Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 V 200



Urteilskopf

132 V 200

  22. Auszug aus dem Urteil i.S. A. gegen IV-Stelle Luzern und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
  I 501/05 vom 12. Januar 2006

Regeste

  Art. 37 Abs. 4 ATSG: Unentgeltliche Verbeiständung im
sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren.

  Als unentgeltlicher Rechtsbeistand im Sinne von Art. 37 Abs. 4 ATSG sind
nur patentierte Anwältinnen und Anwälte zugelassen, welche - soweit sie
nicht bei einer anerkannten gemeinnützigen Organisation angestellt sind -
sinngemäss die persönlichen Voraussetzungen für einen Registereintrag im
Sinne von Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der
Anwältinnen und Anwälte (BGFA) erfüllen. (Erw. 5.1.4)

Auszug aus den Erwägungen: ab Seite 200

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

  4.

  4.1  Art. 29 Abs. 3 BV räumt jeder Person, die nicht über die
erforderlichen Mittel verfügt, soweit es zur Wahrung ihrer Rechte

notwendig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, einen
Anspruch auf "unentgeltlichen Rechtsbeistand" ("assistance gratuite d'un
défenseur"; "patrocinio gratuito") ein. Gemäss Art. 37 Abs. 4 ATSG wird im
Sozialversicherungsverfahren der gesuchstellenden Person, wo die
Verhältnisse es erfordern, ein "unentgeltlicher Rechtsbeistand" ("assistance
gratuite d'un conseil juridique"; "patrocinio gratuito") bewilligt. Damit
besteht nun (vgl. die Rechtsprechung vor dem am 1. Januar 2003 in Kraft
getretenen ATSG: BGE 125 V 409 Erw. 3b) eine bundesrechtliche Regelung des
Armenrechts im Verwaltungsverfahren (BGE 131 V 155 Erw. 3.1 mit Hinweis auf
KIESER, ATSG-Kommentar, N 22 zu Art. 37). Die hinsichtlich der im Rahmen von
Art. 4 altBV (vgl. Art. 29 Abs. 3 BV) zu den Voraussetzungen der
unentgeltlichen Verbeiständung im Einspracheverfahren ergangene
Rechtsprechung (Bedürftigkeit der Partei, fehlende Aussichtslosigkeit der
Rechtsbegehren, sachliche Gebotenheit im konkreten Fall; BGE 125 V 34 Erw. 2
mit Hinweisen, AHI 2000 S. 164 Erw. 2b) ist nach dem Willen des Gesetzgebers
weiterhin anwendbar (Urteile M. vom 29. November 2004 [I 557/04] Erw. 2.1,
W. vom 12. Oktober 2004 [I 386/04] Erw. 2.1; BBl 1999 4595; KIESER, a.a.O.,
N 15 ff. zu Art. 37). Eine anwaltliche Verbeiständung drängt sich nur in
Ausnahmefällen auf, in denen ein Rechtsanwalt beigezogen wird, weil
schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen dies als notwendig erscheinen
lassen und eine Verbeiständung durch Verbandsvertreter, Fürsorger oder
andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in Betracht
fällt (BGE 117 V 408 Erw. 5a, 114 V 235 Erw. 5b, AHI 2000 S. 163 Erw. 2a).
Könnte der Einsprecher im Falle des Unterliegens die unentgeltliche
Verbeiständung beanspruchen, hat er bei Obsiegen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (BGE 130 V 572 f. Erw. 2.2 mit Hinweisen).

