Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 411



82 II 411

57. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Oktober 1956
i.S. X. gegen Y. Regeste

    Gemäldekauf.

    Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nichterfüllung (Art. 97 ff. OR)
oder über die Unmöglichkeit des Vertragsinhalts (Art. 20 OR), wenn ein
als echt verkauftes Gemälde sich als unecht herausstellt? (Erw. 3 und 4).

    Alternative Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (Art.  23 ff. OR)
neben denjenigen über die Gewährleistung (Art. 197 ff. OR)? (Erw. 6).

    Grundlagenirrtum der Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes (Erw. 7).

    Kenntnis vom Irrtum, Anforderungen (Erw. 8).

    Begriff der Kenntnis vom Bereicherungsanspruch (Erw.  9).

Sachverhalt

    A.- X. kaufte im Juni 1948 für seine Gemäldesammlung von Frau
Y. ein Gemälde, das in zahlreichen kunstgeschichtlichen Werken als
"Selbstporträt des Malers van Gogh" aufgeführt ist. Dieses Gemälde hatte zu
der bekannten Sammlung des im Jahre 1935 verstorbenen Bankiers M. gehört,
mit dem Frau Y. in erster Ehe verheiratet gewesen und von dem sie die
erwähnte Sammlung geerbt hatte. Als Kaufpreis bezahlte X. Fr. 80'000.--
sowie 25'000 USA-Dollars. Abgeschlossen und vollzogen wurde der Kauf
in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt in Zürich, welcher die
Eheleute Y. eine Anzahl Gemälde zur Aufbewahrung übergeben hatten.

    Ende Januar 1952 hielt der französische Kunsthistoriker und van
Gogh-Kenner Dr. De la Faille in Zürich einen Vortrag über van Gogh. Bei
dieser Gelegenheit besichtigte er die Sammlung X. Dabei erklärte er
diesem, das von der Frau Y. erworbene Gemälde sei ohne Zweifel falsch. Es
stamme nicht von der Hand van Goghs, sondern sei von der Pariser Malerin
Judith Gérard als Kopie eines Selbstporträts von van Gogh, das dieser
Gauguin gewidmet habe, gemalt worden. Später sei diese Kopie in etwas
abgeändertem Zustand, nämlich mit den auf dem Hintergrund angebrachten
Blumen, im Kunsthandel als Originalwerk van Goghs aufgetaucht. Als Quelle
für seine Auffassung wies De la Faille X. auf einen Artikel eines Gaston
Poulain hin, der in der französischen Zeitung "Comoedia" im Jahre 1931
erschienen sei und auf den er in der 1939 erschienenen Ausgabe seines
Werkes "Vincent van Gogh" unter Nr. 508 Bezug genommen habe.

    Auf Grund dieser Erklärung De la Failles verschaffte sich X. die
Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 mit dem Artikel
Poulains, worin dieser schilderte, wie Judith Gérard ihm unter Bekanntgabe
der näheren Umstände erzählt habe, das angebliche Selbstbildnis van Goghs
stamme in Wirklichkeit von ihrer Hand.

    Daraufhin eröffnete X. der Frau Y. mit Schreiben vom 14. Februar 1952
unter Beilegung einer Kopie des Artikels von Poulain, er könne "angesichts
der dezidierten Erklärung von Dr. De la Faille" das Bild nicht länger
als echt ansehen und fordere sie daher auf, es zurückzunehmen und ihm den
bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten, eventuell ganz oder teilweise in
Verrechnung mit andern Bildern.

    Die Frau Y. lehnte dieses Begehren ab unter Hinweis darauf, dass sie
nicht Kunstsachverständige sei und X. das Gemälde, das in allen Werken über
van Gogh abgebildet worden sei, ausschliesslich auf Grund seines eigenen
Urteils und beraten von seinem beigezogenen Experten gekauft habe. Dass
Dr. De la Faille schon 1939 die Echtheit des Bildes angezweifelt habe,
hätte dem Kläger und seinem Experten bekannt sein müssen.

    Weitere Bemühungen des X., die Verkäuferin zur Rücknahme des Bildes
zu bewegen, blieben ohne Erfolg. Dagegen einigten sich die Parteien auf
den Gerichtsstand Zürich.

    B.- Am 9. Februar 1953 reichte X. beim Friedensrichteramt Zürich 1
gegen Frau Y. Klage ein mit den Begehren, die Beklagte sei gegen Rückgabe
des angeblichen Selbstporträts des van Gogh zur Rückzahlung des Kaufpreises
von Fr. 80'000.-- und USA-$ 25.000.-- zu verpflichten.

    Zur Begründung seiner Begehren berief sich der Kläger auf die
Vorschriften über die Gewährleistungspflicht des Verkäufers, sowie auf
absichtliche Täuschung und Irrtum.

    Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie stellte die Unechtheit
des Bildes in Abrede und wendete ein, allfällige Ansprüche des Klägers
aus Gewährleistung und wegen Irrtums wären verwirkt und verjährt.

    C.- Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 22.  Dezember 1955
die Klage ab. Es nahm an, der Kläger könne sich auf die Gewährspflicht
der Beklagten nicht berufen, weil allfällige Ansprüche dieser Art mangels
Nachweises einer absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Verkäuferin
verwirkt und verjährt seien. Ebenso seien die auf Irrtum gestützten
Begehren des Klägers verjährt. Die Frage der Echtheit des Bildes liess
das Bezirksgericht dahingestellt.

