Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 II 152



Urteilskopf

134 II 152

16. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
unique zurich airport Flughafen Zürich AG und Kanton Zürich sowie
Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
1E.7/2007 vom 14. April 2008

Regeste

Enteignung nachbarrechtlicher Abwehransprüche infolge Fluglärms sowie von
Abwehrrechten gegen den direkten Überflug; Bemessung der Entschädigung für eine
Baulandparzelle. Unvorhersehbarkeit und Spezialität der Immissionen sowie
Schwere des immissionsbedingten Schadens: Beurteilung durch die
Schätzungskommission (E. 5). Unvorhersehbarkeit der Lärmeinwirkungen bejaht bei
einer Baulandparzelle, die vor dem 1. Januar 1961 erworben wurde und damals
nicht im Sinne der heutigen Gesetzgebung erschlossen und überbaubar war (E. 6).
Da es sich bei der Parzelle um eine der letzten Baulücken im fraglichen
Siedlungsgebiet handelt, darf der Boden aufgrund der Praxis der Baudirektion
trotz des Fluglärms als zonengemäss nutzbares Bauland qualifiziert werden (E.
11.1). Massgeblich für die Bewertung des enteigneten Grundstücks sind die
rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten am Schätzungsstichtag. Die
fluglärmbedingte erhebliche Werteinbusse ist zu vergüten, unabhängig davon, ob
die Baulandparzelle verkauft oder vom heutigen Grundeigentümer selbst überbaut
werden wird (E. 11.2). Berechnung der Entschädigung (E. 11.3). Kann der
Eigentümer sein Grundstück trotz Beanspruchung durch den Enteigner weiterhin im
bisherigen Rahmen nutzen, ist kein Zins im Sinne von Art. 76 Abs. 5 Satz 3 EntG
geschuldet (E. 11.4).

Sachverhalt ab Seite 153

BGE 134 II 152 S. 153
Für den Sachverhalt kann auf BGE 134 II 49 verwiesen werden. Im vorliegenden
Fall hatte die Schätzungskommission die Entschädigungsforderung für eine
unüberbaute Baulandparzelle in Opfikon zu beurteilen.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

