Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 378



82 II 378

53. Urteil der H. Zivilabteilung vom 12. Juli 1956 i.S. Frölich gegen
Eberhard und Zimmermann. Regeste

    Verkauf eines Miteigentumsanteils an einer Liegenschaft. Klausel,
wonach der Verkäufer am Gewinn aus einem allfälligen spätern Verkauf
der Liegenschaft an einen Dritten beteiligt sein soll. Ist diese Klausel
anwendbar, wenn einem Dritten an der Liegenschaft gegen ein periodisch zu
leistendes Entgelt ein Baurecht, verbunden mit einem aufschiebend bedingten
Kaufsrecht, eingeräumt wird? Kann der Richter den Vertrag ergänzen?

Sachverhalt

    A.- Frau Frölich war früher zu einem Sechstel Miteigentümerin der
Liegenschaft Spitalgasse 55 in Bern. Dort stand ein älteres Geschäftshaus,
das östlich und westlich an die grossen Bauten stiess, die dem Betrieb
des Warenhauses Loeb dienen und im Eigentum der zu diesem Unternehmen
gehörenden Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG stehen.

    Da die Eheleute Frölich im Jahre 1950 infolge einer längern
Krankheit des Ehemannes Bargeld benötigten, entschlossen sie sich, den
Miteigentumsanteil der Ehefrau an deren Verwandte Frau Eberhard und Frau
Zimmermann zu verkaufen, die bereits je einen Anteil von einem Viertel
besassen. Im Kaufvertrag vom 16. Juni 1950, durch den Frau Eberhard und
Frau Zimmermann den Anteil der Frau Frölich je zur Hälfte erwarben, wurde
der Kaufpreis für diesen Anteil auf Grund einer Kaufofferte der Firma
Berger, die für die ganze Liegenschaft Fr. 1'300,000.-- geboten hatte,
auf ein Sechstel dieser Summe, d.h. auf Fr. 216'666.-- festgesetzt. Ziffer
6 des Kaufvertrages lautet:

    "Sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 innert der nächsten 15 Jahre,
d.h. vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft werden sollte, sind
die heutigen Käuferinnen bereit, der Verkäuferin den auf den handändernden
Miteigentumsanteil von 1/6 entfallenden Gewinn (Verkaufspreis abzüglich
Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten
und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen) zukommen zu
lassen...".

    B.- Am 3. November 1954 schlossen die Miteigentümer der erwähnten
Liegenschaft (worunter Frau Eberhard und Frau Zimmermann) mit den zu
einer einfachen Gesellschaft verbundenen Immobiliengesellschaften Warlo
AG und Imlo AG einen "Baurechtsvertrag mit Grundlast und Vorkaufsrecht",
der u.a. die folgenden Bestimmungen enthält:

    II.

    "Die vorgenannten sieben Miteigentümer als Eigentümer der ganzen
Liegenschaft räumen der einfachen Gesellschaft, bestehend aus den
Aktiengesellschaften "Warlo" Immobilien A G und "Imlo" Immobilien A G
ein selbständiges und dauerndes Baurecht auf der ganzen Liegenschaft Bern
Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I im Halte von 1 Are 79 m2 an der Spitalgasse
in Bern im Sinne von Art. 675 und 779 ZGB zu folgenden Bedingungen ein:

    1. Der Baurechtsberechtigten wird das Recht eingeräumt, im Rahmen der
gesetzlichen Bestimmungen über das Baurecht und der Bauvorschriften der
Gemeinde Bern das auf der beschriebenen Liegenschaft stehende Gebäude
abzureissen und an seiner Stelle auf und unter der Bodenfläche ein
Geschäftshaus zu errichten. Es wird festgestellt, dass im Baurecht
insbesondere das Recht der Eingliederung in die Nachbarhäuser
eingeschlossen ist. Soviel an ihnen, verzichten die Baurechtsbelasteten
auf die Errichtung von Scheidemauern. Die Fassade muss selbständig und
unabhängig von den Nachbarhäusern gestaltet werden.

    2. ...

    3. Das Baurecht beginnt am 1. August 1955 und dauert fünfzig Jahre,
also bis 1. August 2005...

    4. Der Inhaber des Baurechts ist verpflichtet, den jeweiligen
Eigentümern der belasteten Liegenschaft einen jährlichen Baurechtszins
von Fr. 120'000.-- zu entrichten, zahlbar im voraus in vierteljährlichen
Raten von Fr. 30'000.--, erstmals am 1. August 1955...

