Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 I 64



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Urteilskopf

139 I 64

7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft und Kantonale Steuerverwaltung
Obwalden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_708/2012 vom 21. Dezember 2012

Regeste

Art. 127 Abs. 3 BV; Schranken der doppelbesteuerungsrechtlichen Verwirkung und
der harmonisierungsrechtlichen Verjährung des Besteuerungsrechts eines Kantons
im interkantonalen Verhältnis; erhöhter Koordinationsbedarf unter den
Veranlagungsbehörden bei Vorliegen einer ausserkantonalen Unternehmung.
Die doppelbesteuerungsrechtliche Verwirkungseinrede eines Kantons gegenüber
einem anderen Kanton ist nicht zu hören, falls der andere Kanton innerhalb
zweier Jahre nach Ende der Steuerperiode ("n+2") tätig wird. Als
solcher Schritt genügt die schriftliche Mitteilung, in welcher der
steuerpflichtigen Person die Veranlagung in Aussicht gestellt wird.
Typischerweise geschieht dies durch Zustellung der Steuererklärung. Zur
Vornahme der Veranlagung besteht eine harmonisierungsrechtliche,
unterbrechungsfähige Frist bis zum Ende des Jahres "n+5" (E. 3.2-3.5).
Ist die steuerpflichtige Person Inhaber einer ausserkantonalen
Einzelunternehmung oder Alleinaktionär einer Kapitalgesellschaft mit
ausserkantonalem Sitz, herrscht unter den Steuerverwaltungen ein erhöhter
Koordinationsbedarf. Haupt- und Nebensteuerdomizil kommt wechselseitig die
Quasi-Funktion einer Leitbehörde zu (E. 3.5 und 3.6).

Sachverhalt ab Seite 66

BGE 139 I 64 S. 66
X. hat Wohnsitz in L./OW. Er ist Alleinaktionär, einziges Mitglied des
Verwaltungsrates und Arbeitnehmer der A. AG. Deren Sitz befindet sich in M./BL
in einer Liegenschaft, deren Eigentümer X. ist. Die Aktiengesellschaft,
gegründet am 16. November 1998, bezweckt statutengemäss den Verkauf und die
Vermittlung von Anlagen der Lager- und Fördertechnik. Zuvor, am 12. Januar
1998, hatte X. die B., ein Einzelunternehmen, in das Handelsregister eintragen
lassen. Dessen Zweck besteht im Handel mit Gütern für den innerbetrieblichen
Bewegungsablauf (Lagereinrichtungen, Förderanlagen, Anpassrampen und
Hebebühnen). Das Einzelunternehmen legte seinen ersten Abschluss für das
Geschäftsjahr 2006 vor. Bis dahin hatte es keine aktive Geschäftstätigkeit
entfaltet.
Am 11. Juni 2007 reichte X. in den Kantonen Obwalden und Basel-Landschaft die
Steuererklärung für die Steuerperiode 2006 ein. Darin deklarierte er erstmals
ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. In der Veranlagungsverfügung
vom 31. Juli 2009 zog die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden sämtliche
Steuerfaktoren zur Besteuerung heran, mit Ausnahme jener, die im Zusammenhang
mit der ausserkantonalen Liegenschaft stehen. Diese berücksichtigte sie
lediglich satzbestimmend. Die Veranlagungsverfügung erwuchs unangefochten in
Rechtskraft. Im Kanton Basel-Landschaft erging die Veranlagungsverfügung am 21.
Januar 2010. Neben den Faktoren im Zusammenhang mit der Liegenschaft in M./BL
beanspruchte die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft auch das
Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Die dagegen gerichteten
kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos.
Mit Eingabe vom 15. Juli 2012 erhebt X. beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Kantone Basel-Landschaft und
Obwalden. Er beantragt sinngemäss, der Entscheid des Kantonsgerichts des
Kantons Basel-Landschaft vom 25. April 2012 sei aufzuheben, und von der
Besteuerung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit durch diesen
Kanton für die Steuerperiode 2006 sei abzusehen. Eventualiter sei die
Veranlagungsverfügung des Kantons Obwalden vom 31. Juli 2009 aufzuheben und von
der Besteuerung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit durch diesen
Kanton abzusehen. X. (hiernach: der Steuerpflichtige) rügt einen Verstoss gegen
das interkantonale Doppelbesteuerungsverbot (Art. 127 Abs. 3 BV).
BGE 139 I 64 S. 67
Das Bundesgericht weist die Beschwerde gegen den Kanton Basel-Landschaft ab und
heisst jene gegen den Kanton Obwalden gut. Die Sache wird zur Neuveranlagung an
die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden zurückgewiesen. Die zu viel bezahlten
Steuern sind dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Der Kanton Obwalden bringt als Eventualstandpunkt vor, der Kanton
Basel-Landschaft habe sein Besteuerungsrecht hinsichtlich der Faktoren aus
selbständiger Erwerbstätigkeit verwirkt. Die Verwirkungseinrede ist vorweg zu
klären. Stellt sie sich als begründet dar, ist die Beschwerde von vornherein
gutzuheissen. Andernfalls ist der Frage nachzugehen, ob die Geschäftstätigkeit
der Einzelunternehmung im Sinne des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechts
ein Spezialsteuerdomizil (des Geschäftsorts) begründet. Dies hätte zur Folge,
dass es zu einer interkantonalen Steuerausscheidung kommen muss, die dem Verbot
der interkantonalen Doppelbesteuerung standzuhalten vermag.

