Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 48



82 II 48

8. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Januar 1956 i. S. Allega SA und
Konsorten gegen Gschwind. Regeste

    1.  Art. 165 Abs. 1 OR. Muss der neue Gläubiger in der
Abtretungserklärung bezeichnet werden? (Erw. 1, 2).

    2.  Art. 164 Abs. 1, 754 ff. OR. Die Schadenersatzforderung der
Aktiengesellschaft gegen die mit der Verwaltung und Geschäftsführung oder
Kontrolle betrauten Personen kann abgetreten werden (Erw. 3), insbesondere
auch an einen Gläubiger der Gesellschaft (Erw. 4, 5).

Sachverhalt

    A.- Die Klima und Thermik AG in Zürich lud ihre Gläubiger auf
27. November 1952 zu einer Versammlung ein und teilte ihnen an dieser mit,
dass ihre Bilanz auf 31. Oktober 1952 einen Verlustsaldo von Fr. 47'417.90
ergebe und dass die nicht privilegierten Gläubiger im Konkurs mit einem
vollständigen Verlust zu rechnen hätten. Am 27. Januar 1953 stellte sie
dem Rechtsanwalte Dr. W. Baechi folgende, seine Adresse tragende und von
den Verwaltungsräten Neukomm und Bachmann unterschriebene Erklärung aus:
"Die unterzeichnete Verwaltung der Klima und Thermik AG tritt hiermit
die sämtlichen Ansprüche, die der Gesellschaft gegenüber Herrn Fritz
Gschwind zustehen, insbesondere Ansprüche der Verantwortlichkeit im Sinne
von Art. 754 ff. OR, an das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium
Orion Werke AG und Mitbeteiligte ab.".

    Die ersten Schritte zur Bildung des in dieser Erklärung erwähnten
Konsortiums unternahm Dr. Baechi am 3. Februar 1953, indem er sich durch
ein Rundschreiben an die Gläubiger der Klima und Thermik AG wandte. Darin
teilte er ihnen mit, dass eine Verantwortlichkeitsklage gegen Fritz
Gschwind, den früheren einzigen Verwaltungsrat der Gesellschaft, gute
Aussichten hätte und im Falle des Erfolges möglicherweise ein Betrag
hereingebracht werden könnte, der alle Gläubiger decken würde. Keiner
von ihnen scheine Lust zu haben, ein Konkursbegehren zu stellen. Es
dürfte richtig sein, die Konkurskosten einzusparen und es der Verwaltung
zu überlassen, die geringen Aktiven zu liquidieren und den Erlös zur
wenigstens teilweisen Befriedigung der privilegierten Gläubiger zu
verwenden. Auch die Durchführung eines Nachlassvertrages dürfte sich unter
diesen Umständen erübrigen. Um die Verantwortlichkeitsansprüche gegen
Gschwind geltend zu machen, empfehle sich für die daran interessierten
Gläubiger der Zusammenschluss zu einem Konsortium, dem die Klima und
Thermik AG diese Ansprüche abtrete. Die Abtretungserklärung liege schon
vor. Die Kosten und der Erlös würden nach Massgabe der Forderungen der
Mitglieder des Konsortiums geteilt, und ein allfälliger Überschuss würde
der Aktiengesellschaft zuhanden der übrigen Gläubiger zur Verfügung
gestellt. Dr. Baechi lud die Gläubiger ein, ihm, falls sie diesen
Vorschlag billigten, bis 10. Februar 1953 eine dem Rundschreiben beigelegte
"Beitrittserklärung" folgenden Inhalts unterzeichnet zurückzusenden: "Die
unterzeichnete Firma beteiligt sich mit ihrer Forderung von Fr. ... an dem
Konsortium von Gläubigern der Klima und Thermik AG zwecks Durchführung
zivil- und strafrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche gegen Fritz
Gschwind. Herr Rechtsanwalt Dr. Walter Baechi erhält hiermit Vollmacht,
alle für die Geltendmachung dieser Ansprüche nötigen gerichtlichen und
aussergerichtlichen Schritte durchzuführen".