  4.2  Mit Blick auf das letztinstanzliche Verfahren bestätigte das
Eidgenössische Versicherungsgericht in Anwendung von Art. 152 Abs. 2 OG mit
Urteil D. vom 2. März 2005 (I 447/04), dass die unentgeltliche
Verbeiständung patentierten Rechtsanwältinnen und -anwälten vorbehalten
bleibt. Denn nach dem Wortlaut von Art. 152 Abs. 2 OG kann der bedürftigen
Partei im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege nötigenfalls unter
bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich nur ein "Rechtsanwalt" ("avocat";
"avvocato") beigegeben werden. Mit der bisherigen Praxis zu Art. 152 Abs. 2
OG schloss das Eidgenössische Versicherungsgericht nicht nur Nichtanwälte

von der unentgeltlichen Verbeiständung aus, sondern auch solche Anwälte,
welche in einer von einem Arbeitgeber abhängigen Stellung berufstätig sind
(in RSKV 1980 Nr. 426 S. 231 nicht veröffentlichte Erw. 4 des Urteils Z. vom
4. Juni 1980 [K 31/79] sowie das auszugsweise in RSKV 1982 Nr. 479 S. 59
veröffentlichte Urteil Z. vom 24. August 1981 [K 40/80]; anders Urteil H.
vom 3. April 2001 [I 437/00]). Für die Verfahren vor Bundesgericht erstreckt
sich demnach die Anwälten vorbehaltene berufsmässige Parteivertretung nicht
nur auf den Monopolbereich der Zivil- und Strafrechtspflege im Sinne von
Art. 29 Abs. 2 OG (vgl. HANS NATER, in: FELLMANN/ZINDEL [Hrsg.], Kommentar
zum Anwaltsgesetz, Zürich 2005, N 6 zu Art. 3), sondern auch auf die
unentgeltliche Rechtsverbeiständung nach Art. 152 Abs. 2 OG.

Erwägung 5

  5.  Strittig ist, ob Rechtsanwalt H. für das Einspracheverfahren in seiner
Eigenschaft als angestellter Anwalt des Rechtsdienstes X. die
Voraussetzungen zur Zulassung als unentgeltlicher Rechtsbeistand erfüllt.

  5.1  Dabei ist vorweg zu prüfen, ob auch im Verwaltungsverfahren die
berufsmässige Parteivertretung im Rahmen der unentgeltlichen Verbeiständung
Anwälten vorbehalten ist.

  5.1.1  Die Entstehungsgeschichte (zur Bedeutung der Materialien für die
Gesetzesauslegung, insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen siehe
BGE 126 V 439 Erw. 3b mit Hinweisen) des Art. 37 ATSG zeigt, dass diese
Bestimmung mit dem Randtitel "Vertretung und Verbeiständung" ursprünglich
nur drei Absätze umfasste und der vierte Absatz betreffend die
unentgeltliche Verbeiständung erst durch die nationalrätliche Kommission
hinzugefügt wurde (BBl 1999 4595; vgl. dazu Kieser, a.a.O., N 1 zu Art. 37).
Im Rahmen der Vorberatung des Art. 37 Abs. 1 ATSG (vgl. Protokoll zur
Sitzung vom 11./12. September 1995 der Subkommission ATSG der
Nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [S. 26])
herrschte unter den teilnehmenden Nationalräten und Experten Einigkeit
darüber, dass im Sozialversicherungsbereich für die Parteivertretung kein
Anwaltszwang besteht (Kieser, a.a.O., N 5 zu Art. 37). Abs. 4 des Art. 37
ATSG ist Satz 1 des bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Art. 91 MVG
nachgebildet (vgl. Protokoll zur Sitzung vom 14. Januar 1999 der Kommission
für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates [S. 23 ff.]). Nach
Art. 33 Abs. 3 MVV, worauf

der Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und
Gesundheit vom 26. März 1999 ausdrücklich Bezug nimmt (BBl 1999 4523 ff.,
insbesondere S. 4595), hat der Gesuchsteller freie Wahl des
Rechtsbeistandes, wobei Rechtsbeistand im Sinne dieser Bestimmung nur
Rechtsanwälte sein können (Jürg Maeschi, Kommentar zum Bundesgesetz über die
Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N 17 zu Art. 91). In
der parlamentarischen Beratung wurde wiederholt betont, Art. 37 Abs. 4 ATSG
entspreche der geltenden Rechtsprechung (Amtl. Bull. 1999 N 1244 und 2000 S
181). Während Gebhard Eugster (ATSG und Krankenversicherung: Streifzug durch
Art. 1-55 ATSG, in: SZS 2003 S. 230) im Zusammenhang mit Art. 37 Abs. 4 ATSG
von der unentgeltlichen Verbeiständung "durch einen Rechtsanwalt" sowie von
"anwaltschaftlicher Verbeiständung" spricht und Maurer
(Bundessozialversicherungsrecht, Basel 1993, S. 29) sowie BARBARA KUPFER
BUCHER (Erfahrungen in der Arbeitslosenversicherung, in: SCHAFFHAUSER/KIESER
[Hrsg.], Praktische Anwendungsfragen des ATSG, St. Gallen 2004, S. 92 f.)
hinsichtlich BGE 114 V 228 ebenso von der unentgeltlichen Verbeiständung
durch einen Anwalt ausgehen, kritisiert BLAISE KNAPP (Précis de droit
administratif, 4e édition, Bâle 1991, p. 158 n° 721) denselben
Bundesgerichtsentscheid: "Il limite le droit à l'assistance, à notre sens à
tort, en ce sens que celle-ci ne peut être que le fait d'avocats et non de
mandataires qualifiés et ne peut intervenir qu'a un stade relativement
avancé de la procédure (...)." Gemäss Rz 2055 in Verbindung mit Rz 2058 des
Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Rechtspflege
in der AHV, der IV, der EO und bei den EL in der seit 1. Januar 2003
gültigen Fassung (KSRP) sollen im Rahmen von Art. 37 Abs. 4 ATSG sogar
Nicht-Juristen zur unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zugelassen sein.
Wird der versicherten Person jedoch von einer Rechtsschutzversicherung oder
einem Berufsverband (z.B. Gewerkschaften oder Behindertenorganisationen)
unentgeltlicher Rechtsschutz gewährt und sind diese gemäss ihren Statuten
oder ihrem Vertrag auch zur Übernahme der Rechtsvertretung verpflichtet,
erhält diese Person keine unentgeltliche Rechtsverbeiständung (Rz 2059
KSRP).

  5.1.2  Verwaltungsweisungen richten sich an die Durchführungsstellen und
sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Dieses soll sie
bei seiner Entscheidung aber berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall
angepasste und gerecht werdende Auslegung

der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also
nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine
überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern
wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine
rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 131
V 45 Erw. 2.3, 130 V 172 Erw. 4.3.1, 232 Erw. 2.1, 129 V 204 Erw. 3.2, 127 V
61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a).

