Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 V 123



Urteilskopf

133 V 123

  18. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i.S.
VISANA gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  K 144/05 vom 20. Dezember 2006

Regeste

  Art. 25 Abs. 2, Art. 32, Art. 35 Abs. 2 lit. h, Art. 39 Abs. 1, Art. 41,
Art. 43, Art. 44 Abs. 1, Art. 49, Art. 101 Abs. 2 KVG: Kostenübernahme bei
ausserkantonaler Hospitalisation.

  Vorgehen zur Festlegung eines Referenztarifs bei einer nicht aus
medizinischen Gründen ausserhalb des Wohnkantons stationär durchgeführten
Spitalbehandlung (E. 8).

Sachverhalt

  A.- B., wohnhaft im Kanton St. Gallen, war bei der Visana gesetzlich für
Krankenpflege versichert. Vom 15. Dezember 2003 bis 28. Februar 2004 hielt
sie sich nach einem Gehirnschlag mit halbseitiger Lähmung zu einer
stationären Neuro-Rehabilitationsbehandlung in der allgemeinen Abteilung der
in Appenzell Ausserrhoden gelegenen Rheinburg-Klinik Walzenhausen auf. Die
Visana erteilte der Klinik Kostengutsprache über Fr. 220.- pro Tag mit dem
Vermerk "analog dem Tarif der Rehabilitationsklinik Walenstadtberg". Die
Klinik stellte B. einen Tagesansatz von Fr. 580.- in Rechnung. Diese teilte
der Visana mit, sie sei nicht bereit, eine Vergütung von lediglich Fr. 220.-
pro Tag zu akzeptieren, und ersuchte um die Übernahme der gesamten
fakturierten Kosten. Mit Verfügung vom 26. Mai 2004 beschränkte die Visana
ihre Vergütung, da die Behandlung ohne weiteres auch in der st. gallischen
Rehabilitationsklinik Walenstadtberg hätte durchgeführt werden können, auf
die betreffende Tagespauschale von Fr. 220.- abzüglich der
Kostenbeteiligung. Sie bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 18.
November 2004.

  B.- B. liess Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
erheben und beantragen, die Visana sei zu verpflichten, ihr für den
Aufenthalt in der Rheinburg-Klinik pro Tag Fr. 580.- zu vergüten;
eventualiter sei wenigstens der Tarif zu übernehmen, der beim Aufenthalt im
st. gallischen Rheuma- und Rehabilitationszentrum Klinik Valens zu bezahlen
gewesen wäre. Das kantonale Gericht hiess die Beschwerde teilweise gut; es
verpflichtete die Visana, der Versicherten für den stationären Aufenthalt in
der Rheinburg-Klinik die Tagespauschale der Klinik Valens von Fr. 499.-
(resp. Fr. 541.- ab 1. Januar 2004) zu vergüten.

  C.- Die Visana führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, der
vorinstanzliche Entscheid sei insoweit aufzuheben, als sie verpflichtet
werde, die Leistungen für den Aufenthalt in der Rheinburg-Klinik nach der
tarifvertraglich vereinbarten Tagespauschale der Klinik Valens zu vergüten,
und nicht nach derjenigen der Klinik Walenstadtberg.

  B. beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; die Visana sei
zu verpflichten, ihr für den Aufenthalt in der Rheinburg-Klinik pro Tag Fr.
602.- zu vergüten, eventualiter aber mindestens das, was sie bei einem
stationären Rehabilitationsaufenthalt in der Klinik Valens zu bezahlen
gehabt hätte. Vorinstanz und Bundesamt für Gesundheit verzichten auf
Vernehmlassung.

  D.- Am 20. Dezember 2006 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine
parteiöffentliche Beratung durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Die Kostenübernahme bei stationärer Behandlung im Rahmen der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist in Art. 41 KVG geregelt.
Danach können die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern,
die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der
Versicherer muss die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im
Wohnkanton der versicherten Person gilt (Abs. 1 Satz 3). Beanspruchen
Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, so
richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen
Leistungserbringer gilt (Abs. 2). Medizinische Gründe liegen bei einem
Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen im Wohnkanton oder in
einem auf der Spitalliste des Wohnkantons nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe
e KVG aufgeführten ausserkantonalen Spital nicht angeboten werden (Abs. 2
lit. b). Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die
Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder
öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die
Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des
betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons (Abs. 3
Satz 1; Ausgleichs- oder Differenzzahlungspflicht: BGE 130 V 218; 123 V 290
und 310).