    In der Zeit vom 4. Februar bis 14. November 1953 wurde diese Erklärung
von der Allega SA, der Orion Werke AG und von siebzehn weiteren Personen
unterzeichnet, die sich als Gläubiger der Klima und Thermik AG bezeichnen.

    In ihrem Namen klagte Dr. Baechi am 9. Dezember 1953 beim
Handelsgericht des Kantons Zürich gegen Gschwind auf Bezahlung von
Fr. 58'185.30 nebst 5% seit 12. November 1953. Er begründete die Forderung
als solche aus Verantwortlichkeit gemäss Art. 754 OR. Der Schaden sei
dadurch entstanden, dass Gschwind für die noch nicht einbezahlte Hälfte
des Aktienkapitals von Fr. 100 000.-- nicht Sicherstellung verlangt
(Art. 686 Abs. 3 OR) bezw. die Einzahlungspflicht nicht geltend gemacht
und mindestens Fr. 8185.30 aus Mitteln der Gesellschaft zur persönlichen
Bereicherung verwendet habe.

    Am 9. September 1953 war über die Klima und Thermik AG der Konkurs
eröffnet und am 28. des gleichen Monats mangels Aktiven eingestellt worden.
Am 28. Januar 1954 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.

    B.- Am 7. Juli 1955 wies das Handelsgericht die Klage der Allega SA
und ihrer Streitgenossen ab.

    Zur Begründung führte es aus, die Abtretungserklärung vom 27. Januar
1953 sei nicht geeignet gewesen, den Übergang der eingeklagten Forderung
von der Gesellschaft auf die Kläger zu bewirken, weil die Zessionare nicht
hinreichend bestimmbar gewesen seien, das Erfordernis der Schriftform also
nicht erfüllt sei. Die Abtretungserklärung sei zudem widerrechtlich, weil
sie Art. 758 und 756 OR sowie Art. 260 und 316 a ff. SchKG umgehe. Zum
Schutze der Aktiengesellschaft und ihrer Organe vor missbräuchlichen
Verantwortlichkeitsklagen gebe Art. 758 OR den Gläubigern das Klagerecht
erst, wenn über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei,
oder - gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung - wenn sie einen
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung abgeschlossen habe. Das Gesetz
könne daher den Gläubigern nicht erlauben wollen, sich den mit ihrem
Verantwortlichkeitsanspruch inhaltlich übereinstimmenden Anspruch der noch
aufrecht stehenden Gesellschaft abtreten zu lassen und ihn ausserhalb des
Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung einzuklagen.
Art. 758 OR verlöre sonst jede Bedeutung. Es sei nicht sinnlos, den Konkurs
durchzuführen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen, das die Kläger durch
die Abtretung ausserhalb eines Konkurses erreichen wollten. Die amtliche
Mitwirkung bei der Liquidation des Vermögens eines zahlungsunfähigen
Schuldners sei unerlässlich, damit nicht einzelne Gläubiger zum Vorteil
anderer benachteiligt würden. Gerade der vorliegende Fall zeige, zu welchen
unhaltbaren Folgen die den Klägern vorschwebende private Liquidation führen
würde. Die vom Beklagten bestrittene Gläubigereigenschaft der Kläger sei
nicht erwiesen, und ein Erwahrungs- und Kollokationsverfahren, wie es im
Konkurs stattfinde, sei im Rahmen des vorliegenden Prozesses undenkbar. Es
bestehe auch keine Gewähr dafür, dass die Kläger mit einem Überschuss an
Erlös sachgemäss verfahren würden, wie die Konkursverwaltung im Falle
der Abtretung nach Art. 260 SchKG es tun müsse. Neben dem Konkurs und
dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung als mit allen gesetzlichen
Garantien umgebene gesetzliche Liquidationsverfahren habe die von den
Klägern beabsichtigte private Liquidation keinen Raum. Jene beiden
Verfahren seien um der öffentlichen Ordnung willen geschaffen worden
und beanspruchten daher ausschliessliche Geltung. Die Nichtigkeit der
widerrechtlichen Abtretung ergebe sich aus Art. 20 und 164 OR. Es könne
daher offen bleiben, ob die Abtretung auch wegen der damit bezweckten
Begünstigung der Kläger zum Nachteil der anderen Gläubiger der Klima und
Thermik AG ungültig wäre.

