Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 V 297



Urteilskopf

134 V 297

35. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Firma X. AG
gegen Ausgleichskasse Nidwalden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
9C_107/2008 vom 5. Juni 2008

Regeste

Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG; Dividendenauszahlungen als
massgebender Lohn? Die zur Qualifikation von Dividendenzahlungen an
Verwaltungsräte entwickelte sog. "Nidwaldner Praxis" (dazu E. 2.4)
berücksichtigt die steuerrechtliche Betrachtung nicht, und die darin
enthaltenen Kriterien sind insofern gesetzwidrig, als sie die Angemessenheit
der Dividende im Verhältnis zum Aktienkapital (statt zum Eigenkapital)
bemessen. Auch beim Aktionär ist die Angemessenheit des (beitragsfreien)
Vermögensertrags nicht in Relation zum Nennwert, sondern zum effektiven
wirtschaftlichen Wert der Aktien zu beurteilen (E. 2.8).

Sachverhalt ab Seite 298

BGE 134 V 297 S. 298

A. Mit Nachzahlungsverfügungen vom 18. Juni 2007 forderte die Ausgleichskasse
Nidwalden von der Firma X. AG für die Jahre 2002 bis 2005 Nachzahlungen von
insgesamt Fr. 50'052.65 für paritätische AHV/IV/EO-, FAK- und ALV-Beiträge samt
Verwaltungskosten, zuzüglich Verzugszinsen. Sie hielt daran mit
Einspracheentscheid vom 23. August 2007 fest mit der Begründung, ein Teil der
vom Verwaltungsratspräsidenten Y. bezogenen Dividende sei als massgebender Lohn
zu betrachten.

B. Das Versicherungsgericht des Kantons Nidwalden wies eine dagegen erhobene
Beschwerde mit Urteil vom 17. Dezember 2007 ab.

C. Die Firma X. AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Nachzahlungs-
und Verzugszinsverfügungen.
BGE 134 V 297 S. 299
Die Ausgleichskasse Nidwalden beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt
für Sozialversicherungen (BSV) äussert sich zum Verfahren, ohne einen
ausdrücklichen Antrag zu stellen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Der Sachverhalt ist in folgenden Punkten unbestritten: Y. ist Aktionär,
Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Firma X. AG, welche
100%-Beteiligungen an zwei Aktiengesellschaften hält. Er bezog in den Jahren
2002 bis 2004 je ein Bruttosalär von Fr. 32'103.- und eine Bruttodividende von
Fr. 134'000.-, im Jahre 2005 ein Bruttosalär von Fr. 31'932.- und eine
Bruttodividende von Fr. 340'000.-.

1.2 Umstritten ist der Umfang der Beteiligung von Y. an der Firma X. AG. Die
Beschwerdeführerin hat vor der Vorinstanz wie vor Bundesgericht geltend
gemacht, die Beteiligung von Y. an der Gesellschaft habe in den Jahren 2002 bis
2004 29,77 % betragen, im Jahre 2005 48,44 %. Die Vorinstanz hat in ihrem
Entscheid zunächst diese Darstellung wiedergegeben, dann aber erwogen, es sei
unbestritten und aktenmässig belegt, dass Y. an der Gesellschaft zu 70 %
beteiligt sei. Die Aussage, dies sei unbestritten, ist angesichts der
Darstellung der Beschwerdeführerin aktenwidrig und damit offensichtlich
unrichtig. Die bei den Akten liegenden steuerrechtlichen
Wertschriftenverzeichnisse stimmen mit der Darstellung der Beschwerdeführerin
überein. Demgegenüber begründet die Vorinstanz ihre Annahme einer
70%-Beteiligung nicht. Diese ergibt sich offenbar nur aus einem Schreiben der
Ausgleichskasse vom 13. Juni 2007, wo diese Zahl jedoch nicht nachvollziehbar
begründet wird. Vermutlich resultiert sie daraus, dass im
Wertschriftenverzeichnis von Y. für das Jahr 2005 nur die Anzahl der Aktien
gezählt wurde, ohne dem unterschiedlichen Nennwert Rechnung zu tragen.
Insgesamt erscheint die Darstellung der Beschwerdeführerin als zutreffend.