  3.2  Nach BGE 127 V 145 f. E. 4d zeigen Wortlaut, Systematik und
Entstehungsgeschichte zu Art. 41 KVG, dass die Revision des
Krankenversicherungsrechts an der altrechtlichen Konzeption der
grundsätzlich freien Wahl der Heilanstalt resp. des Leistungserbringers
"Spital" bei allenfalls masslich beschränkter Versicherungsdeckung, soweit
nicht medizinische Gründe einen bestimmten ausserkantonalen Behandlungsort
erfordern, nichts geändert hat (ausführlich zum früheren Recht: BGE 127 V
143 E. 4c/aa-bb; vgl. auch BGE 125 V 452 f. E. 3a mit Hinweisen auf die
Lehre). Neu ist im Wesentlichen einzig, dass im Unterschied zu früher
einheitlich der Wohnkanton der versicherten Person als räumlicher Bereich
mit voller Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung gilt, sowie die Differenzzahlungspflicht der
Kantone im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 KVG. Diese

Neuerungen bieten indessen nicht Anlass, den Begriff der medizinischen
Gründe gemäss Art. 41 Abs. 2 (Satz 2) lit. b KVG grundsätzlich anders zu
interpretieren als im Rahmen des Art. 19bis Abs. 5 KUVG. Daran ändert die
Zielsetzung des Art. 41 Abs. 3 KVG (Lastenausgleich zwischen Kantonen mit
unterschiedlichen Spitalversorgungsgraden sowie verstärkte Koordination
zwischen den Kantonen im Bereich der Spitalplanung [BGE 123 V 297 f. E.
3b/aa-cc]) nichts, zumal der Gesetzgeber gleichsam folgerichtig den für die
Frage medizinischer Gründe massgebenden räumlichen Bereich mit maximaler
Kostendeckung um die auf der Spitalliste des Wohnkantons aufgeführten
ausserkantonalen Spitäler erweitert hat (Art. 41 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2
lit. b KVG). Mit anderen Worten, so wenig die planerischen Elemente die aus
dem Krankenversicherungsgesetz und den dazugehörigen Verordnungen sich
ergebenden Ansprüche der Versicherten tangieren (BGE 125 V 454 E. 3b), so
wenig können die medizinischen Gründe als ein zusätzliches Instrument der
Spitalfinanzierung und -planung verstanden und gehandhabt werden.
Desgleichen gilt in sinngemässer Übernahme der altrechtlichen Ordnung (BGE
127 V 143 f. E. 4c/bb), dass bei medizinisch begründeter stationärer
Behandlung ausserhalb des in Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG umschriebenen
räumlichen Bereichs der Umfang der Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung sich grundsätzlich nach dem Gebot der
Wirtschaftlichkeit der Leistungen gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG richtet.

  3.3  Der Entscheid, ob ein Spital in die Spitalliste aufzunehmen sei, hat
eine wesentliche gesundheits- und sozialpolitische, aber regelmässig auch
regional-, beschäftigungs- und allgemeinpolitische Bedeutung. Es handelt
sich dabei um einen primär politischen Entscheid. Dementsprechend gibt das
Gesetz den einzelnen Spitälern keinen Rechtsanspruch auf Aufnahme in die
Spitalliste; es fehlt weitgehend an rechtlichen Kriterien für den Entscheid,
welche Spitäler in die Spitalliste aufzunehmen sind. Vielmehr haben die
zuständigen kantonalen Behörden einen erheblichen Ermessensspielraum (BGE
132 V 12 E. 2.4.1 in fine mit Hinweisen auf BGE 126 V 182 E. 4b und 6d;
Entscheid des Bundesrates vom 19. Dezember 2001 in Sachen Privatklinik P.
[RKUV 2002 Nr. KV 219 S. 301 E. 2.1]; EUGSTER, Krankenversicherung, in:
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Basel
1998, S. 127 f.; MATTIG, Grenzen der Spitalplanung aus

verfassungsrechtlicher Sicht, Zürich 2003, S. 130). Was hier vorab in Bezug
auf die Spitalliste des Standortkantons ausgeführt worden ist (STAFFELBACH,
Interkantonale Spitalplanung und Kostentragung, in: AJP 3/2006 S. 269), hat
ebenso für die Aufnahme eines ausserkantonal gelegenen Spitals zu gelten.