    C.- Die Kläger haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, das Urteil
sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung und zur Gutheissung
der Klage an das Handelsgericht zurückzuweisen.

    D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil
des Handelsgerichts zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen
Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Diese hat alle wesentlichen Teile der
Willenserklärung zu decken. Aus der Schrift muss sich daher nicht nur
ergeben, welche Forderung abgetreten wird, insbesondere wer Gläubiger und
wer Schuldner ist, sondern auch, an wen sie abgetreten wird. Das heisst
nicht, dass der neue Gläubiger in der Schrift mit Namen bezeichnet oder
sonstwie so genau beschrieben werden müsse, dass zum vornherein feststehe,
wem die Forderung nunmehr gehöre. Es genügt, dass der Zessionar, sei es
sofort, sei es später, bestimmbar ist. Dem kann nicht entgegengehalten
werden, der Abtretende müsse im Zeitpunkt der Abtretung wissen, wem
er die Forderung übertrage. Das Gesetz verlangt die Schriftlichkeit
nicht zum Schutze des Zedenten vor übereilter Abtretung, sondern nur im
Interesse der Rechtssicherheit. Dritte, insbesondere der Schuldner der
abgetretenen Forderung, die Gläubiger des Zedenten oder des Zessionars,
und im Streitfalle der Richter, sollen anhand eines deutlich kund
gewordenen Vorganges feststellen können, wem die Forderung zusteht. Es
kann daher z.B. die Bezeichnung des neuen Gläubigers in der schriftlichen
Abtretungserklärung diesem selbst oder einem Dritten überlassen werden
(Blankozession); dies umsomehr als das Gesetz ausdrücklich auch
die Übertragung der in Wertpapieren verkörperten Forderungen durch
Bankoindossament gestattet (siehe insbesondere Art. 1003 Abs. 2 OR),
obschon gerade im Wertpapierrecht das Gebot der Rechtssicherheit strenge
Einhaltung der Formvorschriften verlangt. Es muss deshalb auch zulässig
sein, dass der Abtretende die Bestimmung des Zessionars nicht vollständig
in dessen Belieben oder in das Belieben eines Dritten stelle, sondern den
Kreis der Personen, welche Zessionare werden können, einengt. Damit geht
er weniger weit, als wenn er die Forderung blanko abtritt und sich so des
Rechts begibt, selber den Zessionar zu bezeichnen. Es genügt, dass anhand
anderer Tatsachen ermittelt werden kann, auf welche Person oder Personen
aus dem vom Zedenten umschriebenen Kreise der möglichen Erwerber die
Forderung übergeht. Diese Tatsachen können auch in Willenserklärungen
anderer bestehen, und zwar auch in solchen, die erst in der Zukunft
abgegeben werden, wie es auch bei der Blankozession zutrifft.

Erwägung 2

    2.- Die vorliegende Abtretungserklärung hält vor Art. 165 Abs. 1
OR stand.

    Dass sie den alten Gläubiger und den Schuldner bezeichnet und auch
erkennen lässt, welche Forderung abgetreten werden will, wird mit Recht
nicht bestritten.

    Aber auch die neuen Gläubiger sind so genau bestimmbar, wie das
Gebot der Rechtssicherheit es verlangt. Die Klima und Thermik AG hat sie
umschrieben als "das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion
Werke AG und Mitbeteiligte". Unter den Gläubigern waren selbstverständlich
nur solche der Klima und Thermik AG verstanden. Die erwähnte Wendung
schränkt sodann den Kreis der Berechtigten weiter ein auf jene Gläubiger,
die neben der Orion Werke AG dem Konsortium angehören würden. Da die
Abtretungserklärung an Dr. Baechi adressiert war, konnte nur jenes
Konsortium verstanden sein, das er, und zwar unter Beteiligung der Orion
Werke AG, zu gründen sich vorgenommen hatte. Weiter war es gekennzeichnet
durch den Zweck, den es verfolgen würde und der nicht missverstanden
werden konnte. Er bestand in der Geltendmachung der abgetretenen
Verantwortlichkeitsansprüche. Nur dieses, kein anderes Konsortium ist denn
auch gegründet worden und erhebt Anspruch auf die abgetretene Forderung.