3.2 Praxisgemäss verwirkt ein Kanton im interkantonalen Steuerverhältnis sein
Besteuerungsrecht gegenüber der steuerpflichtigen Person, wenn:
a) dieser Kanton die für die Steuerpflicht erheblichen Tatsachen kennt oder
zumindest kennen kann,
b) er dessen ungeachtet mit der Erhebung des Steueranspruchs ungebührlich lange
zuwartet und
c) aufgrund des Bezugs des ungebührlich spät geltend gemachten Anspruchs ein
anderer Kanton zur Rückerstattung von Steuern verpflichtet werden müsste, die
er formell korrekt, in guten Treuen und in Unkenntnis des kollidierenden
Steueranspruchs bezogen hat (BGE 137 I 273 E. 3.3.4 S. 279 f.; BGE 132 I 29 E.
3.3 S. 33 ff.).
Das Institut der Verwirkung des Besteuerungsrechts eines Kantons dient mithin
dem Schutz des oder der anderen Kantone (siehe schon BGE 91 I 467 E. 4 S. 475
ff.). Deshalb kann die Verwirkung auch nur durch den anderen Kanton und nicht
durch die steuerpflichtige Person geltend gemacht werden (Urteil 2C_92/2012 vom
17. August 2012 E. 3.1 mit Hinweisen, in: StR 67/2012 S. 828).

3.3 Zur zeitlichen Komponente ("ungebührlich lange zuwartet") unter der heute
herrschenden Postnumerandobesteuerung mit einjähriger
BGE 139 I 64 S. 68
Gegenwartsbemessung periodischer Steuern (vgl. Art. 41 i.V.m. Art. 208 ff. des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR
642.11] bzw. Art. 16 i.V.m. Art. 62 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember
1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
[StHG; SR 642.14]) hat sich das Bundesgericht bereits einlässlich geäussert. Es
erkannte, das Besteuerungsrecht des (säumigen) Kantons hinsichtlich seiner
periodischen Steuern verwirke am Ende des Jahres, das der Veranlagungsperiode
folgt (BGE 132 I 29 E. 3.3, insb. S. 35: "... dans l'année qui suit la période
de taxation - et non plus dans l'année qui suit la période fiscale"). Dies
bedeutet Folgendes: Fallen die Steuerperiode und damit auch die
Bemessungsperiode auf das Jahr "n", erstreckt sich die Veranlagungsperiode über
das Jahr "n+1" und verwirkt das Besteuerungsrecht des untätigen Kantons damit
am Ende des Jahres "n+2". Dabei blieb es in der genannten Konstellation, selbst
wenn die Veranlagungsverfügung für das Jahr "n" hierauf (erst) im Jahr "n+4"
erging ("Il est sans importance à cet égard que la procédure de taxation n'ait
pas été terminée du moment qu'elle a suivi son cours et que le canton de [X]
connaissait les prétentions ... [du canton de Y]"; BGE 132 I 29 E. 3.4 S. 35).
Von der doppelbesteuerungsrechtlichen Verwirkung (péremption) des
Besteuerungsrechts des Kantons ist die harmonisierungsrechtliche Verjährung (
prescription) des Veranlagungsrechts zu unterscheiden. Nach den üblichen Regeln
ist zur Wahrung des Rechts auf Vornahme der Veranlagung erforderlich, dass die
Verfügung vor Ablauf der relativen fünfjährigen Verjährungsfrist ergeht (Art.
47 Abs. 1 StHG für die kantonalen und kommunalen Steuern, Art. 120 DBG für die
direkte Bundessteuer). Zur Unterbrechung des Laufs der Veranlagungsverjährung
genügt die schriftliche Mitteilung der Steuerbehörde, worin diese die spätere
Veranlagung der periodischen Steuer in Aussicht stellt und womit sie
einstweilen lediglich beabsichtigt, den Lauf der Verjährung zu unterbrechen (
Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG; BGE 137 I 273 E. 3.4.3 S. 282; BGE 126 II 1 E. 2 S.
2 ff.; vgl. BGE 133 II 366 zur Vollstreckung verjährter periodischer
Steueransprüche).

