Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 120



82 II 120

16. Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. März 1956 i.S. Rusch gegen
Manser. Regeste

    1.  Streitwert. Festsetzung nach richterlichem Ermessen.

    2.  Intertemporales Recht (Art. 1 SchlT des ZGB).  Altrechtliche
Dienstbarkeit (Saumrecht). Anwendbarkeit von Vorschriften des auf den
1. Januar 1912 in Kraft gesetzten kantonalen EG zum ZGB.

    3.  Im Gebiete des kantonalen Zivilrechts ist diesem auch die
Verteilung der Beweislast vorbehalten, Art. 8 ZGB also nicht anwendbar.

Sachverhalt

    A.- Johann Rusch, Eigentümer des Grundstückes "Enzlers Seplis" in oder
bei Steig (Appenzell I. Rh.), lässt ein zu Lasten dieses Grundstückes
bestehendes Fussweg- und "geführter Hand"-Recht gelten, will aber kein
Saumrecht anerkennen, wie es mehrere Nachbarn beanspruchen. Mit einem
Amtsbot vom 9. Mai 1952 gegen Emil Manser, Eigentümer des höher gelegenen
Grundstückes "Rosengarten", verlangte er, dieser habe anzuerkennen, dass
weder ihm persönlich noch der Liegenschaft "Rosengarten" ein Saumrecht
über die Liegenschaft "Enzlers Seplis" zustehe. Da Manser Recht vorschlug,
reichte Rusch das Amtsbot beim Spangericht erster Instanz ein. Dieses wie
auch das Kantonsgericht als Spangericht zweiter Instanz wiesen die Klage
ab und nahmen das Bestehen eines vor dem 1. Januar 1912 nach kantonalem
Recht begründeten Saumrechtes an. Dem Urteil der zweiten Instanz vom
29. Mai 1953 ist zu entnehmen: Eine öffentliche Urkunde aus dem Jahre
1690 stellte ein die Liegenschaft des Rusch belastendes Fussweg-, Reit-
und "geführter Hand"-Recht fest. Das Saumrecht wurde darin nicht erwähnt,
wahrscheinlich wurde aber die Duldung des Säumens im 17. Jahrhundert als
selbstverständlich erachtet. Es ist also möglich, dass zugunsten der
Liegenschaft des Manser schon 1690 ein Saumrecht bestand. Ein solches
kann jedenfalls später durch Vertrag oder Ersitzung entstanden sein.
Die Rechtsprechung über die Ersitzung war indessen keine einheitliche,
und für die vertragliche Einräumung fehlt ein Anhaltspunkt. Da
kein Urkundenbeweis vorliegt, muss auf den Zeugenbeweis abgestellt
werden. Danach ist "mit grosser Wahrscheinlichkeit" der Bestand eines
Saumrechtes anzunehmen. Deshalb ist die Regel von Art. 106 Abs. 4 des EG
zum ZGB anzuwenden, wonach bei streitigen Rechtsansprüchen im Zweifelsfalle
die Fahr- und Wegberechtigung als vorhanden betrachtet wird.

    B.- Dieses Urteil wurde vom Kassationsgericht aus prozessualen
Gründen aufgehoben, und in einem neuen Urteil vom 25. November 1954
schützte das Kantonsgericht nunmehr das Amtsbot und verneinte den Bestand
eines Saumrechtes durch die Liegenschaft des Rusch. Es erklärte, da der
Richter keine sichere Kenntnis vom alten Gewohnheitsrecht hinsichtlich
der Ersitzungsmöglichkeit habe, wäre es Sache der Appellaten d.h. des
Beklagten und der Litisdenunziaten, gewesen, diese Rechtsgrundlage
nachzuweisen, was nicht geschehen sei. Da ferner die Urkunde aus dem
Jahre 1690 keinen Beweis für oder gegen das Saumrecht bilde, falle nach
wie vor nur der Zeugenbeweis in Betracht. Für sich allein genüge er nun
aber nicht. Es liege ein Zweifelsfall vor. Nach der für das ganze Gebiet
der Schweiz geltenden Vorschrift von Art. 8 ZGB treffe die Appellaten
die volle Beweislast. Anders als im frühern Urteil angenommen, erscheine
Art. 106 Abs. 4 EG als nicht anwendbar, weil er dem geltenden Bundesrecht
widerspreche.