2. Umstritten ist, ob ein Teil der an Y. ausbezahlten Dividende als
beitragspflichtiges Einkommen zu qualifizieren ist.

2.1 Gemäss Art. 4 und 5 AHVG sind nur auf dem Erwerbseinkommen AHV-Beiträge
geschuldet, nicht aber auf dem Vermögensertrag (BGE 122 V 178 E. 3b).
Dividenden sind grundsätzlich
BGE 134 V 297 S. 300
beitragsfreier Vermögensertrag (vgl. auch Rz. 2011 der Wegleitung des BSV über
den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO [WML]). Richtet eine
Aktiengesellschaft Leistungen an Arbeitnehmer aus, die gleichzeitig Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte sind oder Inhabern solcher Rechte
nahestehen, erhebt sich bei der Festsetzung sowohl der direkten Steuer als auch
der Sozialversicherungsbeiträge die Frage, ob und inwieweit es sich um
Arbeitsentgelt (massgebenden Lohn) oder aber um Gewinnausschüttung
(Kapitalertrag) handelt. Letztere unterliegt beim Empfänger der direkten
Bundessteuer im Sinne von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG (SR 642.11), da sie ihren
Grund in der Aktionärseigenschaft des Empfängers hat. Nach der Rechtsprechung
gehören Vergütungen, die als reiner Kapitalertrag zu betrachten sind, nicht zum
massgebenden Lohn. Ob dies zutrifft, ist nach Wesen und Funktion einer
Zuwendung zu beurteilen. Deren rechtliche oder wirtschaftliche Bezeichnung ist
nicht entscheidend und höchstens als Indiz zu werten. Unter Umständen können
auch Zuwendungen aus dem Reingewinn einer Aktiengesellschaft massgebender Lohn
sein; dies gilt laut Art. 7 lit. h AHVV (SR 831.101) namentlich für Tantiemen.
Es handelt sich dabei um Vergütungen, die im Arbeitsverhältnis ihren Grund
haben. Zuwendungen, die nicht durch das Arbeitsverhältnis gerechtfertigt
werden, gehören nicht zum massgebenden Lohn, sondern sind Gewinnausschüttungen,
welche eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern ohne entsprechende Gegenleistung
zuwendet, aber unbeteiligten Dritten unter den gleichen Umständen nicht
erbringen würde (BGE 103 V 1 E. 2b S. 4; ZAK 1989 S. 147, E. 2b, H 131/86; Pra
86/1997 Nr. 96 S. 520 f., E. 4b, H 241/96; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts H 49/02 vom 19. November 2002, E. 4.1).