5. Zu untersuchen bleibt, ob dem Beschwerdeführer ein Entschädigungsanspruch
für die Unterdrückung seiner nachbarlichen Abwehrrechte gegenüber
Lärmeinwirkungen zustehe. Ein solcher setzt nach der Rechtsprechung voraus,
dass - kumulativ - die drei Bedingungen der Unvorhersehbarkeit der
Lärmimmissionen, der sog. Spezialität der Immissionen sowie der Schwere des
immissionsbedingten Schadens gegeben sind (vgl. etwa BGE 123 II 481 E. 7 S. 490
ff.; BGE 130 II 394 E. 7.1 S. 402, E. 9.2 S. 410, E. 12 S. 414, je mit
Hinweisen).
Die Schätzungskommission hält zwei dieser drei Voraussetzungen für erfüllt. Im
angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, dass das fragliche Bauland seit 1945
im Eigentum der Familie des Beschwerdeführers stehe und von diesem 1975 durch
Erbvorbezug übernommen worden sei. Damit sei die Voraussetzung der
Unvorhersehbarkeit im Sinne der Rechtsprechung erfüllt. Da die
Immissionsgrenzwerte im fraglichen Gebiet, das der Empfindlichkeitsstufe II (ES
II)
BGE 134 II 152 S. 154
zugewiesen sei, überschritten würden, sei auch die Voraussetzung der
Spezialität der Einwirkungen gegeben. Was den fluglärmbedingtenSchaden
anbelange, erscheine es als trivial festzuhalten, dass eine Liegenschaft mit
übermässigen Fluglärmeinwirkungen auf dem freien Markt weniger wert sei als
eine vergleichbare Liegenschaft ohne Fluglärm. Allerdings sei eine
vergleichbare Liegenschaft ohne Fluglärm kaum zu finden, jedenfalls nicht in
Opfikon-Glattbrugg, wo seit Bestehen und Betrieb des Landesflughafens
Zürich-Kloten schon immer Fluglärm geherrscht habe. Die Anwendung der
Vergleichsmethode erweise sich damit von vornherein als fragwürdig. Dagegen
könne der fluglärmbedingte Minderwert anhand der Veränderung der Lageklasse
oder mithilfe des von den Enteignern in das Verfahren eingebrachten hedonischen
Modells MIFLU ("Minderwert Fluglärm") ermittelt werden. Da mit MIFLU keine
reine Baulandbewertung vorgenommen werden könne, sei der Minderwert ersatzweise
für ein Standard-Einfamilienhaus (750 m^3 ) auf einem durchschnittlich grossen
Grundstück (500 m^2 ) berechnet worden. Das MIFLU weise für eine solche
Liegenschaft am Stichtag, dem 1. Januar 1997, eine fluglärmbedingte Entwertung
von 19,6 % aus. Die Lageklasse der fraglichen Parzelle sinke gemäss der
Bewertung durch die Schätzungskommission infolge des Fluglärms von 5,55 Punkten
auf 4,75 Punkte, d.h. um 14 %. Da es sich bei der Lageklassenmethode um eine
subjektive Beurteilung durch einen Schätzer handle, sei hälftig auch das
Modell-Ergebnis mitzuberücksichtigen. Sei mithin von einer Entwertung von 17 %
auszugehen, so belaufe sich der Minderwert des Baulandes, das ohne den Lärm mit
Fr. 820.-/m^2 bewertet werden könne, auf Fr. 128'023.-. Auch wenn diese
Wertverminderung des Baulandes das Kriterium der Schwere des Schadens
grundsätzlich erfülle, sei dennoch weiterhin eine zonenkonforme bauliche
Nutzung möglich. Die rege Bautätigkeit, die in den letzten Jahren in diesem
Gebiet eingesetzt habe, lasse sogar eine erhöhte Nachfrage nach Bauland
erwarten. Gemessen am künftigen Gesamtwert des baulich ausgenutzten Grundstücks
könne die Werteinbusse auf dem Landwert nicht mehr als schwerer Schaden im
Sinne der dargelegten Rechtsprechung betrachtet werden. Die
Entschädigungsforderung des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen.
Die Argumentation der Schätzungskommission wird von beiden Parteien kritisiert.

5.1 Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass die Verkehrswert- und
Minderwertsschätzung aufgrund der Verhältnisse am
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massgeblichen Stichtag vorgenommen werden müssten und die umstrittene Parzelle
am dies aestimandi unüberbaut gewesen sei. Die Schwere des Schadens dürfe daher
nicht allein mit Blick auf eine künftige Überbauung beurteilt und aus diesem
Gesichtswinkel verneint werden. Die Parzelle des Beschwerdeführers erleide als
Bauland, wie die Schätzungskommission selbst erkannt habe, einen Minderwert von
17 % und damit einen schweren Schaden. Ein Käufer werde denn auch in
Berücksichtigung der Fluglärmsituation für das Grundstück einen markant
tieferen Preis bezahlen, da er nach einer Überbauung entweder tiefere Mietzinse
erzielen werde oder bei Eigennutzung die übermässigen Einwirkungen selbst
erdulden müsse.

