Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 II 340



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Urteilskopf

139 II 340

24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.
Corp. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_324/2013 vom 22. Mai 2013

Regeste

Art. 42 Abs. 2 und Art. 84a BGG; Anforderungen an die Begründung des Vorliegens
einer Grundsatzfrage.
In analoger Anwendung von Art. 132 BGG sind die am 1. Februar 2013 in Kraft
getretenen Änderungen des BGG auf jene Fälle anwendbar, in denen das
angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nach diesem Datum ergangen
ist (E. 3).
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so ist auszuführen, warum die
jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz
offensichtlich zu. Fälle, in denen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung vorliegen kann (E. 4).
Das blosse Benennen von Fragen mit angeblicher grundsätzlicher Bedeutung lässt
keine Rückschlüsse darauf zu, warum diese Eigenschaft gegeben sein soll (E. 5).

Erwägungen ab Seite 341

BGE 139 II 340 S. 341
Aus den Erwägungen:

3. Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Amtshilfegesuch des Internal Revenue
Service (IRS) gestützt auf Art. 26 Ziff. 1 des Abkommens vom 2. Oktober 1996
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von
Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen (DBA-USA 96; SR 0.672.933.61) zugrunde. Das Bundesgesetz vom 28.
September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (StAhiG; SR
672.5) regelt den Vollzug der Amtshilfe nach den Abkommen zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung (vgl. Art. 1
BGE 139 II 340 S. 342
Abs. 1 lit. a StAhiG). Gemäss Art. 24 StAhiG gelten die
Ausführungsbestimmungen, die sich auf den Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951
über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung (BB-DBA; SR 672.2) stützen, allerdings weiter
für die Amtshilfeersuchen, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits
eingereicht waren. Das StAhiG ist am 1. Februar 2013 in Kraft getreten und
somit auf das vorliegende Verfahren, welches durch ein Ersuchen vom 3. Juli
2012 eingeleitet wurde, nicht anwendbar.
Im Rahmen der Schlussbestimmungen des StAhiG wurde auch das
Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 geändert und die Beschwerde auf dem
Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen unter gewissen
Voraussetzungen zugelassen (vgl. AS 2013 231, insb. S. 240). In analoger
Anwendung von Art. 132 Abs. 1 BGG, der vorsieht, dass das BGG auf
Beschwerdeverfahren anwendbar ist, sofern der angefochtene Entscheid nach dem
Inkrafttreten des BGG ergangen ist, sind die am 1. Februar 2013 in Kraft
getretenen Änderungen des BGG auf den vorliegenden Fall anwendbar, da das
angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am 29. März 2013 ergangen
ist.