2.2 Im Lichte der gesetzlichen Grundentscheidung, wonach nur Erwerbseinkommen,
nicht aber Vermögensertrag beitragspflichtig ist, muss bei der Beurteilung von
Leistungen, welche eine Aktiengesellschaft an Personen ausrichtet, die zugleich
Arbeitnehmer und Aktionäre sind, einerseits eine angemessene Entschädigung für
die geleistete Arbeit, andererseits ein angemessener Vermögensertrag zugrunde
gelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass es für die Beitragspflichtigen nicht
nur vorteilhaft ist, hohe Dividenden und ein tiefes Salär zu deklarieren. Dies
ist zwar AHV-rechtlich günstiger, weil auf den Dividenden keine AHV-Beiträge
geschuldet sind. Steuerrechtlich verhält es sich aber umgekehrt: Im Unterschied
zu
BGE 134 V 297 S. 301
den Löhnen stellt die Dividende bei der Gesellschaft keinen geschäftsmässig
begründeten Aufwand dar, sondern unterliegt der Gewinnsteuer (Art. 58 Abs. 1
lit. b DBG; Art. 24 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
(Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) und zugleich beim Empfänger der
Einkommenssteuer, insgesamt somit einer wirtschaftlichen Doppelbelastung,
welche durch die Unternehmenssteuerreform II (Bundesgesetz vom 23. März 2007
über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische
Tätigkeiten und Investitionen, angenommen in der Volksabstimmung vom 24.
Februar 2008) zwar gemildert (Art. 20 Abs. 1^bis DBG, Art. 7 Abs. 1 StHG, je in
der Fassung gemäss Unternehmenssteuerreform II), aber nicht beseitigt wurde.
Die Steuerbehörden haben zu prüfen, ob eine als Lohn deklarierte Leistung in
Wirklichkeit eine Gewinnausschüttung darstellt, und sie gegebenenfalls als
solche aufzurechnen (Urteil 2A.742/2006 vom 15. Mai 2006, E. 5.3; StE 2005 B
72.13.22 Nr. 43, E. 3, 2A.562/2004). Dabei hat die Gesellschaft einen
erheblichen Ermessensspielraum; den Steuerbehörden steht es nicht zu, die
Angemessenheit des Lohnes bzw. der Dividende frei zu überprüfen. Von der durch
die Gesellschaft gewählten Aufteilung ist abzuweichen, wenn ein
offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen
eingesetztem Vermögen und Dividende besteht (BGE 113 Ib 23 E. 2c S. 25; StE
2005 B 72.13.22 Nr. 43, E. 3, 2A.562/2004, und Nr. 44, E. 2, 2A.71/2004;
BRÜLISAUER/POLTERA, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar DBG, 2. Aufl., Basel
2008, N. 99 zu Art. 58 DBG; RICHNER/FREI/KAUFMANN, Handkommentar zum DBG, N.
102 zu Art. 58 DBG). Dabei ist - wie im AHV-Recht (E. 2.1), aber mit
umgekehrten Vorzeichen - auf einen Drittvergleich abzustellen, d.h. es ist zu
prüfen, ob die gleiche Leistung unter Berücksichtigung aller objektiven und
subjektiven Faktoren auch einem aussenstehenden Dritten erbracht worden wäre (
BGE 131 II 593 E. 5.2; BGE 119 Ib 431 E. 2b; BGE 113 Ib 23 E. 2b S. 25; StE
2005 B 72.13.22 Nr. 44, E. 2, 2A.71/2004; RDAT 2001 I Nr. 18t S. 421, E. 3b,
2A.237/2000; BRÜLISAUER/POLTERA, a.a.O., N. 96 zu Art. 58 DBG; ROBERT DANON,
in: Yersin/Noël [Hrsg.], Impôt fédéral direct, N. 143 zu Art. 57/58 DBG).

2.3 Während also die Steuerbehörden allenfalls eine als Lohn deklarierte
Leistung als verdeckte Gewinnausschüttung qualifizieren, wenn sie einem
Arbeitnehmer, der nicht zugleich Aktionär wäre,
BGE 134 V 297 S. 302
nicht erbracht worden wäre, können umgekehrt die AHV-Behörden eine als
Gewinnausschüttung deklarierte Leistung als massgeblichen Lohn qualifizieren,
wenn sie einem Aktionär, der nicht zugleich Arbeitnehmer wäre, nicht erbracht
worden wäre. Praxisgemäss ist es Sache der Ausgleichskassen, selbstständig zu
beurteilen, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als
Kapitalertrag qualifiziert werden muss. Der in Art. 23 AHVV enthaltenen Ordnung
entspricht es jedoch, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel an die
bundessteuerrechtliche Betrachtungsweise halten. Um der Einheit und
Widerspruchslosigkeit der gesamten Rechtsordnung willen soll eine verschiedene
Betrachtungsweise der Steuerbehörde und der AHV-Verwaltung vermieden werden,
ausser wenn dafür ausschlaggebende Gründe vorliegen (BGE 103 V 1 E. 2c; ZAK
1989 S. 148, E. 2c, H 131/86; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts H 49/02
vom 19. November 2002, E. 4.2). Das gilt namentlich auch in Bezug auf die
verrechnungssteuerliche Behandlung (BGE 122 V 178 E. 3b S. 180). Ein Grund,
welcher eine Abweichung von steuerrechtlicher und AHV-rechtlicher Betrachtung
nahelegt, liegt namentlich darin, dass Tantiemen obligationenrechtlich und
steuerrechtlich als Gewinn gelten (Art. 677 OR; Urteil 2A.742/2006 vom 15. Mai
2007, E. 5.1; BRÜLISAUER/POLTERA, a.a.O., N. 95 zu Art. 58 DBG), AHV-rechtlich
hingegen als massgebender Lohn (Art. 7 lit. h AHVV; Pra 86/1997 Nr. 96 S. 520
f., E. 4b, H 241/96). Wie in der steuerrechtlichen Betrachtung ist aber auch
AHV-rechtlich von der durch die Gesellschaft vorgenommenen Aufteilung
auszugehen und davon nur abzuweichen, wenn ein offensichtliches Missverhältnis
zwischen Arbeitsleistung und Entgelt bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und
Dividende besteht.