Erwägung 4

  4.  Die Hospitalisation der Beschwerdegegnerin ist nicht aus medizinischen
Gründen ausserhalb des Wohnkantons erfolgt, denn die erforderliche Leistung
wird im Kanton St. Gallen angeboten (Art. 41 Abs. 2 lit. a KVG e contrario).
Ein solcher Grund ist nach dem eben Gesagten insbesondere nicht darin zu
sehen, dass die ausserrhodische Rheinburg-Klinik eine im Vergleich zu den
st. gallischen Kliniken Walenstadtberg und Valens hohe Zahl von Pflegetagen
für Neuro-Rehabilitationspatienten aus dem Kanton St. Gallen aufweisen soll.
Streitfrage hier ist nicht die Aufnahme der Rheinburg-Klinik auf die
Spitalliste des Kantons St. Gallen, sondern, welcher Referenztarif bei einer
nicht im Sinne von Art. 41 Abs. 2 KVG medizinisch indizierten Behandlung
einer Person aus dem Kanton St. Gallen in der genannten Klinik heranzuziehen
ist, um die Vergütung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung zu
bestimmen. Die Vorinstanz hat richtig ausgeführt, dass es nicht Sache des
Krankenversicherers bzw. der angerufenen Gerichte sein kann, Leistungen
zuzusprechen, auf die nach den gesetzlichen Vorschriften kein Anspruch
besteht, selbst wenn der Kanton St. Gallen für die Durchführung von
neurologischen Rehabilitationen auf die Kapazitäten der Rheinburg-Klinik
angewiesen sein sollte (vorinstanzliche E. 3b in fine). Da der Kanton St.
Gallen im Zeitraum der Behandlung in der Rheinburg-Klinik über keine
Spitalliste nach Art.  39 Abs. 1 lit. e KVG verfügte, konnte dieses Spital
auch nicht als ausserkantonaler Leistungserbringer darauf aufgeführt sein
(Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG). Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, es seien
sämtliche ihr durch den Aufenthalt in der betreffenden Klinik entstandenen
Kosten zu ersetzen, vermag auch nicht zu stützen, dass, solange der Kanton
die in Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG vorgesehene Liste der Spitäler und
Pflegeheime noch nicht erstellt hat, gemäss Art. 101 Abs. 2 KVG vorerst
früheres Recht des KUVG weiter gilt, und Anstalten oder deren Abteilungen,
die nach bisherigem Recht als Heilanstalten galten, als Leistungserbringer
nach neuem Recht zugelassen sind. Denn die Leistungspflicht der Versicherer
und die Höhe der Vergütung richten sich gemäss Art. 101 Abs. 2 Satz 2 KVG
(nur) bis

zu einem vom Bundesrat zu bestimmenden Zeitpunkt nach den bisherigen
Verträgen oder Tarifen. Die dafür gesetzte Frist - bis 31. Dezember 1997
gemäss Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 12. April 1995 über die
Inkraftsetzung und Einführung des KVG (SR 832.101) - ist verstrichen. Zudem
ist unbestritten, dass für die Kliniken Walenstadtberg und Valens im Kanton
St. Gallen und für die Rheinburg-Klinik im Kanton Appenzell Ausserrhoden
unter dem neuen Krankenversicherungsrecht Verträge und Tarife vereinbart und
genehmigt worden sind. Diese sind anzuwenden, auch wenn noch keine gültige
Spitalliste verfügbar ist. Der Umstand, dass ein Spital auf die Spitalliste
gesetzt wird, bedeutet einzig, dass es sich dabei um einen zugelassenen
Leistungserbringer handelt. Über die Frage des anwendbaren Tarifs ist damit
noch nichts gesagt (vgl. BGE 127 V 404 f. E. 2b/dd).

