Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 III 236



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Urteilskopf

139 III 236

34. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Y. gegen X.
(Beschwerde in Zivilsachen)
4A_380/2012 vom 18. Februar 2013

Regeste

Art. 8 und 166-175 IPRG, Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 6 Nr. 3 LugÜ;
internationales Konkursrecht; Prozessführungsbefugnis einer ausländischen
Konkursverwaltung; internationale Zuständigkeit für die Beurteilung einer
Widerklage.
Befugnis eines ausländischen Konkursverwalters zur Führung eines Prozesses als
Widerbeklagter, wenn mit der Widerklage die Rückgabe von im Ausland gelegenen
Vermögenswerten verlangt wird, welche die Widerklägerin aufgrund einer
Vereinbarung mit dem Konkursverwalter über Anfechtungsansprüche in die
Konkursmasse eingebracht hat (E. 4).
Art. 6 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens findet keine Anwendung auf die
vorliegende Widerklage, da diese aufgrund der konkursrechtlichen Natur der
Angelegenheit unter den Ausnahmetatbestand von Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ fällt.
Die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte kann auch nicht auf Art. 8 IPRG
gestützt werden (E. 5).

Erwägungen ab Seite 237

BGE 139 III 236 S. 237
Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Die Beschwerdeführerin rügt, der angefochtene Entscheid verletzte die
Bestimmungen des schweizerischen internationalen Konkursrechts.

4.2 Gemäss dem in der Schweiz geltenden sogenannten "gelockerten"
Territorialitätsprinzip sind die Wirkungen eines im Ausland eröffneten
Konkurses im Inland wie folgt beschränkt:
Vermindert sich bei einer natürlichen Person mit Wohnsitz im Ausland zufolge
Konkurses die Verfügungsbefugnis, wird dies in der Schweiz zwar nach Massgabe
von Art. 35 IPRG (SR 291) berücksichtigt. Ebenso wird in Anwendung von Art. 154
Abs. 1 bzw. Art. 155 IPRG dem Umstand Rechnung getragen, dass ein
BGE 139 III 236 S. 238
Konkurs die Handlungsfähigkeit einer juristischen Person mit Sitz im Ausland
beeinträchtigt bzw. sich deren Organe verändern (BGE 137 III 570 E. 2 S. 572;
vgl. auch BGE 135 III 666 E. 3.2.2; Urteil 2C_303/2010 vom 24. Oktober 2011 E.
2.3.1). Ob allerdings eine ausländische Konkursmasse (bzw. der
Konkursverwalter) auf Vermögen in der Schweiz greifen kann, beurteilt sich nach
dem 11. Kapitel des IPRG. Erforderlich ist dafür namentlich, dass das
ausländische Konkursdekret in der Schweiz vorgängig anerkannt wurde, wofür die
Voraussetzungen von Art. 166 Abs. 1 lit. a-c IPRG gelten (BGE 137 III 570 E. 2
S. 572).
Wird das ausländische Konkursdekret anerkannt, so unterliegt das in der Schweiz
befindliche Vermögen des Schuldners den konkursrechtlichen Folgen des
schweizerischen Rechts, vorausgesetzt, das IPRG ordnet nichts Abweichendes an (
Art. 170 Abs. 1 IPRG). Dabei handelt es sich nicht um die unmittelbare
Erstreckung des ausländischen Konkurses auf das schweizerische Territorium,
sondern um eine Form von Rechtshilfe zugunsten eines im Ausland durchgeführten
Verfahrens (BGE 135 III 40 E. 2.5.1). Das Konkursamt eröffnet über das in der
Schweiz befindliche Vermögen einen sogenannten Hilfskonkurs (auch
"Mini"-Konkurs, IPRG-Konkurs oder Anschlusskonkurs genannt). Dieser weist die
Besonderheit auf, dass in den Kollokationsplan einzig pfandgesicherte
Forderungen sowie privilegierte Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der
Schweiz aufgenommen werden (Art. 172 Abs. 1 IPRG). Verbleibt nach Befriedigung
der vorgenannten Gläubiger ein Überschuss, so wird dieser der ausländischen
Konkursverwaltung (oder den berechtigten ausländischen Gläubigern) zur
Verfügung gestellt, allerdings erst, nachdem auch der ausländische
Kollokationsplan in der Schweiz anerkannt wurde, was namentlich voraussetzt,
dass dieser die Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz
angemessen berücksichtigt (Art. 173 IPRG). Bei Nichtanerkennung des
Kollokationsplans verbleibt der Überschuss gemäss Art. 174 Abs. 1 IPRG den
bisher nicht berücksichtigten weiteren Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz
(siehe zum Ganzen BGE 137 III 570 E. 2 S. 573).
Das in den Artikeln 166-175 IPRG vorgesehene System ist abschliessend (BGE 137
III 570 E. 2 S. 573). Der ausländische Konkursverwalter ist in der Schweiz
einzig berechtigt, die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets sowie den
Erlass sichernder Massnahmen zu beantragen (Art. 166 Abs. 1 und Art. 168 IPRG)
und - nach erfolgter Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in
BGE 139 III 236 S. 239
der Schweiz - gestützt auf Art. 171 IPRG Anfechtungsansprüche gemäss den
Artikeln 285-292 SchKG einzuklagen, sofern das schweizerische Konkursamt und
die kollozierten Gläubiger darauf verzichtet haben (BGE 135 III 40 E. 2.5.1;
BGE 129 III 683 E. 5.3). Demgegenüber ist eine ausländische Konkursmasse nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichts namentlich nicht befugt, in der Schweiz
Betreibungshandlungen vorzunehmen, eine Klage gegen einen angeblichen Schuldner
des Konkursiten zu erheben oder im Konkurs des Schuldners in der Schweiz eine
Forderung einzugeben (BGE 137 III 570 E. 2 S. 573; BGE 135 III 40 E. 2.4 und
2.5; BGE 134 III 366 E. 9). Grund für diese Beschränkung der
Prozessführungsbefugnis ist, dass durch die genannten Handlungen das vom IPRG
in den Artikeln 166-175 konzipierte System (Generalexekution über das in der
Schweiz gelegene Vermögen des Konkursiten), das unter anderem eine
Privilegierung von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz bezweckt, umgangen
würde (BGE 137 III 570 E. 2 S. 574; BGE 134 III 366 E. 9.2.4 S. 378).