3.4 Dieselben Formerfordernisse gelten sinngemäss auch im
Doppelbesteuerungsrecht. So ist es hinsichtlich der Form der "Erhebung" des
Steueranspruchs nach der neueren Praxis des Bundesgerichts ausreichend, wenn
die Steuerbehörde (positiv) das Veranlagungsverfahren innerhalb der
(Verwirkungs-)Frist einleitet (BGE 137 I 273 E. 3.3.4 S. 279 f.; BGE 132 I 29
E. 3.2 S. 32; BGE 123 I 264 E. 2c S. 266; Urteile 2C_396/2011 vom 26. April
2012 E. 3.1.1, in: StE 2012 A 24.1
BGE 139 I 64 S. 69
Nr. 7; 2C_619/2010 vom 22. November 2011 E. 4.2, in: StR 66/2011 S. 419 und
LOCHER/LOCHER, in: Die Praxis der Bundessteuern, Teil 3: Das Interkantonale
Doppelbesteuerungsrecht, Stand: 2012, § 2 IVD Nr. 44) und zudem hernach
(negativ) den Abschluss der Veranlagungstätigkeit nicht ungebührlich lange
verzögert, es sei denn, die Steuerbehörde vermöge sich hierzu auf hinreichende
Gründe zu stützen. Auch das jüngst ergangene Urteil 2C_92/2012 vom 17. August
2012 E. 3.1 ist nicht anders zu verstehen, wenngleich dort die
Veranlagungsverfügung schon im Jahr "n+2" ergangen war.
Eingeleitet wird die Veranlagung periodischer Steuern mit der ersten, nach
aussen wirksamen, d.h. in der Regel schriftlichen Handlung der Steuerbehörde,
die auf die Veranlagung der steuerpflichtigen Person gerichtet ist. Zumeist
besteht diese Einleitungshandlung in der Zustellung des
Steuererklärungsformulars (BGE 112 Ib 88 E. 1 S. 90). Fristwahrend wirken etwa
auch die Mahnung zur Einreichung einer Steuererklärung, die Ankündigung und
Vornahme einer Buchprüfung, die Eröffnung der definitiven oder bloss
provisorischen Steuerveranlagung, die Aufforderung oder Mahnung zur Zahlung
usw. (BGE 126 II 1 E. 2c S. 3; Urteile 2C_426/2008 vom 18. Februar 2009 E.
6.6.2, in: ASA 79 S. 608 [zur Mehrwertsteuer]; 2A.25/2006 vom 9. Juni 2006 E.
2; 2A.227/1996 vom 26. September 1997 E. 3a; 2A.240/1994 vom 23. Dezember 1994
E. 1). Auch die Zustellung einer provisorischen Steuerrechnung aufgrund der
Steuererklärung stellt eine solche Einforderungshandlung dar (BGE 75 I 174 E. 3
S. 178).
Die frühere Praxis, die noch innerhalb der Verwirkungsfrist den Erlass eines
anfechtbaren Entscheides verlangte, handle es sich um einen Leistungs-
(Veranlagungsverfügung) oder einen Feststellungsentscheid (Domizilverfügung),
ist insoweit überholt (so namentlich noch BGE 91 I 467 E. 4b S. 477 mit
Hinweisen und etwa das Urteil 2P.153/2000 vom 16. Mai 2001 E. 3b, in: RDAF 2001
II S. 521 und StR 56/2001 S. 813; vgl. MICHAEL BEUSCH, in: Interkantonales
Steuerrecht, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/Beusch/
Mäusli-Allenspach [Hrsg.], Bd. III/1, 2011, § 42 N. 4; ders., Der Untergang der
Steuerforderung, 2012, S. 273; XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 4. Aufl.
2012, § 20 N. 16; DANIEL DE VRIES REILINGH, La double imposition
intercantonale, 2005, N. 950; HÖHN/MÄUSLI, Interkantonales Steuerrecht, 4.
Aufl. 2000, S. 573; ARNOLD SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis zum
Doppelbesteuerungs-Verbot, 3. Aufl. 1963 [neu bearbeitet von KARL DÜRR, inkl.
Nachtrag 1969], S. 315 f.)
BGE 139 I 64 S. 70
Dementsprechend hat ein Kanton seinen Anspruch auf periodische Steuern im
interkantonalen Verhältnis bis spätestens zum Ende des Jahrs "n + 2" gegenüber
der steuerpflichtigen Person schriftlich und unmissverständlich anzumelden.
Eine anfechtbare Verfügung ist für die Wahrung der
doppelbesteuerungsrechtlichen Verwirkungsfrist entbehrlich (gl.M. MARTIN
ARNOLD, Der steuerrechtliche Wohnsitz natürlicher Personen im interkantonalen
Verhältnis, ASA 68 S. 449 ff., insb. 488, und PETER LOCHER, Einführung in das
interkantonale Steuerrecht, 3. Aufl. 2009, S. 163). Sie spielt nach dem
Gesagten eine Rolle, soweit es um die Wahrung der harmonisierungsrechtlichen
Verjährungsfrist geht, welche allerdings unterbrochen werden kann.

