Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 IV 315



Urteilskopf

134 IV 315

32. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen)
6B_263/2008 vom 10. Oktober 2008

Regeste

Überprüfung altrechtlicher Verwahrungen (Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB);
Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme, Voraussetzungen (Art. 59
StGB). Gegenüber einem altrechtlich verwahrten, psychisch schwer gestörten
gefährlichen Straftäter hat der Richter an Stelle der Weiterführung der
Verwahrung nach neuem Recht eine stationäre therapeutische Massnahme
anzuordnen, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch eine
solche Massnahme über die Dauer von fünf Jahren die Gefahr von mit der
psychischen Störung in Zusammenhang stehenden Straftaten im Sinne von Art. 64
StGB deutlich verringert wird. Nicht erforderlich ist hingegen, dass mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit bereits nach fünf Jahren die Voraussetzungen
für eine bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme erfüllt sind (E.
3-5).

Sachverhalt ab Seite 316

BGE 134 IV 315 S. 316

A. Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach X. mit Urteil
vom 18. Dezember 2001 des mehrfachen Mordes, des vollendeten und des
unvollendeten Mordversuchs, der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu
mehrfachem Mord sowie weiterer Straftaten (mehrfache Brandstiftung und
mehrfacher Versuch dazu, Raub, Gewalt und Drohung gegen Beamte, einfache
Körperverletzung, mehrfacher Diebstahl etc.) schuldig und bestrafte sie - unter
Annahme einer Verminderung der Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grade - mit
lebenslänglichem Zuchthaus, wovon 1301 Tage durch Untersuchungshaft und
vorzeitigen Strafvollzug erstanden waren. Das Gericht ordnete die Verwahrung
von X. im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB an und schob zu diesem Zweck
den Vollzug der Strafe auf. Die Massnahme wird in den Anstalten Hindelbank
vollzogen.
X. (geboren 1973) hatte am 26. Juni 1991 sowie am 22. Januar 1997 in Zürich
entsprechend einem vorgefassten Plan, ohne Anlass und ersichtliches Motiv, eine
ihr unbekannte Frau durch Messerstiche getötet. Sie hatte im Herbst 1996 und am
21. März 1998 entsprechend einem vorgefassten Plan, ohne Anlass und
ersichtliches Motiv, eine
BGE 134 IV 315 S. 317
Frau durch Messerstiche zu töten versucht, wobei der erste Versuch unvollendet
blieb und der zweite Versuch vollendet wurde. Sie hatte im Jahr 1991
Vorbereitungshandlungen zur Tötung der Angehörigen einer Familie durch eine
Schusswaffe getroffen, bei welcher sie 1989/1990 als Aupair-Mädchen tätig
gewesen war. Sie hatte zudem bereits in den Jahren 1989 bis 1991 und sodann in
den Jahren 1995 bis 1998 zahlreiche Brandstiftungen und Versuche dazu verübt.
Ferner hatte sie zahlreiche Diebstähle und Diebstahlsversuche, teilweise
verbunden mit Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüchen, begangen.

B. Mit Schreiben vom 14. Februar 2007 überwies der Sonderdienst des Amtes für
Justizvollzug des Kantons Zürich die Akten in Sachen X. in Anwendung von Ziff.
2 Abs. 2 der Schlussbestimmungen des revidierten Strafgesetzbuches (SchlBest.
StGB) der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich zur Prüfung der
Frage, ob die Voraussetzungen für eine therapeutische Massnahme im Sinne von
Art. 59-61 oder 63 des neuen Rechts erfüllt sind.
Der Sonderdienst des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich empfahl die
Weiterführung der Verwahrung nach neuem Recht. Bei X. bestehe nach wie vor ein
hohes Rückfallrisiko, welches in der aktuell laufenden Therapie nicht
massgeblich habe gesenkt werden können. Daher seien bis auf weiteres auch keine
Lockerungen des Vollzugs geplant. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
schloss sich dem Antrag auf Weiterführung der Verwahrung nach neuem Recht an.
X. beantragte demgegenüber die Anordnung einer stationären Massnahme im Sinne
von Art. 59 StGB. Sie sei behandlungsfähig und habe längerfristig
Heilungschancen. Eine Verwahrung komme nach dem neuen Recht nur noch bei
Behandlungsunfähigkeit in Betracht. X. legte ein Gutachten bei, welches Dr.
med. A. von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel am 28. März 2007
zu Händen der Anstalten Hindelbank zu den Fragen der Vollzugsmodalitäten und
von möglichen Haftschäden erstattet hatte. Sie beantragte, es sei von Dr. A.
eine Stellungnahme zur Frage einzuholen, ob sich mit einer therapeutischen
Behandlung der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung in Zusammenhang
stehender Taten begegnen lasse.