4.3 Auf die dargelegten Grundsätze stützte das Bundesgericht denn auch sein
Urteil vom 26. Oktober 2011, in dem es entschied, die Vorinstanz sei auf die
Hauptklage des Beschwerdegegners zu Recht nicht eingetreten (Urteil 4A_389/2011
vom 26. Oktober 2011, teilweise publiziert in BGE 137 III 631). Es führte zur
Begründung aus, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei nicht danach zu
unterscheiden, auf welchem Rechtsgrund die Forderung beruhe, die der
ausländische Konkursverwalter in der Schweiz geltend mache. Vielmehr knüpfe die
Rechtsprechung stets am Zweck der in der Schweiz angehobenen Klage an. Bestehe
dieser darin, das Haftungssubstrat für die Konkursgläubiger um in der Schweiz
gelegene Vermögenswerte zu vergrössern, diene die Klage der Durchführung des
(ausländischen) Konkurses und sei dem Konkursverwalter die direkte Klage wegen
der territorialen Wirkung des Konkurses grundsätzlich untersagt (E. 2.3.4 S.
635). In Anwendung dieser finalen Betrachtungsweise erwog das Bundesgericht
sodann, die der Klage des Beschwerdegegners zu Grunde liegende Vergleichs- und
Auseinandersetzungsvereinbarung betreffe die einvernehmliche Regelung von
konkursrechtlichen Anfechtungsansprüchen. Diese Ansprüche hätten auch eine
Liegenschaft in St. Moritz umfasst, deren Verkaufserlös den Gläubigern hätte
zugute kommen sollen. Auf den damit vorliegenden Fall, dass ein in der Schweiz
gelegener Vermögenswert in die ausländische Konkursmasse überführt werden
solle,
BGE 139 III 236 S. 240
fänden die Art. 166 ff. IPRG Anwendung (E. 2.4 S. 635 f.). Die mit der
Beschwerdeführerin abgeschlossenen Vergleiche - so das Bundesgericht weiter -
stellten Verwertungshandlungen dar, die nach dem Gesagten mit Bezug auf die
Liegenschaft in St. Moritz einzig im Rahmen eines IPRG-Konkurses erfolgen
dürften und in die Zuständigkeit des schweizerischen Konkursverwalters fielen.
Ausschlaggebend sei dabei, dass die Parteien mit der Vereinbarung die
Verwertung von Schuldnervermögen bezweckt hätten, und nicht, dass der
Beschwerdegegner im Rahmen der Verwertung einen privatrechtlichen Vergleich
abgeschlossen habe. Da der Beschwerdegegner nicht um Anerkennung des
ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz nachgesucht habe, sei er nicht
befugt, in der Schweiz einen Prozess zu führen, mit dem er Rechte verfolge, die
er aus den zur Verwertung seines Anfechtungsanspruchs abgeschlossenen
Vereinbarungen betreffend das in der Schweiz liegende Grundstück ableite (E.
2.5 S. 636).

