Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 III 9



82 III 9

3. Entscheid vom 3. Januar 1956 i. S. Sigrist. Regeste

    Ein Rechtsvorschlag, der nur mit dem Mangel neuen Vermögens begründet
wird, schliesst nicht den Verzicht auf die Bestreitung der Forderung in
sich (Art. 75 SchKG).

Sachverhalt

    Von Gottfried Sigrist für einen "Mietzinsausstand per 25. Oktober 1953"
von Fr. 395.45 mit Zahlungsbefehl vom 14. November 1955 auf Pfändung oder
Konkurs betrieben, gab Ulrich Sprecher gegenüber dem Betreibungsamte des
Seebezirks in Murten am 19. November 1955 schriftlich die Erklärung ab:
"Rechtsvorschlag. Nicht zu besserem Vermögen gelangt." Das Betreibungsamt
merkte diese Erklärung auf der für den Gläubiger bestimmten Ausfertigung
des Zahlungsbefehls vor. Nach deren Zustellung führte der Gläubiger
Beschwerde "gegen die Annahme dieses Rechtsvorschlags". Er machte geltend,
der Schuldner habe mit der Begründung "Nicht zu besserem Vermögen gelangt"
die Schuld nicht bestritten, und verlangte die "Beseitigung dieses
Rechtsvorschlags." Das Betreibungsamt bemerkte in seiner Vernehmlassung
u.a., es sei ihm nicht bekannt, ob der Schuldner "Konkurs gemacht"
habe; jedenfalls sei dies nicht in Murten geschehen. Die kantonale
Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde am 12. Dezember 1955 abgewiesen. Gegen
diesen Entscheid rekurriert der Gläubiger an das Bundesgericht mit dem
Antrag, der Rechtsvorschlag sei als ungültig zu bezeichnen und aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Schuldner hat mit dem ersten Teil seiner Erklärung eindeutig
Rechtsvorschlag erhoben. Indem er beifügte, er sei "nicht zu besserem
Vermögen gelangt", hat er seinen Rechtsvorschlag nicht widerrufen
und ihn auch nicht auf die Einrede aus Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG
beschränkt. Die in BGE 34 I 186 = Sep. ausg. 11 S. 42 vertretene und
von JAEGER (N. 2 zu Art. 75 SchKG) übernommene Auffassung, dass ein
lediglich mit dem Mangel neuen Vermögens begründeter Rechtsvorschlag
den Verzicht auf die Bestreitung des Bestandes oder der Fälligkeit der
Forderung in sich schliesse, ist in BGE 59 III 125 ff. preisgegeben worden.
Sie widerspricht dem in Art. 75 SchKG ausgesprochenen Grundsatz, wonach der
Betriebene, der seinen Rechtsvorschlag begründet, damit nicht auf weitere
Einreden verzichtet. Die Regel, dass der Rechtsvorschlag ausserhalb der
Wechselbetreibung keine Begründung enthalten und eine allfällige Begründung
nicht alle Einreden aufführen muss, erleidet eine Ausnahme nur insofern,
als der Schuldner, der das Vorhandensein neuen Vermögens im Sinne von
Art. 265 SchKG oder im Falle der Pfandbetreibung das Pfandrecht bestreiten
will, dies ausdrücklich erklären muss, und als in der Betreibung gegen
eine Ehefrau der mitbetriebene Ehemann, der geltend machen will, dass
Gütertrennung bestehe oder dass die Ehefrau nur mit dem Sondergute hafte,
gemäss Art. 68 bis SchKG begründeten Rechtsvorschlag erheben muss, worauf
die obligatorischen Formulare Nr. 3, 37 und 38 hinweisen. Die Annahme,
dass ein Rechtsvorschlag mit dem Zusatz, dass kein neues Vermögen vorhanden
sei, den Verzicht auf andere Einreden in sich schliesse, wäre auch mit
den Erwägungen nicht vereinbar, die zu einer Milderung der Praxis zu
Art. 74 Abs. 2 SchKG geführt haben (BGE 63 III 67 ff., 79 III 98/99). Ob
dem Schuldner die Einrede des mangelnden neuen Vermögens formell überhaupt
zustehe, d.h. ob die Forderung auf einem Konkursverlustschein beruhe oder
unter Art. 267 SchKG falle, ist für den Entscheid über die Zulassung des
Rechtsvorschlags unerheblich und von den Betreibungsbehörden nicht zu
prüfen (BGE 59 III 126/27).

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.