Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 103



82 II 103

15. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Februar 1956 i.S. Pobé gegen
Meier und Jeker. Regeste

    1.  Parteivertretung vor Bundesgericht. Bezieht sich der Vorbehalt der
Fälle aus Kantonen mit freier Advokatur (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 OG) nur auf
die berufsmässige Vertretung? Fällt darunter nicht die Vertretung durch
den Substituten eines in einem andern Kantone domizilierten patentierten
Anwaltes, den die Partei bevollmächtigt hat? Unter welchen Voraussetzungen
kommt die Einräumung einer Nachfrist in Frage? (Erw. 2).

    2.  Negative Wirkung des öffentlichen Glaubens des
Grundbuches. Altrechtliche, auf "Verjährung" beruhende Grunddienstbarkeit
(Fusswegrecht), die im eidgenössischen Grundbuch nicht eingetragen
ist. Weitergeltung unter Vorbehalt der Wirkung des Grundbuches gegenüber
einem Dritten, der das belastete Grundstück in gutem Glauben als unbelastet
erwirbt. Kriterien des guten oder bosen Glaubens. Art. 21 und 44 ZGB SchlT,
Art. 3, 9, 973/974 ZGB (Erw. 3-9).

Sachverhalt

    A.- Das Grundstück Nr. 1590 der Klägerinnen in Dornach ist von dem
nördlich durchgehenden öffentlichen Brosiweg (früher Gemeindeweg genannt)
durch vier Grundstücke getrennt, die, in Süd-Nord-Richtung aufeinander
folgend, die Nummern 2403, 1591, 1592 und 1593 tragen. Diese vier
Grundstücke hat der Beklagte im Jahre 1951 käuflich von Johann Häner
erworben. Auf den mittleren derselben, Nr. 1591 und 1592, lastet laut
Grundbucheintrag vom 31. Dezember 1923 ein Fusswegrecht zu Gunsten von Nr.
1590. Die äussern, Nr. 2403 und 1593, sind dagegen nach dem Grundbuch
unbelastet.

    B.- Als Beleg für die zu Gunsten von Nr. 1590 und zu Lasten von
Nr. 1591 und 1592 eingetragene Wegdienstbarkeit ist die "Anmeldung Nr. 28"
vom 17. Juni 1914 angeführt. Sie wurde im Verfahren zur Bereinigung der
Grunddienstbarkeiten vom Ehemann der damaligen Eigentümerin des Grundstücks
Nr. 1590, Frau Virginia Ditzler, eingegeben. Das angemeldete Recht
wurde umschrieben als "Gehrecht über die Grundstücke Nr. ... jederzeit
unbeschränkt 60 Centimeter breit in nördlicher Richtung bis an den
Gemeindeweg mit der Abnutzung und Dünger zu gehen". Als Rechtstitel wurde
"Verjährung" angerufen: "Dieses Recht bestund von Alters her und kann durch
30-jährige Benutzung nachgewiesen werden." Die Nummern der belasteten
Grundstücke gab der Anmeldende nicht an, sondern nur deren Eigentümer
Eduard Vögtli (dem die Parzelle Nr. 2403 gehörte) und Adolf Meier
(Eigentümer der Nummern 1591, 1592 und 1593). Das Bereinigungsverfahren
ruhte wegen des Krieges 1914-18. Als es wieder aufgenommen wurde, vermerkte
man in den Anmeldungen die inzwischen eingetretenen Veränderungen. So
strich man in der Anmeldung Nr. 28 die Namen Vögtli und Meier durch,
die ihre Grundstücke im Jahre 1918 veräussert hatten, und setzte dafür
den Namen des Johann Häner ein, der die Parzellen Nr. 1591, 1592
und 1593 gekauft hatte. Nicht erwähnt wurde unter den Eigentümern der
belasteten Grundstücke Frau Ditzler, die zum berechtigten Grundstück Nr.
1590 hinzu das Grundstück Nr. 2403 erworben hatte. Und was die Nummern
der belasteten Grundstücke betrifft, liess man aus unbekannten Gründen
sowohl die Nr. 2403 wie auch die Nr. 1593 unerwähnt und setzte nur die
Nummern 1591 und 1592 ein. Dementsprechend füllte man auch die Rückseite
des Anmeldungsformulars aus, enthaltend die Anerkennung des angemeldeten
Rechtes durch die beteiligten Grundeigentümer. Auch hier ist lediglich
ein Fusswegrecht zu Gunsten von Nr. 1590 und zu Lasten von Nr. 1591
und 1592 erwähnt, was - anscheinend anstandslos - Frau Ditzler als "die
Berechtigte" und Johann Häner als "der Belastete" unterzeichneten, worauf
dieser Anerkennung entsprechend die Dienstbarkeit auf Nr. 1590 als Recht
zu Lasten von Nr. 1591 und 1592 und auf diesen beiden Grundstücken als
Last zu Gunsten jenes ersten Grundstückes eingetragen wurde.