    D.- Der Kläger zog die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich
weiter. Neben der erneuten Berufung auf Mängel der Kaufsache sowie auf
Willensmängel machte er weiter Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung
geltend.

    E.- Das Obergericht wies in Bestätigung des erstinstanzlichen
Entscheids die Klage mit Urteil vom 8. März 1956 ebenfalls ab. Es
erklärte die Berufung des Klägers auf Nichterfüllung als unbegründet.
Hinsichtlich der Frage der Gewährspflicht der Beklagten pflichtete es der
Auffassung der ersten Instanz bei, dass die darauf gestützten Begehren
des Klägers verwirkt und verjährt seien. Eine Berufung auf Willensmängel
erachtete es neben derjenigen auf die Gewährleistung als unzulässig. Die
Frage der Echtheit des Bildes liess auch das Obergericht offen.

    F.- Mit der vorliegenden Berufung stellt der Kläger den Antrag,
das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen zur Abnahme des Beweises für die Unechtheit des verkauften
Bildes und zu nachherigem Schutz der Klage gemäss den vor der ersten
kantonalen Instanz gestellten Begehren.

    Während der Kläger in der Berufungsschrift noch an den sämtlichen
im kantonalen Verfahren eingenommenen Rechtsstandpunkten festgehalten
und sich darüber hinaus auf ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhalts
des Kaufvertrages berufen hatte, erklärte er in der mündlichen
Berufungsverhandlung, seine Ansprüche nicht mehr auf die Vorschriften
über die Gewährleistung zu stützen und auch den Vorwurf absichtlicher
Täuschung nicht aufrecht zu erhalten.

    Die Beklagte hat beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das auf
Abweisung der Klage lautende Urteil der Vorinstanz sei zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    .....

Erwägung 3

    3.- a) Der Kläger stützt in der Berufung seinen Anspruch in erster
Linie auf Nichterfüllung des Kaufvertrages (Art. 97 ff. OR). Zur
Begründung dieses Standpunktes führt er aus, geschuldete Kaufsache
sei ein Selbstbildnis von van Gogh gewesen. Die Beklagte habe aber
eine von dritter Hand - nämlich von Frau Judith Gérard - angefertigte
Kopie eines solchen Selbstbildnisses geliefert, also eine andere Sache,
ein aliud. Ein unechtes Bild sei nämlich ein aliud, nicht bloss die
mit einem Qualitätsmangel behaftete Kaufsache. Denn die Echtheit eines
Gemäldes könne nicht nur eine körperliche Eigenschaft der verkauften Sache
darstellen, sondern sie mache ihre Individualität aus. Die Vorinstanz
gehe zu Unrecht davon aus, dass beim Spezieskauf ein aliud nur vorliege,
wenn die Identität zu verneinen sei, und von einem aliud daher nicht
gesprochen werden könne, wenn der Käufer die Sache erhielt, die er gesehen
und gewünscht habe. Die von der Beklagten gelieferte Sache sei zwar mit
der vom Kläger besichtigten identisch, aber sie sei es gleichwohl nicht
mit der geschuldeten Sache. Denn geschuldet gewesen sei einzig ein von
van Gogh gemaltes Selbstbildnis. Ein solches sei aber nicht geliefert und
daher der Vertrag nicht erfüllt worden. Der Begriff der Identität dürfte
beim Spezieskauf nicht äusserlich verstanden werden: es komme nicht auf die
äussere Beschaffenheit der Sache an, sondern auf die "innere Identität",
d.h. auf das, was die Parteien wirklich wollten. Da die Beklagte nicht
erfüllt habe und unmöglich erfüllen könne, habe sie das gelieferte Bild
zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten.

    b) Dieser Auffassung des Klägers kann nicht beigepflichtet werden. Wohl
ist bei einem Spezieskauf die Erfüllungsklage und allenfalls die Klage
auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gegeben, wenn der Verkäufer eine
andere Sache liefert als die verkaufte. Aber es muss sich wirklich
um eine andere Sache als die verkaufte, um ein aliud, handeln. Wo
dagegen die verkaufte Sache geliefert wurde, kann nicht von einem aliud
gesprochen werden; dies gilt auch dann, wenn der gelieferten Sache gewisse
Eigenschaften fehlen, d.h. wenn sie Mängel aufweist, die ihren Wert oder
ihre vorausgesetzte Tauglichkeit dermassen herabsetzen, dass sie deswegen
nach der Verkehrsauffassung als eine Sache von anderer Art, anderer
Gattung bezeichnet wird. Wo tatsächlich die verkaufte Sache geliefert
wurde, ist die geschuldete Sache geliefert, also der Vertrag - wenn
auch vielleicht schlecht - erfüllt. Dann ist für die Klage auf Erfüllung
oder auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung kein Raum, gleichgültig, ob
die Mängel klein oder gross sind, und gleichgültig auch, ob es sich um
blosse - "eigentliche" - Qualitätsmängel handelt oder um sog. Artmängel,
d.h. "gattungsbestimmende, verkehrswesentliche Eigenschaften" (vgl. VON
TUHR/SIEGWART OR II § 55 bei N. 14, § 68 bei N. 32). Auch da, wo eine
Speziessache verkauft und geliefert wurde, welche wegen ihrer Mängel in
Wirklichkeit etwas ganz anderes ist als das, wofür sie gehalten wurde,
ist - weil es sich um eine Einzelsache (species) handelt - gleichwohl
die verkaufte Sache geliefert, d.h. es besteht Identität zwischen der
gelieferten Sache und derjenigen, welche Gegenstand des Kaufvertrages
bildete; denn diese Einzelsache gibt es ja nur ein einziges Mal. Sie -
nicht eine andere Sache - ist geliefert, auch wenn sie mit irgendwelchen
Mängeln, einschliesslich sogenannter Artmängel, behaftet ist (BGE 22
S. 138).

