Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 III 305



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Urteilskopf

139 III 305

45. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B.
(Beschwerde in Zivilsachen)
5A_372/2012 vom 18. April 2013

Regeste

Art. 3 und 936 ZGB; Art. 100 IPRG. Klage gegen den Besitzer eines gestohlenen
Gemäldes.
Auf den Besitz anwendbares Recht (E. 3.1 und 4.1).
Beurteilung des guten Glaubens des Erwerbers, insbesondere von ihm
anzustellende Nachforschungen (E. 3-5).

Sachverhalt ab Seite 305

BGE 139 III 305 S. 305

A. B. ist Kunstsammler und besitzt eine bedeutende Sammlung moderner
Kunstwerke. Im Juli 1989 kaufte er (über die als Käuferin auftretende C.
Limited) das Gemälde "Diener mit Samowar" (...). Das Gemälde ist ein Werk des
russischen Künstlers Kasimir Malewitsch. Er hatte es in der Schaffensphase des
sogenannten "Kubo-Futurismus" 1914 gemalt und es wird der russischen Avantgarde
zugerechnet. Der Verkauf des Bildes erfolgte in Kommission, wobei als
Verkäuferin D. von der Galerie E. in Genf auftrat. Der hinter dem
BGE 139 III 305 S. 306
Verkauf stehende Veräusserer blieb B. unbekannt. Der Kaufpreis betrug 1,05 Mio.
USD. Das Gemälde befindet sich bis heute im Besitz von B.

B. Am 23. März 2004 klagte A. am Bezirksgericht Meilen gegen B. auf Herausgabe
des erwähnten Gemäldes zu unbeschwertem Eigentum. Er machte geltend, sein Vater
habe das Gemälde 1970 erworben und es sei 1978 aus der elterlichen Wohnung im
damaligen Leningrad (heute St. Petersburg) gestohlen worden. Als Alleinerbe
seiner 1985 und 1999 verstorbenen Eltern stehe ihm der Herausgabeanspruch am
Gemälde zu.
Das Bezirksgericht wies die Klage mit Urteil vom 21. Dezember 2010 ab.

C. Am 30. Dezember 2010 erklärte A. Berufung an das Obergericht des Kantons
Zürich. Er verlangte die Aufhebung des bezirksgerichtlichen Urteils und die
Gutheissung der Klage, allenfalls die Rückweisung an das Bezirksgericht zur
Neubeurteilung. Mit Urteil vom 5. April 2012 wies das Obergericht die Klage ab.

D. Am 15. Mai 2012 hat A. (Beschwerdeführer) Beschwerde in Zivilsachen erhoben.
Er beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und B. (Beschwerdegegner)
zu verurteilen, ihm das Gemälde "Diener mit Samowar" von Kasimir Malewitsch zu
unbeschwertem Eigentum herauszugeben. Eventualiter sei die Angelegenheit an das
Obergericht zurückzuweisen. (...)
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie
einzutreten sei. Eventualiter und für den Fall der Rückweisung sei der
Sachverhalt zu berichtigen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Angelegenheit an das
Obergericht zu neuem Entscheid zurück.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Die vorliegende Herausgabeklage untersteht Schweizer Recht (sogleich E.
3.1). Zu beurteilen ist sie - wie vor der Vorinstanz - unter dem Aspekt von
Art. 934 und 936 ZGB (Besitzesrechts- oder Fahrnisklage; unten E. 3.2). Der
Beschwerdeführer beruft sich nicht mehr auf Art. 641 Abs. 2 ZGB (Vindikation,
Eigentumsklage), so dass diese Anspruchsgrundlage ausser Betracht bleibt.
BGE 139 III 305 S. 307

3.1 Die Anwendbarkeit von Schweizer Recht stützt sich auf Art. 100 Abs. 2 IPRG
(SR 291), wovon auch das Obergericht ausgegangen ist. Der Beschwerdegegner hat
das Gemälde unbestrittenermassen in der Schweiz erworben (vgl. Art. 100 Abs. 1
IRPG) und es befindet sich immer noch hier. Nach Art. 100 Abs. 2 IPRG
unterstehen Inhalt und Ausübung dinglicher Rechte (wozu auch die an den Besitz
geknüpften Befugnisse zählen) an beweglichen Sachen dem Recht am Ort der
gelegenen Sache (sog. lex rei sitae). Die Herausgabeklage richtet sich somit
nach den Normen des Staates, in dem sich die herausverlangte Fahrnissache
befindet, d.h. vorliegend nach Schweizer Recht (Urteil 5A_88/2011 vom 23.
September 2011 E. 4; PIUS FISCH, in: Basler Kommentar, Internationales
Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 55 zu Art. 100 IPRG).

3.2

3.2.1 Gemäss Art. 934 Abs. 1 ZGB kann der Besitzer, dem eine bewegliche Sache
gestohlen wird oder verlorengeht oder sonst wider seinen Willen abhandenkommt,
sie während fünf Jahren jedem Empfänger abfordern. Auf den guten Glauben des
Empfängers kommt es dabei grundsätzlich nicht an (vgl. allerdings Art. 934 Abs.
2 ZGB und Art. 935 ZGB). Für Kulturgüter im Sinne des Bundesgesetzes vom 20.
Juni 2003 über den internationalen Kulturgütertransfer
(Kulturgütertransfergesetz, KGTG; SR 444.1), das am 1. Juni 2005 in Kraft
getreten ist, gilt eine einjährige relative und eine dreissigjährige absolute
Verjährungsfrist (Art. 934 Abs. 1^bis ZGB). Vorliegend ist dieses Gesetz bzw.
die dadurch bewirkte Änderung des ZGB nicht anwendbar, da der fragliche
Erwerbsvorgang vor dem 1. Juni 2005 stattgefunden hat (Art. 33 KGTG; WOLFGANG
ERNST, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 17l zu
Art. 934 ZGB; vgl. auch BGE 131 III 418 E. 3.2.2 S. 427 f.). Es bleibt somit
bei der Massgeblichkeit der Fünfjahresfrist gemäss Abs. 1 von Art. 934 ZGB.
Wer den Besitz einer beweglichen Sache nicht in gutem Glauben erworben hat,
kann vom früheren Besitzer jederzeit auf Herausgabe belangt werden (Art. 936
Abs. 1 ZGB). Da die Fünfjahresfrist gemäss Art. 934 Abs. 1 ZGB längst
abgelaufen ist, bleibt einzig zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer das Bild
gestützt auf Art. 936 Abs. 1 ZGB herausfordern kann. Im Vordergrund steht die
Frage nach dem guten Glauben des Beschwerdegegners in die
Verfügungsberechtigung des Veräusserers (unten E. 5). Daneben stellen sich
BGE 139 III 305 S. 308
Fragen der Aktiv- und Passivlegitimation, die vorliegend nicht abschliessend
beantwortet werden können (unten E. 4 und 5.5).