    Dieser Baurechtszins basiert auf dem bei Vertragsabschluss geltenden
Landesindex über die Kosten der Lebenshaltung, ausgearbeitet und publiziert
vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Sektion Statistik (172
Punkte = 100%). Der Baurechtszins ist alle zehn Jahre seit Abschluss
des Vertrages, erstmals auf 1. August 1965, dem Landesindex anzupassen,
sofern sich dieser seit Abschluss des Vertrages bzw. seit der letzten,
auf Grund dieser Bestimmung vorgenommenen Anpassung des Baurechtszinses
um mindestens fünf Punkte erhöht oder ermässigt hat. Der Baurechtszins
erhöht oder ermässigt sich in diesem Falle für die nächste zehnjährige
Periode in entsprechendem prozentualen Verhältnis.

    5. Dieser Baurechtszins ist als Grundlast im Grundbuch einzutragen. Der
Gesamtwert beträgt Fr. 360'000.-- ... Diese Grundlast ist mit dem Baurecht
untrennbar verbunden.

    6. Zwei Jahre vor Ablauf des Baurechts werden sich die Parteien
über eine allfällige Verlängerung zu verständigen versuchen. Kommt eine
solche nicht zustande, so steht der Baurechtsberechtigte das Recht zu,
den Grund und Boden käuflich zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt den
Kapitalwert eines jährlichen Baurechtszinses, dessen Höhe gemäss den
in Ziff. 4 Abs. 2 hiervor aufgestellten Regeln nach dem am Verkaufstag
geltenden Landesindex neu zu berechnen ist. Die Kapitalisierung erfolgt
zu dem für I. Hypotheken geltenden Zinsfuss, maximal aber zu 4%. Macht
sie von diesem Recht keinen Gebrauch, so fällt das Eigentum am Gebäude an
die Eigentümer von Grund und Boden; sie haben der Baurechtsberechtigten
hierfür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen.

    7. Die Baurechtsbelasteten räumen der Baurechtsberechtigten während
der Dauer dieses Vertrages das Vorkaufsrecht an der Liegenschaft Bern
Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I ein, im ganzen und in Bezug auf die
Miteigentümeranteile. Handänderungen unter den Miteigentümern dieser
Liegenschaft oder deren Erben bilden jedoch keinen Vorkaufsfall. Ausserdem
bleibt das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miteigentümer im Sinne von
Art. 682 ZGB vorbehalten.

    Die Baurechtsberechtigte erklärt für das ihr hiervor eingeräumte
Vorkaufsrecht zum voraus bis zum Maximalbetrag von Fr. 3'000,000.-- den
Nachgang für Grundpfandrechte, die später auf der belasteten Liegenschaft
errichtet werden.

    Dieses Vorkaufsrecht ist für die Dauer von zehn Jahren im Grundbuch
vorzumerken.

    8. Die auf das mit Baurecht belastete Grundstück entfallenden
gegenwärtigen und zukünftigen Steuern und Abgaben gehen zu Lasten
der Grundeigentümer, während Steuern und Abgaben für die von den
Baurechtsberechtigten errichteten Gebäude und Anlagen sowie der
Illuminationsbeitrag durch die Baurechtsberechtigte zu entrichten sind.

    9. ...

    10. ...

    11. a) Das selbständige und dauernde Baurecht ist im Grundbuch
einzutragen als Grundstück gemäss Art. 7 der Grundbuchverordnung vom
22. Februar 1910 zu Lasten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021
Kreis I.

    b) Die Grundlast Baurechtszins Fr. 120'000.-- im Jahr, Gesamtwert
der Grundlast Fr. 360'000.--, zugunsten der Besitzung Bern Grundbuchblatt
Nr. 1021 Kreis I und als Last auf dem für das selbständige und dauernde
Baurecht zu errichtenden Grundbuchblatt.

    c) Das Vorkaufsrecht als Vormerkung auf Bern Grundbuchblatt Nr. 1021
Kreis I zu Gunsten der Baurechtsberechtigten.

    12. ...

    13. ..."

    C.- Frau Frölich fand, der abgeschlossene Baurechtsvertrag komme
in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf der Liegenschaft
gleich; Ziffer 6 des Kaufvertrags vom 16. Juni 1950 gewähre ihr eine
Gewinnbeteiligung nicht nur bei einem Verkauf, sondern bei jeder
Realisierung des Wertes der Liegenschaft, die innert der vertraglichen
Frist von 15 Jahren erfolge; daher komme ihr vom Jahre 1955 bis zum Jahre
2005 eine jährliche Rente in Höhe des Betrages zu, um den der sechste
Teil des jährlichen Baurechtszinses von Fr. 120'000.-- den Jahresbetrag
einer bis zum Jahre 2005 laufenden jährlichen Rente im Kapitalwert des
ihr bezahlten Kaufpreises von Fr. 216'666.-- übersteige. Da Frau Eberhard
und Frau Zimmermann ihren Anspruch ablehnten, leitete sie gegen diese
beiden am 11. Mai 1955 die vorliegende Klage ein mit Rechtsbegehren,
deren endgültige Fassung wie folgt lautet:

    "Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin ab 1. August 1955
und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August
eines jeden Jahres einen Betrag von je Fr. 5480.-- zu bezahlen.

    Eventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am
1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen
am 1. August eines jeden Jahres einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag
zu bezahlen.

    Subeventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am
1. August 1955 und in den folgenden Jahren jedes Vierteljahr jeweilen am
1. November, 1. Februar, 1. Mai und 1. August bis zum 1. Mai 2005 einen
gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen."

    Am 1. November 1955 hat der Appellationshof des Kantons Bern, III.
Zivilkammer, die Klage abgewiesen.

    D.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht erneuert die Klägerin
die im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen
auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Wer ein Vermögensstück verkauft, gibt damit grundsätzlich
alle Rechte daran auf. Insbesondere gewährt das Gesetz dem Verkäufer
keinen Anspruch auf eine Beteiligung am Ertrag, den der Käufer aus dem
Kaufgegenstande zieht, oder an einem Gewinn, den der Käufer bei der
Weiterveräusserung erzielt. Der Verkäufer kann einen solchen Anspruch
also nur erheben, wenn und soweit er sich dies vertraglich vorbehalten hat.

    Im vorliegenden Falle hat die Klägerin nach Ziffer 6 des Kaufvertrages
vom 16. Juni 1950 auf einen Gewinnanteil Anspruch, "sofern die Liegenschaft
Spitalgasse 55 ... vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft"
wird. Es ist zu prüfen, ob sie auf Grund dieser Klausel einen Anteil am
Baurechtszins beanspruchen könne, den die Beklagten von der Warlo AG und
Imlo AG gemäss Baurechtsvertrag vom 3. November 1954 beziehen. Dass noch
eine weitere Vereinbarung bestehe, auf welche ihr Anspruch sich stützen
könnte, behauptet die Klägerin selber nicht.

Erwägung 2

    2.- Während die Klägerin im kantonalen Verfahren zugegeben hatte, dass
die Liegenschaft Spitalgasse 55 mit dem Vertrag vom 3. November 1954 nicht
verkauft worden sei, und ihre Klage im wesentlichen nur damit begründet
hatte, dass dieser Vertrag in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen
einem Verkauf gleichkomme und dass die Gewinnbeteiligungsklausel auch
für solche Fälle gelte, lässt sie vor Bundesgericht ausführen, nach den
Umständen sei als gewiss anzusehen, dass die Baurechtsberechtigten bei
Ablauf des Baurechts von ihrem Kaufsrecht gemäss Ziff. 6 des Vertrags
vom 3. November 1954 Gebrauch machen würden; die Vertragsparteien seien
sich auch bewusst gewesen, dass ein "Wiederaufleben des Eigentumsrechts"
der Belasteten unter keinen Umständen in Frage kommen könne; daher könne
mit Fug und Recht der Standpunkt vertreten werden, die Liegenschaft
Spitalgasse 55 sei bereits am 3. November 1954 auf den 1. August 2005
verkauft worden. Hievon kann jedoch schon deshalb keine Rede sein, weil der
Baurechtsvertrag den Berechtigten ein Kaufsrecht nicht unbedingt, sondern
nur für den Fall gewährt, dass die Parteien sich vor Ablauf des Baurechts
nicht über eine Verlängerung desselben verständigen können, und weil zudem
keineswegs sicher ist, dass die Berechtigten im Jahre 2005 am Erwerb der
Liegenschaft zu den im Baurechtsvertrag umschriebenen Bedingungen noch
ein Interesse haben und daher beim Scheitern der Verhandlungen über eine
Verlängerung des Baurechts von ihrem Kaufsrecht Gebrauch machen werden. Von
den heutigen Verhältnissen aus beurteilt, mag dies freilich wahrscheinlich
sein. Welche Verhältnisse in fünfzig Jahren herrschen werden, lässt sich
jedoch in keiner Weise voraussehen. Es steht mithin durchaus nicht fest,
dass das Eigentum an der streitigen Liegenschaft im Jahre 2005 auf die
Baurechtsberechtigten übergehen wird. Der Abschluss des Baurechtsvertrags
fällt also unzweifelhaft nicht unter die Gewinnbeteiligungsklausel, wenn
man den hier verwendeten Ausdruck "Verkauf" im juristischen Sinne auffasst.