    Weist die verkaufte und gelieferte Einzelsache (species im Gegensatz
zur Gattungssache) Mängel auf oder ist sie nicht das, als was sie
angesehen, verkauft und gekauft wurde, so ist, wie bereits gesagt,
die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung
ausgeschlossen; dagegen stehen dem Käufer die Rechtsbehelfe wegen
Sachmängeln und allenfalls diejenigen wegen Willensmängeln, insbesondere
wegen Grundlagenirrtums beim Vertragsschluss, zu Gebote.

    c) So verhält es sich hier. Gewiss hat der Kläger (die behauptete
Unechtheit des Gemäldes vorausgesetzt) tatsächlich oder wirtschaftlich
nicht das erhalten, was er mit dem Kauf zu bekommen hoffte, nämlich ein
bestimmtes, von van Gogh gemaltes Bild, das Selbstbildnis (mit Blumen auf
dem Hintergrund) aus dem Jahre 1888. Er hat, wenn seine Behauptung stimmt,
statt dessen eine von Judith Gérard hergestellte (und nachträglich von
einem Dritten mit Blumen auf dem Hintergrund versehene) Kopie des von
van Gogh im September 1888 gemalten und seinem Freund Gauguin gewidmeten
Selbstbildnisses erhalten. Aber Gegenstand des von den Prozessparteien
im Juni 1948 abgeschlossenen Kaufvertrages war das streitige Bild,
das die Beklagte in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt Zürich
aufbewahrt hatte, dort dem Kläger mit andern Bildern zur Auswahl
zeigte und zum Kaufe anbot und das der Kläger dann auswählte, kaufte
und nach Hause mitnahm. Er erhielt das Bild, welches er gekauft hatte,
nämlich das Bild, welches als Selbstbildnis van Goghs (mit Blumen auf
dem Hintergrund) galt, während Jahrzehnten im Besitz von M. gewesen,
als Selbstbildnis van Goghs in den Verzeichnissen der Werke des Künstlers
aufgeführt, bekannt und vielfach abgebildet worden war. Dieses Bild wurde
gekauft und geliefert, nicht ein anderes; das gelieferte Bild ist mit dem
gekauften identisch. Der Kaufvertrag wurde erfüllt; es lag keine Lieferung
eines aliud (Falschlieferung) vor, möglicherweise wurde der Kaufvertrag
mangelhaft erfüllt (Schlechtlieferung), vielleicht ist er unter Einfluss
eines Grundlagenirrtums zustandegekommen, aber erfüllt wurde er, weil
der Kläger den Gegenstand erhielt, den er gekauft hatte. Die Klage auf
Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung steht ihm daher nicht
mehr zu.

    Hieran vermag die in der Berufungsschrift vertretene Unterscheidung
von äusserer und innerer Identität nichts zu ändern, denn unter Identität
von gekaufter und gelieferter Sache kann stets nur die äussere Identität
verstanden werden. Das Fehlen der sog. inneren Identität kann lediglich
unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung oder des Grundlagenirrtums
von Belang sein. Die gelegentlich in der Literatur vertretene Meinung,
bei Unechtheit eines als echt gekauften Gemäldes liege ein aliud vor (so
BECKER, OR Art. 24 N. 22, Vorbem. zu Art. 197-210 N. 4, Art. 197 N. 2),
hält angesichts der oben gemachten Ausführungen über Vertragsinhalt und
Erfüllung beim Kauf einer Speziessache nicht stand. Das Bundesgericht hat
nie im Sinne der genannten Auffassung entschieden. Es hat gegenteils im
Falle des Kaufs eines Perserteppichs, den der Käufer irrtümlich für ein
altes Stück hielt, erklärt, der verkaufte und gelieferte Teppich sei der
von ihm vor dem Kauf besichtigte gewesen (BGE (BGE 52 II 145). Ebenso hat
es im Entscheid BGE 56 II 428 die Tatsache der Erfüllung des Vertrages bei
einem als echt verkauften und gelieferten, aber in Wirklichkeit unechten
Gemälde ausdrücklich bejaht; spricht es doch dort vom "Kaufvertrag,
so wie er erfüllt wurde". (Dass unmittelbar vor der genannten Stelle
von "mangelnder Erfüllung" die Rede ist, beruht offensichtlich auf
einem Verschrieb; nach dem gesamten Zusammenhang muss es unzweifelhaft
"mangelhafte Erfüllung" heissen).