2.4 Die Ausgleichskasse Nidwalden hat zur Abgrenzung von Lohn und
Gewinnausschüttung seit mehreren Jahren eine Praxis entwickelt, wonach die
Dividendenzahlung, das deklarierte AHV-Einkommen und ein branchenübliches
Gehalt zueinander in Beziehung gesetzt werden. Soweit die Dividende eine 15%ige
Verzinsung des Aktienkapitals übersteigt, wird sie als massgebender Lohn
betrachtet, dies jedoch nur bis zur Höhe eines durchschnittlichen Gehalts, das
aufgrund von Standardwerten bestimmt wird. Die Beschwerdegegnerin hat auch im
vorliegenden Fall diese Praxis angewendet, wobei sie von einem branchenüblichen
Jahreseinkommen von Fr. 120'000.- ausgegangen ist.
BGE 134 V 297 S. 303

2.5 Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich zu dieser Nidwaldner Praxis
geäussert: In Pra 86/1997 Nr. 96 S. 519, E. 6, H 241/96 erwog es, die erwähnte
kantonale Praxis sei nicht allgemein, sondern aufgrund der besonderen Situation
des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Bei einem nur teilzeitlich für die
Gesellschaft tätigen Geschäftsführer könne nicht der für eine Vollzeitstelle
branchenübliche Lohn von Fr. 120'000.- aufgerechnet werden. Auch hohe
Dividenden seien nicht unzulässig, wenn sie gleichermassen an alle Aktionäre
ausgeschüttet werden, auch an diejenigen, die nicht in der Aktiengesellschaft
tätig sind. In den Urteilen des Eidg. Versicherungsgerichts H 386/99 vom 4.
August 2000, H 304/00 vom 10. März 2003 und H 108/03 vom 22. Dezember 2003
wurde demgegenüber die Anwendung der Nidwaldner Praxis geschützt bei einem
Alleinaktionär, Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer, der einen Lohn
von ca. Fr. 37'200.- bis Fr. 48'000.- und eine Dividende von Fr. 500'000.-
bezogen hatte; bei einer einzigen Verwaltungsrätin und Geschäftsführerin, die
ein Salär von Fr. 60'000.- bis Fr. 72'000.- und eine Dividende von Fr. 70'000.-
bis Fr. 100'000.- bezogen hatte; sowie bei einem Alleinaktionär, einzigen
Verwaltungsratsmitglied und Geschäftsführer, der kein Salär, aber eine
Dividende von Fr. 120'000.- bis Fr. 300'000.- bezogen hatte, zudem auch in
einem Jahr, in welchem die Aktiengesellschaft einen Verlust erzielt hatte.