3.2.2 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person
knüpft, ist dessen Dasein zu vermuten (Art. 3 Abs. 1 ZGB). Der Erwerber einer
Sache gilt grundsätzlich als gutgläubig. Demgemäss trägt bei der Klage nach
Art. 936 ZGB der frühere Besitzer die Beweislast für den bösen Glauben des
Erwerbers (EMIL W. STARK, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2001, N. 6 zu Art. 936 ZGB
). Der Gutglaubensschutz versagt indessen nicht nur bei Bösgläubigkeit, sondern
auch dann, wenn der gutgläubige Erwerber den Rechtsmangel nicht kennt, weil er
beim Erwerb der Sache jene Aufmerksamkeit vermissen liess, die von ihm nach den
Umständen verlangt werden durfte (Art. 3 Abs. 2 ZGB). Wird nicht die nach den
Umständen gebotene Aufmerksamkeit aufgewendet, zieht dies die gleichen
Rechtsfolgen nach sich wie die Bösgläubigkeit. Die Nichtbeachtung der gebotenen
Aufmerksamkeit ist allerdings nur von Bedeutung, wenn sie für die fehlende
Kenntnis vom Rechtsmangel kausal ist; andernfalls ist sie unbeachtlich (BGE 122
III 1 E. 2a S. 3). Auch hier obliegt die Beweislast, entsprechend der
Vorschrift von Art. 8 ZGB, demjenigen, der die Sache herausverlangt. Dieser hat
die Umstände nachzuweisen, aus denen er die mangelnde Aufmerksamkeit ableitet (
BGE 113 II 397 E. 2 S. 399). Rechtsfrage ist hingegen das Mass der gebotenen
Aufmerksamkeit und die Frage, inwieweit der Beklagte ihr nachgekommen ist (BGE
131 III 418 E. 2.3.1 S. 421 mit Hinweisen).
Der Grad der Aufmerksamkeit, der vom Erwerber verlangt werden darf, richtet
sich nach den Umständen. Was dies im Einzelfall bedeutet, ist weitgehend eine
Ermessensfrage (Art. 4 ZGB; BGE 131 III 418 E. 2.3.2 S. 421 f.). In die
Abwägung einzubeziehen ist insbesondere eine in der betreffenden Branche
herrschende Verkehrsübung, wobei allenfalls übliche Nachlässigkeiten nicht zu
einer Herabsetzung der Sorgfaltsanforderungen führen können (BGE 113 II 397 E.
2b S. 399). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts besteht keine
allgemeine Erkundigungspflicht des Erwerbers nach dem Vorliegen der
Verfügungsmacht des Veräusserers; nur wenn konkrete Verdachtsgründe vorliegen,
müssen die näheren Umstände abgeklärt werden (BGE 122 III 1 E. 2a/aa S. 3; BGE
131 III 418 E. 2.3.2 S. 422; je mit Hinweisen). Höhere Anforderungen sind an
jene Geschäftszweige zu stellen, die dem Angebot von Waren
BGE 139 III 305 S. 309
zweifelhafter Herkunft und folglich mit Rechtsmängeln behafteter Sachen in
besonderem Masse ausgesetzt sind, wie es beim Handel mit Gebrauchtwaren aller
Art der Fall ist (BGE 113 II 397 E. 2b S. 399 f.). Auch wenn damit keine
generelle Erkundigungspflicht statuiert wird, ergibt sich in diesen Fällen eine
Abklärungs- bzw. Erkundigungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung
des Veräusserers nicht erst bei konkretem Verdacht des Rechtsmangels, sondern
bereits, wenn aufgrund der Umstände Anlass zu Misstrauen besteht (BGE 122 III 1
E. 2a/aa S. 3; BGE 131 III 418 E. 2.3.2 S. 422). Diese erhöhten
Sorgfaltsanforderungen beschränken sich nicht auf den Händler im kaufmännischen
Verkehr; entscheidend ist vielmehr die Branchenvertrautheit des Erwerbers (BGE
131 III 418 E. 2.3.2 S. 422; BGE 122 III 1 E. 2a/bb S. 4 und E. 2b/aa S. 5;
vgl. auch BGE 119 II 23 E. 3c/aa S. 27).

4.

4.1 Das Obergericht hat in einem ersten Schritt die Aktivlegitimation des
Beschwerdeführers bejaht. Dazu genüge der frühere selbständige oder
unselbständige Besitz des Beschwerdeführers und das unfreiwillige
Abhandenkommen desselben. Auf eine weitergehende Berechtigung des
Beschwerdeführers an der Sache komme es jedoch nicht an. Ob solcher Besitz
vorhanden gewesen sei, entscheide sich nach schweizerischem Recht.
Der Beschwerdegegner wendet sich gegen diese Erwägungen. Dabei weist er zu
Recht darauf hin, dass sich der Besitzerwerb des Vaters des Beschwerdeführers
in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts nach dem damaligen Lageort des
Bildes, d.h. nach russischem bzw. sowjetischem Recht richten würde. Nach der
Rechtsprechung zum vor 1989 geltenden internationalen Privatrecht der Schweiz
(vgl. Art. 196 IPRG), die in Art. 100 Abs. 1 IPRG kodifiziert wurde,
unterstehen Erwerb und Verlust dinglicher Rechte an beweglichen Sachen dem
Recht des Staates, in dem die Sache im Zeitpunkt des Vorgangs liegt, aus dem
Erwerb oder Verlust hergeleitet werden. Dieses Prinzip gilt nicht nur für den
Erwerb dinglicher Rechte, sondern auch des Besitzes (Urteile 5A_88/2011 vom 23.
September 2011 E. 4; 5C.16/1998 vom 28. Mai 1998 E. 3c/bb; STARK, a.a.O., N. 74
vor Art. 930-937 ZGB). Der Beschwerdegegner bestreitet zwar die tatsächlichen
Grundlagen des Besitzes des Beschwerdeführers bzw. dessen Vaters (dazu
sogleich). Für den Fall, dass diese Einwände unbegründet sein sollten,
behauptet er aber nicht, dass das
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russische bzw. das damalige sowjetische Recht keinen Tatbestand des Besitzes
kenne oder gekannt habe, den der Vater des Beschwerdeführers erfüllt hätte
(vgl. Art. 96 lit. b BGG und Art. 16 IPRG). Nach der Verbringung des Gemäldes
in die Schweiz bestimmen sich der Inhalt und die Ausübung des früheren Besitzes
nach Schweizer Recht (vgl. Art. 100 Abs. 2 IPRG; STARK, a.a.O., N. 81 f. vor
Art. 930-937 ZGB), womit dem ehemaligen Besitzer die Klage nach Art. 934 und
936 ZGB zur Verfügung steht. Auf die allfällige Berechtigung des
Beschwerdeführers (oder seines Vaters) am Bild, die sich nach russischem bzw.
sowjetischem Recht richten würde, kommt es entgegen der Ansicht des
Beschwerdegegners für die Frage der Aktivlegitimation zur Klage nach Art. 936
Abs. 1 ZGB zunächst nicht an. Die Behauptung, dass das angeblich bereits im
Jahre 1917 erstmals abhandengekommene Gemälde seither in Russland bzw. der
Sowjetunion nie habe gutgläubig erworben werden können, beschlägt die Frage des
Eigentums bzw. der Einrede gemäss Art. 936 Abs. 2 ZGB. Dazu hat sich die
Vorinstanz noch nicht geäussert.
In tatsächlicher Hinsicht hat das Obergericht festgehalten, der Vater des
Beschwerdeführers habe das fragliche Bild um 1973/74 besessen. Dies ergebe sich
einerseits aus der Aussage des Zeugen F., denn dieser habe das Bild damals in
der Wohnung des Vaters gesehen. Dass F. sich - wie in einem Schreiben von 1975
belegt - nicht mehr an die genaue Beschaffenheit des Gemäldes erinnern konnte,
ändere nichts an seiner Glaubwürdigkeit, zumal er in einem Werkkatalog
dokumentiert habe, dass sich das Bild im Besitz der Familie des
Beschwerdeführers befunden habe. Andererseits diene die für den Erwerb
vorgelegte Urkunde vom 19. September 1970 als Indiz für den Besitz, auch wenn
sie bestenfalls eine Quittung darstelle (Bestätigung des Verkaufs des Gemäldes
durch G. an den Vater des Beschwerdeführers). Der Beschwerdegegner bestreitet
diese Erwägungen, setzt ihnen aber einzig seine eigene Interpretation des
fraglichen Schreibens von F. entgegen und geht auf die Quittung inhaltlich
nicht näher ein. Damit vermag er keine Willkür bei der Beweiswürdigung
aufzuzeigen.
Gestützt auf zwei Strafurteile des Wyborg-Bezirksgerichts von Leningrad aus den
Jahren 1979 und 1983 hat das Obergericht sodann den Diebstahl des Gemäldes aus
der Wohnung der Eltern des Beschwerdeführers im Jahre 1978 als nachgewiesen
erachtet. Der Beschwerdegegner zieht in erster Linie die Echtheit der Urteile
in Zweifel, doch
BGE 139 III 305 S. 311
nennt er keinen Anhaltspunkt, weshalb die vorliegenden Dokumente gefälscht sein
sollen. Nicht willkürlich ist es, wenn das Obergericht aus der Tatsache, dass
das Wyborg-Bezirksgericht auf ein Auskunftsbegehren des Bezirksgerichts Meilen
nicht reagiert hat, nichts Nachteiliges abgeleitet hat.
Die vorinstanzliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer Alleinerbe seiner
Eltern ist, wird vor Bundesgericht nicht angefochten.