    Wer im einzelnen die Zessionare waren oder sein würden, stand damit
freilich noch nicht fest. Zum Teil hing ihre Bestimmung vom Willen des Dr.
Baechi ab, da der Wortlaut der Abtretungserklärung offen liess, ob er allen
ihm bekannten oder nur bestimmten auserwählten Gläubigern Gelegenheit
geben werde, sich dem Konsortium anzuschliessen. Inwiefern aber diese
Einflussnahme des Dr. Baechi auf die Bildung des Konsortiums und damit
auf den Kreis der Zessionare gegen die guten Sitten verstossen sollte,
wie der Beklagte geltend macht, ist nicht zu ersehen. Jeder Empfänger
einer Blankozession, dem der Abtretende die Bezeichnung des Zessionars
oder der Zessionare überlassen hätte, wäre in gleicher Lage gewesen wie
Dr. Baechi. Dieser hat denn auch nichts unternommen, was sich mit den guten
Sitten nicht vertrüge, hat er doch alsbald allen ihm bekannten Gläubigern
der Klima und Thermik AG durch Rundschreiben Gelegenheit gegeben, sich
dem Konsortium anzuschliessen. Dass sodann nur Zessionar werden konnte,
wer sich durch eine Willenserklärung dem Konsortium anschloss, macht die
Abtretungserklärung ebenfalls nicht ungültig. Die Personen, die diese
Willenserklärung abgegeben haben, sind ohne weiteres bestimmbar, zumal
Dr. Baechi Schriftlichkeit verlangt hat.

    Damit steht ein für allemal fest, auf wen die abgetretene Forderung
übergegangen ist. Es ist nicht so, dass nachträglich noch jeder andere
Gläubiger der Klima und Thermik AG den Beitritt erklären und sich
dadurch zum Mitzessionar machen könnte. Aus dem Zwecke, den sich das
Gläubigerkonsortium nach richtiger Auslegung der Abtretungserklärung
zu setzen hatte, ergibt sich, dass der Beitritt spätestens bis zum
Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung
erfolgen sollte. Das Handelsgericht missversteht die Kläger, wenn es
ihnen vorhält, sie hätten in der Replik erklären lassen, es könnten
sich nach wie vor weitere Gläubiger dem Konsortium anschliessen. Wie
ihre Äusserung gemeint war, zeigt der weitere Text der Replik, lautend:
"So hat sich nachträglich der ... Gläubiger Schmidlin ... dem Konsortium
angeschlossen, und die Teilnehmer des Konsortiums haben sich einstimmig
damit einverstanden erklärt, dass Schmidlin intern als Mitglied behandelt
wird." Interne Aufnahme weiterer Gläubiger in das Konsortium bedeutet nur,
dass die Aufgenommenen stille Teilhaber der einfachen Gesellschaft, nicht
auch, dass sie Mitinhaber (Zessionare) der abgetretenen Forderung würden.

    Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die Ungültigkeit
der streitigen Erklärung auch nicht aus der Interessenlage ableiten. Das
Bedenken des Beklagten, dem Gläubigerkonsortium könnte jemand beitreten,
dem der Zedent nichts schuldet, ist unbegründet. Nach dem Sinne der
Erklärung vom 27. Januar 1953 ist Gläubigereigenschaft Voraussetzung
der Abtretung. Ohne sie wird der Beitretende nicht Mitinhaber der
Forderung. Sie muss daher, wenn sie bestritten ist, nachgewiesen werden. So
wird auch im vorliegenden Falle darüber Beweis zu führen sein, wenn die
Vorinstanz an der Gläubigereigenschaft der Kläger zweifelt. Ebensowenig
hält der Einwand Stich, unter den Zessionaren könnte sich einer befinden,
den der Zedent nachträglich auf andere Weise befriedigt. Der Zedent kann
die anderweitige Befriedigung davon abhängig machen, dass der Gläubiger
seinen Anteil an der Forderung zurückzediere oder den verbleibenden
Gläubigern des Konsortiums übertrage. Auch steht es ihm frei, die
Abtretung von Anfang an mit entsprechenden Bedingungen zu versehen (BGE 67
II 127). Die Berufung auf die Interessen des Schuldners hilft dem Beklagten
ebenfalls nicht. Er macht geltend, wenn eine Forderung an eine einfache
Gesellschaft abgetreten werde, deren Mitglieder nicht bestimmt seien,
könne der Schuldner weder wissen, an wen er mit befreiender Wirkung
zu zahlen vermöge, noch prüfen, ob er mit Gegenforderungen verrechnen
könne. Der erste Einwand versagt schon deshalb, weil der Schuldner die
Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien kann,
wenn er im Ungewissen ist, wem die Forderung zusteht (Art. 168 Abs. 1
OR). Nichts hindert ihn sodann, von einem allfälligen Verrechnungsrechte
gegenüber jedem Gebrauch zu machen, gegenüber dem es ihm zusteht und der
ihn auf Grund der Abtretung belangt. Gehört die abgetretene Forderung der
einfachen Gesellschaft zu gesamter Hand, so kann er mit Forderungen gegen
einen einzelnen Gesellschafter ohnehin nicht verrechnen; denn Art. 573
Abs. 1 OR ist entsprechend anwendbar.

Erwägung 3

    3.- Art. 164 Abs. 1 OR schliesst die Abtretung aus, wenn ihr Gesetz,
Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.

    Keine gesetzliche Bestimmung verbietet die Abtretung der
Schadenersatzforderung einer Aktiengesellschaft aus Art. 754 OR, und auch
eine Vereinbarung, die das tun würde, steht im vorliegenden Falle nicht
in Frage.

    Was sodann die Natur des Rechtsverhältnisses betrifft. so ist zwar
unter der Herrschaft des alten Obligationenrechts (vgl. V. ROSSEL,
ZBJV 39 505 ff. u. 553 ff.) die Meinung vertreten worden,
der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft gegen die mit der
Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen sei ein höchstpersönliches
Recht, das nicht einmal in die Konkursmasse der Gesellschaft fallen
könne. Diese Auffassung hält indessen einer näheren Prüfung nicht
stand. Gewiss steht es im Belieben der Gesellschaft, ihre Forderung
geltend zu machen oder nicht. Das ist aber keine Besonderheit gerade