4.4 Die Beschwerdeführerin moniert, die Vorinstanz habe aus der
bundesgerichtlichen Praxis zu Unrecht den Schluss gezogen, dem Beschwerdegegner
fehle auch für die vorliegende Widerklage die Prozessführungsbefugnis. Sie
übersehe dabei, dass der Rechtsprechung stets die Frage des Zugriffs der
ausländischen Konkursmasse auf in der Schweiz gelegenes Vermögen zu Grunde
gelegen habe. Richtigerweise könne aus dem Territorialitätsprinzip nach der
Rechtsprechung lediglich gefolgert werden, dass in der Schweiz belegene
Vermögenswerte des Konkursiten ausschliesslich durch die inländische
Konkursverwaltung im Rahmen und nach den Regeln eines IPRG-Konkurses verwertet
werden dürften. Hingegen ergebe sich daraus nicht, dass ausländische
Konkursverwaltungen in der Schweiz gar keine Prozesse führen könnten. Sofern
die ausländische Konkursverwaltung - wie mit dem vorliegenden "Passivprozess"
über ausländische Grundstücke und Gesellschaften - nicht bezwecke, in der
Schweiz belegene Vermögenswerte an die ausländische Insolvenzmasse abzuführen,
bestehe gestützt auf das Territorialitätsprinzip bzw. gemäss den Art. 166 ff.
IPRG keine Rechtsgrundlage, die nach dem (deutschen) Konkursstatut gegebene
Partei- und Prozessfähigkeit der ausländischen Konkursmasse bzw. die
Prozessführungsbefugnis des ausländischen Konkursverwalters zu beschränken. Da
aber gar kein Rechtshilfefall im Sinne von Art. 166 ff. IPRG vorliege, verfange
auch die "Alternativbegründung" der Vorinstanz nicht, wonach der
Beschwerdegegner zur Verteidigung gegen die
BGE 139 III 236 S. 241
Widerklage einer umfassenden Prozessführungsbefugnis bedürfte, die weit über
die Befugnisse gemäss Art. 168 und 171 IPRG hinausgehe. Der Beschwerdegegner
leite seine Prozessführungsbefugnis nämlich nicht aus den Bestimmungen des
schweizerischen IPRG ab, und die richtige Frage sei daher vielmehr, ob die
Bestimmungen des IPRG seine nach deutschem Recht grundsätzlich gegebene
Prozessführungsbefugnis einschränkten. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