    Dabei blieb es, auch als infolge der Versteigerung der Liegenschaften
von Frau Ditzler vom 25. April 1925 die Parzelle Nr. 1590 an den Vater
der Klägerinnen überging und Johann Häner zu den Parzellen Nr. 1591,
1592 und 1593 die Nr. 2403 hinzuerwarb. Und auch beim Erwerb der letztern
vier Grundstücke durch den Beklagten war dieser Grundbuchstand unverändert
geblieben und von niemand beanstandet worden.

    C.- Ein Fussweg führte schon lange dem Westrand der Grundstücke
Nr. 2403, 1591, 1592 und 1593 entlang in den Gemeinde- bzw. Brosiweg. Er
wurde bereits bei der Katastervermessung von 1872-75 als ausgesteint
im Handriss und im Originalplan eingezeichnet. Indessen geht aus dem
Plane nur die südliche Einmündung auf das nicht den Klägerinnen gehörende
Grundstück Nr. 1597 hervor, das die Südwestecke von Nr. 2403 umschliesst,
während das Grundstück Nr. 1590 erst etwas weiter östlich beginnt. Das
nahe bei jener Ecke schräg nach Südosten nach dem Grundstück Nr. 1590
abzweigende Weglein ist im Plane nicht eingezeichnet.

    Im Jahre 1934 wurden die vier Grundstücke des Johann Häner mit
einem Drahtzaun umgeben, der an der Westgrenze zugleich dem Weg entlang
lief. Beim nördlichen Endpunkt des Weges, also der Ausmündung zum Brosiweg,
wurde ein Tor angebracht, ebenso südlich ungefähr bei der Abzweigung
des nach Nr. 1590 hinführenden, ausgetretenen, von zwei Drahtzäunen
eingefriedigten Wegleins. Die Klägerinnen erhielten Schlüssel zu den
beiden Toren.

    D.- Im Jahre 1952 verlegte der Beklagte nun die Umzäunung und das
südliche Tor so, dass den Klägerinnen der Zugang zu diesem Tor von ihrem
Grundstück aus und damit die Benützung des Weges genommen war.

    Die Einsprache der Klägerinnen blieb mangels eines grundbuchlichen
Ausweises über die Belastung der Parzellen Nr. 2403 und 1593 erfolglos. Der
Beklagte machte geltend, er habe den Grundstückskauf nach Einsichtnahme
in das Grundbuch abgeschlossen, gestützt auf die Feststellung, dass
"nur die Nummern 1591 und 1592 belastet sind (die beiden mittleren
Parzellen), während die Nummern 1593 und 2403 (die beiden äusseren
Parzellen) unbelastet sind". Ein Gesuch der Klägerinnen um Berichtigung
des Grundbuches durch nachträgliche Eintragung eines Fusswegrechtes zu
Gunsten von Nr. 1590 nun auch zu Lasten von Nr. 2403 und 1593 wurde vom
Grundbuchamt abgelehnt. Der Begründung dieser Verfügung ist zu entnehmen:
"Aus welchen Gründen die beiden dazwischen liegenden Grundbuchnummern
1593 und 2403 nicht in der Anmeldung aufgeführt sind, können wir nicht
feststellen. Es liegt nicht in unserer Kompetenz zu entscheiden, ob den
damaligen Bereinigungsfunktionären ein Fehler unterlaufen ist. ... Der
Richter allein hat auf dem Klagewege festzustellen, ob das Fusswegrecht
auch über die fraglichen zwei Grundstücke, Grundbuch Dornach Nr. 1593 und
2403, noch besteht und gegenüber dem heutigen Eigentümer der belasteten
Grundstücke geltend gemacht und eventuell nachträglich im Grundbuch
eingetragen werden kann". Das Obergericht wies als Aufsichtsbehörde
in Grundbuchsachen eine Beschwerde der Klägerinnen am 30. Juni 1953
ab. Es äusserte die Vermutung, die Nummern der belasteten Grundstücke
seien von einem Beamten der Amtsschreiberei in die Anmeldung Nr. 28
eingesetzt worden. Jedenfalls sei die so ausgefüllte und so von der
Dienstbarkeitsberechtigten anerkannte Anmeldung für die Eintragung
massgebend gewesen. Die Eintragung stimme mit dem so ausgefüllten
Anmeldungsbeleg überein. Daher könne nicht von einem Versehen des
Grundbuchführers gesprochen werden und komme eine Grundbuchberichtigung im
Sinne von Art. 977 ZGB und Art. 98 GBV, wie sie die Klägerinnen verlangen,
nicht in Frage. Beigefügt wird dann aber:

    "Es ist sehr gut möglich, dass die in der Anmeldung enthaltene
Willenserklärung der Virginia Ditzler ihrem wirklichen Willen
nicht entsprach und die Anmeldung infolgedessen zu Recht bestehende
Dienstbarkeiten nicht aufführte. Hiefür spricht vor allem, dass das
Fusswegrecht über GB Dornach Nr. 1591 und 1592 ohne ein entsprechendes
Fusswegrecht über GB Dornach Nr. 1593 und 2403 in der Tat keinen
Sinn hat, da ja der Zweck, der der Errichtung eines Fusswegrechtes
über GB Dornach Nr. 1591 und 1592 zu Grunde lag, die Verbindung von GB
Dornach Nr. 1590 mit dem Gemeindeweg, nur dann erreicht werden kann,
wenn auch die Zwischengrundstücke GB Dornach Nr. 1593 und 2403 überquert
werden dürfen. Um ein solches Abweichen der Anmeldung und des mit ihr
übereinstimmenden Grundbucheintrages vom materiellen Rechtsbestand geltend
zu machen und anzufechten, muss - wie die Amtsschreiberei Dorneck richtig
ausführt - vor dem Richter Klage erhoben werden, und zwar die von Art. 975
ZGB vorgesehene Klage."

