Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 IV 17



Urteilskopf

134 IV 17

  2. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen)
  6B_131/2007 vom 22. November 2007

Regeste

  Strafzumessung (Art. 47 StGB) bei qualifizierter Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 2 BetmG).

  Fall einer Täterin, die knapp 1 Kilogramm Kokain (Reinheitsgrad ca. 55 %
bzw. 60 %) entgegennahm, um es auf Provisionsbasis zu veräussern, und welche
im Zeitpunkt ihrer Festnahme 22 Gramm reines Kokain verkauft hatte. Eine
Freiheitsstrafe von 27 Monaten ist auch unter Berücksichtigung des Umstands,
dass die Täterin mit den erhofften Einkünften die medizinische Behandlung
ihres älteren Sohnes finanzieren wollte, nicht unhaltbar hoch (E. 2).

  Berücksichtigung der Obergrenzen für den bedingten und den teilbedingten
Vollzug (Art. 42 Abs. 1, Art. 43 Abs. 1 StGB); Begründungspflicht (Art. 50
StGB).

  Führt die Strafzumessung unter Würdigung aller wesentlichen Umstände, zu
welchen auch die Wirkung der Strafe und ihres Vollzugs auf das Leben des
Täters gehört, zu einer Freiheitsstrafe, die im Bereich des gesetzlichen
Grenzwerts für den bedingten beziehungsweise teilbedingten Vollzug liegt, so
hat sich der Richter zu fragen, ob eine Freiheitsstrafe, welche die Grenze
nicht überschreitet, noch innerhalb des Ermessensspielraums liegt. Bejaht er
die Frage, hat er die Strafe in dieser Höhe festzulegen. Verneint er sie,
ist es zulässig, auch eine nur unwesentlich über der Grenze liegende
Freiheitsstrafe auszufällen. Es bleibt kein Raum, die neue gesetzliche
Grenze auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren. Insoweit
kann die in BGE 118 IV 337 begründete Praxis nicht ins neue Recht übernommen
werden. In jedem Fall hat der Richter seinen Entscheid in diesem Punkt
ausdrücklich zu begründen (E. 3).

Sachverhalt

  A.- Ende Januar 2006 übergab X. in ihrer Wohnung in Zürich 22 Gramm reines
Kokain gegen einen Barbetrag von Fr. 2'600.- an A. Am folgenden Tag war sie
bei ihrer Verhaftung im Besitz von 940 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 55 % bzw.
60 %), welches sie wenige Tage zuvor im Hauptbahnhof Zürich von einem
Unbekannten übernommen hatte und für diesen gegen eine Provision von maximal
Fr. 20'000.- zu verkaufen beabsichtigte.

  B.- Das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung) sprach X. am 2. Juni 2006 der
qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff.
1 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG) schuldig und
bestrafte sie mit 27 Monaten Gefängnis.

  Dagegen erhob X. Berufung mit den Anträgen, sie sei mit einer
Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der Vollzug

der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit
aufzuschieben.

  Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X. mit Urteil vom 26. Februar
2007 in Anwendung des inzwischen in Kraft getretenen neuen Rechts mit 27
Monaten Freiheitsstrafe. Es schob den Vollzug dieser Strafe im Umfang von 15
Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren auf. Im übrigen
Umfang von 12 Monaten wurde die Strafe als vollziehbar erklärt.

  C.- X. erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2007 sei aufzuheben, sie sei
mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der
Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit
aufzuschieben. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

  Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Strafsachen ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.  Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschliesslich gegen die
Strafzumessung. Die Vorinstanz hat diese nach neuem Recht vorgenommen, weil
es im vorliegenden Fall den teilbedingten Strafvollzug erlaube und damit für
die Beschwerdeführerin milder sei. Diese Beurteilung ist zutreffend und wird
von der Beschwerdeführerin denn auch nicht beanstandet.

  2.1  Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des
Strafgesetzbuches hat die bisher geltenden Strafzumessungsgrundsätze in Art.
47 Abs. 1 StGB beibehalten. Danach misst der Richter die Strafe nach dem
Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen
Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die
Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend
präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des
betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den
Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der
Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die
Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.

  Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die
verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die Strafrechtliche
Abteilung des Bundesgerichts greift auf Beschwerde in

Strafsachen hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den
gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von
rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder
Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1;
127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E. 4a).

  Nach Art. 50 StGB hat der Richter, sofern er sein Urteil zu begründen hat,
die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung
festzuhalten. Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht
entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der
Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen
hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung
nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der
Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe
ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2c; 121 IV 49
E. 2a/aa; 120 IV 136 E. 3a; 118 IV 337 E. 2a).

  2.2  Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Strafzumessung
ausführlich begründet. Sie hat zunächst die objektiven und subjektiven
Tatkomponenten gewichtet. Das Tatverschulden sei als erheblich einzustufen.
Die Beschwerdeführerin habe die grosse Menge von zirka 1 Kilogramm Kokain
entgegengenommen und sei bereit gewesen, diese wegen der in Aussicht
stehenden Provision von maximal Fr. 20'000.- weiterzuveräussern. Sie habe
die Betäubungsmittelmenge gestreckt und portioniert und sich hiefür eine
Waage angeschafft. Sie habe im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bereits Kokain für
Fr. 2'600.- veräussert. Dass die Beschwerdeführerin die in Aussicht stehende
Provision für die ärztliche Behandlung ihres in den USA lebenden älteren
Sohnes verwenden wollte, ist gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil
nur leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es nicht angehe, zu diesem
Zweck durch den Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit von zahlreichen
anderen Menschen zu gefährden. Aufgrund der objektiven und subjektiven
Tatkomponenten erscheint der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 36-39
Monaten angemessen. Die Vorinstanz hat sodann die Täterkomponenten
gewichtet. Sie sieht keine aussergewöhnlichen Umstände, welche der
Beschwerdeführerin unter dem Titel der Strafempfindlichkeit beziehungsweise
der Wirkung der Strafe zu ihren Gunsten anzurechnen wären. Die Verbüssung
einer Freiheitsstrafe

stelle an sich für jeden in ein familiäres oder soziales Umfeld
eingebetteten Verurteilten eine gewisse Härte dar. Die Beschwerdeführerin
habe im Zeitpunkt ihrer deliktischen Tätigkeit sehr genau gewusst, dass sie
für ihren jüngeren Sohn aufzukommen habe, der im Übrigen nicht mehr bei
seinem Vater, sondern nunmehr ebenfalls in der Familie ihrer Tochter lebe.
Die Vorinstanz gewichtet hingegen die Vorstrafenlosigkeit, das Geständnis
und das kooperative Verhalten der Beschwerdeführerin in der
Strafuntersuchung insgesamt klar strafmindernd. Unter Berücksichtigung
dieser Täterkomponenten erscheint ihr eine Freiheitsstrafe von 28-30 Monaten
angemessen. Wegen des Verbots der "reformatio in peius" bestimmt die
Vorinstanz die Strafe in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf 27
Monate.

  2.3  Was die Beschwerdeführerin gegen diese Strafzumessungserwägungen der
Vorinstanz vorbringt, überzeugt nicht. Von einem bloss geringen Verschulden
kann keine Rede sein. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mangels
Vergleichswerten nicht einschätzen können, wie viele Personen mit der
fraglichen Menge Kokain gefährdet werden könnten, ist unbehelflich. Bereits
aus der ihr zugesicherten Provision von maximal Fr. 20'000.- konnte sie
ersehen, dass es sich um eine grosse Betäubungsmittelmenge und damit auch um
ein erhebliches Gefährdungspotential handelte. Dass die Beschwerdeführerin
eine relativ untergeordnete Stellung hatte, kann sich nicht weitergehend auf
die Verschuldensbewertung auswirken. Die Erwägung der Vorinstanz, von einer
"sehr" untergeordneten Funktion könne keine Rede sein, ist nicht zu
beanstanden. Die Feststellung der Vorinstanz, die deliktische Tätigkeit habe
sich zwar tatsächlich nur über eine kurze Zeit erstreckt, doch sei sie nicht
aus eigenem Antrieb, sondern durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin
beendet worden, ist vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst
ausdrücklich erklärt hat, sie hätte auch noch weiteres Kokain verkauft. Dass
die Vorinstanz aus der kurzen Dauer der deliktischen Tätigkeit nichts zu
Gunsten der Beschwerdeführerin ableitete, ist deshalb nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat die Vorinstanz den Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Tat
begangen hat, um die ärztliche Behandlung ihres nierenkranken älteren Sohnes
zu finanzieren, aus den im angefochtenen Urteil erwähnten Gründen nur leicht
strafmindernd berücksichtigt. Wenn die Vorinstanz aufgrund aller
wesentlichen Strafzumessungsfaktoren eine Freiheitsstrafe im Bereich
zwischen 28-30 Monaten als angemessen erachtete