4.5 Zur Begründung ihres Standpunkts beruft sich die Beschwerdeführerin im
Wesentlichen auf eine im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach sich aus der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Prozessführungsbefugnis ausländischer
Konkursverwaltungen nicht ergebe, Letztere könnten (abgesehen von den
Befugnissen nach Art. 168 und 171 IPRG) in der Schweiz überhaupt keine Prozesse
führen und seien "rechtlich quasi als inexistent anzusehen" (OBERHAMMER, Kurze
Urteilsbesprechungen und -hinweise [im Folgenden:Urteilsbesprechung], ZZZ 2008/
09 S. 435-438; siehe auch derselbe, Jäger des verlorenen Schatzes: Deutsche
Insolvenzverwalter in der Schweiz, in: Jurisprudenz zwischen Medizin und Kultur
[im Folgenden: Jäger], 2010, S. 339 f.). Gemäss dieser Ansicht sollen (entgegen
der auf einem Missverständnis beruhenden konträren Meinung) auch unter der
neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 166 ff. IPRG (E. 4.2)
Situationen vorstellbar sein, in denenausländische Insolvenzverwalter in der
Schweiz Prozesse führen können. Dies sei etwa der Fall, wenn die vom
Insolvenzverwalter durchzusetzende Forderung nicht in der Schweiz belegen sei,
aber in der Schweiz ein (vereinbarter) Gerichtsstand bestehe; in diesem Fall,
so wird vorgebracht, wäre ein Rechtshilfeverfahren nach Art. 166 ff. IPRG
sinnlos, da eine "IPRG-Minikonkursverwaltung" nicht für die Verwertung von im
Ausland belegenen Aktiven zuständig sei. Entsprechendes gelte, wenn es um die
Durchsetzung von vom ausländischen Insolvenzverwalter begründeten
Masseforderungen gehe, weil solche Forderungen jedenfalls nicht dem
ausländischen Konkursiten zustünden und dafür auch bei Eröffnung eines
"Mini"-Konkurses nicht die inländische Konkursverwaltung prozesslegitimiert
sein könne (OBERHAMMER, Urteilsbesprechung, a.a.O., S. 436 f. bzw. Jäger,
a.a.O., S. 340, mit Hinweis auf JAQUES, La reconnaissance et les effets en
Suisse d'une faillite ouverte à l'étranger, 2006, S. 28, gemäss dem die
ausländische Masse zumindest mit Bezug auf Masseforderungen und
-verpflichtungen auch ohne Anerkennung des ausländischen Konkurses
prozessführungsbefugt sein soll).
BGE 139 III 236 S. 242
In der Tat lässt sich der bislang zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung des
Bundesgerichts nicht entnehmen, dass durch das 11. Kapitel des IPRG einer
ausländischen Konkursverwaltung die Prozessführung vor schweizerischen
Gerichten (abgesehen von den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Befugnissen)
generell untersagt werden sollte, so insbesondere auch dann, wenn keine
Vermögenswerte in der Schweiz betroffen sind. Das Bundesgericht erwähnte
immerhin in einem publizierten Entscheid, die ausschliessliche Befugnis des für
den Anschlusskonkurs zuständigen schweizerischen Konkursamtes, die zur
ausländischen Konkursmasse gehörenden Rechte auszuüben, sei gegeben, soweit es
um in der Schweiz gelegenes Vermögen gehe (BGE 135 III 40 E. 2.5.1 mit
Hinweisen). Im Entscheid über die Hauptklage des Beschwerdegegners führte das
Bundesgericht sodann aus, dass die Art. 166 ff. IPRG "nur greifen, wenn in der
Schweiz gelegenes Vermögen zur Masse gezogen werden soll", andernfalls es am
territorialen Bezug zur Schweiz fehle (BGE 137 III 631 E. 2.3.4). Aus welchem
Grund die Prozessführungsbefugnis der ausländischen Insolvenzverwaltung über
diesen Fall hinaus beschränkt sein sollte, ist denn mit Blick auf die
Entstehungsgeschichte des 11. Kapitels des IPRG auch nicht ohne Weiteres
ersichtlich: Nach der Botschaft des Bundesrats zum IPRG zielten die
vorgeschlagenen Bestimmungen des internationalen Konkursrechts darauf ab, "für
das in der Schweiz befindliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über den im
Ausland der Konkurs eröffnet wurde, eine dem schweizerischen Recht angemessene
Verteilung zu ermöglichen." Die vorgesehene Regelung beruhte folglich - weiter
in den Worten des Bundesrats - "zur Hauptsache auf den Prinzipien der
Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets, der Realisierung der in der
Schweiz gelegenen Aktiven und deren Auslieferung an die ausländische
Konkursverwaltung" (Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das
internationale Privatrecht, BBl 1983 I 287 Ziff. 134 und 449 f. Ziff. 210.2).
Wie es sich mit der Prozessführungsbefugnis des ausländischen Konkursverwalters
ausserhalb der von Art. 166 ff. IPRG erfassten Konstellation allgemein verhält,
braucht indessen vorliegend - wie sogleich aufzuzeigen sein wird - nicht
entschieden zu werden (nachfolgend E. 4.6 und 5).