    E.- Hierauf folgte die Klage auf Feststellung des Wegrechtes in dem
Umfange, wie es ausgeübt worden war. Das Amtsgericht Dorneck-Thierstein
hiess die Klage gut. Das Obergericht des Kantons Solothurn wies die
Appellation des Beklagten am 23. Juni 1955 ab und bestätigte den
erstinstanzlichen Entscheid wie folgt:

    "1. Es ist gerichtlich festgestellt, dass zu Gunsten und ausgehend
von der Liegenschaft der Kläger, GB Dornach Nr. 1590, ein jederzeit
ausübbares, unbeschränktes, 60 cm breites Fusswegrecht besteht, direkt
über die Liegenschaften des Beklagten, GB Dornach Nr. 2403, 1591, 1592 und
1593, entlang der Liegenschaft GB Dornach Nr. 2852 in nördlicher Richtung
bis in den öffentlichen Brosiweg und umgekehrt mit der Abnutzung und dem
Dünger zu gehen, wie es bis anhin ausgeübt worden ist.

    2. Das Grundbuch Dorneck ist ermächtigt, die Grunddienstbarkeit im
Sinne von Ziffer 1 des Rechtsbegehrens im Grundbuch einzutragen und zwar
als Last auf GB Dornach Nr. 2403 und 1593 und als Recht auf GB Dornach
Nr. 1590."

    F.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt mit dem
erneuten Antrag auf Abweisung der Klage.

    Die Klägerinnen tragen auf Abweisung der Berufung und auf Bestätigung
des obergerichtlichen Urteils an.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Streitwert).

Erwägung 2

    2.- Der vom Beklagten zur Prozessführung bevollmächtigte Dr. Georges
Bollag, Basel, hat von Anfang an den auf seinem Anwaltsbureau arbeitenden,
aber noch nicht als Anwalt patentierten Dr. W. Kuhn substituiert. Dieser
hat, nachdem er den Beklagten in beiden kantonalen Instanzen vertreten,
auch die Berufungsschrift unterzeichnet. Da sich Zweifel an der
Vertretungsbefugnis des Dr. W. Kuhn vor Bundesgericht erhoben,
hat Dr. Bollag, nach Ablauf der Berufungsfrist, jene Rechtsschrift
mitunterzeichnet und den Beklagten heute persönlich vertreten.

    Art. 29 Abs. 2 OG bestimmt:

    "In Zivil- und Strafsachen können nur patentierte Anwälte sowie die
Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen als Parteivertreter vor
Bundesgericht auftreten. Vorbehalten bleiben die Fälle aus Kantonen,
in welchen der Anwaltsberuf ohne behördliche Bewilligung ausgeübt werden
darf."