und die Strafe mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot auf 27 Monate
festlegte, hat sie ihr Ermessen nicht überschritten.

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Ansicht der
Vorinstanz seien auch nach dem neuen Recht bei der Strafzumessung die
Grenzwerte zu berücksichtigen, bei welchen noch der bedingte Strafvollzug
(24 Monate) beziehungsweise der teilbedingte Vollzug (36 Monate) möglich
sei. Dabei könne allerdings nicht weiterhin nur eine den Grenzwert um
höchstens drei Monate übersteigende Strafe auf den Grenzwert herabgesetzt
werden. Denn ob eine Strafe den Grenzwert nicht erheblich überschreite,
bestimme sich nicht in absoluten Zahlen, sondern in Prozenten des
Grenzwerts. Daher könne nicht nur eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten,
sondern auch noch eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 28-29
Monaten auf den Grenzwert von 24 Monaten herabgesetzt werden, bei welchem
der vollbedingte Vollzug möglich sei. Selbst eine (an sich angemessene)
Freiheitsstrafe von 30 Monaten könne unter diesem Gesichtspunkt auf 24
Monate herabgesetzt werden. Dies dränge sich schon deshalb auf, weil der
Richter bei der Strafzumessung zu oft wenig wissenschaftlich und kaum
begründet runde Zahlen bevorzuge, weshalb denn auch selten eine Strafe
beispielsweise von 29 Monaten ausgefällt werde. Somit sei die von der
Vorinstanz in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils ausgefällte
Freiheitsstrafe von 27 Monaten ohne weiteres auf 24 Monate herabzusetzen und
der Vollzug dieser Strafe unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit
bedingt aufzuschieben, da die subjektiven Voraussetzungen des bedingten
Vollzugs unstreitig erfüllt seien. Dies müsse auch gelten, wenn man eine von
der Vorinstanz als angemessen erachtete, aber wegen des Verbots der
"reformatio in peius" nicht ausgefällte Freiheitsstrafe von 28-30 Monaten
als massgebenden Ausgangspunkt erachten wollte. Eine Freiheitsstrafe von 28
Monaten überschreite den Grenzwert von 24 Monaten im gleichen Prozentsatz
wie eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten den altrechtlichen Grenzwert von 18
Monaten.

  3.2  Nach der Praxis des Bundesgerichts zum alten Recht war die Grenze von
18 Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 41 Ziff. 1
Abs. 1 aStGB) bei der Strafzumessung mit zu berücksichtigen, wenn eine
Freiheitsstrafe von nicht erheblich längerer Dauer in Betracht fiel und die
Voraussetzungen des bedingten Vollzugs im Übrigen erfüllt waren (BGE 127 IV
97 E. 3 S. 101; 118