4.6 Nach der gebotenen finalen Betrachtungsweise sind bei der Beurteilung der
Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters die konkreten Verhältnisse zu
beachten, die Anlass zum fraglichen
BGE 139 III 236 S. 243
Gerichtsverfahren geben: Wenngleich die vorliegende Widerklage gemäss der
verbindlichen Feststellung der Vorinstanz keine in der Schweiz liegenden
Vermögenswerte zum Gegenstand hat, ist nicht zu verkennen, dass die darin
gestellten Rechtsbegehren in engem sachlichen Zusammenhang zu den Bestrebungen
des Insolvenzverwalters stehen, in der Schweiz gelegenes Vermögen in die
Konkursmasse einzubeziehen: Wie die Hauptklage des Beschwerdegegners beruht die
Widerklage der Beschwerdeführerin auf der Vergleichs- und
Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. April bzw. 17. September 2001, mit der
die Anfechtungsansprüche der deutschen Konkursmasse gegen die
Beschwerdeführerin - offenbar im Sinne einer Gesamtlösung - geregelt wurden.
Die Vergleiche stellten nun jedoch, wie das Bundesgericht in seinem Entscheid
betreffend die Hauptklage entschieden hat, Verwertungshandlungen dar, die mit
Bezug auf die in St. Moritz gelegene Liegenschaft zwingend in die Zuständigkeit
des schweizerischen Konkursverwalters gefallen wären (E. 4.3). Die
Beschwerdeführerin verlangt mit der Widerklage die Rückabwicklung der auf die
Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung gestützten
Verwertungshandlungen, wobei sie zur Begründung im Hauptstandpunkt
zusammengefasst vorbringt, dass der Erwerb der Liegenschaft in St. Moritz durch
den Insolvenzverwalter einer Bewilligung nach dem Bundesgesetz vom 16. Dezember
1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; SR
211.412.41) bedurft hätte und die Vergleichs- und
Auseinandersetzungsvereinbarung demnach wegen Verstosses gegen das BewG
ungültig sei. Sie beruft sich also auf einen Umstand im Zusammenhang mit der
Verwertung des in der Schweiz gelegenen Grundstücks, woraus sie die
Ungültigkeit der Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung insgesamt
ableitet. Unter diesen Umständen stellt die Widerklage eine untrennbare Folge
des unzulässigen Versuchs der Parteien dar, das schweizerische Grundstück dem
ausländischen Konkursverfahren zuzuführen, und sie steht somit in engem
Zusammenhang zu dem in der Schweiz gelegenen Schuldnervermögen. Aus den
Behauptungen der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass bei der Behandlung der
Widerklage unter verschiedenen Vorzeichen über die gleichen Klagegründe und
Verteidigungsmittel wie bei der Hauptklage entschieden werden müsste. Nachdem
dem Beschwerdegegner mit Blick auf den vollstreckungsrechtlichen Zweck der
Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung die Prozessführungsbefugnis für
die Hauptklage
BGE 139 III 236 S. 244
abgesprochen wurde, ist angesichts des in der vorliegenden Konstellation
gegebenen engen Sachzusammenhangs nicht zu erkennen, inwiefern die Vorinstanz
Bundesrecht verletzt haben soll, wenn sie auch die Prozessführungsbefugnis des
Beschwerdegegners für die Widerklage verneinte. Bereits unter diesem
Blickwinkel ist der angefochtene Entscheid somit - unabhängig von der
beschwerdeseits aufgeworfenen Frage (dazu E. 4.5) - nicht zu beanstanden.