Erwägung 5

  5.  Da alle drei Rehabilitationskliniken als Leistungserbringer zugelassen
und für die Behandlung der Krankheit der Beschwerdegegnerin geeignet sind,
konnte sie unter ihnen frei wählen. Weil keine medizinischen Gründe im Sinne
von Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG für den Aufenthalt in der ausserkantonalen
Rheinburg-Klinik bestanden, muss die Beschwerdeführerin die Kosten aber
höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton gilt (Art. 41 Abs. 1
Satz 3 KVG). Offen ist damit noch die Frage, welcher Referenztarif zur
Anwendung zu gelangen hat. Gemäss der Zusammenstellung der Vereinigung
Privatkliniken Schweiz über die bei ihr zusammengeschlossenen Spitäler
(abrufbar unter www.privatehospitals.ch) handelt es sich bei allen drei
Kliniken um Spitäler mit privater Trägerschaft. Nach der "Liste der nach
Art. 39 Abs. 1 oder 101 Abs. 2 KVG zur Krankenversicherung zugelassenen
Spitäler" der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK (Stand 1.
Januar 2006; abrufbar unter www.gdk-cds.ch) ist die Klinik Walenstadtberg
öffentlich subventioniert, die Institutionen in Valens und Walzenhausen sind
es nicht. Alle drei Einrichtungen sind auf Neuro-Rehabilitation
spezialisiert.

Erwägung 6

  6.

  6.1  Die Vorinstanz hat als Referenztarif die von der Kantonsregierung
genehmigten tarifvertraglichen Tagespauschalen der Kliniken Walenstadtberg
(Fr. 220.-) und Valens (Fr. 499.-/resp. 541.- ab 1. Januar 2004) in Betracht
gezogen. Dass sich die Vorinstanz für den Pauschaltarif der Klinik Valens
als Referenztarif entschieden hat, begründet sie im Wesentlichen damit, dass
die Beschwerdeführerin

zur Kostendeckung nach diesem Tarif verpflichtet gewesen wäre, falls die
Beschwerdegegnerin sich in der Klinik hätte behandeln lassen. Da jener die
Wahl dieser Klinik gemäss Art. 41 Abs. 4 KVG offen gestanden hätte, habe sie
Anspruch auf Kostenersatz in der entsprechenden Höhe.

  6.2  Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdegegnerin das Wahlrecht unter
den zugelassenen stationären Leistungserbringern zustand. Indessen hat sie
in einer Weise davon Gebrauch gemacht, bei der das Gesetz zum Vornherein
keine volle Kostendeckung aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
vorsieht, denn sie hat es vorgezogen, sich ohne medizinischen Grund im Sinne
von Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG ausserkantonal behandeln zu lassen. Ihr hier
in jedem Fall die Rückvergütung der dabei entstanden Kosten im Umfang des
höchsten Tarifs eines zur Behandlung ihrer Krankheit geeigneten
innerkantonalen Spitals zu garantieren, ist nicht im Sinne der in Erwägung
3.2 geschilderten Neuordnung des KVG, anders als früher nicht nur das
Spital, das dem Wohnort des Versicherten innerhalb des gleichen Kantons am
nächsten lag, als Referenzspital zu bezeichnen, sondern neu den Wohnkanton
als räumlichen Bereich mit voller Kostenübernahme (vgl. dazu BGE 127 V 145
f. E. 4d). Denn dies hätte zur Folge, dass in Kantonen mit hohen Tarifen -
allenfalls nur einer einzigen Privatklinik - wohnende Versicherte bei
fehlendem medizinischen Grund ihr Wahlrecht ohne Kostenrisiko auf viele oder
sämtliche ausserkantonale Spitäler ausdehnen könnten, obwohl dies vom
Gesetzgeber nach der Regelung in Art. 41 Abs. 1-3 KVG grundsätzlich nur bei
medizinischer Begründetheit gewollt ist.