    C.- Auch das zweite Urteil des Kantonsgerichtes wurde vom
Kassationsgericht aus prozessualen Gründen aufgehoben. Hierauf fällte jenes
Gericht am 10. November 1955 sein drittes Urteil wiederum im Sinne des
ersten vom 29. Mai 1953. Wie damals ergänzte es den Zeugenbeweis durch
die Regel von Art. 106 Abs. 4 des EG zum ZGB und bejahte daher das vom
Kläger Rusch bestrittene Saumrecht.

    D.- Gegen das Urteil vom 10. November 1955 hat Rusch
Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. a OG erhoben mit dem
Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung des Falles
zu neuer Beurteilung. Er gibt einen Streitwert von Fr. 1000.-- an und führt
aus, bei dem streitigen Saumrecht handle es sich um ein Wegrecht, dessen
Bestand voraussetze, dass es vor dem Inkrafttreten des schweizerischen
ZGB begründet worden sei. Wie es sich damit verhalte, sei nach Art. 1 des
Schlusstitels des ZGB nach altem kantonalem Rechte zu beurteilen. Statt
dessen habe die Vorinstanz eine Bestimmung des erst am 1. Januar 1912
in Kraft getretenen kantonalen EG zum ZGB angewendet. Somit sei nach
neuem statt nach altem kantonalem Recht entschieden worden. Sollte aber,
weil altes Gewohnheitsrecht nicht genügend nachgewiesen sei, neues Recht
zur.Anwendung kommen, so wäre Art. 8 ZGB massgebend. Mit dieser Vorschrift
sei Art. 106 Abs. 4 EG unvereinbar; es läge also Anwendung kantonalen
statt eidgenössischen Rechtes vor.

    E.- Manser und die vier Intervenienten beantragen, auf die
Beschwerde sei nicht einzutreten, "auf jeden Fall" sei sie abzuweisen.
Die Angaben des Beschwerdeführers über den Streitwert werden mit
Nichtwissen bestritten. In der Sache selbst sei die Anwendung von
Art. 106 des kantonalen EG unerheblich. Für das Urteil sei nicht
diese Bestimmung, sondern das Ergebnis des Zeugenbeweises massgebend
gewesen. Im übrigen lege Art. 106 EG nur fest, was schon nach altem
kantonalem Gewohnheitsrechte gegolten habe. Diese Bestimmung sei in
ständiger Praxis nur auf altrechtliche Verhältnisse angewendet worden
"und nur mit der Einschränkung, dass eben nicht ein ganz strikter Beweis
geleistet werden musste". Der Beschwerdeführer rüge im wesentlichen
die Anwendung unrichtigen kantonalen Rechtes, was nicht unter Art. 68
OG falle. Tatsächlich habe die Vorinstanz die Beweislast gemäss Art.
8 ZGB verteilt und sich dabei bloss mit einem erleichterten Beweis begnügt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Streitwert ist im kantonalen Verfahren nicht festgesetzt
worden. Der Beschwerdeführer bemisst ihn auf Fr. 1000.-- und beruft
sich dabei auf eine übereinstimmende Angabe beider Parteien vor dem
Augenscheinsrichter. Dem halten die Beschwerdegegner eine nur auf
Nichtwissen gestützte Bestreitung entgegen. Es besteht indessen kein
Grund zur Annahme, der Streitwert betrage ein Vielfaches von dem, was der
Beschwerdeführer angibt. Wenn man bedenkt, dass nach den Ausführungen
des ersten Urteils der Vorinstanz, S. 41 der kantonalen Akten, ein
"geführter Hand"-, Fuss-, Kirchen- und Schulwegrecht anerkannt und
bloss das ausserdem beanspruchte Saumrecht, d.h. das Recht, den Weg
zu Transporten mit Saumtieren zu benutzen (vgl. Art. 100 Abs. 2 des
kantonalen EG zum ZGB), bestritten ist, dürfte der Wert des berechtigten
und des belasteten Grundstückes sich bei weitem nicht um volle Fr. 4000.--
verändern, je nachdem ob das Saumrecht bejaht oder verneint wird. Es darf
somit nach freiem richterlichem Ermessen (Art. 36 Abs. 2 OG) von einem
unter Fr. 4000.-- liegenden Streitwert ausgegangen werden.