    Auszugehen ist hier vom zweiten Satz der erwähnten Bestimmung,
denn es handelt sich um einen Fall aus dem Kanton Solothurn, in dem
- neben den patentierten "Fürsprechen" - auch Personen ohne Patent
den Anwaltsberuf ausüben können ("Personen, welche im Genusse ihrer
bürgerlichen Rechte und Ehren stehen"; §§ 4 und 5 der solothurnischen
ZPO). Dabei wird nicht etwa Wohnsitz im Kantonsgebiete verlangt,
und es ist denn auch Dr. Kuhn im kantonalen Verfahren anstandslos
zugelassen worden. Fraglich ist allerdings, ob Art. 29 Abs. 2 Satz
2 OG, indem er auf Kantone mit freier Advokatur Rücksicht nimmt, nur
in Fällen berufsmässiger Parteivertretung anwendbar sei. Bei solcher
Auslegung wäre die bloss gelegentliche Vertretung, etwa durch einen
Verwandten oder Berufsgenossen, vor Bundesgericht nicht zulässig. Nun
handelte Dr. Kuhn aber, in einem weitern Sinne des Wortes verstanden,
berufsmässig, in der Stellung eines ständigen Substituten des erwähnten
Anwaltsbureaus. Nur wenn man die Ausübung des Anwaltsberufes in einem
engern Sinne verstehen müsste, wäre vor Bundesgericht als Vertreter
ausgeschlossen, wer im kantonalen Verfahren, und wäre es auch in
einem Kanton mit freier Advokatur, tatsächlich nicht als freier Anwalt,
sondern gemäss den an seinem Berufsdomizil geltenden Vorschriften in der
Stellung eines im Vorbereitungsdienste stehenden Juristen gehandelt hat,
der nur kraft Substitutionsvollmacht eines selber voll verantwortlich
bleibenden patentierten Advokaten zur Parteivertretung befugt ist. Bei
solcher Umgrenzung des Anwendungsgebietes von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 OG
müsste die Vertretungsbefugnis des Dr. Kuhn vor Bundesgericht in der Tat
verneint werden; denn nach § 9 des baselstädtischen Advokaturgesetzes
vom 29. September 1910 wickelt sich seine Berufstätigkeit in der soeben
umschriebenen Stellung ab, und er ist im vorliegenden Falle auch nur
kraft einer auf diesen Vorschriften beruhenden Substitutionsvollmacht
aufgetreten. Es mag nun aber dahingestellt bleiben, ob sich das
vorliegende Vertretungsverhältnis nach der erwähnten Norm des OG
rechtfertigen lasse. Denn selbst wenn dies zu verneinen sein sollte, wäre
die von Dr. Kuhn eingereichte Berufung nicht als schlechthin ungültig zu
betrachten. Im Unterschied zu den Fällen, auf die sich BGE 78 IV 81 und 79
II 105 beziehen, war und ist hier von der Partei ein zur Berufsausübung
voll berechtigter patentierter Anwalt bevollmächtigt. Gilt nun, wie hier
einmal vorausgesetzt sei, die von diesem nach kantonalem Anwaltsrecht
vorgenommene Substitution eines seinerseits nicht patentierten Vertreters
nicht auch vor Bundesgericht, so ist der prozessuale Fehler billigerweise
als verbesserlicher anzusehen und, gleichwie Art. 29 Abs. 1 OG das
Nachbringen einer Vollmacht zulässt, dem substituierenden Anwalt eine
Nachfrist zur Mitunterzeichnung der Berufungsschrift einzuräumen. Durch
diese im vorliegenden Fall erfolgte Ergänzung ist den bundesrechtlichen
Vorschriften nun auf alle Fälle genügt worden.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 21 des Schlusstitels des ZGB bleiben die vor dem
Inkrafttreten dieses Gesetzes entstandenen Grunddienstbarkeiten nach der
Einführung des Grundbuches auch ohne Eintragung in Kraft, können aber,
solange sie nicht eingetragen sind, gutgläubigen Dritten gegenüber nicht
geltend gemacht werden. Das entspricht der allgemeineren Regel von Art. 44
Abs. 1 SchlT, wonach die dinglichen Rechte des bisherigen Rechtes, die
(gemeint ist: anlässlich der Grundbuchbereinigung im Sinne von Art. 43
SchlT) nicht eingetragen werden, zwar ihre Gültigkeit behalten, jedoch
Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht
entgegengehalten werden können. Damit ist für die Zeit nach Einführung
des eidgenössischen Grundbuches oder nach Gleichstellung einer kantonalen
Publizitätseinrichtung mit dem Grundbuche das Publizitätsprinzip des
neuen Grundbuchrechtes auch inbezug auf solche seinerzeit ohne Eintragung
entstandene Rechte zur Geltung gebracht. Und zwar handelt es sich speziell
um die negative Seite des dem Grundbuche zukommenden öffentlichen Glaubens,
den Grundsatz nämlich, dass ein Gutgläubiger im Grundstückverkehr das
Grundbuch als vollständig betrachten darf und daher das Grundstück oder ein
ihm daran eingeräumtes beschränktes dingliches Recht frei von jeder nicht
aus dem Grundbuch ersichtlichen Gebundenheit erwirbt (vgl. HOMBERGER,
N. 20 zu Art. 973 ZGB). Ein so einschneidender Eingriff in das alte
Liegenschaftsrecht liess sich nur an ein Bereinigungsverfahren knüpfen,
wie es Art. 43 des Schlusstitels des ZGB vorschreibt, zum Zweck eben,
die bestehenden Rechte auf Grund der infolge öffentlicher Aufforderung
eingehenden Anmeldungen zur Eintragung zu bringen und damit ein Grundbuch
zu schaffen, das nach Möglichkeit volle Gewähr dafür zu bieten vermöge,
dass der gesamte Rechtsbestand vollständig und richtig eingetragen sei
(OSTERTAG, N. 31 der Vorbemerkungen zum 25. Titel des ZGB; MUTZNER,
N. 8 zu Art. 43 ZGB SchlT).

    Der Kanton Solothurn stellte das bisherige Grund- und Hypothekenbuch
mit den zugehörigen Hilfsbüchern und Katasterplänen dem Grundbuch des
neuen Rechtes gleich; doch traten die Grundbuchwirkungen des neuen Rechtes
in vollem Umfang erst nach der Bereinigung der Grunddienstbarkeiten ein
(§ 398 des EG zum ZGB vom 10. Dezember 1911). Diese Bereinigung wurde
in den auf den Krieg 1914/18 folgenden Jahren abgeschlossen, sodass
seither, insbesondere auch für die Grundstücke der Parteien, die volle
Publizitätswirkung des neuen Rechtes gilt.

Erwägung 4

    4.- Von dieser Rechtslage ausgehend, hat das Obergericht auf
Grund eines eingehenden Beweisverfahrens festgestellt, dass das von
den Klägerinnen behauptete Wegrecht in der Tat nach altem Rechte durch
"Verjährung" entstanden sei, gemäss § 496 des solothurnischen CGB von
1891, lautend:

    "Durch Verjährung können Grunddienstbarkeiten erworben werden, wenn
die Ausübung derselben durch den Besitzer während 30 Jahren weder heimlich
noch durch Gewalt stattfindet."