dieses Anspruchs. Übrigens sieht das Gesetz vor, dass ungeachtet der
Haltung der Gesellschaft der einzelne Aktionär Leistung des Ersatzes
an die Gesellschaft verlangen kann, ausgenommen z.B. wenn er einem
Entlastungsbeschluss der Generalversammlung zugestimmt hat (Art. 755, 757
OR). Schon daraus erhellt, dass es keine höchstpersönliche Angelegenheit
der Gesellschaft ist, ob der in ihrem Vermögen entstandene Schaden
auszugleichen sei oder nicht. Es wäre denn auch sonderbar, wenn das
Gesetz eine Forderung, die nicht etwa durch Verletzung in den persönlichen
Verhältnissen entstanden ist, sondern nur auf Ersatz von Vermögensschaden
geht, so untrennbar mit der Gesellschaft verbunden hätte, dass kein
Rechtsnachfolger sie geltend machen könnte, während die Gesellschaft
doch über ihre anderen Vermögensrechte frei verfügen kann. Dass die
Beziehungen des Ersatzpflichtigen zur Gesellschaft höchstpersönliche
seien, ist jedenfalls dann nicht richtig, wenn der Ersatzpflichtige ein
nur durch Dienstvertrag gebundener Geschäftsführer ist oder lediglich
einen Auftrag zur Ausübung der Kontrolle hat. Zudem kann auch aus
einem höchstpersönlichen Rechtsverhältnis eine jeder persönlichen Natur
entkleidete Forderung entstehen, wie z.B. für die Schadenersatzforderung
wegen Verlöbnisbruches daraus geschlossen werden muss, dass Art. 92 im
Gegensatz zu dem die Genugtuungsforderung betreffenden Art. 93 Abs. 1 ZGB
die Unübertragbarkeit nicht festsetzt. Dass die Schadenersatzforderung
aus Art. 754 OR nicht vom Fortbestande der Gesellschaft abhängt, ergibt
sich ferner daraus, dass sie - gegenüber Liquidatoren - auch zugunsten
einer aufgelösten Gesellschaft entstehen kann (Abs. 2). Dass sie auch
zu den Aktiven der Konkursmasse der Gesellschaft gehört, versteht sich
von selbst; denn es liefe dem Zwecke der Verantwortlichkeitsordnung,
insbesondere der im rev. OR getroffenen Verschärfung der Verantwortlichkeit
der mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen
entgegen, wenn die Forderung gerade im Hauptanwendungsfall, dem Konkurse
der Gesellschaft, dahinfiele. Übrigens sieht das Gesetz ausdrücklich vor,
dass die Konkursverwaltung im Gesellschaftskonkurse den Anspruch der
Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger geltend zu machen habe (Art. 756
Abs. 1 OR). Dieser Anspruch deckt sich inhaltlich insoweit mit jenem der
Gesellschaft, als er den mittelbaren, durch Schädigung der Gesellschaft
verursachten Schaden betrifft (Art. 755 OR). Daraus erhellt, dass der
Verantwortliche den der Gesellschaft zugefügten Schaden auch in deren
Konkurs noch zu ersetzen hat. Die Überlegung, im Konkurse könne kein
Entlastungsbeschluss mehr gefasst werden, obschon beachtliche Gründe hiezu
bestehen könnten (ROSSEL, aaO 555 f.), ist damit gegenstandslos. Sie
würde aber auch sonst nicht durchschlagen, da der Entlastungsbeschluss
nicht Voraussetzung des Bestandes der Schadenersatzforderung oder ihrer
Geltendmachung ist, sondern sie im Gegenteil vernichtet.