IV 337 E. 2c S. 339 ff.). Der Richter hat sich nach dieser Rechtsprechung
mit der Frage auseinander zu setzen, ob angesichts der persönlichen
Verhältnisse des Schuldigen der Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht dem
Zweck der Verbrechensverhütung zuwiderlaufe. Bejaht er dies - etwa weil sich
der Täter im Urteilszeitpunkt in einer gefestigten beruflichen Stellung
befindet und in günstigen familiären Verhältnissen lebt und durch den
Strafvollzug aus diesem günstigen Umfeld oder einer vorteilhaften
Entwicklung herausgerissen würde und damit entsozialisiert werden könnte -,
hat er diesem Umstand gemäss Art. 63 aStGB unter dem Gesichtspunkt der
persönlichen Verhältnisse strafmindernd Rechnung zu tragen (BGE 118 IV 337
E. 2c S. 340 f. mit Hinweis). Im Nachgang zu diesem Grundsatzentscheid
präzisierte das Bundesgericht, es könne dabei allerdings nur um Fälle von
Freiheitsstrafen bis zu 21 Monaten gehen (BGE 127 IV 97 E. 3 S. 101 mit
Hinweisen; Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Damit wurde die
gesetzliche Grenze für den bedingten Strafvollzug in bestimmten Fällen im
Ergebnis überschritten. Schon früher war jedoch ausdrücklich darauf
hingewiesen worden, es sei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die
Möglichkeit des bedingten Strafvollzugs auch für längere Freiheitsstrafen
vorsehen will (BGE 118 IV 337 E. 2c S. 341).

  3.3  Diese Möglichkeit besteht nach dem neuen Recht. Nunmehr können
Freiheitsstrafen von 6 bis zu 24 Monaten bedingt sowie Freiheitsstrafen von
12 bis zu 36 Monaten teilbedingt ausgesprochen werden (Art. 42 und 43 StGB).
Bedingte Strafen können mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer
Busse verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). Damit wird das System des
bedingten Strafvollzugs flexibler und verliert der Grenzwert für den
bedingten Vollzug teilweise seine frühere einschneidende Bedeutung, welche
der Rechtsprechung zum alten Recht bei Strafen von nicht erheblich mehr als
18 Monaten zu Grunde lag (siehe dazu bereits Urteil 6S.262/2003 vom 19.
Oktober 2003, E. 5.3). Ziel der Revision war, mit teilbedingten Strafen im
Sinne von Art. 43 StGB sowie mit der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4
StGB die Sanktion in erhöhtem Masse zu individualisieren und den
Strafvollzug zu entlasten, namentlich dort, wo früher eine unbedingte
Freiheitsstrafe verhängt werden musste. Das gilt ohne Einschränkungen für
zwei Jahre übersteigende Freiheitsstrafen, wobei die Möglichkeit zur
Individualisierung durch die Obergrenze des bedingten Strafvollzugs (Art. 42
Abs. 1 StGB) beziehungsweise die Verschuldensklausel (Art. 43 Abs. 1 StGB)
begrenzt

wird. Solche Freiheitsstrafen müssen zum Schuldausgleich teilweise
vollstreckt werden, selbst wenn ihr vollständiger Aufschub unter
spezialpräventiven Gesichtspunkten vorzuziehen wäre (BGE 134 IV 1 E. 5.4.3
S. 13; Urteile 6B_43/2007 vom 12. November 2007, E. 4.4.3 nicht publ. in BGE
134 IV 53; 6B_214/2007 vom 13. November 2007, E. 5.10.3). Bei
Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren kommt nur der vollständige Vollzug
in Frage. Auch die relativ flexible Regelung im neuen Sanktionensystem sieht
somit notwendigerweise objektive und starre Grenzen vor. Der Gesetzgeber hat
diese - teils nach eingehendem politischen Ringen - neu festgesetzt in der
offenkundigen Meinung, dass damit der Bereich des Vorranges
spezialpräventiver Gesichtspunkte klar umschrieben wird. Es bleibt kein
Raum, diese Grenzen auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren
und entgegen dem klaren Wortlaut einen erweiterten Grenzbereich offen zu
halten, um besonderen Anliegen eines Täters entgegenzukommen.

  3.4  Damit wird nicht ausgeschlossen, die Folgen einer unbedingten
Freiheitsstrafe in die Würdigung mit einzubeziehen. Dies hat im normalen
Rahmen der Strafzumessung zu erfolgen. Art. 47 Abs. 1 StGB verlangt, bei der
Festlegung der Strafe deren Wirkung auf das Leben des Täters zu
berücksichtigen. Dass der Verurteilte durch die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe aus einem günstigen Umfeld herausgerissen wird, kann sich
deshalb im einzelnen Fall nach wie vor strafmindernd auswirken und zur Folge
haben, dass die auszufällende Strafe unter der schuldangemessenen Strafe
liegt. Ob und wie weit dieser Strafminderungsgrund zum Tragen kommt, hängt
von den konkreten Umständen ab und ist an sich unabhängig von der Höhe der
Strafe.