    Aus diesen Darlegungen erhellt, dass dem Kläger die Klage auf Erfüllung
des Kaufvertrages, bezw. Schadenersatz wegen Nichterfüllung, versagt
ist. Damit ist sein Hauptstandpunkt aus grundsätzlichen Erwägungen
abgelehnt. Auf die von der Berufung in diesem Zusammenhang weiter
erörterten Fragen (Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rügepfllicht,
Verjährung, Rechtsnatur des Anspruchs auf Rückerstattung des Kaufpreises,
Beweis des fehlenden Verschuldens des Verkäufers) braucht nicht eingegangen
zu werden.

Erwägung 4

    4.- Für den Fall der Verwerfung seines Hauptstandpunktes macht
der Kläger geltend, es liege ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhaltes
des Kaufvertrags vor, weshalb dieser gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig
gewesen sei. Unmöglichkeit sei deshalb anzunehmen, weil die Beklagte ein
Selbstbildnis van Goghs nicht besass und die Verschaffung eines solchen
durch sie praktisch als ausgeschlossen zu betrachten sei, die versprochene
Leistung also überhaupt nicht erbracht werden konnte.

    Diesen Standpunkt hat der Kläger vor der Vorinstanz nicht
vorgebracht. Ob er, wie die Berufung meint, von Amtes wegen zu prüfen
sei und darum kein neues, vor Bundesgericht unzulässiges Vorbringen
darstelle, kann dahingestellt bleiben, denn er ist auf jeden Fall
materiellrechtlich verfehlt. Der Kläger übersieht auch hier, worin die
versprochene Leistung bestand. Verkauft und gekauft war das Bild, das
der Kläger besichtigte, auswählte und nach Hause mitnahm, das Bild, das
bisher stets als Selbstbildnis van Goghs gegolten hatte. Ein Kaufvertrag
dieses Inhalts war möglich und der hierüber geschlossene Kaufvertrag war
erfüllbar und ist erfüllt worden, wie oben (Erw. 3) dargelegt wurde. Mit
der Verwerfung des dort erörterten Rechtsstandpunktes des Klägers ist
auch dem vorliegenden Eventualstandpunkt der Boden entzogen.

Erwägung 5

    5.- Gemäss Erw. 3 hätte sich der Kläger bei Unechtheit des streitigen
Gemäldes an sich auf mangelhafte Erfüllung des Kaufvertrags berufen und die
daraus folgenden Gewährleistungsansprüche geltend machen können. An dieser
Begründung seiner Forderung hat er indessen in der Berufung mit Recht
nicht mehr festgehalten. Denn ein allfälliger Gewährleistungsanspruch wäre
verjährt, weil die für die Geltendmachung eines solchen vorgeschriebene
Jahresfrist seit Ablieferung der Kaufsache (Art. 210 Abs. 1 OR) längst
verstrichen ist und der Beklagten eine absichtliche Täuschung des Klägers,
deretwegen ihr gemäss Art. 210 Abs. 3 OR die Berufung auf die Verjährung
verwehrt wäre, nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht
zur Last gelegt werden kann, wie der Kläger heute selber anerkennt. Es kann
sich daher lediglich noch fragen, ob der Kläger den bezahlten Kaufpreis
wegen Unverbindlichkeit des Kaufvertrages infolge Grundlagenirrtums
zurückzufordern befugt ist, wie er weiter behauptet.

Erwägung 6

    6.- a) Das Obergericht hat die Anrufung der Irrtumsvorschriften neben
jenen über die Gewährleistung grundsätzlich als unzulässig erklärt,
im wesentlichen mit der Begründung, dass sonst die im Interesse der
Verkehrssicherheit aufgestellte gesetzliche Kaufsordnung mit ihrer kurzen
Verjährungsfrist weitgehend illusorisch gemacht würde; auch handle es
sich beim Gewährleistungsrecht um Sondervorschriften, die den allgemeinen
Grundsätzen vorgehen.

    b) Das Bundesgericht hat sich in ständiger Rechtsprechung für die
alternative Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe ausgesprochen (BGE 42
II 498, 52 II 145, 56 II 424, 57 II 290, 70 II 50, 73 II 222, 81 II 217).

    Auf diesem Boden steht auch die in der schweizerischen Literatur
herrschende Meinung (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER OR Art. 197 N. 5, VON
TUHR/SIEGWART OR I S. 276 f., SCHÖNENBERGER in SJZ 40 S. 305 ff. und die
dort aufgeführten Abhandlungen, SIMONIUS in der Festschrift für Guhl S. 55
f., HINDERLING in ZSR 1952 S. 626 f., LÜTHI Sachgewährleistungspflicht beim
Specieskauf im System des schweiz. OR, S. 96 ff., insbes. S. 106-116; a.A.,
d.h. für ausschliessliche Anwendbarkeit der Gewährleistungsvorschriften,
BECKER OR Art. 24 N. 22 f., Vorbemerkungen zu Art. 197-210 N. 4 am Ende,
ferner MERZ, Sachgewährleistung und Irrtumsanfechtung, in der Festschrift
Guhl, S. 87 ff.).