    Zwar konnte auf volle 30 Jahre von 1912 aus gerechnet eine solche
Rechtsausübung nur noch von einem Zeugen, dem im Jahre 1870 geborenen Josef
Ditzler, bestätigt werden. Doch wurden dessen Aussagen als beweiskräftig
befunden, zumal für eine weniger weit zurückliegende Zeit andere Aussagen
vorlagen und die Ergebnisse des Zeugenverhörs sich durch verschiedene
Indizien bekräftigt fanden. Der Beklagte lässt denn auch nunmehr diese
altrechtliche Entstehung eines auch die Parzellen Nr. 2403 und 1593
belastenden Fusswegrechtes gelten, was übrigens, weil nicht auf Bundesrecht
beruhend, vom Bundesgerichte nicht nachzuprüfen ist (Art. 43 OG).

    Nach den erwähnten Regeln des Übergangsrechtes blieb dieses alte Recht
auch ohne Eintragung weiterbestehen. Es hätte aber bei der Bereinigung
der Grunddienstbarkeiten eingetragen werden sollen, um dadurch kundbar
gemacht und Dritten gegenüber gesichert zu werden. Beim Fehlen einer
Eintragung auf den Parzellen Nr. 2403 und 1593 liefen die Klägerinnen
Gefahr, das Wegrecht bei einer auf Rechtsgeschäft beruhenden Handänderung
dieser Parzellen zu verlieren. Denn, wie dargetan, konnte ein Dritter
diese Grundstücke frei von der nicht eingetragenen Belastung erwerben,
sofern er sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verliess.

Erwägung 5

    5.- Böser Glaube des Beklagten ist nicht, wie er anzunehmen scheint,
schon deshalb ausgeschlossen, weil er vor dem Erwerb der vier Grundstücke
das Grundbuch einsah und das Wegrecht auf den beiden äussern Parzellen
nicht eingetragen fand. Ein solcher Schluss lässt sich aus Art. 3 in
Verbindung mit Art. 9 ZGB nicht ableiten, zumal hier die spezielle Regel
des Art. 973 ZGB und der Art. 21 und 44 Abs. 1 des Schlusstitels Anwendung
findet. Danach ist, wie bereits ausgeführt, nicht schlechthin in seinem
Eigentumserwerb gemäss dem vorhandenen Grundbuchstande geschützt, wer sich
auf das Grundbuch verlässt, sondern nur, wer es in gutem Glauben tut. Darin
liegt eine Einschränkung des Publizitätsprinzips in dem Sinne, dass
der böse Glaube auch in der Kenntnis von Tatsachen begründet sein kann,
die sich aus dem Grundbuche nicht ergeben oder ihm sogar widersprechen.

Erwägung 6

    6.- Auf das Vorliegen solcher Tatsachen stützt denn auch das
Obergericht seinen Entscheid. Es stellt fest:

    a) Im Grundbuchplan ist ein Weg eingezeichnet, der über alle vier
Parzellen des Beklagten - an deren Westgrenze - hinführt, nicht nur,
wie im Hauptbuch eingetragen, über die mittleren Parzellen.

    b) Vom südlichen Endpunkt dieses eingezeichneten Weges führte ein
Weglein zwischen zwei Drahtzäunen zum Grundstück der Klägerinnen hinüber;
diese hatten Schlüssel zu den Toren des eingezeichneten Weges.

    c) Der Weg wurde in seiner ganzen Länge, auch vom Grundstück der
Klägerinnen aus, auch in den letzten 20 Jahren regelmässig benutzt.

    d) Der Verlauf des Weges mit der Abzweigung und seine Benützung musste
dem Beklagten bekannt sein, da er seit 19 Jahren in unmittelbarer Nähe (auf
der an die vier Grundstücke, die er im Jahre 1951 kaufte, angrenzenden
Besitzung Nr. 2852) wohnt; er hat diese Kenntnis auch stillschweigend
zugegeben.

    Diese letzte Feststellung ficht der Beklagte allerdings an, mit
der Behauptung, sie beruhe auf offensichtlichem Versehen; die befragten
Zeugen hätten nur über ihre eigenen Wahrnehmungen betreffend die Benutzung
des Weges berichtet; keiner habe dagegen ausgesagt, auch der Beklagte
habe solche Wahrnehmungen gemacht. Indessen hat das Obergericht aus
diesen Zeugenaussagen und dem Umstand, dass der Beklagte seit langem in
nächster Nähe wohnte, sowie aus seinen Äusserungen im kantonalen Verfahren
gefolgert, die tatsächlichen Wegverhältnisse und die Art der regelmässigen
Benutzung durch die Klägerinnen und andere Anwohner hätten ihm nicht
verborgen bleiben können. Das ist eine Folgerung rein tatsächlicher Art,
der keinerlei Versehen im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG zugrunde
liegt, die also für das Bundesgericht verbindlich ist.