C. Die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich beschloss mit
Entscheid vom 21. Februar 2008, dass keine therapeutische Massnahme im Sinne
von Art. 59-61 oder 63 StGB angeordnet
BGE 134 IV 315 S. 318
und die Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt wird. Die Einholung eines
ergänzenden Gutachtens lehnte sie ab.

D. X. führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, der Beschluss des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Februar 2008 sei aufzuheben; es sei
eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB anzuordnen;
eventualiter sei die Sache zur Einholung eines ergänzenden Gutachtens an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf
Vernehmlassungen verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Gemäss Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB überprüft das Gericht bis spätestens
zwölf Monate nach Inkrafttreten des neuen Rechts, ob bei Personen, die nach den
Artikeln 42 oder 43 Ziffer 1 Absatz 2 des bisherigen Rechts verwahrt sind, die
Voraussetzungen für eine therapeutische Massnahme (Art. 59-61 oder 63 StGB)
erfüllt sind. Trifft dies zu, so ordnet das Gericht die entsprechende Massnahme
an; andernfalls wird die Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt. Die
vorliegend an Stelle der Verwahrung im Sinne des neuen Rechts (Art. 64 StGB)
allein in Betracht fallende stationäre therapeutische Massnahme zur Behandlung
von psychischen Störungen ist in Art. 59 StGB geregelt. Ist der Täter psychisch
schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn
(lit. a) der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner
psychischen Störung in Zusammenhang steht; und (lit. b) zu erwarten ist,
dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in
Zusammenhang stehender Taten begegnen (Abs. 1). Die stationäre Behandlung
erfolgt in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer
Massnahmevollzugseinrichtung (Abs. 2). Solange die Gefahr besteht, dass der
Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen
Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Artikel 76
Absatz 2 StGB behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung
durch Fachpersonal gewährleistet ist (Abs. 3). Der mit der stationären
Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf
Jahre. Sind die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach fünf Jahren
noch nicht gegeben und ist zu
BGE 134 IV 315 S. 319
erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer
mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und
Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die
Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen (Abs. 4).
Der Vollzug einer Massnahme nach den Artikeln 59-61 StGB geht einer zugleich
ausgesprochenen Freiheitsstrafe voraus (Art. 57 Abs. 2 StGB). Der mit der
Massnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen (Art. 57
Abs. 3 StGB). Die Verwahrung ist in Art. 64 StGB geregelt. Das Gericht ordnet
die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine
schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme,
eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer
Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er
die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer
beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn (lit. a) auf Grund der
Persönlichkeitsmerkmale des Täters, der Tatumstände und seiner gesamten
Lebensumstände ernsthaft zu erwarten ist, dass er weitere Taten dieser Art
begeht; oder (lit. b) auf Grund einer anhaltenden oder langdauernden
psychischen Störung von erheblicher Schwere, mit der die Tat in Zusammenhang
stand, ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten dieser Art
begeht und die Anordnung einer Massnahme nach Artikel 59 StGB keinen Erfolg
verspricht (Abs. 1). Der Vollzug der Freiheitsstrafe geht der Verwahrung
voraus. Die Bestimmungen über die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe
(Art. 86-88 StGB) sind nicht anwendbar (Abs. 2). Ist schon während des Vollzugs
der Freiheitsstrafe zu erwarten, dass der Täter sich in Freiheit bewährt, so
verfügt das Gericht die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe frühestens
auf den Zeitpunkt hin, an welchem der Täter zwei Drittel der Freiheitsstrafe
oder 15 Jahre der lebenslänglichen Freiheitsstrafe verbüsst hat. Zuständig ist
das Gericht, das die Verwahrung angeordnet hat. Im Übrigen ist Art. 64a StGB
anwendbar (Abs. 3). Die Verwahrung wird in einer Massnahmevollzugseinrichtung
oder in einer Strafanstalt nach Artikel 76 Absatz 2 StGB vollzogen. Die
öffentliche Sicherheit ist zu gewährleisten. Der Täter wird psychiatrisch
betreut, wenn dies notwendig ist (Abs. 4). Während der Vollzug der stationären
therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB dem Vollzug einer zugleich
ausgesprochenen Strafe - wie nach dem alten Recht - vorausgeht, geht - im
Unterschied zum alten Recht - der
BGE 134 IV 315 S. 320
Vollzug der Freiheitsstrafe dem Vollzug einer Verwahrung im Sinne von Art. 64
StGB voraus. Dies gilt auch für altrechtlich verwahrte Täter (Urteil 6B_326/
2007 vom 26. Februar 2008, E. 2).