    Das Bundesgericht hat denn auch schon die Abtretbarkeit
des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft im Falle eines
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung bejaht (BGE 64 III 22, 67 II 170),
ja sogar allgemein und unter Bezug auf das geltende Recht (Art. 758 OR,
Art. 43 Bankengesetz) ausgeführt, dass der Verantwortlichkeitsanspruch der
Aktiengesellschaft unbeschränkt an Dritte, z.B. an Gesellschaftsgläubiger,
abgetreten werden könne (BGE 64 III 22). Auch im deutschen Recht wird
anerkannt, dass der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft aus
Verletzung der Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder grundsätzlich
übertragen (abgetreten und gepfändet) werden kann (vgl. deutsches
Aktiengesetz § 84 Abs. 5, ebenso im früheren Recht § 241 HGB).

Erwägung 4

    4.- Ist der Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nicht
höchstpersönlich, so ist nicht zu ersehen, weshalb er nicht auch an einen
Gesellschaftsgläubiger sollte abgetreten werden können. Freilich können die
Gläubiger ihren in Art. 755 OR umschriebenen Anspruch nur einklagen, wenn
die Gesellschaft im Konkurse ist und die Konkursverwaltung den Anspruch
nicht geltend macht (Art. 758, 756 OR). Es trifft auch zu, dass diese
Beschränkung die Gesellschaft und ihre mit der Verwaltung, Geschäftsführung
und Kontrolle betrauten Personen vor missbräuchlichen Klagen der
Gläubiger bewahren soll. Dieser Zweck wird jedoch nicht vereitelt,
wenn die Gesellschaft ihren Schadenersatzanspruch an einen Gläubiger
abtritt. Tut sie das, so kann sie sich nicht mit Fug belästigt fühlen,
wenn der Zessionar die abgetretene Forderung einklagt und sich dadurch
in die Angelegenheiten der Gesellschaft einmischt. Der Beklagte sodann
steht nicht schlechter da als jeder Schuldner, der Gefahr läuft, zufolge
der Abtretung strenger verfolgt zu werden, als ihn der alte Gläubiger
verfolgt hätte. Wollte das Gesetz, dass der Verantwortliche unter keinen
Umständen von einem anderen als von der Gesellschaft selbst belangt werde,
so würde es nicht den Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern - wenn
auch letzteren nur im Konkurs - ein selbständiges Klagerecht geben. Der
Zweck dieses Rechts kann nur darin bestehen, die Verantwortlichkeitsordnung
wirksamer zu gestalten, da die Verwaltung oder eine von Mitgliedern
der Verwaltung beeinflusste Generalversammlung es oft unterlässt, die
der Gesellschaft zustehende Schadenersatzforderung einzuklagen. Wenn die
Gesellschaft sich dazu entschliesst, ihren Verantwortlichkeitsanspruch an
einen oder mehrere Gläubiger abzutreten, um ihnen auch ohne Konkurs die
Verfolgung des Verantwortlichen zu ermöglichen, so widerspricht das deshalb
dem Grundgedanken des Gesetzes nicht. Die Gesellschaft wird sich zur
Abtretung ihrer Verantwortlichkeitsansprüche nie bereit erklären, wenn sie
glaubt, deren Geltendmachung sei missbräuchlich oder widerspreche sonstwie
ihren Interessen. Damit aber, dass die Gesellschaft ihre Interessen so
wahre, wie sie es für richtig hält, muss der Schadenersatzpflichtige
sich abfinden. Das Handelsgericht irrt, wenn es glaubt, das Gesetz
wolle den Gläubigern die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen
ausserhalb des Konkurses "kategorisch" verbieten. Das Verbot betrifft nur
den eigenen, originären Anspruch des Gläubigers. Dass Art. 758 OR jede
Bedeutung verliere, wenn der Gläubiger sich die Schadenersatzforderung
der Gesellschaft abtreten lassen und sie ausser Konkurs einklagen könne,
ist schon deshalb nicht richtig, weil die Bestimmung immer dann anwendbar
ist, wenn eine Abtretung nicht stattfindet.

Erwägung 5

    5.- Auch das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz verbietet die
Abtretung der Schadenersatzforderung an Gläubiger der Gesellschaft
nicht. Jedem Schuldner ist erlaubt, irgendwelche Vermögensstücke an einen
oder mehrere Gläubiger zu veräussern. Dem Gebote der Gleichbehandlung
verschaffen die Art. 285 ff. SchKG, insbesondere Art. 287,
Nachachtung, indem sie den zu Verlust kommenden anderen Gläubigern
und der Konkursverwaltung die Möglichkeit gerichtlicher Anfechtung
geben. Keine Bestimmung ermächtigt den Richter, auch ausserhalb eines
Anfechtungsprozesses sich zum Hüter für die Gleichbehandlung der Gläubiger
zu machen, indem er die Veräusserung von Vermögen eines Schuldners als
nichtig zu behandeln hätte, und das nicht einmal auf Begehren eines
benachteiligten Gläubigers, sondern eines Dritten, insbesondere des
Schuldners einer abgetretenen Forderung. Eine Ausnahme besteht auch dann
nicht, wenn durch die Veräusserung von Vermögen ein Konkurs oder ein
gerichtliches Nachlassverfahren abgewendet werden soll. Kein Gesetz
verbietet einem Schuldner, einer Verwertung seines Vermögens unter
staatlicher Aufsicht aus dem Wege zu gehen, indem er sich mit seinen
Gläubigern ins Einvernehmen setzt, sei es auch um den Preis der Abtretung
einzelner oder aller Vermögensstücke. Was aber in dieser Beziehung jedem
Schuldner erlaubt ist, kann auch einer Aktiengesellschaft nicht verboten
sein. Unter welcher Voraussetzung ihre Verwaltung den Konkursrichter
zu benachrichtigen hat, sagt Art. 725 Abs. 3 OR. Von diesem Falle
abgesehen, ist auch sie frei, sich ohne Konkurs oder gerichtlichen
Nachlassvertrag mit ihren Gläubigern auseinanderzusetzen, und selbst
die Verletzung der erwähnten Pflicht hat nicht die Ungültigkeit der im
Zustande der Überschuldung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zur Folge,
sondern lediglich die Möglichkeit der Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG
und die Verantwortlichkeit der Verwaltung nach Art. 754 ff. OR.