  3.5  Losgelöst davon hat der Richter bei der Strafzumessung angesichts der
einschneidenden Konsequenzen des unbedingten Vollzugs den Umstand mit zu
berücksichtigen, dass die subjektiven Voraussetzungen des Strafaufschubs im
Sinne einer günstigen beziehungsweise nicht ungünstigen Prognose im
konkreten Einzelfall an sich erfüllt sind. Diese folgenorientierte
Überlegung kann durchaus in die Strafzumessung einfliessen, bei welcher dem
Richter ein weites Ermessen zusteht. Liegt die ins Auge gefasste Sanktion in
einem Bereich, der die Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate)
beziehungsweise für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) - wie übrigens
auch für die Halbgefangenschaft nach Art. 77b StGB (1 Jahr) - mit umfasst,
so hat sich der Richter die Frage zu stellen, ob eine

Strafe, welche die Grenze nicht überschreitet, noch vertretbar ist. Bejaht
er sie, hat er diese Strafe zu verhängen. Andernfalls ist es ihm unbenommen,
auch eine nur unwesentlich über dem Grenzwert liegende - angemessene und
begründbare - Strafe auszufällen. Mit der Festlegung einer Obergrenze hat
der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass der Täter, gegen welchen eine
Strafe jenseits dieses Grenzbereichs auszusprechen ist, die nachteiligen
Auswirkungen des Strafvollzugs auf sich zu nehmen hat. Dies gilt für den
Täter, dessen Strafe nur knapp über der gesetzlichen Obergrenze liegt,
genauso wie für denjenigen, welcher eine klar darüber hinausgehende,
langjährige Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Die Praxis zum alten Recht hat
teilweise dazu verleitet, eine Freiheitsstrafe von 22 oder gar 24 Monaten zu
verhängen, obwohl eine kürzere, aber über 18 Monate liegende Strafe auch
angemessen gewesen wäre. Dass dies nicht im Interesse des Täters lag, bedarf
keiner weiteren Begründung. Erforderlich ist eine Strafzumessung, die alle
wesentlichen Umstände berücksichtigt, wobei der Richter sein pflichtgemässes
Ermessen auszuüben und gleichzeitig die klaren gesetzlichen Schranken zu
beachten hat.

  3.6  Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die in BGE 118 IV 337
begründete Praxis nicht ins neue Recht übernommen werden kann. Führt die
Strafzumessung unter Würdigung aller wesentlichen Umstände zu einer
Freiheitsstrafe, welche im Bereich eines Grenzwertes liegt, hat sich der
Richter zu fragen, ob - zugunsten des Beschuldigten - eine Sanktion, welche
die Grenze nicht überschreitet, noch innerhalb des Ermessensspielraumes
liegt. Bejaht er die Frage, hat er die Strafe in dieser Höhe festzulegen.
Verneint er sie, ist es zulässig, auch eine nur unwesentlich über der Grenze
liegende Freiheitsstrafe auszufällen. In jedem Fall hat der Richter diesen
Entscheid im Urteil ausdrücklich zu begründen, andernfalls er seiner
Begründungspflicht nach Art. 50 StGB nicht nachkommt.

  3.7  Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus, es bestehe - auch und
insbesondere angesichts der neu geschaffenen Möglichkeit des teilbedingten
Strafvollzugs - keine Notwendigkeit, die Grenze von 24 Monaten für die
Gewährung des vollbedingten Strafvollzugs anzuheben beziehungsweise etwa
eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten auf 24 Monate herabzusetzen, um der
Beschwerdeführerin dadurch den bedingten Strafvollzug zu ermöglichen. Hinzu
komme, dass vorliegend ohnehin eine Freiheitsstrafe von etwa 28-30 Monaten
schuldangemessen wäre. Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten

erfolge lediglich mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot. Auch dies
spreche gegen eine weitere Reduktion. Mit diesen Erwägungen hat die
Vorinstanz dargelegt, dass eine Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten,
welche den vollbedingten Vollzug ermöglicht, nicht mehr angemessen ist.