4.2 Unklar ist die Haltung der Vorinstanz zur Frage, ob der Beschwerdegegner
überhaupt von einem Nichtberechtigten erworben hat. Der gute oder böse Glaube,
auf den es vorliegend ankommt, bezieht sich auf die Berechtigung des
Veräusserers, über die Sache zu verfügen. Wenn diese Berechtigung gegeben ist,
so hat der Käufer von einem Berechtigten erworben und das Wissen oder
Wissenmüssen um das frühere Abhandenkommen ist - unter dem Vorbehalt des
Rechtsmissbrauchs - bedeutungslos (vgl. STARK, a.a.O., N. 17 zu Art. 936 ZGB).
Auf Sachverhaltsebene konnte insoweit einzig erstellt werden, dass der
Veräusserer dem Beschwerdegegner gegenüber anonym blieb und das Gemälde im
Zeitpunkt des Kaufs (1989) bereits mehrere Jahre im Safe einer Genfer Bank lag.
Wie es dorthin gelangte, wurde nicht geklärt.
Das Bezirksgericht ist davon ausgegangen, der Beschwerdegegner habe
diesbezüglich die Verfügungsberechtigung des Verkäufers nicht rechtsgenüglich
behauptet. Das Obergericht hat Erwägungen dazu angestellt, was gälte, wenn
einige Äusserungen des Beschwerdegegners allenfalls doch als sinngemässe
Behauptung aufgefasst würden. Es hat dazu jedoch nicht klar Stellung genommen.
Dies war auch nicht erforderlich, da es die Klage aus anderem Grunde abgewiesen
hat. Der Beschwerdeführer bezeichnet die obergerichtlichen Erwägungen als
versteckte Alternativbegründung und greift sie inhaltlich an. Da die Auffassung
des Obergerichts unklar ist, kann das Bundesgericht zu ihr und zu den
diesbezüglichen Beschwerdegründen derzeit keine Stellung nehmen. Soweit die
damit verbundenen Fragen entscheidwesentlich werden, wird das Obergericht
darüber in eindeutiger Weise zu befinden haben (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG;
vgl. unten E. 5.5).

5. Für den Fall, dass ein Erwerb von einem Nichtberechtigten vorliege, ist das
Obergericht zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdegegner den Rechtsmangel
weder kannte noch kennen musste. Die getroffenen Vorsichtsmassnahmen hat es als
genügend erachtet.
BGE 139 III 305 S. 312

5.1 Zunächst steht für das Obergericht fest, dass der Beschwerdegegner nicht
tatsächlich vom Diebstahl oder dem Mangel der Verfügungsbefugnis des
Veräusserers wusste. Insbesondere hätten ihm weder die Familie des
Beschwerdeführers, die der Beschwerdegegner im Jahre 1988 in Leningrad besucht
und deren Kunstsammlung er besichtigt habe, Entsprechendes mitgeteilt, noch
habe sich die vom Beschwerdegegner beigezogene Expertin H. in diesem Sinne
geäussert.
Die Umstände des Kaufes hätten sodann weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit zu
Misstrauen Anlass gegeben. Das umstrittene Gemälde "Diener mit Samowar" von
Kasimir Malewitsch sei zum Zeitpunkt des Kaufs durch den Beschwerdegegner zwar
in einem schlechten Zustand gewesen und ungerahmt verkauft worden, doch habe
nicht nachgewiesen werden können, dass es aus dem Rahmen geschnitten worden
sei. Zur Marktsituation hat das Obergericht festgestellt, es sei im Jahre 1989
selten gewesen, dass ein Originalgemälde von Malewitsch auf dem Markt
auftauche. Vor dem Erwerb habe der Beschwerdegegner das Bild durch H., die eine
Kennerin der russischen Avantgarde sei, auf seine Echtheit hin prüfen lassen.
H. habe die Prüfung bei der Bank, wo das Bild lagerte, vorgenommen und sie habe
es als echt beurteilt. Zudem habe sie dem Beschwerdegegner ein ihr zugetragenes
Gerücht mitgeteilt, wonach sich auf dem Markt ein gestohlenes Bild von
Malewitsch befinde. Das Obergericht hat jedoch als nicht erstellt erachtet,
dass H. das Gerücht klar auf das Bild "Diener mit Samowar" bezogen oder dem
Beschwerdegegner diesbezüglich einen Rat erteilt habe. Auch hinsichtlich der
Verkäuferseite hat das Obergericht keine Vorbehalte angebracht: Erworben habe
der Beschwerdegegner das Bild über die Galerie E. in Genf und unter Einbezug
der Galerie I., wobei die Rolle der letztgenannten Galerie vom Obergericht
nicht genauer erläutert wird. Die Galerien hätten keinen unseriösen oder
schlechten Ruf gehabt. Allerdings hätte die Galerie E. damals finanzielle
Schwierigkeiten gehabt. Auf russische Kunst sei die Galerie E. zwar nicht
spezialisiert gewesen, sie habe aber einen gewissen Bezug dazu gehabt, auch
wenn nicht klar sei, ob dieser Bezug zur Kunst der russischen Avantgarde
bestanden habe. Sporadisch habe die Galerie E. zudem auch Kunst im
Hochpreissegment angeboten. Ein Bezug zur russischen Kunst habe sodann über J.
von der Galerie I. bestanden. Gemäss Kaufvertrag sei D. von der Galerie E. als
Verkäuferin aufgetreten, wobei sie als Kommissionärin gehandelt habe. Dass sie
BGE 139 III 305 S. 313
nicht Eigentümerin des Bildes gewesen sei, sei dem Beschwerdegegner bekannt
gewesen. Der Beschwerdegegner habe nämlich vor Kaufvertragsabschluss über J.
von der Galerie I. eine Bestätigung von D. über das Verfügungsrecht des
Veräusserers einholen lassen. Darin habe D. bestätigt, dass ihr der aktuelle
Eigentümer des Bildes zugesichert habe, dass er der einzige und alleinige
Besitzer des Bildes sei, sich das Bild seit mehreren Jahren in einem Banktresor
befinde und der Eigentümer des Bildes der Bank folglich seit mehreren Jahren
bekannt sei. Im Kaufvertrag habe D. sodann die Echtheit des Bildes garantiert
und dass sie als Verkäuferin berechtigt und in der Lage sei, das Eigentum am
Bild rechtmässig im Sinne von Art. 641 ff. ZGB zu übertragen. Zu den
Gepflogenheiten auf dem Kunstmarkt hat das Obergericht festgestellt, es sei zum
damaligen Zeitpunkt nicht unüblich gewesen, dass der wahre Veräusserer dem
Erwerber unbekannt geblieben sei. Der Kaufpreis von 1,05 Mio. USD sei nicht
ungewöhnlich niedrig.
Ausserdem habe das Auktionshaus K. in Genf im Mai 1989 das fragliche Gemälde
zunächst für 1 Mio. USD kaufen wollen, den zugesicherten Erwerb dann aber
abgelehnt (an anderer Stelle spricht das Obergericht von der geplanten Aufnahme
des Gemäldes in eine Auktion). Die Ablehnung des Kaufs sei dem Beschwerdegegner
bekannt gewesen. Er habe daraufhin mit L., dem damaligen Leiter von K. Schweiz,
Kontakt aufgenommen. Aufgrund der im Recht liegenden Korrespondenz sei davon
auszugehen, dass K. vom Geschäft absah, weil die sowjetischen Behörden den Kauf
nicht bewilligen würden, da das Bild die Sowjetunion illegal verlassen habe,
und K. die Kontakte zur Sowjetunion nicht gefährden wollte. Damit sei für den
Beschwerdegegner eine nachvollziehbare Erklärung für den Rücktritt von K. vom
Kauf vorgelegen. Tatsächlich sei es - so das Obergericht - im fraglichen
Zeitraum verboten gewesen, russische Bilder, die vor 1945 entstanden seien, aus
der Sowjetunion zu exportieren. Der Beschwerdegegner habe um die Illegalität
der Ausfuhr gewusst. Unbestritten geblieben sei, dass der Beschwerdegegner sich
bei Interpol nach dem Bild erkundigt habe. Da die Sowjetunion 1989 nicht
Mitglied von Interpol gewesen sei, sei die Erkundigung ergebnislos geblieben.
Nicht nachgewiesen erschien dem Obergericht die Behauptung des
Beschwerdegegners, dass sich D. vor dem Verkauf bei der sowjetischen Botschaft
telefonisch nach dem Bild erkundigt habe, wobei sich keine Hinweise auf
Rechtsmängel ergeben hätten. Nach Einschätzung des Obergerichts seien weitere
BGE 139 III 305 S. 314
Vorsichtsmassnahmen unnötig gewesen bzw. hätten nicht zur Aufdeckung des
Rechtsmangels geführt.