Erwägung 3

    3.- Die Klägerin macht nun freilich nach wie vor geltend, die
Anwendung von Ziff. 6 des Vertrags von 1950 setze nicht den Abschluss
eines Kaufvertrags voraus, sondern diese Vertragsbestimmung gelte,
sinngemäss ausgelegt, auch für Geschäfte, die zwar rechtlich keinen Verkauf
darstellen, aber doch zur Umsetzung der Liegenschaft in Geld führen und
sich daher wirtschaftlich wie ein Verkauf auswirken. Ob dies zutreffe,
braucht indes nicht näher untersucht zu werden, weil der Abschluss des
Baurechtsvertrages vom 3. November 1954 bei wirtschaftlicher Betrachtung
so wenig wie bei rechtlicher Beurteilung einem Verkauf der Liegenschaft
gleichgestellt werden kann.

    Richtig ist zwar, dass dieser Vertrag den Berechtigten mit Bezug
auf die streitige Liegenschaft ausserordentlich weitgehende Rechte
einräumt. Sie können während der nächsten 50 Jahre darauf schalten
und walten wie ein Eigentümer. Ihre Befugnisse beziehen sich aber,
vom Vorkaufs- und Kaufsrecht abgesehen, doch nur auf die Benützung der
Liegenschaft. Sie können diese weder veräussern noch hypothekarisch
belasten. Diese Möglichkeiten bleiben vielmehr den Bestellern des
Baurechts gewahrt, die als Eigentümer im Grundbuch eingetragen bleiben. Das
Vorkaufsrecht ist kein Hindernis für einen Verkauf, sondern bewirkt nur,
dass die Berechtigten in einen mit Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag
eintreten können. Ebensowenig steht das Kaufsrecht, das den Berechtigten
bei Ablauf des Baurechts unter Umständen zustehen wird, einem vorherigen
Verkauf der Liegenschaft durch die Besteller des Baurechts im Wege. Im
Hinblick auf den Baurechtszins, den die jeweiligen Eigentümer der
Liegenschaft zu beanspruchen haben, ist eine Veräusserung oder Belehnung
der Liegenschaft während der Dauer des Baurechts auch wirtschaftlich sehr
wohl möglich. Ob die Berechtigten bei Ablauf des Baurechts zur Ausübung
des Kaufsrechts Gelegenheit erhalten und es auch wirklich ausüben werden,
lässt sich, wie schon gesagt, nicht voraussagen. Tritt dieser Fall ein,
so haben die Berechtigten für die Liegenschaft nicht etwa nur eine
symbolische Zahlung zu leisten, sondern einen Kaufspreis zu entrichten,
der zwar heute noch nicht beziffert werden kann, aber auf jeden Fall
sehr hoch sein wird. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, der
vorliegende Baurechtsvertrag habe praktisch die gleichen Wirkungen wie
ein Kaufvertrag. Die Eigentümer haben damit nicht die Liegenschaft zu
Geld gemacht, sondern den Bauberechtigten nur deren Gebrauch überlassen
und sich dafür ein Entgelt ausbedungen. Sie haben sich damit einen sehr
hohen Ertrag der Liegenschaft gesichert, sodass es abwegig ist, wenn die
Klägerin behauptet, es sei ihnen nur die nuda proprietas geblieben. Der
Baurechtszins hat wirtschaftlich keineswegs die gleiche Funktion wie
ein Kaufpreis, sondern ist in dieser Hinsicht einem Miet- oder Pachtzins
ähnlich. Die Baurechtsbelasteten behalten die Liegenschaft als Sachwert
in ihrem Vermögen. Selbst wenn die Gewinnbeteiligungsklausel auch im
Falle gälte, dass die Liegenschaft auf einem andern Wege als durch einen
Verkauf im Rechtssinne in Geld umgesetzt wird, könnte der Abschluss des
Baurechtsvertrages also nicht zur Anwendung dieser Vertragsbestimmung
führen.