3.2 Zu dieser gesetzlichen Regelung, die im Wesentlichen dem bundesrätlichen
Entwurf entspricht, hält die Botschaft des Bundesrates fest, die Verwahrung sei
gemäss dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit insofern subsidiär, als sie nicht
in Frage komme, solange eine therapeutische Massnahme noch sinnvoll erscheine.
Gegenüber gefährlichen psychisch gestörten Tätern sei somit grundsätzlich
zuerst zu prüfen, ob eine Massnahme nach Art. 59 StGB geeignet erscheine, den
Täter von weiteren Straftaten abzuhalten. Die stationäre therapeutische
Massnahme trage angesichts der Möglichkeit ihres Vollzugs in einer
geschlossenen Einrichtung beziehungsweise in einer Strafanstalt der
öffentlichen Sicherheit in demselben Masse Rechnung wie die Verwahrung. Erst
wenn sich herausstelle, dass eine Behandlung nach Art. 59 StGB keinen Erfolg
verspreche, solle wenn nötig die Verwahrung angeordnet werden. Damit werde
verhindert, dass ein Täter von vornherein als "unheilbar" bezeichnet und in
eine Strafanstalt eingewiesen werde (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des
Schweizerischen Strafgesetzbuches [Allgemeine Bestimmungen, Einführung und
Anwendung des Gesetzes], BBl 1999 1979 ff., 2078, 2097). Diese Grundsätze
betreffend das Verhältnis zwischen der Verwahrung und der stationären
therapeutischen Massnahme gelten auch für altrechtlich verwahrte Täter, deren
Verwahrung gemäss Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB gerichtlich zu überprüfen ist.