    Eine Ausnahme gilt auch nicht für die Abtretung von
Verantwortlichkeitsansprüchen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die
Gesellschaft solche Schadenersatzforderungen, die sie nicht selber
eintreiben will, aus betreibungsrechtlichen Gründen nur in einem Konkurs
oder Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung sollte verwerten, nicht auch
ausserhalb dieser Verfahren an ihre Gläubiger sollte abtreten können. Die
Gefahr, dass einzelne Gläubiger benachteiligt werden, ist nicht grösser,
wenn eine solche Forderung abgetreten wird, als wenn die Gesellschaft sich
eines anderen Vermögensstückes entäussert. Vollends ist nicht zu verstehen,
inwiefern die Abtretung der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten
widersprechen sollte, wenn die Forderung, wie im vorliegenden Falle, allen
bekannten Gläubigern der Gesellschaft angeboten wird. Dieses Vorgehen kann
vernünftig, seine Unterlassung dagegen anstössig sein, wenn andernfalls
die Belangung des Verantwortlichen unterbliebe, weil kein Gläubiger die
Konkurskosten vorschiesst und daher der Konkurs als geschlossen erklärt
wird. Das schliesst ja einen sogenannten Nachkonkurs (Art. 269 SchKG),
also endgültig auch die nachträgliche Geltendmachung oder sonstige
Verwertung des Verantwortlichkeitsanspruches aus (JAEGER/DAENIKER
Art. 269 N. 1). Freilich kommen die Gläubiger um ihr Recht, ihren
eigenen Verantwortlichkeitsanspruch, gehe er auf Ersatz unmittelbaren
oder bloss mittelbaren (durch Schädigung der Gesellschaft verursachten)
Schadens, gerichtlich geltend zu machen, wenn es nicht zum Konkurse
kommt. Allein das ist die Folge des Art. 758 OR. Jeder Gläubiger kann sie
vermeiden, indem er die Gesellschaft in Konkurs treibt und nötigenfalls
die Kosten eines solchen vorschiesst. Die Möglichkeit, dass er es aus
irgendwelchen Überlegungen unterlasse, ist kein Grund, die Abtretung des
Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft als ungültig zu behandeln
und damit zum Vorteile des Verantwortlichen auch jenen Gläubigern die
Befriedigung zu verwehren, die zwar ihrerseits die Konkurskosten nicht
vorschiessen wollen, aber wenigstens bereit sind, im Einvernehmen mit der
Gesellschaft den Verantwortlichen ausserhalb eines Konkurses zu belangen.

    Die Einwendung des Beklagten, der von den Zessionaren geltend gemachte
Verantwortlichkeitsanspruch könnte ihre Forderungen übersteigen und
die Verteilung des Überschusses wäre schwierig, wenn die Gesellschaft
inzwischen in Konkurs gekommen und dieser eingestellt worden sei, hält
nicht stand. Diese Schwierigkeit ist keine Besonderheit des vorliegenden
Falles. Jeder Gläubiger, der sich zahlungshalber einen seine eigene
Forderung übersteigenden unsicheren Anspruch abtreten lässt und daraus
mehr löst, als er von der zedierenden Aktiengesellschaft zu fordern hat,
bleibt schliesslich bereichert, wenn inzwischen die Gesellschaft in Konkurs
geraten und dieser eingestellt worden ist. Das ist nicht stossender,
als wenn irgendwelche erst nachträglich zum Vorschein kommende Aktiven
der Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Durchführung eines Nachkonkurses
ihren unbefriedigten Gläubigern nicht mehr zugute kommen können. Es erregt
auch nicht mehr Anstoss, als wenn die Abtretung ungültig erklärt würde;
denn damit wäre den Gesellschaftsgläubigern ebenfalls nicht geholfen,
sondern lediglich dem Verantwortlichen ein durch nichts gerechtfertigter
Dienst erwiesen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 7. Juli 1955 aufgehoben und die Sache zu materieller
Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.