5.2 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der Beschwerdegegner nicht
effektiv um den Rechtsmangel wusste. Zu prüfen ist hingegen, ob der
Beschwerdegegner genügend Sorgfalt hat walten lassen, so dass er sich auf
seinen guten Glauben berufen darf.

5.2.1 Dabei ist die Vorinstanz grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen, dass
die Sorgfaltsanforderungen im Jahre 1989 nicht danach bestimmt werden können,
was heute über den Umfang des unrechtmässigen Entzugs von Kunst und
Kulturgütern in den Staaten des ehemaligen Ostblocks bekannt ist. In diesem
Sinne ist das Ergebnis des Beweisverfahrens zu berücksichtigen, wonach 1989 in
der Kunstbranche bzw. allgemein nicht bekannt gewesen sei, dass aus der
Sowjetunion geschmuggelte Kunst in der Regel geraubt oder sonst wie dem
Eigentümer abhandengekommen sei, während nach heutigem Wissensstand eine solche
Vermutung naheliege. Ebenso ist in diesem Rahmen der auf ein Gutachten
gestützte Schluss des Obergerichts zu würdigen, wonach Provenienzabklärungen
1989 zwar üblich gewesen seien, sie sich aber auf die Echtheit und allfällige
renommierte Vorbesitzer des Kaufobjekts konzentriert hätten und sich ihr Inhalt
erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Aufkommen der
Raubkunstdiskussion auf die Klärung der Verfügungsberechtigung verschoben habe.
Der Beschwerdeführer greift die Feststellungen über das Erfahrungswissen im
Jahre 1989 nicht inhaltlich an (zur Kritik an der Person des Gutachters unten
E. 5.2.5), macht jedoch geltend, der Kunsthandel sei ganz allgemein ein
Geschäftszweig im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, der dem Angebot
von Waren zweifelhafter Herkunft und folglich mit Rechtsmängeln behafteter
Sachen in besonderem Masse ausgesetzt sei. Das Obergericht hat jedoch keinen
allgemeinen Erfahrungssatz angenommen, dass der spezifische, in Frage stehende
Markt (Verkauf von Werken der klassischen Moderne aus der Sowjetunion im Westen
vor der Wende) in besonderem Masse dem Angebot von Waren zweifelhafter Herkunft
ausgesetzt sei, sondern die Vorinstanzen haben sich für die Abklärung dieser
Frage auf ein Gutachten stützen müssen, welches zum Schluss gekommen ist, dass
dies - nach damaligem Kenntnisstand - nicht der Fall gewesen sei. Insoweit geht
es nicht um einen Schluss aus der allgemeinen Lebenserfahrung, der für das
Bundesgericht frei
BGE 139 III 305 S. 315
überprüfbar wäre (BGE 130 III 182 E. 5.5.2 S. 192 mit Hinweisen), sondern um
Beweiswürdigung (vgl. zur Abgrenzung HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar,
2012, N. 99 ff. zu Art. 8 ZGB). Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Ob
nach heutigem Kenntnisstand ein entsprechender allgemeiner Erfahrungssatz für
Teile des Kunsthandels aufgestellt werden müsste, braucht nicht beurteilt zu
werden (vgl. dazu REGULA BERGER-RÖTHLISBERGER, Sorgfalt bei der Übertragung und
beim Erwerb von Kulturgütern, 2009, S. 148 f.; CHARLOTTE WIESER, Gutgläubiger
Fahrniserwerb und Besitzesrechtsklage, 2004, S. 96 f.).

5.2.2 Zur Person des Beschwerdegegners hat das Obergericht festgehalten, er sei
zwar kein Kunsthändler, aber ein angesehener Kunstsammler und Inhaber einer
bedeutenden Sammlung moderner Kunst. Daraus hat das Obergericht zu Recht
abgeleitet, er sei als mit der Kunstbranche vertraut zu betrachten. Entgegen
dem, was der Beschwerdegegner vorbringt, ist seine Branchenvertrautheit für die
an ihn zu stellenden Sorgfaltsanforderungen von Bedeutung, ohne dass es dabei
darauf ankommt, ob er Kunsthändler ist oder nicht (vgl. oben E. 3.2 am Ende).

5.2.3 Aus dem Gesagten folgt, dass zwar - nach damaligem Kenntnisstand - kein
Markt vorlag, auf dem in erhöhtem Masse mit zweifelhaften Gegenständen
gerechnet werden musste. Für die Frage, ob dem Beschwerdegegner Verdachtsgründe
erkennbar waren, ist jedoch seine Branchenvertrautheit zu berücksichtigen. Es
ist demnach zu untersuchen, ob ihm die nachgewiesenen Umstände Anlass zu
entsprechendem Verdacht hätten sein müssen.