2.6 Das BSV führt in seiner Vernehmlassung aus, es beabsichtige im Zusammenhang
mit der Unternehmenssteuerreform II diese Nidwaldner Praxis in die WML
aufzunehmen. In den Mitteilungen Nr. 219 vom 31. März 2008 an die
AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen hat das BSV zudem diese Praxis
ab sofort sinngemäss in Geltung gesetzt.

2.7 Es ist nicht zu beanstanden, wenn das BSV Weisungen erlässt (Art. 72 Abs. 1
AHVG), wonach unter bestimmten Voraussetzungen ein offensichtliches
Missverhältnis im genannten Sinne zu vermuten ist. Wie aus der zitierten
Bundesgerichtspraxis hervorgeht (E. 2.5), können jedoch solche Weisungen nicht
schematisch, sondern nur unter Würdigung des konkreten Einzelfalls angewendet
werden (Pra 86/1997 Nr. 96 S. 519, E. 6, H 241/96). Zudem ist nur in
begründeten Fällen von der steuerrechtlichen Betrachtung abzuweichen. In jedem
Fall müssen die Weisungen gesetzes- und verordnungskonform sein.
BGE 134 V 297 S. 304

2.8 Aus der Nidwaldner Praxis bzw. dem Kreisschreiben Nr. 219 ist nicht
ersichtlich, dass und inwiefern dabei die steuerrechtliche Betrachtung
berücksichtigt würde. Zudem sind die darin enthaltenen Kriterien insofern
gesetzwidrig, als sie die Angemessenheit der Dividende im Verhältnis zum
Aktienkapital bemessen. Beitragsfrei ist der (angemessene) Ertrag auf dem
Vermögen. Zum Vermögen gehört beim Selbstständigerwerbenden auch das im Betrieb
investierte Eigenkapital (Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG). Bei einer
Aktiengesellschaft umfasst das Eigenkapital nicht nur das Aktienkapital,
sondern auch die (offenen und stillen) Reserven (BGE 130 II 449 E. 6.7 in Bezug
auf Art. 13 Abs. 1 lit. b des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985
[PüG; SR 942.20]; BRÜLISAUER/ZIEGLER, in: Zweifel/Athanas, a.a.O., N. 9 zu Art.
65 DBG; vgl. zu Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG auch SVR 2006 AHV Nr. 20 S. 74, E.
4.4.2, H 132/05). Das Eigenkapital kann sehr wesentlich vom Aktienkapital
abweichen. Dieses bildet keinen tauglichen Massstab für die Höhe des
Eigenkapitals bzw. des investierten Vermögens. Auch beim Aktionär ist daher die
Angemessenheit des (beitragsfreien) Vermögensertrags nicht in Relation zum
Nennwert, sondern zum effektiven wirtschaftlichen Wert der Aktien zu
beurteilen.

3.