5. Ohnehin erweist sich die Beschwerde indessen auch unter dem folgenden
Gesichtspunkt als unbegründet:

5.1 Die Beschwerdeführerin berief sich mit Bezug auf die Zuständigkeit der
Erstinstanz für die Beurteilung der Widerklagebegehren in ihrer
Widerklagebegründung auf Art. 8 IPRG, eventualiter auf Art. 6 Nr. 3 LugÜ (SR
0.275.12), die beide die Zuständigkeit des Gerichts, an dem eine Hauptklage
anhängig ist, auch für die Widerklage begründen, sofern zwischen Haupt- und
Widerklage ein sachlicher Zusammenhang besteht respektive wenn die Widerklage
auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Hauptklage selbst gestützt wird.
Der Beschwerdegegner bestritt daraufhin die international-örtliche
Zuständigkeit des Bezirksgerichts mit der Begründung, diese verstosse gegen die
ausschliessliche Zuständigkeit am Ort der streitgegenständlichen Grundstücke
respektive gegen die in einer Gesellschafts-Vereinbarung (zwischen dem
damaligen Insolvenzverwalter über das Vermögen von A., dem Insolvenzverwalter
über das Vermögen der Z. GmbH & Co. KG sowie der Beschwerdeführerin) enthaltene
Schiedsklausel. Die Vorinstanz äusserte sich im angefochtenen Beschluss nicht
ausdrücklich zur Frage der Zuständigkeit für die Widerklage. Sie führte aber
immerhin aus, die Beschwerdeführerin strebe "vom Zweck her eine Aussonderung
jener Vermögenswerte an, die sie aufgrund der Vereinbarungen vom 30. April bzw.
17. September 2001 der Konkursmasse des deutschen Konkursverfahrens bereits zur
Verwertung überlassen" habe, womit die Klage einen "klaren konkursrechtlichen
Charakter" habe.
Selbst wenn sich aus der entsprechenden Qualifikation der Widerklage - wie die
Beschwerdeführerin der Vorinstanz entgegenhält - nicht das Fehlen der
Prozessführungsbefugnis des Beschwerdegegners ergeben sollte, kann immerhin der
Schluss der Vorinstanz, eine Zulassung und Behandlung der Widerklage würde "dem
auf dem Boden des 'negativen' Territorialprinzips fussenden Schweizer Recht in
Konkursangelegenheiten" widersprechen, sinngemäss so
BGE 139 III 236 S. 245
verstanden werden, dass die Vorinstanz nebst der Prozessführungsbefugnisdes
Beschwerdegegners auch die Zuständigkeit der schweizerischenGerichte zur
Beurteilung der Widerklagebegehren für nicht gegeben hielt. Diese Auffassung
ist denn auch nicht zu beanstanden:

5.2 Die Zuständigkeit ergibt sich zunächst nicht aus dem Lugano-Übereinkommen.
Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ (der Art. 1 Abs. 2 Ziff. 2 des Übereinkommens
vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [aLugÜ;
AS 1991 2436] entspricht) sind Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren
ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieses Übereinkommens ausgenommen. Neben dem
Insolvenzverfahren als solchem (Gesamtverfahren) sind damit auch sogenannte
Einzelverfahren gemeint. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) sind allerdings "Entscheidungen, die sich auf ein Insolvenzverfahren
beziehen, (...) nur dann von der Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen,
wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und sich eng innerhalb
des Rahmens eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens (...) halten"
(grundlegend: Urteil des EuGH vom 22. Februar 1979 C-133/78 Gourdain/Nadler,
Rz. 4, bestätigt etwa im Urteil vom 10. September 2009 C-292/08 German Graphics
Graphische Maschinen GmbH/Alice van der Schee, Rz. 26; vgl. dazu ACOCELLA, in:
Lugano-Übereinkommen [...], Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 108 zu Art. 1 LugÜ;
KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 35 zu
Art. 1 EuGVO; ROHNER/LERCH, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011,
N. 91 zu Art. 1 LugÜ). Gemäss der bundesgerichtlichen Praxis ist für die Frage
der Unanwendbarkeit des Lugano-Übereinkommens im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. b
LugÜ massgebend, ob das betreffende Verfahren seine Grundlage im
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht hat und ohne ein derartiges Verfahren
wahrscheinlich nicht eingeleitet worden wäre (BGE 131 III 227 E. 3.2; BGE 129
III 683 E. 3.2; BGE 125 III 108 E. 3d S. 111). Von Bedeutung ist insbesondere,
ob das Verfahren der Vergrösserung der Konkursmasse dient (BGE 131 III 227 E.
4.1; BGE 129 III 683 E. 3.2). Daraus folgt nach der Rechtsprechung namentlich,
dass das Lugano-Übereinkommen auf die nach Konkurseröffnung eingeleitete
Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG nicht anwendbar ist (BGE 131 III 227
E. 3.3 und 4). Weiter hat das Bundesgericht entschieden, dass ein ausländisches
Urteil unter dem LugÜ nicht als Kollokationsurteil anerkannt werden kann, da
die
BGE 139 III 236 S. 246
schweizerischen Gerichte für das Kollokationsverfahren wegen der verfahrens-
und vollstreckungsrechtlichen Natur der Auseinandersetzung international
zwingend zuständig seien (BGE 135 III 127 E. 3.3.3; vgl. auch BGE 133 III 386
E. 4.3.3 S. 391; siehe ferner DASSER, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ], Dasser/
Oberhammer[Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 88 zu Art. 1 LugÜ).
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vorliegende Widerklage nicht unter das
LugÜ fällt. Wie die Vorinstanz feststellte, hat das Verfahren letztlich zum
Ziel, Vermögenswerte aus der deutschen Konkursmasse auszusondern. Ein
allfälliges gutheissendes Urteil beträfe daher die Durchführung des
ausländischen Insolvenzverfahrens. Der eingeklagte Anspruch richtet sich gegen
den Insolvenzverwalter und nicht etwa gegen den Gemeinschuldner persönlich. Die
Klage geht überdies insofern aus dem Insolvenzverfahren hervor, als der
Insolvenzverwalter und die Beschwerdeführerin ohne die Konkurseröffnung
offensichtlich keine Vereinbarung über insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche
abgeschlossen hätten und die nun streitgegenständlichen Vermögenswerte gar
nicht erst dem Insolvenzverwalter übertragen worden wären: Mit der Vergleichs-
und Auseinandersetzungsvereinbarung verpflichtete sich die Beschwerdeführerin,
der Konkursmasse einen Teil ihres Vermögens zur Verwertung und Befriedigung der
Gläubiger zu überlassen, d.h. die konkursrechtliche Verwertung dieser
Vermögenswerte zu dulden. Die der Rückabwicklung der Vereinbarung dienende
Widerklage ist somit eine unmittelbare und untrennbare Folge des in Deutschland
über A. eröffneten Insolvenzverfahrens, in dessen Rahmen sie sich hält.
Schliesslich ergibt sich die konkursrechtliche Natur der hier zu beurteilenden
Streitigkeit auch aus den Gründen, welche die Beschwerdeführerin zur Motivation
ihres Widerklagebegehrens vorbrachte: Sie berief sich (nebst dem Verstoss gegen
das BewG) unter anderem auf die Nichtigkeit der Vereinbarung vom 30. April bzw.
17. September 2001 wegen Wuchers, wobei sie zur Begründung vortrug, die
vereinbarte Leistung der Beschwerdeführerin habe 344,777 Mio. DM betragen,
wogegen die Anfechtungsansprüche bloss einen Wert von DM 72'962'416.00 gehabt
hätten. Der Beschwerdegegner - so die Beschwerdeführerin weiter - habe nahezu
das Doppelte dessen erlangt, was er rechtlich überhaupt gefordert habe, und
über das Vierfache von dem, was er aller Voraussicht nach hätte durchsetzen
können. Auch daraus erschliesst sich, dass der vorliegende Prozess
BGE 139 III 236 S. 247
- unabhängig von der vertraglichen Form der von den Parteien getroffenen
Regelung - inhaltlich die Anfechtungsansprüche der Konkursmasse gegen die
Beschwerdeführerin nach deutschem Insolvenzrecht betrifft und damit einen
konkursrechtlichen Gegenstand hat. Dies verkennt die Beschwerdeführerin, wenn
sie vor Bundesgericht ausführt, die Beurteilung der Widerklage könne sich ohne
Weiteres auf zivilrechtliche Ansprüche beschränken und mache nicht die
Anwendung ausländischer konkursrechtlicher Vorschriften erforderlich.
Angesichts der genannten Umstände dient die vorliegende Widerklage - wie die
Beschwerdeführerin in der Widerklagebegründung übrigens selber ausführte - der
Durchsetzung von insolvenzrechtlichen Ansprüchen. Die Beschwerdeführerin vermag
diesen Umstand auch nicht dadurch zu entkräften, dass sie in der Beschwerde vor
Bundesgericht die geltend gemachten Ansprüche aus der Rückabwicklung der
Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung nun als "rein zivilrechtlicher,
und nicht konkursrechtlicher Natur" qualifiziert, zumal die
zuständigkeitsrechtliche Qualifikation eines eingeklagten Anspruchs aufgrund
des klägerischen Tatsachenvortrags Gegenstand richterlicher Rechtsanwendung von
Amtes wegen ist (vgl. BGE 137 III 32 E. 2.2 mit Hinweisen).