5.2.4 Für diese Beurteilung von entscheidender Bedeutung ist die Warnung von
H., dass sich ein gestohlenes Bild von Malewitsch auf dem Markt befinde. Darin
könnte ein Umstand liegen, der den Beschwerdegegner zu weiteren
Vorsichtsmassnahmen hätte veranlassen müssen.
Dabei ist eine vom Bundesgericht nur unter Willkürgesichtspunkten zu prüfende
Tatfrage (Art. 97 Abs. 1 BGG), was H. dem Beschwerdegegner gesagt und was der
Beschwerdegegner effektiv verstanden hat; hingegen ist eine frei zu prüfende
Rechtsfrage, wie er ihre Aussagen verstehen durfte und musste und welche
Bedeutung die festgestellten Aussagen für die nach Art. 3 Abs. 2 ZGB
massgeblichen Umstände und seinen guten Glauben aufweisen.
BGE 139 III 305 S. 316
Zunächst ist auf die Verwertbarkeit der Aussagen von H., ihre Glaubwürdigkeit
und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen einzugehen. Das Obergericht und das
Bezirksgericht, auf dessen Ausführungen das Obergericht verweist, haben sich zu
diesen Themen einlässlich geäussert. Beide Instanzen gingen davon aus, es
bestehe kein Grund zur Annahme, dass H. aufgrund ihrer vorprozessualen
Befragung im Jahre 2002 (pre-trial discovery des US-amerikanischen Rechts)
anlässlich der nachfolgenden, rechtshilfeweisen Einvernahme im Jahre 2009, auf
die es entscheidend ankomme, nicht mehr frei und unbefangen geantwortet hätte.
Das Obergericht berücksichtigte zudem, dass auch weitere vorprozessuale
Kontakte zwischen dem Beschwerdeführer und H. aktenkundig seien. Ihre
Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage sah das Obergericht
jedoch nicht beeinträchtigt. Insbesondere wies es darauf hin, dass H. auch auf
eindringliches Befragen hin gegenüber ihrer spontanen Aussage keine relevanten
Zugeständnisse gemacht habe und dass ihre Aussagen hinsichtlich der Mitteilung
eines Gerüchts einheitlich seien, auch wenn sich in ihren Aussagen im Übrigen
Widersprüche fänden. Der Beschwerdegegner hält ihre Aussagen wegen der Kontakte
des Beschwerdeführers zu ihr nach wie vor für unverwertbar und sie seien auch
widersprüchlich. Auch unter Beachtung der Vorbringen in der Beschwerdeantwort
besteht jedoch kein Anlass, auf die Frage der Verwertbarkeit und der
grundsätzlichen Glaubwürdigkeit zurückzukommen. Es ist insbesondere weder
ersichtlich, dass die Vorinstanz § 148 der Zürcher Zivilprozessordnung vom 13.
Juni 1976 (ehemals LS 271) betreffend freie Beweiswürdigung willkürlich
angewandt hätte noch dass sich das Obergericht bei der Beurteilung der
Glaubwürdigkeit von unhaltbaren Kriterien leiten liess.
Aufgrund der vorinstanzlichen Beweiswürdigung steht fest, dass H. den
Beschwerdegegner im Zusammenhang mit der Mitteilung ihres Prüfberichts (über
die Echtheit des Gemäldes) über ein Gerücht informierte, dass sich auf dem
Markt ein gestohlenes Malewitsch-Bild befinde. Die Behauptung des
Beschwerdegegners mag zwar zutreffen, dass er (der Beschwerdegegner) vor
Gericht zu Protokoll gegeben habe, von H. kein solches Gerücht vernommen zu
haben, doch lässt dies die gegenteilige obergerichtliche Beweiswürdigung nicht
als willkürlich erscheinen. Das Obergericht hat weiter erwogen, es sei
allerdings nicht erstellt, dass H. das Gerücht klar auf das Bild "Diener mit
Samowar" bezogen habe oder dass sie den Beschwerdegegner darauf hingewiesen
oder ihm einen Rat gegeben
BGE 139 III 305 S. 317
habe. Der Beschwerdeführer rügt dies als willkürlich und verweist auf
zahlreiche Belegstellen aus der Einvernahme vom 11. August 2009.
Eine Sachverhaltsergänzung und Behandlung der verschiedenen zitierten
Belegstellen erweist sich als unnötig. Bereits auf Grundlage des vom
Obergericht festgestellten Sachverhalts lässt sich die Rechtsfrage behandeln,
wie der Beschwerdegegner die Äusserung von H. verstehen durfte und musste.
Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer nicht bestreitet, dass H. dem
Beschwerdegegner keinen ausdrücklichen Rat gab, z.B. Recherchen zu betreiben
oder vom Kauf Abstand zu nehmen. Zu prüfen ist, ob die Mitteilung des Gerüchts,
dass sich auf dem Markt ein gestohlenes Gemälde von Malewitsch befinde,
ernsthaft und konkret genug war, um beim Beschwerdegegner einen hinreichenden
Verdacht zu wecken und ihn zu verstärkter Vorsicht anzuhalten, d.h. ob er auch
von sich aus, gestützt auf den allgemein gehaltenen Hinweis durch H., darauf
hätte schliessen sollen, dass es sich beim Bild "Diener mit Samowar" um das
gestohlene Gemälde handeln könnte. Dazu ist von Bedeutung, dass er das Gerücht
nicht aus irgendeiner Quelle vernommen hat, sondern von einer Kunstexpertin,
die er als seine Vertrauensperson zur Prüfung der Echtheit des Gemäldes "Diener
mit Samowar" ausgesucht hatte. Sie erwähnte das Gerücht auch nicht irgendwann,
sondern im Rahmen einer Beratung über ein konkretes Gemälde von Malewitsch.
Insoweit durfte und musste der Beschwerdegegner davon ausgehen, dass sie ihm
nicht irgendwelche unhaltbaren Gerüchte erzählen wird, die mit dem Gegenstand
ihres Gesprächs nichts zu tun haben, sondern mit der Information einen Zweck
verfolgte und sie selber der Meinung war, dass das fragliche Bild Gegenstand
des Gerüchts sein könnte. Wäre sie nicht dieser Auffassung gewesen, so hätte
sie keinen Anlass gehabt, ihm das Gerücht überhaupt mitzuteilen, oder dann nur
in dem Sinne, dass zwar ein Gerücht zirkuliere, er sich davon aber keinesfalls
verunsichern lassen solle, da es aus diesem oder jenem Grunde ausgeschlossen
sei, dass das Bild "Diener mit Samowar" gemeint sei. Ein Bezug zwischen der
Mitteilung des Gerüchts und dem streitgegenständlichen Bild ergibt sich somit
ohne weiteres aus den Umständen. Dies gilt umso mehr, als es nach den
obergerichtlichen Feststellungen selten war, dass ein Originalgemälde von
Malewitsch auf dem Markt angeboten wurde. Das Gerücht konnte sich demnach nicht
ebenso gut auf unzählige andere Werke Malewitschs beziehen,
BGE 139 III 305 S. 318
die gerade im Handel waren. Folglich lagen genügend konkrete Verdachtsmomente
vor, die den Beschwerdegegner zu weiteren Abklärungen hätten veranlassen
müssen.