5.2 Die Enteigner machen geltend, dass im vorliegenden Fall die
Voraussehbarkeit der Spezialität der Immissionen nur vorübergehend erfüllt
gewesen sei. Zwar seien bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers die
Immissionsgrenzwerte der ES II gemäss Anhang 5 zur Lärmschutz-Verordnung vom
15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) auch heute noch überschritten. Für das
Gemeindegebiet Opfikon-Glattbrugg müsse jedoch angesichts der seit langem
bestehenden Fluglärmvorbelastung enteignungsrechtlich der Immissionsgrenzwert
für die ES III massgeblich sein. Im Übrigen sei das Land des Beschwerdeführers
am 1. Januar 1961 weder erschlossen noch baureif gewesen und habe somit nach §
233 i.V.m. § 234 PBG (Gesetz vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das
öffentliche Baurecht des Kantons Zürich) gar nicht überbaut werden können. Die
erschliessungsrechtliche Baureife sei erst nach 1961 durch einen Quartierplan
geschaffen worden. Für eine Parzelle, die damals nicht RPG-konform
(Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung [RPG; SR 700]) gewesen
sei, sei aber keine Entschädigung geschuldet.
Zur Voraussetzung der Schwere des Schadens bringen die Enteigner vor, in Fällen
der Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrbefugnisse wegen übermässigen Lärms
könne - infolge der Nähe und der Verwandtschaft zur materiellen Enteignung -
nur dann von einem schweren Schaden ausgegangen werden, wenn der Minderwert
wegen Fluglärms einen Drittel des Verkehrswertes einer Liegenschaft übersteige.
Weiter weisen die Enteigner auf die durch den Flughafen bewirkten
Wertsteigerungen sowie auf künftige Lärmabnahmen hin, die durch die
technologische Entwicklung ermöglicht würden. Diesen Gegebenheiten müsse bei
der Entschädigungsbemessung durch Abzüge Rechnung getragen werden. Schliesslich
bezeichnen
BGE 134 II 152 S. 156
die Enteigner den von der Schätzungskommission festgelegten Verkehrswert des
Landes (ohne Fluglärm) als zu hoch.

6. Das Bundesgericht hat in BGE 130 II 394 E. 12.1 S. 415 ausdrücklich
bestätigt, dass die für die (Un-)Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen
massgebende Schwelle, die in der Rechtsprechung auf den 1. Januar 1961 gelegt
worden ist, auch für die durch den Abflugverkehr betroffenen Grundeigentümer in
Opfikon-Glattbrugg gilt. Hat ein Anwohner sein Grundstück erst nach diesem
Zeitpunkt anders als durch Erbgang erworben, gelten die Einwirkungen als
vorhersehbar und kann kein Entschädigungsanspruch entstehen (vgl. BGE 131 II
137 E. 2.1 S. 142 mit zahlreichen Hinweisen). Ebenso wenig ist eine
Entschädigung für ein Gebäude zu leisten, das erst nach diesem Datum erstellt
worden ist (vgl. BGE 110 Ib 43 E. 4 S. 50; BGE 111 Ib 233 E. 2a; Urteil E.22/
1992 vom 24. Juni 1996, E. 3b, während in BGE 121 II 317 E. 6c/aa die Frage
offengelassen worden ist).
Es ist an sich unbestritten, dass das hier fragliche Bauland schon lange vor
1961 von den Vorfahren des heutigen Beschwerdeführers erworben wurde und
infolge Erbvorbezugs auf diesen übergegangen ist. Die Beeinträchtigung dieses
Landes durch den Fluglärm darf daher als unvorhersehbar gelten und gibt, sofern
auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, Anspruch auf Entschädigung.
Daran ändert der Hinweis der Enteigner darauf, dass das Land am 1. Januar 1961
nicht im Sinne der heutigen Gesetzgebung erschlossen und überbaubar gewesen
sei, nichts. Einerseits kann nicht verlangt werden, dass ein Grundstück im
Jahre 1960 hinsichtlich der Überbaubarkeit schon den Anforderungen entsprochen
habe, die erst durch später geschaffene Gesetze aufgestellt worden sind.
Andererseits kann der Umstand, dass die zuständigen Planungsbehörden Boden dem
Baugebiet zugewiesen haben, obschon die Fluglärm-Immissionen bereits
voraussehbar waren, den Grundeigentümern nicht zur Last gelegt werden und ihnen
im enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahren nicht zum Nachteil gereichen.
Unter dem Gesichtswinkel der Voraussehbarkeit der Immissionen ist für die
Entstehung und den Umfang der Entschädigungspflicht allein ausschlaggebend, ob
der Ansprecher oder sein Vorfahre schon am 1. Januar 1961 Eigentümer des
fraglichen Grundstücks gewesen sowie ob dieses überbaut gewesen oder eine
Überbauung im Gang gewesen sei. Eine andere - später zu behandelnde - Frage
ist, ob und wie ein unüberbautes Grundstück nach dem Auftreten übermässigen
Lärms noch überbaut werden könne.
(...)
BGE 134 II 152 S. 157

11.