5.3 Die Zuständigkeit der Vorinstanzen für die vorliegende Widerklage kann aber
auch nicht auf das IPRG abgestützt werden: Wohl behält das SchKG in Art. 30a
die Bestimmungen des IPRG vor. Daraus darf indessen nicht geschlossen werden,
Art. 8 IPRG begründe für insolvenzrechtliche Widerklagen wie die vorliegende
einen Gerichtsstand am Ort der (mit der Widerklage in sachlichem Zusammenhang
stehenden) Hauptklage. Die (allgemeinen) Bestimmungen des IPRG finden auf die
Zuständigkeits- und Anerkennungsordnung für vollstreckungsrechtliche
Streitigkeiten keine Anwendung (vgl. dazu BOMMER, Die Zuständigkeit für
Widerspruchs- und Anfechtungsklagen im internationalen Verhältnis, 2001, S.
26-29; MEIER, Internationales Zivilprozessrecht und Zwangsvollstreckungsrecht,
2. Aufl. 2005, S. 171; WALDER, Einführung in das Internationale
Zivilprozessrecht der Schweiz, 1989, S. 184). In diesem Sinne hat das
Bundesgericht entschieden, dass die Anerkennung gemäss den allgemeinen
Bestimmungen von Art. 25 ff. IPRG für betreibungsrechtliche Streitigkeiten mit
Reflexwirkungen auf das materielle Recht (wie Kollokationssachen oder
Anfechtungsklagen) ausser Betracht fällt, da diese Verfahren
vollstreckungsrechtlicher und nicht zivilrechtlicher Natur sind (BGE 135 III
127 E. 3.3.3 S. 134; BGE 129 III 683
BGE 139 III 236 S. 248
E. 5.2 S. 687; Urteil 5A_483/2010 vom 8. Februar 2011 E. 3.2). Nachdem im 11.
Kapitel des IPRG, welches das internationale Konkursrecht der Schweiz regelt,
kein Gerichtsstand für die vorliegende insolvenzrechtliche Klage betreffend
einen ausländischen Konkurs vorgesehen ist (vgl. E. 4.2), vermag somit auch
Art. 8 IPRG keinen solchen zu begründen (vgl. zum Ganzen JUCKER, Der
internationale Gerichtsstand der schweizerischen paulianischen
Anfechtungsklage, 2007, S. 316 f.).

5.4 Nach dem Gesagten steht fest, dass die vorliegende Widerklage angesichts
ihrer konkursrechtlichen Natur, unabhängig von der Prozessführungsbefugnis des
Beschwerdegegners, jedenfalls mangels Zuständigkeit des angerufenen
schweizerischen Gerichts nicht zulässig ist. Die Vorinstanz hat demnach, indem
sie auf die Widerklage nicht eintrat, kein Bundesrecht verletzt.