5.2.5 Bei diesem Ergebnis ist nicht nötig, im Einzelnen auf die ausufernde
Kritik des Beschwerdeführers am angefochtenen Urteil und seinen Versuch
einzugehen, zahlreiche weitere Umstände ebenfalls als Verdachtselemente
hinzustellen. Umgekehrt vermögen diese Nebenumstände allerdings auch nicht, den
durch das Gerücht entstandenen Verdacht von vornherein zu entkräften. Auf diese
Umstände und die entsprechenden Rügen ist nachfolgend insoweit einzugehen, wie
zur Darstellung der Gesamtzusammenhänge geboten:
Die Vorinstanz hat kein Verdachtsmoment darin gesehen, dass D. als
Kommissionärin handelte und dem Beschwerdegegner die Identität des wahren
Veräusserers unbekannt blieb. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist
diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Die Schlussfolgerung basiert auf der
vorinstanzlichen Tatsachenfeststellung, dass dies im Kunsthandel 1989 üblich
war, und diese Feststellung stützt sich auf die Aussage von L. als Zeuge und
auf ein Gutachten. Der Beschwerdeführer erachtet das Abstellen auf das
Gutachten als willkürlich, da der Gutachter aufgrund seines Alters (Jahrgang
1970) kein eigenes Erfahrungswissen über den Kunsthandel im Jahre 1989 gehabt
habe und sich deshalb auf Literaturrecherchen stützen musste. Mit diesem
Einwand hat sich das Bezirksgericht bereits in seinem Zirkulationsbeschluss vom
31. August 2009 befasst. Es hat ausgeführt, dies schliesse nicht aus, dass er
anderweitig die nötigen Kenntnisse habe. So ergebe sich aus den Publikationen
des Gutachters eine vertiefte Beschäftigung mit dem Kunsthandel der Gegenwart
und jüngeren Vergangenheit. Das Obergericht hat ergänzt, als Direktor eines
Auktionshauses sei der Gutachter prädestiniert zur Beantwortung von Fragen, was
im Kunsthandel üblich gewesen sei. Diese Überlegungen halten vor Bundesrecht
stand, abgesehen davon, dass das Gutachterergebnis auch durch die Aussage von
L. gestützt wird, die der Beschwerdeführer nicht angreift.
Anlass zu Verdacht sieht der Beschwerdeführer auch im damaligen Zustand des
Gemäldes. Da das Obergericht zwar ausgeführt hat, der Zustand des Bildes sei
schlecht gewesen, aber nicht näher erläutert hat, inwiefern der Zustand des
Bildes schlecht gewesen ist, und auch der Beschwerdeführer dies nicht tut, kann
er daraus auch nicht ableiten, dass kein redlicher Verkäufer ein solches Werk
in einem
BGE 139 III 305 S. 319
derart schlechten Zustand anbieten würde. Entgegen seinen Behauptungen ergibt
sich weder aus dem Ergänzungsgutachten, dass das Bild aus dem Rahmen
geschnitten war, noch hat der Beschwerdegegner solches zugestanden, denn die
vom Beschwerdeführer zitierte Aussage hat der Beschwerdegegner bereits wenig
später relativiert, worauf bereits das Bezirksgericht hingewiesen hat. Auch aus
der Lagerung in einem Safe kann nicht ohne weiteres gegen die Seriosität des
Verkäufers geschlossen werden. Dass die Bedingungen dort nicht ideal waren, mag
zutreffen oder nicht, stellt aber jedenfalls eine unbelegte Tatsachenbehauptung
dar.
Auch die Einwände gegen D. und ihre Galerie überzeugen nicht. Inwieweit die
finanziellen Probleme von D. dem Beschwerdegegner zum damaligen Zeitpunkt
bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, legt der Beschwerdeführer nicht
dar, so dass er auch daraus nichts ableiten kann. Es ist an dieser Stelle daran
zu erinnern, dass sich der gute Glaube auf den Kaufzeitpunkt bezieht und nicht
darauf, welche zusätzlichen Umstände im Nachhinein allenfalls bekannt oder
erkennbar werden. Wenn der Beschwerdeführer zudem geltend macht, die Galerie
sei nicht auf russische Avantgarde spezialisiert gewesen und der Verkaufspreis
des Bildes "Diener mit Samowar" sei weit höher als derjenige bisher verkaufter
Werke, so unterstellt er damit - selbst wenn die Behauptungen zutreffen sollten
- jede Erweiterung des Geschäftsfelds einem unzulässigen Pauschalverdacht.
Auch die Kenntnis um die illegale Ausfuhr aus der Sowjetunion ist kein
Verdachtsmoment, dies wenigstens dann nicht, wenn eine legale Ausfuhr - wie
vorliegend - auch für den Berechtigten nicht möglich wäre (vgl. BGE 131 III 418
E. 2.4.4 S. 423 ff.; BGE 123 II 134 E. 6 S. 141 f.; Urteil 5C.16/1998 vom 28.
Mai 1998 E. 4.d/cc, in: SJ 1999 I S. 1).
Nach wie vor macht der Beschwerdeführer geltend, das Gemälde sei zu einem
auffällig tiefen Preis verkauft worden. Er will auf ein Privatgutachten
abstellen, das den damaligen Wert auf 4 bis 5 Mio. USD veranschlagt, übergeht
aber die zutreffende vorinstanzliche Auffassung, dass es sich dabei nicht um
ein Beweismittel handle (vgl. BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88). Soweit er nach wie
vor das Gerichtsgutachten zu dieser Frage in Zweifel zieht und dessen
Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit bestreitet, so ist daran
zu erinnern, dass sich bereits das Bezirksgericht (auf dessen
BGE 139 III 305 S. 320
Erwägungen das Obergericht verweist) mit entsprechenden Einwänden befasst und
begründet hat, weshalb nach Einholung des Ergänzungsgutachtens dennoch der
Schätzung des Gerichtsgutachters gefolgt werden könne. Der Beschwerdeführer ist
der Ansicht, dass die gerichtliche Begründung den Anforderungen von Art. 29
Abs. 2 BV (Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs) nicht
genügt. Dies ist nicht der Fall, denn das Bezirksgericht hat dargelegt, wieso
es das Ergänzungsgutachten für genügend begründet hält, nämlich deshalb, weil
dem Gericht plausibel gemacht worden sei, woraus der Gutachter seine Schlüsse
gezogen habe. Es ist nicht nötig, dass es die Begründung des Gutachters im
Urteil noch einmal wiedergibt (vgl. zu den Begründungsanforderungen BGE 134 I
83 E. 4.1 S. 88). Das Obergericht ist auch deshalb davon ausgegangen, dass der
Kaufpreis des Bildes nicht auffällig tief gewesen sei, weil zuvor vorgesehen
war, dass K. es zu einem Preis von 1 Mio. USD kaufe. Der Beschwerdeführer
bestreitet dies mit einem Hinweis auf eine protokollierte Aussage von D.,
wonach nicht K. diesen Preis offeriert habe, sondern der anonyme Veräusserer
ihn verlangt habe, womit daraus für den wahren Wert nichts abgeleitet werden
könne. Das Bezirksgericht hat allerdings festgestellt, dass K. diesen Preis
offeriert habe. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er habe diese
Tatsachenfeststellung bereits vor Obergericht angefochten. Selbst wenn die
Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen würde, ändert dies allerdings nichts
daran, dass für die Schätzung - ohne in Willkür zu verfallen - auf das
Gutachten abgestellt werden durfte.
Auf die Frage, wie die Absage von K. zu werten ist, wird im Zusammenhang mit
den vom Beschwerdegegner getroffenen Vorsichtsmassnahmen einzugehen sein (unten
E. 5.3.2).

5.2.6 Der vorinstanzlichen Auffassung, in den festgestellten Umständen des
Kaufs weder einzeln noch gesamthaft einen Anlass zu Misstrauen in die
Verfügungsberechtigung des Veräusserers zu sehen, kann demnach nicht gefolgt
werden. Die Mitteilung des Gerüchts durch H. musste dem Beschwerdegegner
bereits genügend Anstoss zu entsprechenden Vorsichtsmassnahmen sein, auch wenn
die übrigen festgestellten Umstände keine weiteren Verdachtsmomente darstellen
(vgl. zur Absage von K. allerdings noch unten E. 5.3.2).

5.3 Demnach ist nachfolgend auf die vom Beschwerdegegner getroffenen
Vorsichtsmassnahmen einzugehen und zu untersuchen, ob sie
BGE 139 III 305 S. 321
angesichts des im Raum stehenden Verdachts als genügend erachtet werden können.
Der Beschwerdeführer hält die ergriffenen Massnahmen für ungenügend und sieht
in ihren Ergebnissen teilweise sogar Anlass zu weiterem Misstrauen.

5.3.1 Das Obergericht hat dem Beschwerdegegner als Vorsichtsmassnahme
angerechnet, dass er zwei Bestätigungen von D. erhalten hat: Zunächst hat sie
J. von der Galerie I., die für den Beschwerdegegner angefragt hatte, bestätigt,
dass ihr der aktuelle Eigentümer des Bildes zugesichert habe, der einzige und
alleinige Besitzer des Bildes zu sein und dass dieser Besitzer das Bild seit
Jahren in den Safes derselben Bank aufbewahre, und dass der Besitzer der Bank
folglich seit Jahren bekannt sei. Im Kaufvertrag garantierte D. zudem, dass sie
als Verkäuferin berechtigt und in der Lage sei, das Eigentum am Bild
rechtmässig gemäss Art. 641 ff. ZGB zu übertragen. Der Beschwerdeführer sieht
in der zweifachen Bestätigung eine Überbetonung der Verfügungsberechtigung und
damit ein weiteres Verdachtselement. Die Glaubwürdigkeit der Bestätigungen sei
zudem gering, da D. aufgrund ihrer finanziellen Schwierigkeiten und der
anfallenden Verkaufsprovision ein Interesse an der Durchführung des Verkaufs
gehabt habe.
Es ist zwar denkbar, dass im Einzelfall eine Überbetonung der
Verfügungsberechtigung verdächtig sein kann (STARK, a.a.O., N. 52a zu Art. 933
ZGB). Eine solche liegt jedoch nicht vor, zumal D. die separate Bestätigung
nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz gerade auf indirekte
Anfrage des Beschwerdegegners (über J. von der Galerie I.) verfasst hatte.
Zugleich sind die Bestätigungen aber nicht geeignet, die Zweifel zu zerstreuen,
die der Beschwerdegegner nach Kenntnisnahme des Gerüchts haben musste. Dazu
sind sie zu rudimentär und unbestimmt und sie erschöpfen sich in unbelegten und
in für den Beschwerdegegner nicht nachprüfbaren Behauptungen von D. oder des
hinter ihr stehenden, anonym bleibenden Verkäufers, dessen Angaben von D.
übernommen wurden. Auch wenn D. von der Richtigkeit ihrer Bestätigungen
ausgegangen sein sollte, ändert dies nichts daran, dass sich der
Beschwerdegegner mit ihnen nicht zufrieden geben durfte.

