Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 III 14



82 III 14

5. Auszug aus dem Entscheid vom 30. April 1956 i. S. Keller. Regeste

    Beginn der Frist zum Rekurs nach Art. 19 SchKG. Der Beschwerdeführer
hat dafür zu sorgen, dass ihm der Entscheid bei längerer Abwesenheit vom
Wohnorte gleichwohl zugestellt werden kann.

Sachverhalt

                     Aus dem Tatbestand:

    A.- Der Schuldner Ernst Keller beschwerte sich über die Nachpfändung
eines Provisionsguthabens. Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die
Beschwerde am 1. März 1956 teilweise ab. Der Entscheid wurde am
5. März 1956 in der Wohnung des Schuldners in Meilen zugestellt. Die
Empfangsbescheinigung ist mit "E. Keller" unterzeichnet.

    B.- Mit einer vom 20. April 1956 datierten, in Zürich am 23. April
1956 aufgegebenen Rekursschrift verlangt der Schuldner die gänzliche
Aufhebung der Nachpfändung.

    Er erklärt einleitend, der kantonale Entscheid habe ihn "als mich im
Auslande auf Urlaubsreise befindlich" erst am 19. April erreicht. Nach
telephonischer Auskunft des Betreibungsamtes Meilen war der Entscheid
wahrscheinlich der Haushälterin des Schuldners, die auch Keller heisst,
übergeben worden.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Rekursfrist von zehn Tagen nach Art. 19 SchKG läuft von der
Zustellung des kantonalen Entscheides unter Angabe der Entscheidungsgründe
an (Art. 77 OG). Diese Zustellung fand hier an der vom Schuldner in der
Beschwerde angegebenen Wohnadresse am 5. März 1956 statt. Dass die Person,
die den Entscheid entgegennahm und den Empfang bescheinigte, hiezu nicht
ermächtigt gewesen sei, wird nicht eingewendet. Auch sonst wird die Art
und Weise der Zustellung nicht bemängelt, und es ist denn auch nicht zu
finden, wieso die als Gerichtsurkunde (acte judiciaire, atto giudiziale)
im Sinne der Postordnung bezeichnete Sendung nicht in richtiger Form
zugestellt worden sein sollte.

Erwägung 2

    2.- Der Rekurs ist somit verspätet. Übrigens wäre dem Schuldner
nicht freigestanden, sich für längere Zeit vom Wohnorte zu entfernen,
ohne für die Möglichkeit der Zustellung des von ihm selbst anbegehrten
Entscheides auch während seiner Abwesenheit zu sorgen, sei es durch
Meldung seines jeweiligen Aufenthaltsortes oder durch Bezeichnung eines
Zustellungsempfängers. Vernachlässigte er diese Sorgfaltspflicht, und
vereitelte er damit eine in gehöriger Weise versuchte Zustellung, so
hatte er den Zustellungsversuch als Zustellung gelten zu lassen (vgl. BGE
78 I 129 Erw. 1 a.E.; Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. März 1956
i.S. Bürgisser gegen Vormundschaftsbehörde Zürich (BGE 81 II Heft 2) mit
weitern Zitaten). Indessen ist hier, wie erwähnt, die Gültigkeit der am
5. März 1956 erfolgten Zustellung gar nicht bestritten.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.