Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 343



82 II 343

47. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Juli 1956 i.S. Krankenkasse
Surental gegen Zwinggi. Regeste

    Art. 25 KUVG verbietet die Revision von Urteilen der für Streitigkeiten
zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten Schiedsgerichte
nicht.

Sachverhalt

    A.- Dr. med. Franz Zwinggi klagte gegen die Krankenkasse Surental
vor dem Schiedsgericht, das der Kanton Luzern gemäss Art. 25 KUVG
zur Beurteilung von Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen
und Ärzten eingesetzt hat. Er verlangte Fr. 3105.44, doch sprach ihm
das Gericht mit Urteil vom 24. September 1954 nur Fr. 2173.81 zu. Auf
Revisionsgesuch des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons Luzern
das Urteil am 25. Mai 1956 auf und wies die Sache zu neuer Prüfung und
Beurteilung an das Schiedsgericht zurück.

    B.- Die Krankenkasse Surental führt gegen diesen Entscheid
Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 ff. OG mit dem Antrag, er sei
aufzuheben und das Obergericht habe sich unzuständig zu erklären. Sie
macht geltend, der Entscheid verletze Art. 25 KUVG und die kantonale
Verordnung vom 27. August 1945 über das Schiedsgerichtsverfahren nach
Art. 25 KUVG; das Rechtsmittel der Revision sei gegen Urteile des erwähnten
Schiedsgerichts nicht zulässig.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    Ob die luzernischen Bestimmungen die Revision gegen Urteile des für
Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten
Schiedsgerichtes zulassen, kann auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht
geprüft werden; denn die Verletzung von Bestimmungen über die sachliche
Zuständigkeit der Behörden kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nur
gerügt werden, wenn diese Normen dem eidgenössischen, nicht wenn sie dem
kantonalen Recht angehören (Art. 68 Abs. 1 lit. b OG).

    Das eidgenössische Recht aber verbietet die Revision von Urteilen
der gemäss Art. 25 KUVG eingesetzten Schiedsgerichte nicht. Insbesondere
schliesst diese Bestimmung sie nicht aus. Sie verlangt lediglich, dass
die Kantonsregierung zur Beurteilung der dort erwähnten Streitigkeiten
ein Schiedsgericht bezeichne, in dem beide Parteien eine Vertretung
von gleicher Zahl erhalten, und dass sie das Verfahren ordne. Damit
soll nur erreicht werden, dass bestimmte Kreise bei der einfach zu
gestaltenden Beurteilung mitwirken können. Ob das allenfalls den Sinn
hat, die Appellation an ein ordentliches Gericht sei ausgeschlossen,
ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird der Zweck des Art. 25 KUVG
nicht beeinträchtigt, wenn die Kantone die Urteile dieser Schiedsgerichte
bezüglich der ausserordentlichen Rechtsmittel, insbesondere der Revision,
den Urteilen der ordentlichen Gerichte gleichstellen (vgl. in diesem
Sinne auch GIORGIO und NABHOLZ, Die schweizerische obligatorische
Unfallversicherung S. 164; M. GULDENER, Die Nichtigkeitsbeschwerde in
Zivilsachen nach zürcherischem Recht 23; O. HUBER, Der Rechtsschutz in
der Krankenversicherung 133). Es wäre gegenteils unnatürlich, Urteile
zuzulassen, die trotz Bekanntwerden neuer Tatsachen der Revision nicht
zugänglich wären. Das kann Art. 25 KUVG nicht wollen.

    Nun sieht allerdings § 274 luz. ZPO die Möglichkeit vor, dass das
Obergericht als Revisionsinstanz bei Gutheissung des Revisionsgesuchs den
Streitfall nicht an die erste Instanz zurückweise, sondern in der Sache
selber urteile. Ob im Revisionsverfahren gegen Urteile des Schiedsgerichtes
nach Art. 25 KUVG nicht wenigstens das dem Bundesrecht widerspreche, kann
indessen dahingestellt bleiben, da das Obergericht die vorliegende Sache
nicht selber beurteilt, sondern sie an das Schiedsgericht zurückgewiesen
hat.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten
werden kann.