3.1 Die Vorinstanz hat zum wirtschaftlichen Wert der Firma X. AG bzw. des
Aktienpakets von Y. keine Aussagen gemacht und insofern den rechtserheblichen
Sachverhalt unvollständig festgestellt, so dass ihn das Bundesgericht selber
feststellen kann (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin macht in ihrer
Beschwerde ans Bundesgericht wie bereits vor der Vorinstanz geltend, der
Steuerwert der Unternehmung betrage rund 19 Mio. Franken, was der in den Akten
liegenden Bewertungsmeldung der kantonalen Steuerverwaltung entspricht und
nicht bestritten wird. Ausgehend von diesem Steuerwert entsprechen die
Dividenden von Fr. 134'000.- (für die Jahre 2002 bis 2004) bei einem
Aktienanteil von Y. von rund 30 % (E. 1.2) einem Vermögensertrag von rund 2,3
%. Die Dividende von Fr. 340'000.- für das Jahr 2005 entspricht bei einer
nunmehr knapp 50%igen Beteiligung (E. 1.2) einem Vermögensertrag von rund 3,6
%. Solche Vermögenserträge können offensichtlich nicht als unangemessen hoch
bezeichnet werden. Etwas abweichend sind die in den Wertschriftenverzeichnissen
angegebenen Steuerwerte der Aktienpakete: Sie betragen für die Jahre 2002 bis
2004 zwischen Fr. 3'339'280.- und Fr. 4'277'280.-. Die
BGE 134 V 297 S. 305
Dividende von Fr. 134'000.- entspräche damit einem Vermögensertrag von 3,1 bis
4,0 %. Für das Jahr 2005 ist im Wertschriftenverzeichnis ein Steuerwert des
Aktienpakets von Fr. 5'722'500.- angegeben. Die Dividende von Fr. 340'000.-
entspricht einem Vermögensertrag von 5,9 %. Auch dies kann für risikotragendes
Kapital einer Aktiengesellschaft jedenfalls nicht als offensichtlich überhöht
betrachtet werden (vgl. BGE 130 II 449 E. 6.8.2 zu Art. 13 Abs. 1 lit. b PüG;
BGE 118 II 124 E. 5 S. 128 zu Art. 269a lit. c OR). Für die Angemessenheit und
rein gesellschaftsrechtliche (nicht arbeitsrechtliche) Motivierung der an Y.
ausgerichteten Dividende spricht zudem, dass ihr Anteil an der gesamten
ausgeschütteten Dividende jedenfalls für das Jahr 2005, für welches sich eine
Jahresrechnung in den Akten befindet, genau dem Anteil von Y. am gesamten
Aktienkapital entspricht, so dass offenbar alle Aktionäre gleich behandelt
wurden (vgl. Pra 86/1997 Nr. 96 S. 519, E. 6d/cc, H 241/96).

3.2 Unter diesen Umständen könnte das weitere - grundsätzlich beachtliche -
Kriterium der Angemessenheit der Entschädigung für die geleistete Arbeit
höchstens dann zu einer Aufrechnung führen, wenn die ausgerichtete
Entschädigung eindeutig unangemessen tief wäre. Dies kann vorliegend klar
verneint werden: Denn bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine
Holdinggesellschaft. Typischerweise üben Holdinggesellschaften keine
eigentliche Geschäftstätigkeit aus, sondern beschränken sich darauf, andere
Beteiligungen zu halten. Anzeichen dafür, dass es sich bei der
Beschwerdeführerin anders verhalten würde, sind keine ersichtlich. Nach dem
Handelsregisterauszug besteht ihr Zweck in Erwerb, Verwaltung und Veräusserung
von Beteiligungen an Unternehmen und Gesellschaften der Furnierbranche sowie in
der Gründung weiterer Gesellschaften; sie kann Grundeigentum erwerben und
veräussern. Die bei den Akten liegende Jahresrechnung für das Jahr 2005 weist
als einzigen nennenswerten Geschäftsaufwand nebst den Buchhaltungskosten das
Verwaltungsratshonorar samt AHV-Beiträgen aus. Die Tätigkeit des
Verwaltungsrats beschränkt sich somit offensichtlich darauf, die Beteiligung an
den zwei Tochtergesellschaften zu verwalten. Für eine solche Tätigkeit ist eine
jährliche Entschädigung von rund Fr. 30'000.- für den
Verwaltungsratspräsidenten nicht unangemessen tief.

3.3 Schliesslich sind die fraglichen Ausschüttungen nach Lage der Akten auch
steuerrechtlich als Dividende qualifiziert worden: Es
BGE 134 V 297 S. 306
wurde darauf Verrechnungssteuer abgezogen (vgl. dazu BGE 122 V 178 E. 4c S.
182) und sie wurden offensichtlich bei Y. als Vermögensertrag besteuert. Auch
sind sie in der Erfolgsrechnung der Gesellschaft nicht als Personalaufwand,
sondern als Dividende verbucht worden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass
sie im Rahmen der Gewinnbesteuerung der Aktiengesellschaft nicht als Gewinn,
sondern als geschäftsmässig begründeter Aufwand behandelt worden wären.

3.4 Die Aufrechnung als massgebender Lohn erfolgte daher zu Unrecht. Die
Beschwerde ist begründet.