Erwägung 7

    7.- Dass der Beklagte den Bestand eines dinglichen Rechtes auch
zu Lasten der äussern Parzellen Nr. 2403 und 1593 gekannt habe, ist
damit nicht dargetan. Das Obergericht würdigt jedoch die Kenntnis
der erwähnten Tatsachen beim Erwerb der vier Parzellen dahin, der
Beklagte habe bei gehöriger Aufmerksamkeit den von ihm eingesehenen
Grundbucheintrag mindestens als (hinsichtlich seiner Vollständigkeit)
fragwürdig erkennen müssen. Um nicht bösgläubig zu werden, hätte er
daher weitere Nachforschungen über die wirkliche Rechtslage anstellen
sollen. Die Sinnlosigkeit einer nur die Parzellen Nr. 1591 und 1592
belastenden Wegdienstbarkeit zu Gunsten des gar nicht an diese Parzellen
anstossenden Grundstücks Nr. 1590, wie sie im Hauptbuch eingetragen ist,
sei ohne weiteres erkennbar gewesen. Dass der Eintrag nicht richtig
sei, gehe schon aus dem vom Beklagten unbestrittenermassen ebenfalls
eingesehenen Grundbuchplan hervor. Berücksichtige man zum Widerspruch
zwischen Hauptbuch und Grundbuchplan noch die dem Beklagten bekannt
gewesene Benützung des ganzen Weges bis zum Brosiweg, und zwar auch vom
Grundstück Nr. 1590 aus, so habe sich der Beklagte nicht gutgläubig auf
Hauptbuch und Plan verlassen dürfen, sondern hätte sich eingehender über
die Rechtslage orientieren sollen.

    a) Demgegenüber ist zunächst zu bemerken, dass der Beklagte vom
Grundsatz der geltenden Sachenrechtsordnung ausgehen durfte, wonach es
zur Errichtung von Grunddienstbarkeiten der Eintragung im Grundbuche
bedarf (Art. 731 Abs. 1 ZGB). Für Wegservituten ist keine Ausnahme
vorgesehen, wie sie Art. 676 Abs. 3 ZGB für äusserlich wahrnehmbare
Leitungen anerkennt. Somit können - seit 1912 - Dienstbarkeiten,
wie sie hier in Frage stehen, ohne Eintragung grundsätzlich gar nicht
gültig zustande kommen, und es kann daher in der Regel das Fehlen eines
solchen Eintrages nicht im Sinne von Art. 974 Abs. 2 ZGB ungerechtfertigt
sein. Anders verhält es sich nur bei einem besondern ausserbuchlichen
Entstehungsgrunde im Sinne von Art. 656 Abs. 2 ZGB, wie namentlich bei
einem das dingliche Recht anerkennenden Urteil (vgl. BGE 46 II 366). Beim
Erwerb der vier Grundstücke durch den Beklagten lag aber hinsichtlich
der Parzellen Nr. 2403 und 1593 nichts derartiges vor. Freilich hätte
dem Fehlen von Lasteinträgen auf diesen Parzellen eine nach früherer
gültiger Eintragung ungerechtfertigterweise erfolgte Löschung zugrunde
liegen können. Hätte der Beklagte in einem solchen Falle den rechtlichen
Mangel der Löschung gekannt oder kennen sollen, so könnte er sich nicht
in gutem Glauben auf den Grundbuchstand berufen, sondern müsste die Last,
so wie sie eingetragen gewesen, gelten lassen und ihre Wiedereintragung
dulden (vgl. BGE 62 II 137). Mit einer solchen Sachlage hat man es aber
auch nicht zu tun. Auf den Parzellen Nr. 2403 und 1593 war eine Wegservitut
zu Gunsten von Nr. 1590 gar nie eingetragen, weshalb der Beklagte zunächst
mit einer gültig entstandenen solchen Belastung dieser Parzellen nicht
zu rechnen brauchte.

    b) Dieser Betrachtungsweise stand der Umstand nicht entgegen,
dass der Weg in seinem ganzen Verlauf am Westrande der vier Parzellen
im Grundbuchplan eingezeichnet war. Diese Einzeichnung war keinesfalls
rechtsbegründend, sie vermochte die Eintragung im Hauptbuche nicht zu
ersetzen, sondern konnte nur, soweit Einträge im Hauptbuch vorhanden
waren, zu deren Erläuterung beitragen. So verhielt es sich übrigens auch
nach altem Recht, wie denn als Rechtstitel der im Bereinigungsverfahren
angemeldeten Dienstbarkeit nicht der alte Katasterplan, sondern
"Verjährung", die durch 30-jährige Benützung nachweisbar sei,
angerufen wurde. Grundbuchpläne sind nicht geeignet, den Inhalt eines
Wegrechtes hinsichtlich der Benutzungsart anzugeben, noch ergibt sich
aus dem eingezeichneten Wegverlauf, welches die allenfalls dinglich
berechtigten Grundstücke sein möchten, ganz abgesehen davon, dass ein im
Plan eingezeichneter Weg nicht notwendigerweise noch andern als den von
ihm durchlaufenen Grundstücken zu dienen braucht.