4. Gemäss Art. 84a BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Amtshilfe in Steuersachen die Beschwerde nur zulässig, wenn
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich
aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84
Abs. 2 handelt.
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen,
inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter
der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stellt oder ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 oder 84a BGG
vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist
(vgl. BGE 138 I 143 E. 1.1.2 S. 147; BGE 133 II 396 E. 2.2 S. 398 f.; BGE 133
IV 131 E. 3 S. 132), es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (vgl. BGE
133 II 353 E. 1 S. 356; Urteil 2C_1166/2012 vom 27. November 2012 E. 3.1). Wie
Art. 84 BGG bezweckt auch Art. 84a BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum
Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in
Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit
Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders
bedeutender Fall
BGE 139 II 340 S. 343
gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BGE
134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160).
Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine
nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders
bedeutenden Fällen. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn deren Entscheid für die Praxis
wegleitend sein kann, namentlich, wenn von unteren Instanzen viele gleichartige
Fälle zu beurteilen sein werden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar
2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202, 4309 Ziff.
4.1.3.1). Damit Fälle als gleichartig angesehen werden können, genügt es nicht,
dass sich dieselbe Rechtsfrage in weiteren Verfahren stellen wird. Die zu
beurteilende Streitsache muss überdies geeignet sein, die Frage auch mit Bezug
auf die anderen Fälle zu klären. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn
entscheidrelevante Eigenheiten bestehen, die bei den anderen Fällen in der
Regel nicht gegeben sind (vgl. Urteil 4A_477/2010 vom 21. Dezember 2010 E.
1.1). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch
anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die
einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf (vgl. BGE 136 IV 20 E. 1.2 S. 22).
Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die
Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer
höchstrichterlichen Klärung ruft (vgl. BGE 138 I 232 E. 2.3 S. 236, BGE 134 III
143 E. 1.1.2 S. 147; BGE 137 III 580 E. 1.1 S. 582 f.; BGE 134 III 354 E. 1.3
S. 356 f.; Urteile 2C_116/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 4.2; 2C_634/ 2008 vom
11. März 2009 E. 1.3). Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene
Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute
Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung in der
massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (vgl. BGE 134 III 354 E.
1.3 S. 356 f.; BBl 2001 4202, BGE 134 III 4310 Ziff. 4.1.3.1). Rechtsfragen von
grundsätzlicher Bedeutung können sich ebenfalls nach dem Erlass neuer
materiell- oder verfahrensrechtlicher Normen stellen (vgl. BGE 135 III 1 E. 1.3
S. 4 f.; BGE 134 III 115 E. 1.2 S. 117). Ein Eintreten rechtfertigt sich
schliesslich auch, wenn sich aufgrund der internationalen Entwicklungen Fragen
von grundsätzlicher Bedeutung stellen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 6.
Juli 2011 zum Erlass eines Steueramtshilfegesetzes, BBl 2011 6193, 6224 Ziff.
2.7.1).
BGE 139 II 340 S. 344

5. Die Beschwerdeführerin stellt in ihrer Beschwerde eine Liste von 19 Fragen
auf, welche sie mit der folgenden Bemerkung einleitet: "Im vorliegenden
Verfahren stellen sich die folgenden Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung". Sie nimmt zudem drei Fragen aus dieser Liste unter dem
Gesichtspunkt der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nochmals auf und
macht dabei folgende Bemerkungen: Unter Ziff. 64 führt sie aus, "eine
Rechtsfrage ist nicht nur im Verhältnis zu den USA, sondern allgemein von
grundsätzlicher Bedeutung, ob das schweizerische Recht noch einen Unterschied
zulässt zwischen beneficial owner und beneficiary". Unter Ziff. 127 erwähnt
sie, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob unter dem Aspekt
der Arglist es sich bei der Verwendung einer Domizilgesellschaft und, eine
Stufe höher, bei der Verwendung einer Trust- oder Stiftungsstruktur um (i)
einen strafbaren Abgabebetrug oder (ii) um eine straffreie Steuerumgehung oder
(iii) um die Verwendung einer legitimen Rechtsgestaltung handle. Schliesslich
führt sie unter Ziff. 140 aus, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung, inwiefern ein bisher der Interpretation zugänglicher Begriff des
Abgabebetruges des Art. 14 Abs. 2 VStrR (SR 313.0), der damals in den
parlamentarischen Beratungen nicht diskutiert worden sei, durch richterliche
Praxis rückwirkend zunehmend kriminalisiert werde.
Diese Ausführungen enthalten keinerlei Begründung dafür, weshalb die
aufgeworfenen Fragen - welche teilweise nicht einmal als Rechtsfragen zu
qualifizieren sind, sondern appellatorische Kritik an der von der Vorinstanz
vorgenommenen Beurteilung des Sachverhalts darstellen - in Anwendung der
erwähnten Grundsätze von grundsätzlicher Bedeutung sein sollen oder weshalb es
sich um einen besonders bedeutenden Fall handeln soll. Das blosse Benennen von
Fragen mit angeblicher grundsätzlicher Bedeutung, die nicht auf der Hand liegt,
lässt keine Rückschlüsse darauf zu, warum diese grundsätzliche Bedeutung - und
damit die Eintretensvoraussetzung - gegeben sein soll. Auf die Beschwerde ist
somit mangels begründetem Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung nicht einzutreten.