11.1 Die Baulandparzelle des Beschwerdeführers liegt gemäss dem Zonenplan der
Stadt Opfikon vom 24. September 1995 wie auch gemäss dem heutigen Zonenplan vom
6. März 2006 in der zweigeschossigen Wohnzone W2L mit lockerer Überbauung
(Ausnützungsziffer 30 %). In dieser Wohnzone sind Wohnbauten sowie auf
höchstens 20 % der Gebäudegrundflächen nicht störende Gewerbe zugelassen (Art.
14 bzw. Art. 1 und 16 der Bau- und Zonenordnung der Stadt Opfikon vom 24.
September 1995 bzw. vom 7. Juli 2003/18. Februar 2004). Im fraglichen Gebiet
Zibert werden wie erwähnt auch heute noch die für die ES II geltenden
Immissionsgrenzwerte überschritten. Baubewilligungen für neue Gebäude dürfen
jedoch nach Art. 22 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den
Umweltschutz (USG; SR 814.01) in der Regel nur noch erteilt werden, wenn die
Immissionsgrenzwerte eingehalten sind. Werden die Immissionsgrenzwerte
überschritten, so können Baubewilligungen für Neubauten, die dem längeren
Aufenthalt von Personen dienen, gemäss Art. 22 Abs. 2 USG nur noch gewährt
werden, wenn die Räume zweckmässig angeordnet und die allenfalls notwendigen
zusätzlichen Schallschutzmassnahmen getroffen werden. Die Lärmschutz-Verordnung
vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) führt hierzu präzisierend aus, dass bei
Überschreitung der Immissionsgrenzwerte Baubewilligungen nur noch erteilt
werden dürfen, wenn an der Errichtung des Gebäudes ein überwiegendes Interesse
besteht und die kantonale Behörde zustimmt (Art. 31 Abs. 2 LSV). Im Übrigen
hätten die Grundeigentümer die Kosten der Schallschutzmassnahmen zu tragen
(Art. 31 Abs. 3 LSV).
Gemäss der Praxis der Baudirektion des Kantons Zürich wird die Schliessung von
einzelnen Baulücken generell als überwiegendes Interesse im Sinne von Art. 31
Abs. 2 LSV eingestuft (vgl. Kreisschreiben der Baudirektion des Kantons Zürich
vom 28. Februar 2006 über die "Raumplanung in der Flughafenregion - Anpassung
der Praxis bezüglich Planungsverfahren und Baubewilligungen bei
Grenzwertüberschreitungen durch Fluglärm"). Da es sich bei der Parzelle
Kat.-Nr. 7561, wie sich aus den Akten ergibt, um eine der letzten Baulücken im
fraglichen Siedlungsgebiet handelt, darf mit der Schätzungskommission davon
ausgegangen werden, dass der Boden trotz des Fluglärms Bauland bleibt und
zonengemäss überbaut werden kann.

