue, die Beklagte weniger
begünstigende Verfügung zu treffen.

    Demgegenüber wendet die Beklagte zu Unrecht ein, man dürfe die
Widerlegung der in Art. 511 Abs. 1 ZGB aufgestellten Vermutung nicht allzu
sehr erschweren, da schlechthin zweifelsfreie Fälle kaum denkbar seien. Das
Gesetz lässt nicht blosse Glaubhaftmachung genügen, sondern will nur einen
"zweifellos" sich ergebenden Ergänzungswillen berücksichtigen (wie er in
BGE 79 II 36 ff., besonders S. 43, vorlag). Übrigens würde es hier auch
an einer Glaubhaftmachung fehlen, da es mit grösserer Wahrscheinlichkeit
in der Absicht der Erblasserin lag, das frühere Testament durch das neue
zu ersetzen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des
Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 6. Juli 1956 bestätigt.