  6.3  Zwar besteht hier nicht - wie bei dem in RKUV 2004 Nr. KV 281 S. 208
f. (Urteil K 34/02 vom 12. Dezember 2004) beurteilten Sachverhalt bejaht und
in dem in BGE 131 V 133 f. (insbesondere 144 f. E. 12.2) erörterten verneint
- die Gefahr einer Umgehung der Spitalplanung, da die betreffenden Spitäler
ja im Standortkanton eingeplant sind. Aber dem Wohnkanton verbleibt keine
Möglichkeit, solchen Entwicklungen Gegensteuer zu geben, da er nur die
Befugnis hat, ausserkantonale Kliniken auf seine Spitalliste zu setzen (Art.
41 Abs. 2 lit. b KVG), nicht aber, sie auszugrenzen. Zwar verbliebe ihm
theoretisch die Möglichkeit, zur Verhinderung hoher Referenztarife gar keine
nicht subventionierten Privatkliniken auf seine Spitalliste aufzunehmen.
Dies widerspräche aber dem klar geäusserten gesetzgeberischen Willen,

private Trägerschaften seien angemessen in die Spitalplanung einzubeziehen
(Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG). Nach dem Gesagten entspricht die von der
Vorinstanz gefundene Lösung, die versicherte Person habe auf jeden Fall
Anspruch auf Vergütung der Kosten im Umfang des höchsten in ihrem Wohnkanton
gültigen Tarifs eines zur Behandlung ihrer Krankheit geeigneten Spitals,
nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, denn sowohl der Grundsatz "volle
Kostendeckung bei medizinisch begründeter ausserkantonaler Hospitalisation"
sowie die mit der Pflicht der Kantone zu einer "bedarfsgerechten"
Spitalplanung verfolgten Absichten würden zum Teil vereitelt.

Erwägung 7

  7.  Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, das
Wirtschaftlichkeitsgebot habe im Einzelfall Anwendung zu finden und gemäss
Rechtsprechung (BGE 127 V 143) sei es bei medizinisch gleichwertigen, aber
unterschiedlich preiswerten innerkantonalen Behandlungsangeboten zu
berücksichtigen. Deshalb sei auf den tieferen Tarif der Klinik
Walenstadtberg abzustellen.

  7.1  Auch diese Lösung ist nicht geeignet. Das Wirtschaftlichkeitsgebot
greift in diesem Zusammenhang nicht, da nicht gesagt werden kann, die
Behandlung in der Rheinburg-Klinik (oder der Klinik Valens) sei nicht
wirtschaftlich: Für beide Kliniken liegen von der Kantonsregierung oder vom
Bundesrat bewilligte Tarife vor; diese sind nach Art. 46 Abs. 4 KVG von der
Genehmigungsbehörde darauf überprüft worden, ob sie mit dem Gesetz und dem
Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit in Einklang stehen. Zudem ist
unbestritten, dass die bei der Neuro-Rehabilitation erbrachten Leistungen
der Rheinburg-Klinik sich auf ein Mass beschränkten, das im Interesse der
Versicherten lag und für den Behandlungszweck erforderlich war (Art. 56 Abs.
1 KVG), und dass die spitalbedürftige Beschwerdegegnerin eine
Spitalabteilung wählte, in die sie vom medizinischen Standpunkt aus gehörte.
Im Übrigen bezieht sich die von der Beschwerdeführerin zitierte
Rechtsprechung BGE 127 V 143 auf die ausserkantonale stationäre Behandlung
aus medizinischen Gründen und damit auf eine grundlegend andere
Fragestellung als hier.

  7.2  Im Weitern ist zu beachten, dass die innerkantonal grosse
Tarifdifferenz zwischen den Kliniken Walenstadtberg und Valens dadurch
bedingt ist, dass erstere öffentlich subventioniert ist und die im Kanton
St. Gallen wohnenden Versicherten sie über ihre