11.2 Nicht zu folgen ist der Schätzungskommission dagegen insoweit, als sie den
für die Parzelle des Beschwerdeführers ermittelten
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fluglärmbedingten Minderwert von 17 % für nicht abgeltbar gehalten hat, weil
diese Werteinbusse gemessen am künftigen Gesamtwert des baulich ausgenutzten
Grundstücks kein schwerer Schaden sei. Wie bereits dargelegt (nicht publ. E.
10.1) ist bei der Bewertung des enteigneten Grundstücks und der Bemessung des
enteignungsbedingten Minderwerts auf die rechtlichen und tatsächlichen
Gegebenheiten am massgeblichen Schätzungsstichtag abzustellen. Am 1. Januar
1997 war das Grundstück des Beschwerdeführers - wie auch heute noch -
unüberbaut und wies Baulandqualität auf. Das Bauland hat gemäss den Erwägungen
der Schätzungskommission durch den Lärm eine Werteinbusse erlitten, die zu
Recht als enteignungsrechtlich erheblich bezeichnet worden ist. Dieser
Minderwert ist von den Enteignern zu vergüten, unabhängig davon, ob die
Baulandparzelle verkauft oder vom heutigen Grundeigentümer selbst überbaut
werden wird. Es ist denn auch nicht so, dass der im Landwertverlust bestehende
Schaden bei späterer Überbauung des Bodens gemindert oder gar behoben würde.
Vielmehr wird auch die künftige Baute, die nach der Zonenordnung überwiegend
dem Wohnen zu dienen hat, infolge des Fluglärms einerseits verteuert und
andererseits entwertet: Zum einen werden die vorgeschriebenen baulichen
Schallschutzmassnahmen getroffen werden müssen, was die Baukosten erhöht, zum
anderen wird der Wohngenuss dennoch nicht der volle sein und insbesondere der
Aufenthalt im Garten durch den Lärm gestört. Diesen künftigen Schaden wird der
Grundeigentümer selbst übernehmen müssen. Es erscheint daher als wenig
sachgerecht, dem Grundeigentümer eine Enteignungsentschädigung für den auf dem
Landwert erlittenen Verlust mit Hinweis auf den Wert einer späteren - ebenfalls
mit Einbussen verbundenen - Überbauung verwehren zu wollen.

11.3 Der Beschwerdeführer erklärt sich mit dem von der Schätzungskommission
ermittelten Minderwert seines Landes von 17 % einverstanden und hat sein
Entschädigungsbegehren im bundesgerichtlichen Verfahren entsprechend
herabgesetzt. Da das Bundesgericht im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an die Begehren der Parteien gebunden ist,
erübrigt sich die Prüfung, ob sich bei Anwendung einer anderen als der
gewählten Schätzungsmethode ein höherer Minderwert ergäbe. Die Enteigner wenden
gegen den Minderwertssatz an sich nichts ein. Sie machen aber geltend, der von
der Schätzungskommission bestimmte Verkehrswert des Baulandes von Fr. 820.-/m^2
sei zu hoch, sei doch laut Angaben des statistischen Amtes des Kantons Zürich
im Zeitpunkt der erfolgten
BGE 134 II 152 S. 159
Schätzung von einem Quadratmeterpreis für die Gemeinde Opfikon von rund Fr.
600.- auszugehen.
Die Listen des statistischen Amtes des Kantons Zürich über die Zahl der
Verkäufe und die für unbebautes, erschlossenes Wohnbauland erzielten Preise in
den einzelnen Zürcher Gemeinden ergeben jedoch ein anderes Bild (vgl.
www.statistik.zh.ch/bodenpreise): Nach den Erhebungen des Amtes haben in der
Gemeinde Opfikon im Jahre 1997 13 Verkäufe stattgefunden und ist ein
Durchschnittspreis von Fr. 803.-/m^2 und ein Median (Wert, der von der Hälfte
der Verkäufe unter- bzw. überschritten wird) von Fr. 800.-/m^2 erreicht worden.
Im Jahr 1998 beläuft sich der Durchschnittswert für fünf Verkäufe auf Fr. 936.-
/m^2 und der Medianwert auf Fr. 818.-/m^2, im Jahr 1999 Fr. 744.-/m^2 bzw. Fr.
624.-/m^2 für zehn Verkäufe. In den Jahren 1996 und 2000 fanden praktisch keine
Verkäufe statt und werden keine Zahlen ausgewiesen.
Das Vorbringen der Enteigner, wonach das Preisniveau in Opfikon am dies
aestimandi erheblich niedriger gewesen sei, als die Schätzungskommission
angenommen hat, findet in den genannten Zahlen keinen Rückhalt. Wohl ist nicht
bekannt, welche Lage die verkauften Grundstücke aufgewiesen haben, welche
Ausnützungsmöglichkeiten sie geboten haben und wie stark sie vom Fluglärm
betroffen waren. Andererseits kann festgestellt werden, dass die
Baulandparzelle des Beschwerdeführers zwar keine hohe Ausnützung zulässt, sich
aber - abgesehen vom Fluglärm - zweifellos in einer der besten Wohnlagen
Opfikons befindet. Angesichts dessen, dass der Verkehrswert von Fr. 820.-/m^2
für Bauland ohne Fluglärmbelastung festgelegt worden ist und im vorliegenden
Fall nur ein Bruchteil dieses Wertes abgegolten werden muss, besteht kein
Anlass zu weiteren Abklärungen über die Preisverhältnisse im fraglichen Gebiet.