    c) Im Lichte des erwähnten Eintragungsprinzips des geltenden
Sachenrechtes war es ferner ohne Belang, dass der Weg über alle vier
Grundstücke von den Landeigentümern im Erli regelmässig benützt wurde, auch
von den Klägerinnen, und dass ein im Plane nicht eingezeichnetes Weglein
zu ihrem Grundstück hinführte. All dies beruhte, soweit Grundbucheinträge
fehlten, vermutungsweise auf keiner dinglichen Berechtigung.

    d) Da der Beklagte die Belastung der Parzellen Nr. 1591 und 1592,
wie sie eingetragen war, nicht anfocht, ist nicht einzusehen, wieso
er verpflichtet gewesen wäre, die als Beleg zu diesen Belastungen
angeführte "Anmeldung Nr. 28" einzusehen. Dass diese mit dem Emtrag nicht
übereinstimme, war nicht anzunehmen, und der Beklagte brauchte nach dieser
Richtung keine Nachforschungen anzustellen (vgl. BGE 56 II 89). Und dass
sie auf eine Belastung noch weiterer Parzellen hinweisen könnte, die nach
dem Grundbuch als unbelastet erschienen, war ebenfalls nicht naheliegend.

    e) Geht man jedoch davon aus, der Beklagte hätte immerhin Veranlassung
gehabt, sich an Hand der Anmeldung Nr. 28 etwas näher über die im Hauptbuch
einfach als "Fusswegrecht z.G. Nr. 1590" bezeichnete Dienstbarkeit
zu erkundigen, und dabei wäre ihm der ganze Inhalt dieser Anmeldung
zur Kenntnis gelangt, so wäre damit sein guter Glaube dennoch nicht
entkräftet. Zwar hätte er der Anmeldung entnommen, dass eine altrechtliche
Dienstbarkeit in Frage stand. Als Ausweis über deren gültige Entstehung
auch zu Lasten der Parzellen Nr. 2403 und 1593 konnte diese Anmeldung
aber nicht gelten. So, wie sie anfänglich gelautet hatte, ohne Angabe der
Grundstücknummern, war sie zwar, da sie auf Eintragung eines Gehrechtes
zur Benutzung des Weges vom berechtigten Grundstück Nr. 1590 bis zum
Gemeindeweg abzielte, als Anmeldung einer alle vier zwischenliegenden
Parzellen betreffenden Last zu verstehen. Allein das war vorerst eine
einseitige Parteidarstellung. Ob der angebotene Nachweis einer 30-jährigen
Wegbenutzung im Fall einer Bestreitung gelingen würde, war eine offene
Frage. Nun ist die blosse Behauptung eines vom Grundbuchstand abweichenden
materiellen Rechtsbestandes grundsätzlich nicht geeignet, den Dritten, der
sich ihrer ungeachtet auf das Grundbuch verlässt, bösgläubig zu machen,
sofern sich jene Behauptung nicht sogleich als richtig erweist (vgl. BGE
54 II 248, 59 II 225; JENNY, Der öffentliche Glaube des Grundbuches
... S. 52). Die Anmeldung Nr. 28 vermag aber keinen urkundlichen Ausweis
über den Bestand der Dienstbarkeit zu nennen, weder ein Urteil noch
auch nur eine von den Beteiligten ausgestellte gemeinsame Erklärung. Zu
Unrecht weisen daher die Klägerinnen auf die in ZbJV 75, 143, zu findende
Entscheidung betreffend eine auf Vertrag beruhende Dienstbarkeit hin,
deren näherer Inhalt in dem als Beleg vorhandenen Vertrag in massgebender
Weise bestimmt war.

    Dazu kommt noch, dass die Anmeldung Nr. 28, wie sie dann durch
Einsetzung der Grundstücknummern präzisiert und demgemäss beidseitig
unterzeichnet wurde, eben nur die Parzellen Nr. 1591 und 1592 als
belastet bezeichnete. Dieser für das Grundbuch massgebenden "Anerkennung"
entspricht der Grundbucheintrag. Der Beklagte konnte, wenn er die Anmeldung
las, annehmen, man habe willentlich nur eine Eintragung zu Lasten der
Parzellen Nr. 1591 und 1592 nachgesucht. Den Gründen hatte er nicht
nachzugehen (ob etwa Frau Ditzler als damalige Eigentümerin auch der
Parzelle Nr. 2403 deren grundbuchliche Belastung gar nicht wünschte und
sich anderseits mit einer bloss prekaristischen Erlaubnis zur Benützung
des Weges über das Grundstück Nr. 1593 begnügte, oder ob die Begehung
des Weges über diese beiden Grundstücke auf Widerspruch seitens früherer
Eigentümer gestossen war und daher die Voraussetzungen eines Rechtserwerbes
durch Verjährung insoweit als zweifelhaft erschienen). Wie dem auch sein
mochte, war eine Dienstbarkeit zu Lasten der Parzellen Nr. 2403 und 1593
nicht anerkannt und damit nicht endgültig angemeldet.