Erwägung 4

    4.- Dass die Klägerin nicht bloss an einem bei der Weiterveräusserung
der Liegenschaft entstehenden Gewinn, sondern auch an einer Steigerung des
Ertrags der Liegenschaft beteiligt sein soll, lässt sich aus der Klausel,
auf welche die Klage sich stützt, nicht ableiten. Eine solche Auslegung ist
mit der Bedeutung, die den im Vertrag verwendeten Ausdrücken "Verkauf" und
"Gewinn" nach allgemeinem Sprachgebrauch zukommt, nicht vereinbar. Dafür,
dass die Vertragsparteien diese Ausdrücke übereinstimmend in einem vom
allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Sinne verstanden und dies durch
ihr Verhalten irgendwie zum Ausdruck gebracht hätten, liegen keinerlei
Anhaltspunkte vor. Die Klägerin gibt im Gegenteil zu, dass die Parteien
zur Zeit des Vertragsabschlusses an einen andern Fall als denjenigen des
Verkaufs nicht gedacht haben. Dachte die Klägerin selber nur an einen
Verkauf, so lässt sich aber auch nicht mit Grund behaupten, die Beklagten
hätten nach Treu und Glauben erkennen müssen, dass die streitige Klausel,
die auf Wunsch der Klägerin in den Kaufvertrag aufgenommen wurde, einen
über den Wortlaut weit hinausgehenden Sinn habe und insbesondere auch
im Falle der Einräumung eines Baurechts gelte. Diese Klausel kann daher
nicht so ausgelegt werden, dass sie der Klägerin eine Beteiligung an
dem Mehrertrag der Liegenschaft gewährt, den die Beklagten durch den
Abschluss des Baurechtsvertrags erzielt haben. Eine solche Auslegung
verbietet sich um so eher, als der Vertrag die der Klägerin zukommende
Leistung in einer Art umschreibt, die offensichtlich nur für den Fall
der Veräusserung der Liegenschaft, dagegen keineswegs für den Fall
einer blossen Steigerung ihres Ertrages passt ("Verkaufspreis abzüglich
Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten
und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen").

    Indem die Klägerin eine Beteiligung am Baurechtszins verlangt, mutet
sie dem Richter also in Wirklichkeit eine Ergänzung des Vertrages zu. In
der Klageschrift hat sie denn auch zur Begründung ihres Anspruchs selber
ausgeführt, es könne mit Bestimmtheit gesagt werden, dass der Fall der
Einräumung eines Baurechts ebenfalls in den Vertragstext aufgenommen
worden wäre, wenn die Parteien daran gedacht hätten. Sie will also,
dass auf etwas abgestellt werde, das die Parteien zwar nicht vereinbart
haben, aber vereinbart hätten, wenn sie die Möglichkeit der Bestellung
eines Baurechts in Betracht gezogen hätten. Diesem Ansinnen kann nicht
stattgegeben werden. Einmal ist durchaus ungewiss, ob die Klägerin
(die Geld brauchte) bei den Vertragsverhandlungen neben der Beteiligung
an einem allfälligen Verkaufsgewinn auch eine solche an einem erhöhten
Ertrag der Liegenschaft hätte durchsetzen können, wenn sie diesen Punkt
zur Sprache gebracht hätte. Vor allem aber hat man es hier nicht mit einem
Fall zu tun, wo allenfalls eine Ergänzung der vertraglichen Abmachungen
durch den Richter in Frage kommen könnte. Die Parteien haben in ihrem
Vertrage nicht einen Nebenpunkt offen gelassen, der notwendigerweise der
Regelung bedürfte. Ein Kaufvertrag, der keine Beteiligung des Verkäufers
am künftigen Erlös oder Ertrag der Kaufsache oder neben der Beteiligung
an einem allfälligen Verkaufsgewinn nicht auch eine solche an einer
gesteigerten Rendite des Kaufgegenstandes vorsieht, ist deswegen keineswegs
lückenhaft; denn es ist, wie schon zu Beginn der Erwägungen bemerkt, das
Normale, dass der Verkäufer mit dem Verkauf alle Rechte an der verkauften
Sache aufgibt. Die Klägerin kann sich aber auch nicht etwa darauf berufen,
dass eine Änderung der Verhältnisse einen richterlichen Eingriff in das
Vertragsverhältnis gebiete. Mit den Fällen, wo die Rechtsprechung die sog.
clausula rebus sic stantibus zur Geltung brachte, hat der vorliegende
Fall überhaupt nichts gemein. Es ist daher ausgeschlossen, die streitige
Vertragsklausel in dem von der Klägerin gewünschten Sinne zu ergänzen.

Erwägung 5

    5.- Kommt der Abschluss des Baurechtsvertrags nicht einem Verkauf
der Liegenschaft gleich und ist es nicht möglich, den Kaufvertrag so
auszulegen oder zu ergänzen, dass er der Klägerin einen Anteil an einer
Steigerung des Ertrags der Liegenschaft gewähren würde, so bedeutet es
selbstverständlich auch keinen Rechtsmissbrauch, dass die Beklagten
gegenüber der Klage den Einwand erheben, sie hätten die Liegenschaft
nicht verkauft und seien daher der Klägerin nichts schuldig.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes
des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 1. November 1955 bestätigt.