Steuern mitfinanzieren. Die von der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung zu vergütende Pauschale der Privatklinik
Walenstadtberg hat darum höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten je
Patient oder Patientin oder je Versichertengruppe in der allgemeinen
Abteilung zu decken. Zudem werden Betriebskostenanteile aus Überkapazität,
Investitionskosten sowie Kosten für Lehre und Forschung nicht angerechnet
(Art. 49 Abs. 1 Sätze 2 und 4 KVG). Der Tarif der nicht subventionierten
Privatklinik Valens hingegen hat die gesamten anrechenbaren Kosten und
zusätzlichen Betriebskostenanteile abzudecken, denn auch er hat der
gesetzlichen Vorgabe in Art. 43 Abs. 4 KVG zu genügen,
betriebswirtschaftlich bemessen und sachgerecht strukturiert zu sein. Wenn
nach der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung die St. Galler
Versicherten ihren nicht medizinisch bedingten ausserkantonalen
Spitalaufenthalt ausschliesslich nach der niedrigsten innerkantonalen
Referenztaxe vergütet erhalten sollen, wird nicht berücksichtigt, dass sie
als Steuerzahlende den (effektiv um mehr als das Doppelte höheren) Tarif
bereits mitfinanziert haben. Anderseits würden die gleichen Versicherten -
nun als Prämienzahlende - bei der von der Vorinstanz entschiedenen
"Maximalvariante" zusätzlich belastet, wenn für die Vergütung
ausserkantonaler Spitalaufenthalte immer der höchste innerkantonale Tarif
die Referenztaxe abgeben würde. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung
würde in vielen Fällen sogar stärker beansprucht als bei Vorliegen
medizinischer Gründe für die ausserkantonale Behandlung; denn dann hätte der
Wohnkanton bei der Behandlung im öffentlichen oder öffentlich
subventionierten ausserkantonalen Spital die Differenz zwischen den in
Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für
Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons zu übernehmen und damit mindestens
die Hälfte der Kosten zu tragen (vgl. oben E. 3.1).

Erwägung 8

  8.  Bei der geschilderten Konstellation gegenläufiger Interessen der
Kantone, Spitäler, Versicherer und Versicherten sowie unter den genannten
gesetzlichen (Ziel-)Vorgaben kann der Referenztarif nicht tunlichst tief
oder hoch festgesetzt werden, sondern es ist ein möglichst zweckmässiger
Ausgleich zu schaffen. Zunächst ist die durch die öffentliche
Subventionierung der Klinik Walenstadtberg geschaffene "Unvergleichbarkeit
der Tarife" der beiden einzigen innerkantonalen Referenzspitäler zu
beseitigen. Dazu sind im Pauschaltarif der Klinik Walenstadtberg die in Art.
49 Abs. 1 KVG

genannten Kosten aufzurechnen. Dann ist zu ermitteln, in welchem Verhältnis
im Jahre 2003 - die Beschwerdegegnerin traf ihre Spitalwahl auf Mitte
Dezember 2003 - die in ihrem Wohnkanton gebliebenen St. Galler
Rehabilitationspatienten ihr Wahlrecht zwischen den beiden Referenzkliniken
ausgeübt haben. Mit dem so berücksichtigten "typischen Wahlverhalten" der
St. Galler Versicherten wird einerseits dem Umstand Rechnung getragen, dass
anders als früher unter dem KUVG nicht nur das Spital, das dem Wohnort des
einzelnen Versicherten innerhalb des gleichen Kantons am nächsten liegt, als
Referenzspital zu bezeichnen ist, sondern neu der Wohnkanton als räumlicher
Bereich mit voller Kostenübernahme gilt (vgl. oben E. 3.2 und 6.2).
Anderseits wird berücksichtigt, dass der Gesetzgeber nach der Regelung in
Art. 41 Abs. 1-3 KVG nur bei medizinischer Begründetheit das Wahlrecht ohne
grundsätzliches Kostenrisiko (vgl. auch BGE 127 V 143) auf viele oder
sämtliche ausserkantonale Spitäler ausdehnen wollte. Das "typische
Wahlverhalten" bemisst sich nach der Anzahl Pflegetage, welche sämtliche im
Kanton St. Gallen tätigen Krankenversicherer für die im betreffenden Kanton
wohnhaften Patienten den Kliniken Walenstadtberg und Valens zu vergüten
hatten. Der aufgerechnete und angepasste Tarif der Klinik Walenstadtberg des
Jahres 2003 und der Tarif der Klinik Valens sind dann bei der Festsetzung
des Referenztarifes entsprechend den erhobenen Pflegetagen zu gewichten.

  Die Vorinstanz wird die massgeblichen Faktoren für den hier zur Diskussion
stehenden Zeitraum erheben und den Referenztarif berechnen, um dann im Sinne
der Erwägungen neu zu entscheiden.