3.5 Im vorliegenden Fall liess die Steuerverwaltung des Kantons
Basel-Landschaft nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) dem Steuerpflichtigen die Steuererklärung
für die Steuerperiode 2006 zu Beginn des Jahres 2007 ("n+1") zukommen. Dies
geschah aufgrund des in diesem Kanton gelegenen Grundeigentums. In der Folge
deklarierte der Steuerpflichtige erstmals ein Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit. Die Veranlagungsverfügung des Kantons Basel-Landschaft erging
dann zwar erst im Jahr "n+4", nämlich am 21. Januar 2010. Damit wahrte der
Kanton Basel-Landschaft freilich sein Besteuerungsrecht sowohl
doppelbesteuerungs- (keine Verwirkung) als auch harmonisierungsrechtlich (keine
Verjährung). Er hat seinen Anspruch auf die periodischen Steuern des Jahres
2006 rechtzeitig und formgültig im Sinne der geschilderten Praxis kundgetan. Ob
er dies mit Blick auf das Grundeigentum oder auch den Geschäftsbetrieb tat, ist
von keiner Bedeutung. Es liegt im Wesen der gemischten Veranlagung (Art. 123
Abs. 1 DBG) begründet, dass die Steuerbehörde bei Einleitung der Veranlagung
noch nicht umfassend darüber Bescheid weiss, welche Einkommensquellen die
steuerpflichtige Person im betreffenden Jahr hatte und welche Vermögenswerte
ihr zur Verfügung standen. Dementsprechend ist dem Kanton Basel-Landschaft auch
nicht vorzuwerfen, er sei beim Versand der Steuererklärung zu Unrecht davon
ausgegangen, dass (lediglich) ein Nebensteuerdomizil zufolge des
Liegenschaftsorts bestehe. Wenn die Vorinstanz in für das Bundesgericht
verbindlicher Weise zudem festhält, die Steuerverwaltung des Kantons
Basel-Landschaft habe in der Folge eine Buchprüfung vorgenommen und dabei die
Aktivitäten von Einzelunternehmung und Aktiengesellschaft untersucht, stellt
dies eine weitere fristwahrende Tätigkeit dar.
BGE 139 I 64 S. 71
Entgegen der Sichtweise des Kantons Obwalden lässt sich auch nicht sagen, der
Kanton Basel-Landschaft habe (nach Anhebung der Veranlagungsarbeiten) mit dem
Abschluss der Veranlagung ungebührlich lange zugewartet. Gegenteils ist darauf
hinzuweisen, dass der Kanton Obwalden zum einen durchaus um die selbständige
Erwerbstätigkeit wusste. So nahm die Steuerverwaltung des Kantons Obwalden die
Veranlagung 2006 unter Einbezug aller deklarierten Steuerfaktoren vor, ausser
jenen, die im Zusammenhang mit der ausserkantonalen Liegenschaft stehen. Zum
andern liess auch er sich mit der Veranlagung verhältnismässig viel Zeit,
erging die Veranlagungsverfügung des Kantons Obwalden doch erst am 31. Juli
2009 ("n+3").