5.3.2 Als weitere Vorsichtsmassnahme hat das Obergericht dem Beschwerdegegner
angerechnet, dass er mit L., dem damaligen Leiter von K. Schweiz, Kontakt
aufgenommen habe, nachdem er erfahren hatte, dass K. die Aufnahme des Bildes in
eine Auktion abgelehnt
BGE 139 III 305 S. 322
hatte. Das Auktionshaus habe vom Kauf abgesehen, weil die sowjetischen Behörden
aufgrund der illegalen Ausfuhr des Bildes diesen nicht bewilligen könnten und
K. die guten Kontakte zur Sowjetunion nicht habe gefährden wollen. Damit habe
für den Beschwerdegegner eine nachvollziehbare Erklärung für den Rücktritt von
K. von der Kaufzusicherung vorgelegen.
Der Beschwerdeführer kritisiert zu Recht die vorinstanzliche Schlussfolgerung,
der Beschwerdegegner habe eine nachvollziehbare Erklärung (nämlich die
Opposition der sowjetischen Botschaft wegen der illegalen Ausfuhr) für den
Rücktritt von K. vom Kauf des Gemäldes erhalten. Die Vorinstanz hat nämlich
selber festgestellt, dass der damalige Leiter von K. Schweiz, L., zwar
bestätigen könne, dass er einmal ein Gespräch mit dem Beschwerdegegner über ein
Malewitsch-Bild geführt habe. An den Zeitpunkt und an den genauen Inhalt konnte
er sich aber nicht erinnern.
Zwar durfte die Vorinstanz angesichts der im Recht liegenden Akten ohne Willkür
zum Schluss kommen, dass K. den Kauf aus den genannten Gründen abgelehnt hatte,
nämlich weil sich die sowjetischen Behörden aufgrund der illegalen Ausfuhr dem
Geschäft widersetzten und K. die guten Kontakte zur Sowjetunion erhalten
wollte. Da über den Zeitpunkt und den Inhalt des Gesprächs zwischen L. und dem
Beschwerdegegner nichts Genaueres bekannt ist, kann es jedoch nicht als
Vorsichtsmassnahme gewertet werden. Selbst wenn der Beschwerdegegner die
genannte Auskunft über die Gründe für den Rückzug von K. noch vor dem Erwerb
erhalten haben sollte, so wäre damit hinsichtlich des Gerüchts, dass sich ein
gestohlenes Bild von Malewitsch auf dem Markt befinde, weder in die eine noch
in die andere Richtung etwas gewonnen. Die angebliche Auskunft hätte einzig das
zusätzliche Verdachtsmoment entkräftet, das durch den Rückzug eines
renommierten Auktionshauses vom Kauf bzw. der Aufnahme des Gemäldes in eine
Auktion entstehen musste. Zwar erwähnt das Obergericht die Aussage von L., dass
er nicht gewusst habe, dass das Bild gestohlen gewesen sei. Dass auch dies
Gegenstand des Gesprächs mit dem Beschwerdegegner gewesen sei bzw. dass
Letzterer L. auf das Gerücht angesprochen hätte, hat die Vorinstanz nicht
festgestellt.

5.3.3 Zu einer Anfrage des Beschwerdegegners bei Interpol hat das Obergericht
Folgendes erwogen: Im Beweisverfahren sei nicht geklärt worden, ob sich der
Beschwerdegegner vor dem Kauf
BGE 139 III 305 S. 323
bestätigen liess, dass bei Interpol keine Informationen über das Bild
vorliegen. Auf die Abklärung im Beweisverfahren sei verzichtet worden, da der
Beschwerdeführer davon ausgehe, eine solche Anfrage wäre wertlos gewesen, da
Russland (recte wohl: die Sowjetunion) 1989 noch nicht Mitglied von Interpol
gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe allerdings nicht bestritten, dass der
Beschwerdegegner bei Interpol angefragt habe. Im Übrigen hätten schriftliche
Anfragen des Bezirksgerichts beim Bundesamt für Polizei ergeben, dass das
fragliche Gemälde 1989 weder bei Interpol noch im Art Loss Register verzeichnet
gewesen sei.
Es erübrigt sich, auf diese nicht restlos klaren und vor Bundesgericht von
beiden Parteien bestrittenen Ausführungen einzugehen. Selbst wenn man davon
ausgehen sollte, dass es sich bei einer Anfrage an Interpol um ein
grundsätzlich taugliches Abklärungsmittel gehandelt hätte, so wäre diese
Massnahme nach Erhalt eines negativen Ergebnisses für sich allein ungenügend
gewesen, um das Gerücht als widerlegt erachten zu dürfen, denn es kann
verschiedenste Gründe geben, wieso das Gemälde bei Interpol nicht verzeichnet
war.

5.3.4 Der Beschwerdegegner hatte ausserdem vorgebracht, D. habe vor dem Verkauf
bei der sowjetischen Botschaft telefonisch Erkundigungen über das Bild
eingeholt und dabei keine Hinweise auf einen Rechtsmangel erhalten. Das
Obergericht ist zum Schluss gekommen, der Nachweis für diese Anfrage und die
entsprechende Antwort habe nicht erbracht werden können. Der Beschwerdegegner
wirft dem Obergericht diesbezüglich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung
vor. Er beschränkt sich aber darauf, die vom Obergericht herangezogenen
Beweismittel und Umstände aus eigener Sicht zu würdigen. Unter
Willkürgesichtspunkten ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht
nicht auf die Aussage von D. abgestellt hat, weil sie nicht mehr sagen konnte,
mit wem sie gesprochen haben will, und weil sie am Ausgang des Verfahrens ein
Eigeninteresse haben könnte. Ebenso wenig ist zu beanstanden, wenn es die
schriftliche Bestätigung des Gesprächs als wenig verlässlich bezeichnet hat,
woran auch nichts ändert, wenn auf dem Schriftstück ein Datum - entgegen der
obergerichtlichen Feststellung - teilweise leserlich sein sollte. Soweit der
Beschwerdegegner zudem geltend macht, der Sachverhalt sei gar nicht rechtzeitig
bestritten worden, beschlägt diese Frage kantonales Recht, dessen Verletzung
allerdings nicht substantiiert gerügt wird.
BGE 139 III 305 S. 324
Das Obergericht hat des Weiteren ausgeführt, es lasse sich nicht erstellen,
dass eine Erkundigung bei der sowjetischen Botschaft in Bern die deliktische
Herkunft des Bildes ans Tageslicht gebracht hätte. Dass sowjetische Behörden
aufgrund der ergangenen Strafurteile um den Diebstahl wussten, bedeute nicht,
dass die Botschaft dieses Wissen auch gehabt habe. Dies wird vom
Beschwerdeführer als willkürlich gerügt. Wenn er davon ausgeht, der
Kulturattaché der Botschaft, M., habe über das Bild "Bescheid gewusst" und er
(der Beschwerdeführer) sich dazu erneut auf die Korrespondenz von K. stützt
(vgl. oben E. 5.3.2), so interpretiert er diese bloss in seinem Sinne, was
keine Willkür belegt. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, selbst wenn die
Botschaft keine Kenntnis vom Diebstahl gehabt haben sollte, so wären ihr die
erforderlichen Kanäle offengestanden, um Nachforschungen anzustellen. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, rechtzeitig Entsprechendes vor den
Vorinstanzen behauptet zu haben, zumal es nicht als notorisch gelten kann, dass
jede Botschaft in ihrem Heimatland jede beliebige Information erhältlich machen
kann. Zudem ist wenig einsichtig, weshalb sie dazu überhaupt hätte Hand bieten
sollen, nachdem sie sich ja bereits wegen der illegalen Ausfuhr einem Verkauf
im Ausland widersetzt hatte (oben E. 5.3.2).

