Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 II 142



Urteilskopf

134 II 142

14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Trägerstiftung Kultur- und Kongresszentrum am See gegen Bau-, Umwelt- und
Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern, Dienststelle Umwelt und Energie
(Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_43/2007 vom 9. April 2008

Regeste

Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG; selbständig eröffneter Zwischenentscheid. Die
Feststellung, wonach das Dachwasser des KKL verschmutzt sei, schliesst das
Verfahren nicht ab. Würde das Bundesgericht zu einem anderen Schluss gelangen,
bliebe der Beschwerdeführerin der gesamte Aufwand der Machbarkeitsstudie
respektive eines allfälligen späteren Sanierungsverfahrens erspart.
Anwendungsfall von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG (E. 1).

Sachverhalt ab Seite 142

BGE 134 II 142 S. 142
Am 28. September 1994 erteilte der Stadtrat Luzern der Trägerstiftung Kultur-
und Kongresszentrum am See die Bewilligung für den Bau des Kultur- und
Kongresszentrums Luzern (KKL) am Europaplatz in Luzern. Zugleich eröffnete er
u.a. die Bedingungen und Auflagen gemäss Schreiben des damaligen Amtes für
Umwelt (heute Dienststelle Umwelt und Energie [uwe]) vom 25. Juli 1994. Das Amt
für Umwelt qualifizierte das Dachwasser des KKL damals als unverschmutztes
Wasser und stimmte der geplanten Einleitung in den Vierwaldstättersee zu.
Mit Entscheid vom 9. Juni 2006 stellte die Dienststelle "uwe" fest, das vom
Kupferdach des KKL abfliessende Regenwasser werde neu als verschmutztes
Abwasser beurteilt und falle damit in ihre Zuständigkeit. Sie verpflichtete die
Trägerstiftung, die Möglichkeiten zur Reduktion der Kupferabschwemmung im
Rahmen einer
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Machbarkeitsstudie auf eigene Kosten abzuklären. Über eine
Einleitungsbewilligung und allfällige Sanierungsmassnahmen könne erst
entschieden werden, wenn diese Studie vorliege.
Gegen diesen Entscheid gelangte die Trägerstiftung ans Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern, welches die Beschwerde mit Urteil vom 7. Februar 2007 abwies.
In ihrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht
beantragte die Trägerstiftung Kultur- und Kongresszentrum am See die Aufhebung
sowohl des Verwaltungsgerichtsurteils vom 7. Februar 2007 als auch des
Entscheids der Dienststelle "uwe" vom 9. Juni 2006. Das Verfahren betreffend
Reduktion der Kupferabschwemmung vom Dach des KKL sei einzustellen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Auf das Beschwerdeverfahren ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) anwendbar (vgl. Art. 132
Abs. 1 BGG).

1.2

1.2.1 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts, einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), betrifft die allfällige
gewässerschutzrechtliche Sanierung des Kupferdaches des KKL, mithin eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor.

1.2.2 Indes handelt es sich beim angefochtenen Urteil um einen
Zwischenentscheid: Mit der vom Verwaltungsgericht geschützten Feststellung,
wonach das Dachwasser des KKL verschmutzt sei, ist das Verfahren nicht
abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin wurde verpflichtet, eine
Machbarkeitsstudie zur Reduktion der Kupferabschwemmung durchzuführen. Über die
weiteren Schritte und etwaige Sanierungsmassnahmen wurde noch nicht
abschliessend entschieden.

1.2.3 Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist gegen (andere) selbständig eröffnete
Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen
würde. Diese
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Bestimmung gibt die früher in Art. 50 Abs. 1 OG verankerte Regelung wieder
(vgl. Botschaft zum BGG in BBl 2001 S. 4334; siehe dazu auch BGE 133 IV 288 E.
3.2 S. 292), welche für das zivilrechtliche Verfahren vor Bundesgericht galt.
Ob die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt sind, prüft das
Bundesgericht frei (vgl. BGE 118 II 91 E. 1a S. 92).

1.2.4 Würde das Bundesgericht vorliegend in Gutheissung der Beschwerde zum
Schluss gelangen, das Dachwasser sei nicht als verschmutztes Abwasser zu
qualifizieren, wäre das Verfahren endgültig abgeschlossen und der
Beschwerdeführerin bliebe der gesamte Aufwand der Machbarkeitsstudie respektive
eines allfälligen späteren Sanierungsverfahrens erspart. Demzufolge ist von
einem Anwendungsfall von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG auszugehen.

1.3 Die Beschwerdeführerin ficht die Verpflichtung an, eine Machbarkeitsstudie
über die Reduktion der Kupferabschwemmung vom Dach des KKL einzuholen. Dazu ist
sie legitimiert (zur Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG siehe BGE 133 II
249 E. 1.3.3 S. 253 f.). Die Beschwerde wurde rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG)
erhoben. Insoweit sind die Eintretensvoraussetzungen erfüllt.

1.4 Unzulässig ist der Antrag der Beschwerdeführerin, auch den Entscheid der
Dienststelle "uwe" vom 9. Juni 2006 aufzuheben. Dieser ist durch das Urteil des
Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gilt als inhaltlich
mitangefochten (BGE 129 II 438 E. 1 S. 441 mit Hinweisen).