3.3 In der Lehre wird allgemein betont, dass das neue Recht für die Verwahrung
eines gefährlichen psychisch gestörten Täters die Untherapierbarkeit
voraussetzt. Gegenüber einem behandlungsfähigen Täter falle die Verwahrung, die
subsidiär und "ultima ratio" sei, ausser Betracht und sei stattdessen eine
gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB in gesichertem Rahmen zu vollziehende stationäre
therapeutische Massnahme anzuordnen (siehe etwa MARIANNE HEER, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch I, 2. Aufl. 2007, N. 33 zu Art. 56 StGB, N. 87, 103,
107 zu Art. 64 StGB; dieselbe, Einige Schwerpunkte des neuen Massnahmenrechts,
ZStrR 121/2003 S. 376 ff., 380, 402 f., 407; dieselbe, Die therapeutischen
Massnahmen im Schatten der Verwahrung - einige kritische Überlegungen zu
Tendenzen im Massnahmenrecht, in: Festschrift für Franz Riklin, 2007, S. 97
ff., 103 ff.; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER/MARKUS HUG/DANIEL JOSITSCH, Strafrecht
II,
BGE 134 IV 315 S. 321
Strafen und Massnahmen, 8. Aufl. 2007, S. 160 ff., 189 f.; FRANZ RIKLIN,
Strafen und Massnahmen im Überblick, in: Brigitte Tag/Max Hauri [Hrsg.], Die
Revision des Strafgesetzbuches, Allgemeiner Teil, 2006, S. 94 f.; GÜNTER
STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Strafen und
Massnahmen, 2. Aufl. 2006, § 9 N. 23, § 12 N. 13; HANS WIPRÄCHTIGER, Grundzüge
des neuen Massnahmenrechts 2002, in: La revisione della parte generale del
Codice penale, 2005, S. 43 ff., 49 f.).

3.4

3.4.1 Das Gericht kann gegenüber einem psychisch schwer gestörten Täter gemäss
Art. 59 Abs. 1 StGB eine stationäre therapeutische Behandlung anordnen, wenn
die Tat mit der psychischen Störung in Zusammenhang steht und "zu erwarten ist,
dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in
Zusammenhang stehender Taten begegnen" ("il est à prévoir que cette mesure le
détournera de nouvelles infractions en relation avec ce trouble"; "vi sia da
attendersi che in tal modo si potrà evitare il rischio che l'autore commetta
nuovi reati in connessione con questa sua turba"). Eine stationäre
therapeutische Massnahme setzt als Erstes selbstverständlich voraus, dass der
Täter überhaupt behandlungsfähig ist. Dies reicht jedoch nicht aus.
Erforderlich ist nach der Formulierung in Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB, dass zu
erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer Taten begegnen. Aus dieser
gesetzlichen Regelung geht allerdings nicht klar hervor, welches Ausmass der zu
erwartende Erfolg haben und mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit sowie in
welchem Zeitraum ungefähr er eintreten muss, damit eine stationäre
therapeutische Massnahme angeordnet werden kann. Zu diesen Rechtsfragen lassen
sich verschiedene Auffassungen vertreten.
Die stationäre therapeutische Massnahme kann angeordnet werden, wenn im
Zeitpunkt des Entscheids die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dadurch
lasse sich die Gefahr weiterer Straftaten deutlich verringern. Somit reichen
einerseits die bloss vage Möglichkeit einer Verringerung der Gefahr und
andererseits die Erwartung einer lediglich minimalen Verringerung nicht aus.
Bezogen auf den Zeitraum ist davon auszugehen, dass gemäss Art. 59 Abs. 4 Satz
1 StGB die stationäre therapeutische Massnahme in der Regel höchstens fünf
Jahre beträgt. Daher muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Entscheids die
hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich durch eine stationäre
Behandlung über die Dauer von fünf Jahren die Gefahr weiterer mit der
psychischen Störung in Zusammenhang stehender
BGE 134 IV 315 S. 322
Taten deutlich verringern lässt. Es ist indessen nicht die hinreichende
Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass nach einer stationären Behandlung von
fünf Jahren die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der
stationären Massnahme gemäss Art. 62 Abs. 1 StGB erfüllt sind, dass mithin ein
Zustand erreicht wird, der es rechtfertigt, dass dem Täter die Gelegenheit
gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. Eine deutliche Verringerung der
Gefahr weiterer Taten genügt. Dies ergibt sich auch aus Art. 59 Abs. 4 Satz 2
StGB. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren
noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme
lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in
Zusammenhang stehender Verbrechen oder Vergehen begegnen, so kann das Gericht
auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils
höchstens fünf Jahre anordnen. Es besteht mithin die Möglichkeit der - gar
mehrmaligen - Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme um jeweils
fünf Jahre. Dies wird in der Botschaft des Bundesrates damit begründet, dass
gerade bei Geisteskranken mit chronischen Verläufen die therapeutischen
Bemühungen oft sehr viel länger dauern. Daher soll die Massnahme nach Art. 59
StGB so oft verlängert werden können, als eine Fortführung notwendig, geeignet
und verhältnismässig erscheint. Diese Verlängerung sei insbesondere für
Behandlungen nach Art. 59 Abs. 3 StGB angezeigt (Botschaft des Bundesrates,
a.a.O., S. 2078 f.).
Das Gericht kann mithin gegenüber einem psychisch schwer gestörten Täter eine
therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB anordnen, wenn im Zeitpunkt
des Entscheids die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich durch
eine solche Behandlung über die Dauer von fünf Jahren die Gefahr von weiteren
mit der psychischen Störung in Zusammenhang stehenden Taten deutlich verringern
lässt. Es muss jedoch im Zeitpunkt des Entscheids nicht hinreichend
wahrscheinlich sein, dass schon nach einer stationären Behandlung von fünf
Jahren ein Zustand erreicht werden kann, der es rechtfertigt, dem Täter die
Gelegenheit zu geben, sich in der Freiheit zu bewähren, und ihn daher aus der
stationären Massnahme bedingt zu entlassen.