  5.1.3  Nachdem der historische Gesetzgeber an die sachliche Gebotenheit
der unentgeltlichen Verbeiständung mit Blick auf die bisherige Praxis (BGE
125 V 408, 117 V 408, 114 V 228) im sozialversicherungsrechtlichen
Verwaltungsverfahren ausdrücklich einen "sehr strengen Massstab" anlegen
wollte (Amtl. Bull. 2000 S 181) und dementsprechend bei Art. 37 Abs. 4 ATSG
eine im Vergleich zu den Anforderungen an die kantonalen Verfahrensregeln
(Art. 61 lit. f ATSG) leicht abweichende, an strengere Voraussetzungen
geknüpfte Formulierung wählte (vgl. dazu KIESER, a.a.O., N 20 zu Art. 37 und
N 88 zu Art. 61), ist umso mehr nicht nur letztinstanzlich (Erw. 4.2
hievor), sondern auch für das sozialversicherungsrechtliche
Verwaltungsverfahren davon auszugehen, dass nur solche Rechtsvertreterinnen
und Rechtsvertreter mit der unentgeltlichen Verbeiständung zu betrauen sind,
welche als patentierte Anwältinnen und Anwälte zumindest sinngemäss die
persönlichen Voraussetzungen zum Registereintrag nach Art. 8 des
Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und  Anwälte vom 23.
Juni 2000 (SR 935.61; BGFA) - eine Vorbedingung für die bundesweite
Freizügigkeit, im Bereich des Anwaltsmonopols vor Gerichts- und
Justizbehörden zur berufsmässigen Parteivertretung zugelassen zu sein -
erfüllen. Denn auch nach kantonalem Recht sind in der Regel nur
praktizierende Anwälte als unentgeltliche Rechtsbeistände zugelassen
(KIESER, Das Verwaltungsverfahren in der Sozialversicherung, Zürich 1999, S.
163 f. Rz 357 mit Hinweisen; vgl. zum auf Kantonsebene teilweise auf
sämtliche Gerichtsverfahren ausgedehnten Anwaltsmonopol Nater, in: Fellmann/
ZINDEL [Hrsg.], a.a.O., N 6 zu Art. 3, Anm. 13). Mit Blick auf das kantonale
Verfahren hat die Rechtsprechung anerkannt, dass es der bundesrechtlichen
Minimalgarantie des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege nicht
widerspricht, wenn grundsätzlich nur die in einem kantonalen Verzeichnis
eingetragenen Rechtsanwälte zu unentgeltlichen Rechtsbeiständen ernannt
werden (BJM 2002 S. 47

mit Hinweisen). Drängt sich nur in Ausnahmefällen, in welchen schwierige
rechtliche oder tatsächliche Fragen dies als notwendig erscheinen lassen
(BGE 114 V 235 f. Erw. 5b, AHI 1994 S. 12), eine anwaltschaftliche
Verbeiständung auf und ist nach dem Willen des Gesetzgebers die für die
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Einsprache- und
nichtstreitigen Verwaltungsverfahren unter anderem verlangte sachliche
Gebotenheit nach einem besonders strengen Massstab zu prüfen, erfordern
gerade diese gegebenenfalls zu bejahenden Verhältnisse im Sinne von Art. 37
Abs. 4 ATSG, dass nur ein patentierter Anwalt - mit grösstmöglicher Freiheit
und Sachlichkeit bei der Interessenwahrung gegenüber dem Klienten wie
gegenüber dem Gericht (BGE 130 II 93 Erw. 4.1) - zur unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung zuzulassen ist. Soweit im letztinstanzlichen Verfahren
nach Art. 152 Abs. 2 OG praxisgemäss die Verbeiständung nur durch
patentierte Rechtsanwälte (Urteil D. vom 2. März 2005 [I 447/04] Erw. 4.2
mit Hinweisen) zulässig ist, würde es keinen Sinn machen, im Rahmen der
unentgeltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren den Kreis
zugelassener Rechtsvertreter weiter zu fassen und für Nicht-Anwälte zu
öffnen, da ein andernfalls vor dem letztinstanzlichen Verfahren notwendig
werdender Ersatz des bisherigen Rechtsbeistandes durch einen vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht zur unentgeltlichen Verbeiständung
zugelassenen Anwalt zu zusätzlichem Aufwand sowie unnötigen Mehrkosten
führen würde und letztlich weder im Interesse der rechtsuchenden bedürftigen
Partei noch des finanzierenden Staates läge.

  5.1.4  Die unentgeltliche Verbeiständung bedeutet nicht etwa nur die
staatliche Finanzierung eines privat gewählten Rechtsbeistandes. Vielmehr
handelt es sich um ein öffentlichrechtliches Verhältnis zwischen dem Staat
und dem Anwalt. Ist nur der im Register eines Kantons eingetragene Anwalt
verpflichtet, innerhalb des Registerkantons unentgeltliche
Rechtsvertretungen zu übernehmen (Art. 12 lit. g BGFA), und gilt diese
Pflicht als Korrelat zur Befugnis des eingetragenen Anwalts, in der ganzen
Schweiz den Anwaltsberuf auszuüben (Pra 2002 Nr. 50 S. 269 Erw. 2b; WALTER
FELLMANN, in: FELLMANN/ZINDEL [Hrsg.], a.a.O, N 143 zu Art. 12), würde dies
zwar nicht zwingend ausschliessen, ausserhalb des Monopolbereichs auch nicht
eingetragene Anwälte zur unentgeltlichen Verbeiständung zuzulassen. Doch
entstünde dadurch ein Unterschied zwischen unentgeltlichen Rechtsbeiständen,
die zur