    Die deutsche Gerichtspraxis und mit ihr auch die Mehrheit der
Literatur verneint die wahlweise Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften
(RGZ 61 S. 174 f., seither bestätigt in zahlreichen Entscheiden bis
RGZ 138 S. 356; vgl. die Übersicht bei ENNECCERUS/LEHMANN, Schuldrecht,
1954, § 112 III S. 443 f.). Immerhin wird von zahlreichen Autoren auch die
alternative Berufung auf Irrtum als zulässig angesehen (vgl. F. LEONHARD,
Schuldrecht, II, 1931, § 38 S. 83 ff. und die dort aufgeführten Autoren).

    Für das französische Recht nimmt PLANIOL/RIPERT/ESMEIN, Traité
pratique de droit civil français, Band 6 Nr. 184, für die ausschliessliche
Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts Stellung, während französische
Gerichte wiederholt auch die wahlweise Anwendung der Irrtumsregeln
zugelassen haben.

    c) Auch bei erneuter Überprüfung der Frage ist an der alternativen
Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe, wie sie das Bundesgericht bisher
in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, festzuhalten.

    Die Gegner dieser Lösung begründen ihre ablehnende Stellungnahme
u.a. damit, die Gewährleistungsbestimmungen stellten gegenüber
den Irrtumsvorschriften Spezialbestimmungen dar, die nach dem
Satze lex specialis derogat legi generali ausschliesslich Geltung
beanspruchten. Diese Auffassung übersieht indessen den Wesensunterschied
zwischen der Unverbindlichkeit wegen Irrtums und der Gewährleistung. Diese
ist kein Sonderfall der Willensmängel, sondern gehört systematisch
in das Gebiet der Vertragserfüllung. Der Irrtum dagegen beschlägt das
Zustandekommen des Vertrages. Die beiden Gruppen von Bestimmungen und
die daran geknüpften Rechtsbehelfe beruhen somit auf verschiedenem
Rechtsgrund. Sie stehen also in Wirklichkeit zu einander nicht im
Verhältnis von lex generalis und lex specialis, weshalb aus der genannten
Regel nichts abgeleitet werden kann. Die beiden Tatbestände überschneiden
sich vielmehr, keiner von ihnen umfasst den andern völlig, sondern sie
weisen neben gewissen, beiden gemeinsamen Merkmalen auch solche auf,
die nur beim einen oder beim andern vorkommen. Theoretisch steht daher
der wahlweisen Anwendung beider Normengruppen nichts im Wege. Die Natur
der beiden Rechtsbehelfe verbietet eine solche nicht (vgl. BGE 56 II 428).

    Auch der weitere Einwand, dass das Gewährleistungsrecht
bei alternativer Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften praktisch
bedeutungslos würde, ist nicht stichhaltig. Er wäre allenfalls zu hören,
wenn die Irrtumsanfechtung für den Käufer stets günstiger wäre als die
Berufung auf Gewährleistung. Das ist jedoch nicht der Fall. An sich
ist im Gegenteil die Geltendmachung der Gewährleistung für den Käufer
erheblich vorteilhafter. Bei Anrufung der Unverbindlichkeit hat er nämlich
den Irrtum, dessen Wesentlichkeit und Kausalität für den Vertragsschluss
nachzuweisen, während für die Gewährspflicht des Verkäufers Wesentlichkeit
des Mangels i.S. von Art. 24 OR nicht erforderlich ist. Ferner wird
nach Gewährleistungsrecht vermutet, dass der Käufer den Mangel nicht
gekannt habe; Kenntnis desselben muss ihm nachgewiesen werden. Bei der
Gewährleistung kann der Käufer unter Umständen Schadenersatz beanspruchen,
beim Irrtum nicht; gemäss Art. 26 OR kann er gegenteils bei fahrlässigem
Irrtum zum Ersatz des negativen Interesses, gegebenenfalls sogar zu
weiterem Schadenersatz verhalten werden.

    Für den Käufer günstiger ist die Berufung auf Irrtum allerdings, wenn
er die Gewährleistungsansprüche verloren hat, weil er die rechtzeitige
Prüfung der Sache und rechtzeitige Mängelrüge unterliess (Art. 201
OR) oder weil er den Mangel erst mehr als ein Jahr nach Ablieferung
der Sache entdeckt hat. Diese Einschränkung der Rechtsstellung des
Käufers rechtfertigt es indessen (entgegen der Meinung von MERZ, S. 100)
nicht, im Endergebnis die Berufung auf Irrtum als den vorteilhafteren
Rechtsbehelf zu bezeichnen. Die in der Rügepflicht und in der kurzen
Verjährung liegende Beschränkung ist lediglich das Gegenstück zu der
weitgehenden Begünstigung, die dem Käufer durch das Gewährleistungsrecht
im allgemeinen eingeräumt wird. Sie bezweckt, die Bevorzugung in einem
angemessenen Rahmen zu halten, um den berechtigten Interessen auch des
Käufers gebührend Rechnung zu tragen.

    Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, das Gewährleistungsrecht
würde zwecklos, überflüssig gemacht, wenn man die alternative Anwendung
der Irrtumsbestimmungen zulasse. Der Zweck der Gewährleistungsbestimmungen
geht einerseits dahin, dem Käufer Schutz gegen die Lieferung mangelhafter
Ware zu bieten, anderseits aber auch darauf, durch die Vorschriften über
die Mängelrüge eine Abwicklung des im Verkehr so häufigen Kaufsgeschäfts
innert verhältnismässig kurzer Frist herbeizuführen, um auf diese Weise
die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Spätprozesse zu vermeiden,
in denen die Feststellung des ursprünglichen Sachverhalts schwierig
wäre. Dieser Zweck wird aber nicht vereitelt, wenn man dem Käufer neben
den Rechtsbehelfen des Gewährleistungsrechts wahlweise auch die Anfechtung
wegen Irrtums gestattet. Da das Gewährleistungsrecht, wie ausgeführt, für
den Käufer nach verschiedenen Richtungen hin günstiger ist, wird er diesem
den Vorzug geben und darum schon in seinem eigenen Interesse die Prüfung
der Sache rechtzeitig vornehmen, allfällige Mängel rügen und den Streit
in der Regel auf dem Boden des Gewährleistungsrechts zum Austrag bringen.

    Es bedeutet daher eine Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse,
wenn behauptet wird, der Käufer, dem die Irrtumsanfechtung eingeräumt
bliebe, würde sich um die Gewährleistungsvorschriften nicht mehr bekümmern
und könnte unter dem Vorwand der Mangelhaftigkeit des Vertragsschlusses
auf dem Rücken des Verkäufers spekulieren, so dass, wie die Vorinstanz
meint, die gesetzliche Kaufsordnung weitgehend illusorisch gemacht
und die in Art. 197 ff. OR vorgesehene Regelung des Kaufrechts in Frage
gestellt würden. Dieser Gefahr kann im Ernste keine sehr grosse Bedeutung
beigemessen werden. Das beweist die Tatsache, dass die Fälle, in denen
sich der Käufer auf Irrtum statt auf Gewährleistung beruft, selten sind.

    Schliesslich ist nicht zu verkennen, dass die
Gewährleistungsvorschriften sehr streng sind und dass sich vor allem
ihre zeitlichen Beschränkungen und die kurze Verjährung für den Käufer
ungebührlich hart auswirken können, insbesondere dort, wo ein wesentlicher
Mangel der Sache erst nachträglich entdeckt wird. In solchen Fällen
ist ein über die Gewährleistung hinausreichender Rechtsschutz nötig,
sobald die besonderen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung vorliegen;
denn trotz allem ist der Käufer der schutzwürdigere Teil, weil er schlecht
bedient worden ist. Missbräuchlicher Berufung auf Irrtum kann gestützt
auf Art. 25 und 26 OR ausreichend entgegengetreten werden.

Erwägung 7

    7.- Steht somit nach dem Gesagten dem Kläger die Berufung auf Irrtum
grundsätzlich zu Gebote, so fragt sich im weiteren, ob ein Irrtum über die
Echtheit des gekauften Gemäldes als Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24
Ziff. 4 OR anzusehen wäre. Das ist zu bejahen. Die Echtheit des Gemäldes,
die beim Vertragsschluss von beiden Parteien als gegeben vorausgesetzt
wurde, stellt einen Umstand dar, der bei objektiver Betrachtung vom
Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint,
so dass ein Irrtum über ihn nicht als blosser unbeachtlicher Motivirrtum
angesehen werden kann (BGE 79 II 164). Es versteht sich von selbst, dass
der Kläger das Bild nicht gekauft und namentlich den dafür ausgelegten
Kaufpreis nicht bezahlt hätte, wenn er von der Echtheit des Bildes nicht
überzeugt gewesen wäre. Auf der andern Seite hätte auch die Beklagte nach
Treu und Glauben den streitigen Vertrag nicht abschliessen dürfen, wenn
sie gewusst hätte, dass das Bild in Wirklichkeit nicht von der Hand van
Goghs stamme. Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes ist denn auch in der
Rechtsprechung (BGE 56 II 424 ff.) als Grundlagenirrtum anerkannt worden.

Erwägung 8

    8.- Ein wegen wesentlichen Irrtums unverbindlicher Vertrag fällt nur
dahin, wenn der Irrende spätestens innert Jahresfrist seit der Entdeckung
seines Irrtums der Gegenpartei eröffnet, dass er den Vertrag nicht halten
wolle; unterlässt er eine solche Erklärung, so gilt der Vertrag nach
Art. 31 Abs. 1 OR als genehmigt.

    a) Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe schon zwischen 1948
und 1950 Kenntnis von der angeblichen Unechtheit des Bildes erlangt, weil
damals der Kunstsachverständige John Rewald anlässlich einer Besichtigung
der Sammlung des Klägers Zweifel an der Echtheit des Bildes verlauten
liess; die Anfechtungserklärung vom 14. Februar 1952 sei daher verspätet
erfolgt.

    Mit der Angelegenheit Rewald hat es folgende Bewandtnis: Rewald,
der ein Werk über den Maler Gauguin zu schreiben beabsichtigte, hatte
im Jahre 1947 oder 1948 Frau Gérard in Paris aufgesucht, um sich ihre
Erinnerungen an Gauguin erzählen zu lassen. Bei diesem Besuche gab sie ihm
auch von ihrer Darstellung der Geschichte des streitigen Bildes Kenntnis
und übergab ihm auch den 1931 in der "Comoedia" erschienenen Artikel
Poulains. Später, zwischen 1948 und 1950, anlässlich einer Besichtigung
der Sammlung des Klägers, sah Rewald auch das streitige Gemälde.