Erwägung 8

    8.- Somit hätte auch volle Kenntnis des zu den Einträgen, wie sie
zu Lasten der Parzellen Nr. 1591 und 1592 bestehen, vorhandenen Belegs
dem Beklagten nicht gezeigt, dass ein gleiches Wegrecht auch zu Lasten
der Parzellen Nr. 2403 und 1593, ohne Eintragung, gültig entstanden
sei. Dass den Funktionären des Bereinigungsverfahrens bei Einsetzung
der Grundstücknummern ein grobes Versehen unterlaufen sei, das dann
Frau Ditzler und Johann Häner bei Unterzeichnung der "Anerkennung" nicht
beachtet hätten, war nicht naheliegend. Die diese Möglichkeit erörternden
Ausführungen des Obergerichtes im Beschwerdeentscheid vom 30. Juni 1953
waren dem Beklagten beim Erwerb der vier Grundstücke im Jahre 1951,
also in dem für die Frage des guten Glaubens massgebenden Zeitpunkte,
nicht bekannt, ebensowenig der Vorbehalt, an den der Gemeinderat die
von ihm im folgenden Jahr nachgesuchte Baubewilligung für die neue
Einfriedigung knüpfte, und der übrigens ein vermeintlich "ab Grundstück
Nr. 1597 ... durchgehendes Wegrecht" laut dem Grundbuchplane betraf. Jener
Beschwerdeentscheid bezeichnete die erörterte Möglichkeit denn auch
nur als allfällige Grundlage einer gerichtlichen Klage. Dieser muss nun
aber der Erfolg versagt bleiben, weil im Jahr 1951 für eine dingliche
Belastung der Parzellen Nr. 2403 und 1593 nichts Schlüssiges vorlag. Erst
die im vorliegenden Prozesse getroffenen Beweismassnahmen haben den
Verjährungstatbestand nach altem Rechte als gegeben erwiesen. Dadurch
wird der gute Glaube des Beklagten, wie er beim Erwerb vorhanden war,
nicht mehr berührt. Damals konnte der Beklagte, auch wenn er in die
Anmeldung Nr. 28 Einsicht nahm, gar nicht wissen, ob die auf die Parzellen
Nr. 1591 und 1592 beschränkte "Anerkennung" auf sicherer Kenntnis der
"Verjährung" beruhte. Vollends liess sich daraus nichts für eine gültig
entstandene Belastung der andern beiden Parzellen herleiten, wie denn
auch im vorliegenden Prozess das behauptete Wegrecht im angefochtenen
Urteil im wesentlichen erst infolge der Abklärung der 30 Jahre vor 1912
zurückreichenden Verhältnisse bejaht werden konnte.

    Die sich gewiss aufdrängende Überlegung, eine Belastung bloss der
beiden mittleren der vier Parzellen sei für das berechtigte Grundstück von
geringem Nutzen, war keineswegs geeignet, den fehlenden Ausweis für eine
weitergehende Belastung zu ersetzen und den Beklagten in dieser Hinsicht
bösgläubig zu machen. Er durfte eben annehmen, das Bereinigungsverfahren
habe aus irgendwelchen Gründen nicht zur Anerkennung einer auch die
andern beiden Parzellen belastenden Dienstbarkeit geführt. Im übrigen
konnten Zweifel auftauchen, ob die zu Lasten der mittleren Parzellen
eingetragene Dienstbarkeit nicht ohnehin gegenstandslos geworden sei. Denn
der Umstand, dass der Weg nach dem Grundbuchplan geradlinig am Westrand
der vier Parzellen des Beklagten verläuft, gibt der Vermutung Raum,
das berechtigte Grundstück Nr. 1590 habe früher ebenso weit nach Westen
gereicht, und es habe dann einmal eine Grenzverschiebung zwischen ihm und
dem westlich anstossenden Grundstück Nr. 1597 stattgefunden, auf das der
eingezeichnete Weg heute ausmündet; daher sei das Grundstück Nr. 1590 an
dem Wege nicht mehr beteiligt. Die im Plane nicht eingezeichnete Abzweigung
könnte auf einer auf Zusehen hin erteilten Erlaubnis beruhen, die man
gar nicht hätte dinglich gestalten wollen. Nach alldem war dem Beklagten
beim Erwerb der vier Parzellen jedenfalls eine ohne Eintragung zu Recht
bestehende Belastung der Parzellen Nr. 2403 und 1593 nicht erkennbar.

Erwägung 9

    9.- Hat sich demnach der Beklagte gutgläubig auf das Grundbuch
verlassen, so ist seine Berufung zu schützen und das Begehren der
Klägerinnen als Ganzes abzuweisen. Denn die Klage lautet auf Feststellung
des Rechtes auf einen Weg von Nr. 1590 über alle vier Grundstücke
Nr. 2403, 1591, 1592 und 1593, und dieses Begehren ist nach dem Gesagten
unbegründet. Nicht zu prüfen ist, ob die Klägerinnen den Kanton wegen
fehlerhafter Grundbuchführung haftbar machen können (Art. 955 ZGB),
und ob im übrigen der Beklagte die Löschung des zu Lasten der mittleren
Parzellen bestehenden Servitutseintrages verlangen könne oder vielmehr den
Klägerinnen ein Notwegrecht auch über die äussern Parzellen einzuräumen
sei.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des
Kantons Solothurn vom 23. Juni 1955 aufgehoben und die Klage abgewiesen.