Übernahme des Mandats verpflichtet sind, und solchen, die diese Aufgabe
freiwillig übernehmen. Dies könnte insbesondere dann problematisch werden,
wenn der Anwalt sein Mandat niederlegen möchte, was ein staatlich
eingesetzter unentgeltlicher Beistand nicht einseitig tun kann. Schliesslich
untersteht der eingetragene Anwalt der besonderen anwaltsrechtlichen
Aufsicht (Art. 2 und 14 ff. BGFA), mit welcher unter anderem sichergestellt
werden kann, dass die ihm obliegenden Berufs- und Standespflichten  -  auch
und gerade bei Erfüllung eines Mandates in unentgeltlicher Verbeiständung  -
 eingehalten werden (vgl. Pra 2002 Nr. 50 S. 271 Erw. 2d). Es entspricht aus
all diesen Gründen der ständigen Praxis, nur Anwälte als unentgeltliche
Rechtsbeistände zu bezeichnen. Nachdem der Gesetzgeber sich an die bisherige
Praxis anlehnen wollte (vorne Erw. 5.1.1), ist zusammenfassend festzuhalten,
dass mit Blick auf das sozialversicherungsrechtliche Verwaltungsverfahren im
Rahmen von Art. 37 Abs. 4 ATSG entgegen Rz 2055 in Verbindung mit Rz 2058
KSRP nur patentierte Anwältinnen und Anwälte zur unentgeltlichen
Verbeiständung zuzulassen sind. Der unentgeltliche Rechtsbeistand, welcher
nicht bei einer anerkannten gemeinnützigen Organisation angestellt ist (vgl.
hiezu Erw. 5.2.3), hat dabei sinngemäss die persönlichen Voraussetzungen für
einen Registereintrag im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BGFA zu erfüllen.

  5.2  Als angestellter Anwalt des Rechtsdienstes X. war H. bei Vertretung
des Beschwerdeführers im strittigen Einspracheverfahren in keinem
Anwaltsregister eingetragen.

  5.2.1  In BGE 130 II 87 ff. führte das Bundesgericht im Zusammenhang mit
der zu beurteilenden Streitfrage, welche Voraussetzungen eine Person nach
den massgebenden Vorschriften des BGFA erfüllen müsse, um in das kantonale
Anwaltsregister eingetragen werden zu können, unter anderem aus:

    (Erw. 4.1) "Der Grundsatz der Unabhängigkeit des Anwalts ist von
    herausragender Bedeutung; er ist als Berufspflicht des Anwalts weltweit
    anerkannt (BGE 123 I 193 E. 4a S. 195; Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E.
    4a/aa S. 838 f., je mit Hinweisen). Die Unabhängigkeit des Anwalts soll
    grösstmögliche Freiheit und Sachlichkeit bei der Interessenwahrung
    gegenüber dem Klienten wie gegenüber dem Richter gewährleisten. Sie
    bildet die Voraussetzung für das Vertrauen in den Anwalt und in die
    Justiz (Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4c S. 842). - Die Vorstellung des
    unabhängigen Anwalts ist verbunden mit dem Bild des freien Anwalts, der
    selbständig ein Anwaltsbüro betreibt. (...)"