    Die Vorinstanz hat nun angenommen, Rewald habe bei dieser Gelegenheit
"irgend etwas von solchen Zweifeln" verlauten lassen; denn nachdem er
einige Zeit vorher von Frau Gérard gehört, sie habe das fragliche Bild
gemalt, sei es "mehr als wahrscheinlich, dass er dem Kläger irgendetwas
von dieser Sache mitgeteilt" habe.

    Diese Annahme der Vorinstanz beruht jedoch auf blossen Vermutungen,
die das Bundesgericht nicht binden. Der Kläger hat bestritten, dass
Rewald anlässlich der Besichtigung irgendwelche Zweifel geäussert
oder ihm von seinem Besuch bei Frau Gérard und ihrer Erzählung etwas
mitgeteilt habe. Nach seiner Darstellung hat er erst nach Einreichung
der Klageschrift vom Besuch Rewalds bei Frau Gérard, von ihren damaligen
Äusserungen und den von Rewald gehegten Zweifeln erfahren. Das Schreiben
Rewalds vom 13. Oktober 1954, auf das die Vorinstanz hinweist, vermag ihre
oben erwähnte Annahme nicht zu stützen. In diesem Schreiben schildert
Rewald seinen Besuch bei Frau Gérard und führt weiter aus, als er dann
später das Bild beim Kläger gesehen, habe es ihm in der Tat geschienen,
dass die Blumen erst nachträglich auf der schon erhärteten Farbe des
Hintergrundes angebracht worden seien, wie Frau Gérard dies behauptet
habe. Dass er aber dem Kläger von der Erzählung der Frau Gérard und den
von ihm bei der Besichtigung des Bildes gemachten Beobachtungen schon
damals irgendetwas mitgeteilt habe, geht aus dem Schreiben Rewalds nicht
hervor und darf nach der Lebenserfahrung auch nicht ohne weiteres als
gegeben erachtet werden. Es kann deshalb nicht als erwiesen angesehen
werden, dass der Kläger schon anlässlich des Besuchs Rewalds von 1948/50
etwas erfuhr, das ihm die für eine Kenntnis des heute behaupteten
Irrtums erforderliche Gewissheit zu verschaffen vermocht hätte. Blosse
unbestimmte, nicht näher belegte Zweifelsäusserungen eines Dritten, um
die allein es auch nach der Auffassung der Vorinstanz bei allfälligen
Andeutungen Rewalds sich hätte handeln können, sind nicht geeignet,
die für eine Irrtumsanfechtung notwendige Kenntnis zu vermitteln. Wenn
der Kläger solchen Zweifelsandeutungen Rewalds vorerst keine Bedeutung
beimass, so erscheint das als verständlich angesichts der Tatsache,
dass bis dahin das streitige Gemälde, soweit ihm bekannt war, allgemein
als unzweifelhaft echt angesehen worden war und in zahlreichen Werken
über van Gogh Aufnahme gefunden hatte. Mit Rücksicht hierauf kann. auch
nicht gesagt werden, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich
weitere Nachforschungen anzustellen. Selbst wenn ihm Rewald gewisse
unbestimmte Andeutungen gemacht haben sollte, dass ihm die Echtheit
des Bildes zweifelhaft erscheine, so hätte für den Kläger noch kein
hinreichender Anlass zur Vornahme irgendwelcher Erhebungen bestanden,
solange er selber von der Echtheit des Bildes überzeugt war und nach der
Sachlage überzeugt sein durfte. Das Unterlassen solcher Nachforschungen
kann ihm daher nicht zum Nachteil gereichen. Es lässt sich somit nicht
sagen, der Kläger habe schon auf Grund von Äusserungen Rewalds zwischen
1948 und 1950 Kenntnis vom heute geltend gemachten Irrtum gehabt.

    b) Gleich verhält es sich mit dem weiteren Einwand der Beklagten,
die Irrtumsanfechtung sei verspätet, weil "vor Ende 1951" der Kunsthändler
Rosenberg dem Kläger gegenüber ebenfalls gewisse Zweifel an der Echtheit
des Bildes bekundete. Die Annahme der Vorinstanz, Rosenberg habe dem
Kläger die Gründe für seine Zweifel genannt, beruht auch hier auf einer
blossen Vermutung und steht im Widerspruch mit der glaubhaften Erklärung
des Klägers, er habe diese Bemerkung Rosenbergs nicht ernst genommen weil
sie nicht belegt war und von einem Kunsthändler gegenüber einem nicht
von ihm gelieferten Gemälde gemacht wurde. Aber selbst wenn man annehmen
wollte, der Kläger hätte Anlass zu weiteren Nachforschungen gehabt,
nachdem die Echtheit des Bildes nun angeblich schon zum zweiten Male
angezweifelt worden war, müsste der Einwand der Verspätung gleichwohl
als unbegründet erachtet werden. Da eine Abklärung der Angelegenheit
immerhin einige Zeit in Anspruch genommen hätte, ist davon auszugehen,
dass sie nicht vor Ende Januar 1952 hätte abgeschlossen sein können,
also nicht vor der am 29. Januar 1952 erfolgten Äusserung De la Failles,
durch welche der Kläger sich erst veranlasst fühlte, der Sache nachzugehen.

    c) Ob man im übrigen annehmen will, der Irrtum sei schon mit der
Äusserung De la Failles entdeckt gewesen oder erst nach Prüfung des
Zeitungsartikels Poulains, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der
Irrtumsanfechtung belanglos. Denn im einen wie im andern Falle hat der
Kläger mit seiner am 14. Februar 1952 abgegebenen Anfechtungserklärung
die Jahresfrist des Art. 31 OR gewahrt.