Erwägung 2

    2.- Nach der vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmung von
Art. 68 Abs. 1 lit. a OG kann Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden
wegen Anwendung kantonalen oder ausländischen statt des massgebenden
eidgenössischen Rechtes. Ein Verstoss in umgekehrtem Sinne stellt
dagegen keinen Nichtigkeitsgrund dar (während er im Berufungsverfahren
zur Aufhebung des kantonalen Urteils führen kann, vgl. Art. 60 Abs. 1
lit. c OG). Das ergibt sich klar aus der Umschreibung des erwähnten
Nichtigkeitsgrundes und entspricht auch der Entstehungsgeschichte des
Art. 68 OG (wozu vgl. BIRCHMEIER N. 6, e, S. 258 Mitte). Nun geht es im
vorliegenden Prozesse um den Bestand eines altrechtlichen Saumrechtes,
was die Vorinstanz keineswegs verkannt hat. Ob diese Dienstbarkeit
seinerzeit (vor dem Inkrafttreten des schweizerischen ZGB) gültig
entstanden sei, ist nach der damaligen Rechtsordnung zu beurteilen
(Art. 1 des Schlusstitels des ZGB), auf die das angefochtene Urteil
sich denn auch stützt. Hinsichtlich der an den Beweis zu stellenden
Anforderungen ist freilich nicht altes Gewohnheitsrecht als solches,
sondern Art. 106 Abs. 4 des kantonalen EG zum ZGB angewendet worden,
das von der ordentlichen Landsgemeinde am 30. April 1911 angenommen,
vom Bundesrat am 18. April und 8. Mai 1911 genehmigt worden und auf
den 1. Januar 1912 in Kraft getreten ist. In dieser Bestimmung sieht
der Beschwerdeführer neues (kantonales) Recht, dessen Anwendung auf den
vorliegenden altrechtlichen Tatbestand nach dem in Art. 1 des SchlT des ZGB
aufgestellten Grundsatz der Nichtrückwirkung des neuen Rechtes unzulässig
sei. Entgegen dieser Ansicht stand es jedoch dem kantonalen Gesetzgeber
frei, das kantonale Recht bis zum Inkrafttreten des schweizerischen
ZGB noch abzuändern. Diese kantonale Gesetzgebungskompetenz bestand bis
Ende 1911 und konnte auch in der Weise ausgeübt werden, dass Änderungen
und Ergänzungen des bisherigen kantonalen Rechtes erst gerade auf
den 1. Januar 1912 in Kraft gesetzt wurden (vgl. MUTZNER, N. 29 der
Vorbemerkungen zum 1. Abschnitt des SchlT des ZGB). Somit hat man es
bei dem in Frage stehenden Art. 106 Abs. 4 des Einführungsgesetzes von
Appenzell I. Rh. trotz dem auf den 1. Januar 1912 festgesetzten Zeitpunkt
des Inkrafttretens noch mit altem Rechte zu tun, das der Kanton im
Rahmen seiner bei Erlass des EG noch bestehenden Gesetzgebungsbefugnis
erlassen hat. Es wäre denn auch ungereimt, eine im Jahre 1911 sofort in
Kraft getretene Änderung des kantonalen Rechtes als altrechtliche gelten
zu lassen, nicht aber eine erst gerade auf den 1. Januar 1912 in Kraft
gesetzte. Der vom Beschwerdeführer angerufene Grundsatz des Art. 1 SchlT
ist also durch die Anwendung der erwähnten Beweisregel des kantonalen EG
auf die vorliegende altrechtliche Streitigkeit nicht verletzt worden.