3.4.2 Die dargestellten Grundsätze finden auch Anwendung, wenn zu entscheiden
ist, ob gegenüber einem psychisch schwer gestörten Täter eine stationäre
therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB oder eine Verwahrung im
Sinne von Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB anzuordnen ist.
BGE 134 IV 315 S. 323
Gemäss Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB ordnet das Gericht gegenüber dem Täter, der
eine Straftat der in dieser Bestimmung umschriebenen Art begangen hat, die
Verwahrung an, wenn auf Grund einer anhaltenden oder langdauernden psychischen
Störung von erheblicher Schwere, mit der die Tat in Zusammenhang stand,
ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten dieser Art begeht und
die Anordnung einer Massnahme nach Artikel 59 StGB keinen Erfolg verspricht.
Die Verwahrung ist mithin gemäss Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB, auch wenn die
übrigen Voraussetzungen im Sinne dieser Bestimmung erfüllt sind, unzulässig,
wenn eine Massnahme nach Artikel 59 StGB einen Erfolg verspricht. Diese
Voraussetzung ist erfüllt, wenn im Sinne von Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB zu
erwarten ist, durch die stationäre therapeutische Massnahme lasse sich der
Gefahr weiterer Straftaten begegnen, wenn mithin im Sinne der vorstehenden
Erwägungen die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Verringerung
der Gefahr weiterer Straftaten besteht, und zwar von Straftaten der in Art. 64
Abs. 1 StGB umschriebenen Art. Das in Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB vorausgesetzte
Erfolgsversprechen entspricht mithin der in Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB
vorausgesetzten Erwartung.

3.5 Auch wenn der Täter in dem in Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB umschriebenen
Sinne gefährlich ist, hat der Richter eine stationäre therapeutische Massnahme
im Sinne von Art. 59 StGB anzuordnen, falls diese Massnahme Erfolg verspricht.
Der Gefährlichkeit des Täters ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die
Massnahme in einer Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB vollzogen wird. Darin
liegt eine wichtige Änderung gegenüber dem alten Recht (siehe die Botschaft des
Bundesrates, a.a.O., S. 2069, 2075). Der gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB mögliche
Vollzug der stationären therapeutischen Massnahme in einer geschlossenen
Einrichtung und allenfalls in einer Strafanstalt trägt, wie auch die Botschaft
(a.a.O., S. 2097) betont, der öffentlichen Sicherheit in demselben Masse
Rechnung wie die Verwahrung.