5.3.5 Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdegegner angesichts des im Raume
stehenden Gerüchts, das er ernst nehmen musste, zu wenige Vorsichtsmassnahmen
ergriffen hat, die zur Abklärung des Wahrheitsgehalts des Gerüchts tauglich
erschienen. Bevor daraus Konsequenzen für den guten Glauben gezogen werden
können, muss jedoch untersucht werden, ob es überhaupt taugliche und zumutbare
Nachforschungsmöglichkeiten gegeben hätte. Darauf ist nachfolgend einzugehen.

5.4

5.4.1 Das Obergericht hat verneint, dass es entsprechende Massnahmen gegeben
hätte, die der Beschwerdegegner hätte ergreifen müssen.
Zunächst sei es nicht der Fall, dass der Beschwerdegegner bei H. nicht nur die
Echtheit, sondern auch die Provenienz des Bildes hätte abklären müssen. H. habe
in ihrer Zeugenaussage zwar einige mögliche Malewitsch-Sachverständige genannt.
Ihrer Aussage lasse sich aber nicht entnehmen, was sie bei einem Auftrag zur
Provenienzabklärung konkret unternommen und welche Personen sie befragt hätte.
Sie habe auch nicht sagen können, welchen Kenntnisstand die
BGE 139 III 305 S. 325
von ihr genannten Personen gehabt hätten. Es bleibe somit unklar, ob sie zu
weiteren Erkenntnissen gelangt wäre.
Das Obergericht ist sodann auf die Aussage einer weiteren Zeugin eingegangen,
nämlich von N., einer Kennerin von Malewitsch und der russischen Avantgarde.
Sie habe erklärt, dass sie vom Diebstahl gewusst habe und dass der Diebstahl in
russischen Zeitungen ca. 1978 erwähnt worden und in Expertenkreisen bekannt
gewesen sei. Gemäss ihrer Einschätzung hätte der Beschwerdegegner vom Diebstahl
erfahren, wenn er sich an sie gewandt hätte. Das Obergericht hat jedoch
erwogen, angesichts der vom Beschwerdegegner bereits getroffenen Massnahmen und
angesichts der im Jahre 1989 eingeschränkten Möglichkeiten im Rahmen von
Interpol und Registersuche sei davon auszugehen, dass vom Beschwerdegegner eine
Kontaktaufnahme mit der ihm unbekannten N. nicht erwartet werden konnte und
ausserhalb seiner Sorgfaltspflichten lag. Auch nicht ersichtlich sei, wie sich
der Beschwerdegegner über die russischen Zeitungsberichte von 1978 oder bei
Experten im Osten hätte erkundigen können.
Umstritten war schliesslich auch, ob der Zürcher Galerist O. vom Diebstahl
wusste. Der Beschwerdeführer hatte geltend gemacht, dass H. das Gerücht über
den Diebstahl von ihm gehört habe und dass sein Name dem Beschwerdegegner
gegenüber erwähnt worden sei, so dass eine Nachfrage bei ihm den Diebstahl ans
Licht gebracht hätte. Das Obergericht hat dazu erwogen, Entsprechendes sei vom
Beschwerdeführer zu spät behauptet worden. Ergänzend hat es festgehalten, dass
die Aussagen von H. insoweit widersprüchlich seien, da sie in der ersten
Befragung (2002) erklärt habe, nicht zu wissen, woher sie vom Gerücht erfahren
habe, und erst in der zweiten Befragung (2009) den Namen O. erwähnt habe.

5.4.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf aus der Unterlassung von
Nachforschungen nur dann das Fehlen des guten Glaubens abgeleitet werden, wenn
die betreffenden Vorkehren voraussichtlich zur Entdeckung des mangelnden
Verfügungsrechts des Veräusserers geführt hätten (vgl. BGE 100 II 8 E. 4b S.
16; BGE 122 III 1 E. 2a S. 3; BGE 131 III 418 E. 2.3.4 S. 423; STARK, a.a.O.,
N. 51 zu Art. 933 ZGB). Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass die in
Betracht fallende Nachforschungsmassnahme objektiv geeignet sein muss, den
Mangel in der Verfügungsbefugnis zu entdecken (SIBYLLE HOFER, in: Berner
Kommentar, 2012, N. 122 f. zu Art. 3 ZGB).
BGE 139 III 305 S. 326

5.4.3 Vorliegend steht die Frage im Vordergrund, ob der Beschwerdegegner H.
oder andere Experten mit weitergehenden Abklärungen hätte betrauen müssen.
Dies ist entgegen der Beurteilung des Obergerichts der Fall. Nachdem der
Beschwerdegegner von H., die er selber als Kunstexpertin beigezogen hatte, von
einem Gerücht über ein sich angeblich auf dem Markt befindliches, gestohlenes
Bild von Malewitsch vernommen hatte, wäre kaum eine Massnahme näher gelegen,
als H. oder eine andere sachverständige Person um nähere Auskunft über dieses
Gerücht bzw. um entsprechende Recherchen zu bitten. Dabei ist nicht von Belang,
welche konkreten Massnahmen H. getroffen hätte; über diese kann im Nachhinein
ohnehin nur spekuliert werden. Es spielt auch keine Rolle, dass er N. (eine
Expertin, welcher der Diebstahl nachgewiesenermassen bekannt war) nicht kannte.
Es genügt, dass zum damaligen Zeitpunkt aus objektiver Sicht der Beizug eines
oder mehrerer Experten eine geeignete (wenn nicht sogar die am besten
geeignete) und zumutbare Massnahme gewesen wäre, um Näheres über dieses Gerücht
und allfällige Mängel der Verfügungsbefugnis des Veräusserers zu erfahren.
Dabei war dem Beschwerdegegner zumindest H. als Expertin bekannt, die ihn -
falls sie einen entsprechenden Auftrag nicht hätte selber erledigen oder der
Beschwerdegegner jemand anderes damit hätte betrauen wollen - ohne weiteres an
weitere Experten hätte verweisen können, soweit er solche als Kunstsammler
nicht ohnehin kannte. Auf das hypothetische Ergebnis solcher Nachforschungen
kommt es hingegen insofern nicht an, als es durchaus sein kann, dass die
Nachforschungen das Gerücht und dessen Bezug auf das Bild "Diener mit Samowar"
nicht erhärtet hätten. Der Beschwerdegegner hätte sich dann auf diese Auskünfte
verlassen dürfen, selbst wenn sie objektiv falsch gewesen wären. Hätten sich
seine Bedenken deswegen zerstreut und auch zerstreuen dürfen, so wäre sein
guter Glaube zu schützen gewesen, da er alle gebotene Sorgfalt zur Abklärung
des Gerüchts aufgewendet hätte. Hätte sich hingegen herausgestellt, dass sich
das Gerücht tatsächlich auf das Bild "Diener mit Samowar" bezieht, so hätte der
Beschwerdegegner - wenn er unter diesen Umständen nicht vom Kauf Abstand nehmen
wollte - einen konkreten Nachweis dafür verlangen müssen, dass der Veräusserer
trotz des früheren Diebstahls des Werks verfügungsberechtigt ist (z.B. durch
gutgläubigen Erwerb im Ausland).
BGE 139 III 305 S. 327
Dass der Beschwerdegegner diese als geeignet erscheinende und zumutbare
Massnahme nicht ergriffen hat, muss dazu führen, dass er sich nicht auf seinen
guten Glauben berufen kann. Die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen.

5.5 Allerdings kann das Bundesgericht derzeit nicht in der Sache selbst
entscheiden. Vielmehr ist die Angelegenheit an das Obergericht zurückzuweisen (
Art. 107 Abs. 2 BGG). Das Obergericht wird sich zur Frage der Nichtberechtigung
des Veräusserers (oben E. 4.2) zu äussern haben und zu allfälligen Einreden
gemäss Art. 936 Abs. 2 ZGB (oben E. 4.1), sofern diese ordnungsgemäss in den
kantonalen Prozess eingeführt worden sein sollten.