    Bedenken könnte es allenfalls erwecken, wenn ein Kanton durch eine
neue Beweisvorschrift Ansprüche geschaffen hätte, die bisher gar nicht
zu Recht bestanden hatten. Eine Beanstandung aus diesem Gesichtspunkte
hätte aber mit Art. 1 des SchlT des ZGB nichts zu tun und würde den
Nichtigkeitsgrund des Art. 68 Abs. 1 lit. a OG nicht begründen. Übrigens
ist im vorliegenden Falle gar nicht dargetan, dass Art. 106 Abs. 4 EG
sachlich irgendwie vom bisher geltenden Gewohnheitsrecht abgewichen
sei, geschweige denn, dass er eine einschneidende materielle Änderung
gebracht habe. Der Beschwerdeführer rügt nur die Anwendung formell neuen
Rechtes, das aber, wie soeben dargetan, immer noch altes Recht im Sinne
der intertemporalen Vorschriften des ZGB war, d.h. sich noch im Rahmen
der bis Ende 1911 bestehenden kantonalen Rechtsetzungskompetenzen hielt.

Erwägung 3

    3.- Hält somit die angefochtene Entscheidung vor Art. 1 des SchlT
des ZGB stand, so bleibt die weitere, vom Beschwerdeführer nur in
eventuellem Sinn erhobene Rüge zu prüfen, statt Art. 106 Abs. 4 des
kantonalen EG hätte Art. 8 ZGB angewendet werden sollen. Er geht dabei
von der nach dem Ausgeführten nicht zutreffenden Ansicht aus, Art. 106
Abs. 4 EG sei "neues" Recht, und hält es von diesem Ausgangspunkt aus für
unzulässig, als neues Recht (sofern solches wegen Unklarheit des alten
Gewohnheitsrechtes anzuwenden sein sollte) kantonales statt eidgenössischen
Rechtes anzuwenden. Da aber in Wirklichkeit, und zwar zulässigerweise,
kantonales Recht angewendet worden ist, könnte demgegenüber die in Art. 8
ZGB vorgesehene Beweislastverteilung nur zur Geltung kommen, wenn sie zu
den Normen zu zählen wäre, die abweichend vom Grundsatze des Art. 1 des
SchlT des ZGB auch in Streitigkeiten über altrechtliche Verhältnisse,
insbesondere Grunddienstbarkeiten, nunmehr alleinige Geltung haben. Der
Beschwerdegegner hält mit Unrecht dafür, diese Frage brauche hier nicht
geprüft zu werden, denn der kantonale Richter habe Art. 8 ZGB "nicht ausser
acht gelassen". Wenn man das angefochtene Urteil der Vorinstanz mit dem ihm
vorausgegangenen vom 25. November 1954 vergleicht, so ist unzweifelhaft,
dass das Saumrecht nur infolge der Anwendung der den Beweis erleichternden
Vorschrift des kantonalen Rechtes bejaht wurde, bei strikter Anwendung
von Art. 8 ZGB dagegen verneint würde. Auf die Frage der Anwendbarkeit der
letztern Beweisregel kommt es somit entscheidend an. Sie ist indessen in
Übereinstimmung mit MUTZNER (N. 77 zu Art. 1 des SchlT des ZGB) und gegen
GIESKER (ZSR NF 34 S. 27) zu verneinen. Die allgemeinen Vorschriften der
Einleitung des ZGB sind, soweit sich aus ihrem Inhalt nichts Abweichendes
ergibt, nur eben für die Anwendung dieses Gesetzes aufgestellt worden. In
diesem Sinne hat das Bundesgericht denn auch bereits inbezug auf Art. 2 ZGB
entschieden (BGE 44 II 445). Dasselbe gilt nach der nicht veröffentlichten
Entscheidung vom 28 Februar 1951 i.S. Elsener gegen Neuheim (S. 9)
für die hier in Frage stehende Beweisnorm des Art. 8 ZGB. Daran ist
festzuhalten. Auch abgesehen davon, dass die Beweislastverteilung nach
vorherrschender Ansicht, der sich die Rechtsprechung, immerhin nicht