3.6 Dass der Täter auch in der Verwahrung psychiatrisch betreut wird, wenn dies
notwendig ist (Art. 64 Abs. 4 Satz 3 StGB), ist kein Argument gegen die
Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme, da sich die
psychiatrische Betreuung im Sinne von Art. 64 Abs. 4 Satz 3 StGB prinzipiell
von einer therapeutischen Behandlung im Sinne von Art. 59 StGB unterscheidet.
Die therapeutischen Massnahmen haben in erster Linie eine "therapeutische,
dynamische Einflussnahme" (und damit primär eine Verbesserung der
Legalprognose)
BGE 134 IV 315 S. 324
zum Inhalt und nicht bloss eine Pflege, d.h. eine "statisch-konservative
Zuwendung" (Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 2077, mit Hinweis).

3.7 Wenn sich im Laufe des Vollzugs der stationären therapeutischen Massnahme
herausstellt, dass dadurch kein Erfolg im Sinne einer deutlichen Verminderung
der Gefahr weiterer Taten erreicht werden kann, wenn also die Fortführung
dieser Massnahme als aussichtslos erscheint, so ist sie in Anwendung von Art.
62c Abs. 1 lit. a StGB aufzuheben. Ist bei Aufhebung einer Massnahme, die auf
Grund einer Straftat nach Art. 64 Abs. 1 StGB angeordnet wurde, ernsthaft zu
erwarten, dass der Täter weitere Taten dieser Art begeht, so kann das Gericht
gemäss Art. 64c Abs. 4 StGB auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verwahrung
anordnen. Wenn gegenüber einem altrechtlich verwahrten Täter im Rahmen der
Überprüfung gemäss Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB an Stelle der Weiterführung
der Verwahrung nach neuem Recht eine stationäre therapeutische Massnahme
angeordnet wird, so behält mithin das Gericht die Möglichkeit, bei
Aussichtslosigkeit der Fortführung dieser Massnahme die Verwahrung anzuordnen.
Voraussetzung ist in diesem Fall allerdings, dass der Täter eine Straftat im
Sinne von Art. 64 StGB begangen hat. Denn es wird nicht lediglich eine
altrechtliche Verwahrung gemäss Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB nach neuem Recht
weitergeführt (siehe dazu BGE 6B_144/2008 vom 9. September 2008), sondern eine
neurechtlich angeordnete stationäre therapeutische Massnahme in eine Verwahrung
abgeändert.

4.

4.1 Die Vorinstanz kommt in ihrem Entscheid zum Schluss, dass eine konkrete
Aussicht, in fünf oder auch in zehn Jahren eine Bewährung in Freiheit zu
erreichen, nicht besteht und daher die Erfolgsaussichten einer stationären
therapeutischen Massnahme weiterhin als gering und zu unbestimmt eingestuft
werden müssten, als dass sich deren Anordnung rechtfertigen liesse. Aus den
Erwägungen im angefochtenen Entscheid geht allerdings nicht klar hervor, ob die
Vorinstanz die Behandlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin verneint oder ob sie
diese zwar bejaht, aber annimmt, dass ein Behandlungserfolg nicht hinreichend
wahrscheinlich und/oder nicht gross genug und/oder nicht zeitig genug erzielbar
sei. Aus dem angefochtenen Entscheid wird nicht ersichtlich, unter welchen
Voraussetzungen nach der Auffassung der Vorinstanz die Anordnung einer
stationären therapeutischen Massnahme an Stelle der Verwahrung gerade noch in
Betracht fiele.
BGE 134 IV 315 S. 325

4.2

4.2.1 Gemäss den Ausführungen der Vorinstanz wurden durch die umfangreichen
therapeutischen Bemühungen in den letzten rund vier Jahren stetig kleine
Fortschritte erzielt. Die Fortschritte seien zwar gemessen an der Ausgangslage
erheblich, aber gemessen am Therapieziel der Bewährung in der Freiheit in
Anbetracht der Therapiedauer minimal. Die Vorinstanz scheint davon auszugehen,
dass daher auch in der Zukunft nur stetig kleine Fortschritte erzielt werden
können. Sie setzt sich aber nicht mit der Möglichkeit auseinander, dass im
Rahmen einer stationären therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB im
Lauf der Zeit - auch unter Berücksichtigung der diagnostizierten psychischen
Störung sowie des zunehmenden Alters der Beschwerdeführerin - bis anhin noch
nicht vorgenommene therapeutische Behandlungen durchgeführt werden könnten,
welche die Fortschritte beschleunigen.