3.6 Damit ist die Verwirkungseinrede des Kantons Obwalden hinsichtlich der im
Kanton Basel-Landschaft ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit insoweit
unbegründet. Gleichwohl ist nicht zu übersehen, dass die Koordination zwischen
den beiden Kantonen nicht restlos geglückt ist, zumal sich die beiden Kantone
in ihren Vernehmlassungen gegenseitig eine übermässig lange Verfahrensdauer
vorwerfen. Der Kanton Obwalden bemängelt überdies, der Kanton Basel-Landschaft
habe es unterlassen, ihm gegenüber einen Steueranspruch geltend zu machen.
Gestützt auf Art. 39 Abs. 2 und Art. 74 StHG legt Art. 2 Abs. 3 der Verordnung
vom 9. März 2001 über die Anwendung des Steuerharmonisierungsgesetzes im
interkantonalen Verhältnis (SR 642.141) fest, die Steuerbehörde des Wohnsitz-
oder des Sitzkantons habe den Steuerbehörden der anderen Kantone ihre
Steuerveranlagung einschliesslich der interkantonalen Steuerausscheidung und
allfälliger Abweichungen gegenüber der Steuererklärung kostenlos mitzuteilen
(vgl. zur interkantonalen Sitzverlegung einer juristischen Person Urteil 2P.212
/2004 vom 23. November 2004 E. 3.2, in: StR 60/2005 S. 113 und RtiD 2005 I S.
689 [Zusammenfassung]).
Aufgrund dieser Meldepflicht kommt dem Hauptsteuerdomizil "faktisch eine
Führungsrolle" zu (MARTIN ZWEIFEL, in: Bundesgesetz über die Harmonisierung der
direkten Steuern [...], in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/
Athanas [Hrsg.], Bd. I/1, 2. Aufl. 2002, N. 29 zu Art. 39 StHG). Im heutigen,
von elektronischer Datenverarbeitung und ebensolchen Kommunikationsmitteln
geprägten Veranlagungsumfeld ist es gerade in einem Fall der ausserkantonalen
selbständigen Erwerbstätigkeit angezeigt, schon vor Erlass der
Veranlagungsverfügung den Kontakt zu suchen. Veranlagt der Kanton des
Nebensteuerdomizils, noch ehe das Hauptsteuerdomizil seine
BGE 139 I 64 S. 72
Veranlagungsverfügung erlassen hat, kann er dies praxisgemäss lediglich auf
provisorischer Basis tun (vgl. zum Recht der direkten Bundessteuer Art. 162 DBG
), ansonsten bei abweichender Veranlagung des Hauptsteuerdomizils die
Möglichkeit der Nachsteuererhebung entfällt (Urteil 2A.585/2005 vom 8. Mai 2006
E. 3.4.2, in: StE 2007 B 97.41 Nr. 19).
Dass der Kanton Basel-Landschaft die Veranlagung des Kantons Obwalden
abwartete, ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Hinzu
kommt, dass der im Kanton Obwalden ansässige Steuerpflichtige Alleinaktionär,
einziges Mitglied des Verwaltungsrats und Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft
mit Sitz im Kanton Basel-Landschaft ist, wie die Vorinstanz in für das
Bundesgericht verbindlicher Weise feststellte. Gesellschafter und Gesellschaft
sind, anders als bei ausserkantonaler selbständiger Erwerbstätigkeit, zwei
verschiedene Steuersubjekte (Urteile 2A.775/2006 vom 18. Juni 2007 E. 1.2;
2A.466/2006 vom 16. Januar 2007 E. 2.2). Allein dies erfordert einen
amtshilfeweisen Datenaustausch und legt es dem Grundsatz nach nahe, dass der
Kanton der Ansässigkeit des Aktionärs (hier: Obwalden) die Veranlagungsarbeiten
des Kantons der Ansässigkeit der Aktiengesellschaft abwartet oder zumindest im
Auge behält. Dies alles erfordert einen intensiven Austausch der beiden
Steuerverwaltungen. Ihnen kommt wechselseitig die Quasi-Funktion einer
Leitbehörde zu. Vor dem Hintergrund einer interkantonalen Struktur, wie sie der
Steuerpflichtige gewählt hat, ist die Verwirkung des Besteuerungsrechts eines
Kantons damit nicht leichthin anzunehmen.