11.4 Dem Beschwerdeführer ist somit eine Minderwertsentschädigung in Höhe von
17 % des Verkehrswertes seiner Baulandparzelle (918 m^2 à Fr. 820.-, insgesamt
Fr. 752'760.-), d.h. von rund Fr. 128'000.- zuzuerkennen. Die Entschädigung
ist, wie verlangt und wie in BGE 134 II 49 erläutert, als Kapitalzahlung zu
leisten. Dagegen rechtfertigt sich hier eine Verzinsung der Entschädigung
nicht. Wohl ist nach Art. 76 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über
die Enteignung (EntG; SR 711) die endgültige Entschädigung ab vorzeitiger
Inbesitznahme oder vorzeitiger Ausübung des zu enteignenden Rechts zu
verzinsen. Einzuräumen ist ebenfalls, dass die
BGE 134 II 152 S. 160
Verzinsungspflicht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel auch
dann entsteht, wenn beim Auftreten übermässiger Immissionen die nachbarlichen
Abwehrrechte unterdrückt und vom Enteigner faktisch in Besitz genommen werden (
BGE 106 Ib 241 E. 3 S. 245). Der nach vorzeitiger Besitzergreifung geschuldete
Zins ist jedoch im Gegensatz zum Zins, der nach Ablauf von zwanzig Tagen nach
rechtskräftiger Festsetzung der Entschädigung zu bezahlen ist (vgl. Art. 88
Abs. 1 EntG), kein Verzugszins. Er wird auch nicht geschuldet, weil das
Eigentum am Enteignungsobjekt - wie in Art. 19^bis Abs. 2-4 EntG vorgesehen -
vorzeitig auf den Enteigner übergegangen und die Entschädigung noch nicht
vollständig geleistet worden ist. Die Verzinsung gemäss Art. 76 Abs. 5 EntG
dient vielmehr dazu, dem Enteigneten den Schaden zu ersetzen, den dieser
dadurch erleidet, dass er das enteignete Grundstück nicht mehr nutzen kann, als
Eigentümer aber weiterhin gewisse Lasten trägt (BGE 100 Ib 418 E. 1b; BGE 111
Ib 97 E. 2d S. 100). Kann der Eigentümer aber sein Grundstück trotz der
Beanspruchung durch den Enteigner weiterhin im bisherigen Rahmen verwenden, so
entsteht ihm kein Nutzungsverlust, der vom Enteigner durch Zinszahlung zu
vergüten wäre (Urteil 1E.11/2003 vom 22. April 2004; vgl. auch BGE 109 Ib 268
E. 3a S. 274). Dementsprechend ist auch hier keine Verzinsung vorzusehen, hat
doch der Fluglärm weder die bisherige landwirtschaftliche Nutzung der Parzelle
beeinträchtigt, noch deren bessere Verwendung - Verkauf oder Überbauung -
verhindert.