4.2.2 Gegen die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme spricht
nach der Auffassung der Vorinstanz zudem, dass gemäss den eindeutigen
Ausführungen im Gutachten von Dr. A. weitere Therapiefortschritte nur über eine
schrittweise weitere Lockerung der Haftbedingungen erreicht werden können. Die
Vorinstanz hält dazu fest, dass die für die Lockerungsentscheide notwendige
Güterabwägung zwischen dem Anspruch auf eine an sich notwendige Therapie und
den Sicherheitsbedürfnissen der Anstalt aufgrund der vorliegenden Umstände
schwierig sei. Es müsse jedoch der Vollzugsbehörde und der laufenden
Einschätzung des Therapeuten überlassen werden, inwiefern angezeigte
therapeutische Massnahmen wie Lockerungsschritte und Kontaktmöglichkeiten in
Bezug auf das Sicherheitsbedürfnis vertretbar seien. Eine Vorwegnahme dieser
Entscheide im Sinne einer grundsätzlichen Befürwortung solcher Schritte sei im
vorliegenden Fall weder sinnvoll noch angezeigt.
Wie eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB im
Einzelfall zu vollziehen ist, haben die Vollzugsbehörden zu entscheiden. Diese
müssen somit nach den insoweit zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im
Einzelfall auch darüber befinden, ob im Rahmen der Therapie Vollzugslockerungen
unter der gebotenen Berücksichtigung von Sicherheitsbedürfnissen zu
verantworten sind, und je nach den Umständen darauf verzichten. Soweit die
gerichtliche Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme an Stelle
einer Verwahrung als implizite Befürwortung von Vollzugslockerungen durch das
Gericht interpretiert werden könnte, wäre
BGE 134 IV 315 S. 326
dies für die Vollzugsbehörden nicht massgebend. Daher kann die Anordnung einer
stationären therapeutischen Massnahme nicht mit dem Argument abgelehnt werden,
dass sie als Befürwortung von Vollzugslockerungen verstanden werden könnte.

4.3 Nach der Einschätzung der Vorinstanz sind die Erfolgsaussichten einer
stationären therapeutischen Behandlung gering und zu unbestimmt. Ob die
Vorinstanz mit dieser Einschätzung die beiden Gutachten, auf welche sie sich
stützte, in vertretbarer Weise gewürdigt hat, kann hier dahingestellt bleiben,
weil diese aus nachstehenden Gründen als Entscheidungsgrundlage nicht
ausreichen.

4.3.1 Das Gericht stützt sich beim Entscheid über die Anordnung einer
therapeutischen Massnahme sowie bei der Änderung der Sanktion auf eine
sachverständige Begutachtung. Diese äussert sich über (lit. a) die
Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters; (lit. b)
die Art und die Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten; und (lit. c)
die Möglichkeiten des Vollzugs der Massnahme (Art. 56 Abs. 3 StGB). Eine
sachverständige Begutachtung muss auch vorliegen, wenn das Gericht in Anwendung
von Ziff. 2 Abs. 2 SchlBest. StGB darüber zu befinden hat, ob gegenüber einem
altrechtlich verwahrten Täter eine therapeutische Massnahme anzuordnen oder die
Verwahrung nach neuem Recht weiterzuführen ist.