vorbehaltlos, angeschlossen hat (vgl. EGGER, N. 5 zu Art. 8 ZGB und BGE
20 S. 496/7), als dem materiellen Rechte zugehörig gilt, stellt sich
Art. 8 ZGB nach seinem eigenen Wortlaut als eine nur für dieses geltende
Rechtsnorm dar. Die darin aufgestellte Regel gilt nur, "wo das Gesetz es
nicht anders bestimmt". Es sind also alle besondern Regeln vorbehalten,
welche die Beweislast im Sinne einer gegenteiligen Vermutung umkehren
oder in irgendwelchem Sinne verteilen oder abschwächen, indem etwa
statt vollen Beweises eine auf blosser Wahrscheinlichkeit beruhende
Vermutung genügt. Behält sich aber dergestalt das ZGB für seinen eigenen
Geltungsbereich jegliche Ausnahmen von dem Grundsatze des Art. 8 vor,
so muss es auch dem kantonalen Rechte vorbehalten sein, in den von ihm
beherrschten privatrechtlichen Materien die Beweislast zu ordnen. Art. 8
ZGB könnte daher, wenn überhaupt, so doch nur unter Vorbehalt besonderer
Regeln auf das kantonale Privatrecht Anwendung finden. Das bedeutet, dass
im Gebiete des kantonalen Rechtes letzten Endes dieses die Verteilung der
Beweislast zu ordnen hat, mit Einschluss der Frage, in welchen Fällen
ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit die Vermutung der Richtigkeit
begründet. Bei dieser Sachlage ist aber die Anwendbarkeit des Art. 8
ZGB auf kantonales Privatrecht überhaupt abzulehnen. Es muss diesem
anheimgestellt bleiben, zu bestimmen, inwiefern einen Ansprecher die volle
Beweislast trifft, und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Masse
er von der Beweislast zu befreien ist. Insbesondere ist nicht einzusehen,
weshalb im Bereiche fortgeltenden kantonalen Gewohnheitsrechtes nicht
auch Beweisregeln weiterhin zur Anwendung kommen sollten, die ebenfalls
auf Gewohnheitsrecht, d.h. auf ständiger als rechtmässig betrachteter
Übung beruhen. Da nichts Gegenteiliges dargetan ist, dürfte auch Art. 106
Abs. 4 des EG von Appenzell I. Rh. für die Wegrechte nichts anderes als
altes Gewohnheitsrecht festlegen. Und wenn das angefochtene Urteil in
Verbindung mit demjenigen vom 29. Mai 1953 den Zeugenbeweis dahin würdigt,
dass "mit grosser Wahrscheinlichkeit" ein Saumrecht bestehe, ohne dass
etwas Näheres über die Art der Rechtsbegründung bekannt geworden war,
so entspricht dies, da die Möglichkeit einer Ersitzung verneint wird,
einigermassen der Anerkennung eines seit unvordenklicher Zeit vorhandenen
Besitzstandes, der vermuten lasse, "der betreffende Zustand sei ehemals
rechtlich begründet worden, und es habe immer ein Recht bestanden,
dessen Entstehung einzig durch die Länge der Zeit verdunkelt worden sei"
(EUGEN HUBER, System und Geschichte des schweizerischen Privatrechtes III
S. 203 und, speziell inbezug auf Grunddienstbarkeiten, S. 354 ff.). Es
lag beim Erlass des schweizerischen ZGB fern, in solche Möglichkeiten
eines mittelbaren und allenfalls auf blosser Wahrscheinlichkeit beruhenden
Nachweises einzugreifen, wie sie sich in dem weitergeltenden alten Rechte
begründet finden.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde gegen das Urteil des Spangerichtes IIter Instanz des
Kantons Appenzell I. R. vom 10. November 1955 wird abgewiesen.