Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 133 IV 134



Urteilskopf

133 IV 134

  20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X.
gegen Bundesamt für Justiz sowie Bundesstrafgericht (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
  1C_107/2007 vom 21. Mai 2007

Regeste

  Art. 84 BGG, Art. 80p Abs. 4 IRSG; Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen;
Auslieferung unter annahmebedürftigen Auflagen.

  Gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichtes darüber, ob die Antwort des
ersuchenden Staates den verlangten Auflagen genügt, ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig (E. 1).

Sachverhalt

  Am 29. August 2006 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung
von X. an die Türkei zur Verfolgung eines Tötungsdelikts.

  Mit Urteil vom 23. Januar 2007 wies das Bundesgericht die von X. dagegen
erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde sowie die Einrede des politischen
Delikts ab (BGE 133 IV 76). Es ergänzte den Entscheid des Bundesamtes wie
folgt:

     "Der Vollzug der Auslieferung wird von der zusätzlichen Bedingung
      abhängig gemacht, dass die ersuchende Behörde folgende förmliche
      Garantieerklärung abgibt:

      Der schweizerischen Botschaft in Ankara wird das Recht zugesichert,
      Vertreter zu bezeichnen, die den Verfolgten nach dessen Auslieferung
      ohne Überwachungsmassnahmen jederzeit besuchen können. Ebenso dürfen
      diese Vertreter sich jederzeit über den Verfahrensstand erkundigen
      sowie an sämtlichen Gerichtsverhandlungen teilnehmen. Der Verfolgte
      hat jederzeit das Recht, sich an diese Vertreter zu wenden."

  Mit Verfügung vom 15. März 2007 stellte das Bundesamt für Justiz fest,
dass die von der türkischen Botschaft in Bern mit Note vom 2. März 2007
übermittelte zusätzliche Zusicherung vollständig sei und mit dem Wortlaut
der vom Bundesgericht verlangten Garantie übereinstimme.

  Die von X. hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesstrafgericht am
2. Mai 2007 teilweise gut. Es verfügte, das Bundesamt habe dem ersuchenden
Staat nach Erhalt des bundesstrafgerichtlichen Entscheids umgehend eine
letztmalige und nicht erstreckbare Frist von maximal 14 Tagen für den
Nachweis anzusetzen, dass die förmliche Garantieerklärung gemäss dem Urteil
des Bundesgerichtes vom 23. Januar 2007 von der zuständigen Behörde
abgegeben wurde. Im Übrigen wies das Bundesstrafgericht die Beschwerde ab,
soweit es darauf eintrat.

  X. führt mit Eingabe vom 14. Mai 2007 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag, diese sei im Sinne von Art. 84 BGG
zuzulassen und das Urteil des Bundesstrafgerichts aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

  1.  Gemäss Art. 84 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ist die Beschwerde
gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in
Strafsachen nur zulässig, wenn er unter anderem eine

Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall
handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor,
wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze
verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist
(Abs. 2).

  Der Beschwerdeführer beruft sich auf diese Bestimmung. Er macht geltend,
es gehe um eine Auslieferung und es liege ein besonders bedeutender Fall
vor. Wie es sich mit Letzterem verhält, kann aus den folgenden Erwägungen
offenbleiben.

  Gemäss Art. 80p des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale
Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) - der auch im
Bereich der Auslieferung anwendbar ist (BGE 123 II 511 E. 4a S. 515) - kann
unter anderem die Rechtsmittelinstanz die Gewährung der Rechtshilfe an
Auflagen knüpfen (Abs. 1). Das Bundesamt prüft, ob die Antwort des
ersuchenden Staates den verlangten Auflagen genügt (Abs. 3). Die Verfügung
des Bundesamtes kann innert zehn Tagen ab der schriftlichen Mitteilung mit
Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes angefochten
werden. Der Entscheid der Beschwerdekammer ist endgültig (Abs. 4).

  Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt in Anwendung von Art. 80p Abs. 3
IRSG geprüft, ob die Antwort des ersuchenden Staates ausreicht. Die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des
Bundesstrafgerichts ist damit nach der ausdrücklichen Sonderbestimmung von
Art. 80p Abs. 4 Satz 2 IRSG unzulässig (vgl. HEINZ AEMISEGGER, Der
Beschwerdegang in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in:
Ehrenzeller/Schweizer [Hrsg.], Die Reorganisation der Bundesrechtspflege -
Neuerungen und Auswirkungen in der Praxis, St. Gallen 2006, S. 185; RUDOLF
WYSS, Strafrechtshilfe - wie weiter?, in: Aus der Werkstatt des Rechts,
Festschrift für Heinrich Koller, Basel 2006, S. 298). Diese Bestimmung - die
der Beschwerdeführer übergeht, obwohl das Bundesstrafgericht in der
Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen hat - ist am gleichen
Tag erlassen worden wie das Bundesgerichtsgesetz und gleichzeitig mit
diesem, am 1. Januar 2007, in Kraft gesetzt worden. Sie geht als
Sonderbestimmung Art. 84 BGG vor und ist somit auch dann anwendbar, wenn es
um eine Auslieferung geht und ein besonders bedeutender Fall vorliegen
sollte.

  Auf die Beschwerde kann danach nicht eingetreten werden.