4.3.2 Das Gutachten von Prof. Dr. med. B. und von Oberarzt Dr. med. C. datiert
vom 19. Januar 2000. Es wurde somit unter der Geltung des alten Rechts und der
diesbezüglichen Rechtsprechung erstellt und war bei Ausfällung des
angefochtenen Entscheids bereits sieben Jahre alt. Die Gutachter verneinten das
Bestehen eines erfolgversprechenden Therapieansatzes. Die Erfolgsaussichten
einer grundsätzlich indizierten Psychotherapie seien ungewiss. Aufgrund der
Einmaligkeit des Falles könne nur eine kurzfristige Legalprognose erstellt
werden. Jedenfalls müsse bis auf weiteres von einer erheblichen Gefahr für alle
mit der Beschwerdeführerin beschäftigten Personen ausgegangen werden. Was seit
Januar 2000 geschehen ist, berücksichtigt das Gutachten nicht.
Das Gutachten von Dr. med. A. vom 28. März 2007 wurde im Auftrag und zu Händen
der Anstalten Hindelbank erstellt. Gegenstand des Gutachtens bilden im
Wesentlichen Fragen betreffend die Verlegung der Beschwerdeführerin auf die
Integrationsabteilung, weitere Vollzugsmodalitäten sowie mögliche Haftschäden.
Das
BGE 134 IV 315 S. 327
Gutachten befasst sich zwar auch etwa mit der Frage, unter welchen
Voraussetzungen und Umständen einerseits weitere Therapiefortschritte erzielt
werden können und andererseits das bereits Erreichte wieder zunichte gemacht
würde. Die Fragen betreffend die Behandlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin,
die Erfolgsaussichten einer stationären therapeutischen Massnahme und die
Möglichkeit des Vollzugs einer solchen Massnahme bilden jedoch nicht Gegenstand
des Gutachtens.

4.3.3 Damit liegt aber kein psychiatrisches Gutachten vor, welches sich
speziell zur Behandlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin, zu den
Erfolgsaussichten einer stationären therapeutischen Behandlung und zu den
Möglichkeiten des Vollzugs dieser Massnahme unter der gebotenen
Berücksichtigung der unbestrittenen Gefährlichkeit der Beschwerdeführerin
äussert. Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz ein ergänzendes Gutachten zu
diesen Fragen einzuholen. Die Vorinstanz wird nach Eingang des Gutachtens unter
Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen darüber entscheiden, ob eine
stationäre therapeutische Massnahme anzuordnen oder aber die Verwahrung nach
neuem Recht weiterzuführen ist.

5. Zusammenfassend ergibt sich somit Folgendes: Gegenüber einem gefährlichen
psychisch gestörten Täter hat der Richter eine stationäre therapeutische
Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB an Stelle einer Verwahrung im Sinne von
Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB anzuordnen, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit
besteht, dass durch eine stationäre therapeutische Massnahme über die Dauer von
fünf Jahren die Gefahr von weiteren mit der psychischen Störung in Zusammenhang
stehenden Straftaten im Sinne von Art. 64 StGB deutlich verringert wird. Nicht
erforderlich ist hingegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass bereits
über einen Behandlungszeitraum von fünf Jahren ein Zustand erreicht wird, der
es rechtfertigt, dem Täter Gelegenheit zu geben, sich in der Freiheit zu
bewähren. Soweit die Vorinstanz höhere Anforderungen an das Ausmass, die
Wahrscheinlichkeit und/oder die zeitliche Nähe des Erfolgs einer stationären
therapeutischen Massnahme stellt, kann ihr nicht gefolgt werden. Ob die
genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann aufgrund der vorliegenden
Gutachten nicht entschieden werden. Daher hat die Vorinstanz ein ergänzendes
Gutachten zu den Fragen der Behandlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin, der
Erfolgsaussichten einer stationären therapeutischen Behandlung und der
Möglichkeiten des Vollzugs einer solchen Massnahme einzuholen.
BGE 134 IV 315 S. 328
Die Beschwerde ist somit im Sinne des Eventualantrags gutzuheissen, der
Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21.
Februar 2008 aufzuheben und die Sache zur Einholung eines ergänzenden
Gutachtens und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.