  5.2.2  Bei angestellten Anwälten besteht eine Vermutung für das Fehlen der
im Hinblick auf die Registereintragung notwendige Unabhängigkeit gemäss Art.
8 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGFA (Urteil des Bundesgerichts vom 7. April 2004
i.S. M. [2A.285/2003]). Diese Vermutung kann zwar widerlegt werden:

   "Dazu muss er [der angestellte Anwalt] allerdings klare Verhältnisse
    schaffen und aufzeigen, dass angesichts der Ausgestaltung seines
    Anstellungsverhältnisses keine Beeinträchtigung seiner Unabhängigkeit
    droht und jegliche Einflussnahme des Arbeitgebers auf die
    Anwaltstätigkeit ausgeschlossen ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn er
    seine Tätigkeit als Anwalt, für welche er den Registereintrag
    beansprucht, ausserhalb des Angestelltenverhältnisses ausübt, was auch
    in büroorganisatorischer Hinsicht zum Ausdruck kommen muss, und er sich
    auf Mandate beschränkt, die klar ausserhalb des Tätigkeitsbereichs des
    Arbeitgebers liegen (Urteil M. vom 7. April 2004 [2A.285/2003] Erw. 2)."
  5.2.3  Wie es sich bei Anwältinnen und Anwälten verhält, welche bei
anerkannten gemeinnützigen Organisationen angestellt sind (vgl. Art. 8 Abs.
2 BGFA) und in dieser Eigenschaft im Rahmen von Art. 37 Abs. 4 ATSG für die
von ihnen vertretenen Parteien um Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung ersuchen, braucht hier nicht beantwortet zu werden. Denn dem
Rechtsdienst X., bei welchem H. angestellt ist, kommt als Berufsverband
mangels Uneigennützigkeit und bei fehlender Verfolgung des
Allgemeininteresses (vgl. Kreisschreiben Nr. 12 vom 8. Juli 1994 der
Eidgenössischen Steuerverwaltung) jedenfalls nicht der Status einer
"anerkannten gemeinnützigen Organisation" im Sinne von Art. 8 Abs. 2 BGFA zu
(vgl. STAEHELIN/OETIKER, in: FELLMANN/ZINDEL [Hrsg.], a.a.O., N 57 zu Art.
8).

  5.2.4  Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wies in seiner Eingabe
vom 1. Juni 2004 im vorinstanzlichen Verfahren selber darauf hin, dass er in
keinem Anwaltsregister eingetragen sei, da er "als bei einem Berufsverband
angestellter Rechtsanwalt die erforderliche 'Unabhängigkeit' nicht erfülle."
Das vom Versicherten am 24. Juni 2003 unterschriebene Auftrags- und
Vollmachtsformular verzeichnet denn auch auf der Kopfzeile einzig den
"Rechtsdienst X. - Eine Dienstleistung des Verbandes Y.". Als Beauftragter
ist sodann an erster Stelle in Fettdruck der "Rechtsdienst X." erwähnt,
wonach in Normalschrift der Name des Rechtsvertreters und anschliessend die
Adresse des Verbandes Y. folgen. Unter diesen Umständen ist ohne
gegenteilige Hinweise in den Akten auf die bei angestellten Anwälten
bestehende Vermutung für das Fehlen

der im Hinblick auf die Registereintragung notwendigen Unabhängigkeit gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA (Erw. 5.2.2) abzustellen. Verfügt der
Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht über die nach Art. 8 Abs. 1 lit.
d BGFA erforderliche Unabhängigkeit und fehlt es ihm somit an einer für den
Registereintrag im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BGFA notwendigen persönlichen
Voraussetzung, kann er auch als patentierter Anwalt nicht unentgeltlicher
Rechtsbeistand nach Art. 37 Abs. 4 ATSG sein. Die Vorinstanz hat demnach im
angefochtenen Entscheid den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung für
das der Verfügung der IV-Stelle vom 4. Juni 2003 nachfolgende
Einspracheverfahren unbesehen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen
(Bedürftigkeit, fehlende Aussichtslosigkeit und sachliche Gebotenheit) im
Ergebnis zu Recht verneint.