Erwägung 9

    9.- Die Frage des Zeitpunktes der genauen Kenntnis ist aber in anderer
Hinsicht von Bedeutung. Mit der Geltendmachung des Irrtums fällt der
Vertrag dahin und die gemachten Leistungen entbehren des Rechtsgrundes,
weshalb sie gemäss den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung
rückforderbar sind. Dieser Bereicherungsanspruch verjährt nach Art. 67 OR
mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis
erhalten hat. Der Kläger hat den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises
am 9. Februar 1953 eingeklagt. Hatte er von seinem Rückforderungsanspruch
bereits auf Grund der Äusserung De la Failles vom 29. Januar 1952 Kenntnis,
wie die Beklagte geltend macht und auch die kantonalen Instanzen angenommen
haben, so war die Bereicherungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung
verjährt. Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, er habe die in
Art. 67 OR vorausgesetzte Kenntnis frühestens erlangt, nachdem er sich
auf die Äusserung De la Failles hin die Nummer der Zeitschrift "Comoedia"
vom 10. Dezember 1931 beschafft und den Artikel Poulains einer Prüfung
unterzogen hatte.

    a) Nach BGE 63 II 258 ff. kommt es für die Frage, wie der Begriff der
Kenntnis des Bereichungsanspruches im Sinne von Art. 67 OR zu verstehen
sei, darauf an, wann der Kläger genügende Unterlagen und hinlängliche
Veranlassung hatte, die Unverbindlicherklärung auszusprechen und eine
Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises anzuheben. Dazu genügt nicht jeder
Anfang einer Erkenntnis vom Mangel der Gültigkeit des Geschäftes, das zur
ungerechtfertigten Bereicherung Anlass gab. Es ist vielmehr eine derartige
Wahrscheinlichkeit, ein solcher Grad von Gewissheit über das Bestehen des
Bereicherungsanspruches notwendig, dass nach Treu und Glauben gesagt werden
muss, der Kläger habe nunmehr keinen Anlass oder keine Möglichkeit mehr zu
weiterer Abklärung und anderseits genügend Unterlagen zur Klageerhebung,
so dass ihm eine solche vernünftigerweise zugemutet werden dürfe.

    b) Diese Voraussetzungen waren aber mit der Erklärung De la Failles vom
29. Januar 1952 noch nicht erfüllt. Wenn dieser auch als hervorragender
Kenner des Schaffens van Goghs und als Autorität auf diesem Gebiete
betrachtet wird, so hatte er doch selber nie mit Judith Gérard gesprochen,
sondern sein Urteil stützte sich - neben der kurzen Besichtigung des Bildes
- ausschliesslich auf den Artikel Poulains. Nach den oben dargelegten
Grundsätzen war daher der Kläger zweifellos berechtigt, sich diese einzige
Quelle anzusehen, also sich den genannten Zeitungsartikel zu beschaffen,
ihn zu prüfen und sich hernach schlüssig zu werden, ob er das Bild noch
länger als echt ansehen könne. Da es auf jeden Fall etliche Tage dauerte,
bis der Kläger die aus dem Jahre 1931 stammende Nummer einer in Zürich der
Allgemeinheit unbekannten Zeitung ausfindig gemacht hatte und da ihm für
seinen Entschluss noch eine gewisse Überlegungsfrist zugestanden werden
muss, ist davon auszugehen, dass er erst unmittelbar vor der Abgabe der
Erklärung vom 14. Februar 1952 Kenntnis vom Rückforderungsanspruch im
Sinne von Art. 67 OR erlangte. Begann aber die Verjährungsfrist erst mit
diesem Datum zu laufen, so war der Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung,
am 9. Februar 1953, noch nicht verjährt.

Erwägung 10

    10.- Der Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum kann auch nicht
entgegengehalten werden, sie verstosse gegen Treu und Glauben und sei
darum nach Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft. Ebenso lässt sich nicht sagen,
der Kläger hätte seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben
und habe daher gemäss Art. 26 OR der Beklagten einen aus dem Dahinfallen
des Vertrages erwachsenden Schaden zu ersetzen. Er durfte sich, so gut
wie die Beklagte selber, darauf verlassen, dass das Bild in zahlreichen
Werken der Fachliteratur als Originalwerk van Goghs gegolten hatte.

Erwägung 11

    11.- Ist somit bei Unechtheit des Bildes die Berufung des Klägers
auf Irrtum begründet und hat er seine Ansprüche hieraus rechtzeitig
geltend gemacht, so ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache
zur Durchführung des Beweisverfahrens über die vom Kläger behauptete
Unechtheit des Bildes und zu neuem Urteil an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I.
Zivilkammer, vom 8. März 1956 wird aufgehoben und die Sache zu neuer
Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.