Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 359



Urteilskopf

132 III 359

  42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. Spital Y. gegen A.X.
(Berufung)
  4C.178/2005 vom 20. Dezember 2005

Regeste

  Art. 394 ff. OR; Arztvertrag; Sterilisationsfehler; Haftung für die
Unterhaltskosten des (ungeplanten) Kindes der Patientin.

  Stand der Lehre zum Vorliegen eines Schadens aufgrund der Belastung der
Eltern mit den Unterhaltskosten des Kindes nach fehlgeschlagener
Sterilisation (E. 3.3).

  Vorliegen einer unfreiwilligen Vermögensverminderung (E. 4.1).

  Unbegründetheit der gegen die Ersatzfähigkeit der Unterhaltskosten
vorgebrachten Argumente (E. 4.2-4.8).

Sachverhalt ab Seite 359

  Die 1966 geborene A.X. (Klägerin) und der 1955 geborene B.X. heirateten am
30. Juli 1994. Aus der Ehe gingen die Töchter C. (geboren im Dezember 1994),
D. (Dezember 1996), und E. (Januar 1998) hervor. Bei allen drei Geburten
musste ein Kaiserschnitt vorgenommen

werden. Die Eheleute X. sind im Gastgewerbe tätig. Von Dezember 1994 bis
November 1996 führten sie das Restaurant H. in L., von Dezember 1996 bis
April 2003 das Restaurant I. in M. und seit Dezember 2003 das Restaurant K.
in M. Der Ehemann der Klägerin führte das Geschäft und war als gelernter
Koch für die Küche zuständig; die Klägerin betreute die Kinder und half
nebenbei im Geschäft aus. Für ihre betriebliche Mitarbeit bezog die Klägerin
bis Ende 1999 keinen Lohn. Per 1. Januar 2000 schloss sie - vorab um einen
Anspruch auf Kinderzulagen zu begründen - mit ihrem Ehemann einen
schriftlichen Arbeitsvertrag als Teilzeitangestellte. Vereinbart wurde ein
wöchentliches Arbeitspensum von 18 Stunden und ein monatlicher Bruttolohn
von Fr. 2'001.60.

  Während der zweiten Schwangerschaft machten sich die Eheleute X. Gedanken
über ihre Familienplanung. Sie kamen zum Schluss, dass sie kein weiteres
Kind wollten. Bei diesem Entscheid standen wirtschaftliche Überlegungen im
Vordergrund. Die finanziellen Verhältnisse der Familie X. sind vor allem
infolge der während der Führung des Restaurants H. entstandenen Schulden
angespannt, wobei die Mitarbeit der Klägerin im Restaurant K. aufgrund der
Betriebsstruktur erforderlich ist. Anlässlich einer Kontrolluntersuchung im
Oktober/November 1996 liessen sich die Klägerin und ihr Ehemann deshalb von
Dr. F. im Spital Y., Verein mit Sitz in N. (Beklagter), über die Möglichkeit
einer Sterilisation aufklären. Da für die bevorstehende Entbindung ein
Kaiserschnitt erforderlich war, wurde vereinbart, dass gleichzeitig eine
Eileiterunterbindung - die damals sicherste Unterbindungsmethode -
durchgeführt werden sollte. Am 17. Dezember 1996 unterzeichneten die
Klägerin und ihr Ehemann anlässlich eines weiteren Besuchs bei Dr. F. im
Spital des Beklagten die Operationsvollmacht und das Aufklärungsprotokoll.

  Am 27. Dezember 1996 nahmen Dr. F. als Operateur und seine
Assistenzärztin, Dr. G., den Kaiserschnitt im Spital Y. vor, unterliessen
jedoch die geplante Eileiterunterbindung. Nach Angaben von Dr. F. war die
schriftliche Vereinbarung umstandshalber untergegangen, d.h. die
schriftliche Vollmacht war beim Erstellen des Operationsprogramms nicht
vorgelegt worden. Diese Unterlassung blieb unbemerkt. In der Folge
verkehrten die Eheleute X. geschlechtlich ohne Verhütungsmittel. Wegen
wiederholter Übelkeit suchte die Klägerin am 23. Juni 1997 Dr. F. auf.
Dieser stellte fest, dass sich die Klägerin in der 7. Schwangerschaftswoche
befand und die Sterilisation

unterlassen worden war. Die Klägerin hatte während dieser dritten
Schwangerschaft etliche gesundheitliche Schwierigkeiten, so dass sie ab
Anfang August 1997 bis Ende Januar 1998 arbeitsunfähig war. Im August 1997
musste sie wegen leichter Schmierblutungen für einige Tage hospitalisiert
werden. Bei einer Kontrolle am 15. Dezember 1997 wurden sehr hohe
Blutdruckwerte festgestellt, was eine Spitalaufnahme per 22. Dezember 1997
zur Folge hatte. Eine am 12. Januar 1998 erfolgte Kontrolle ergab wiederum
erhöhte Blutdruckwerte. Am 28. Januar 1998 gebar die Klägerin ein gesundes
Mädchen namens E. Am 31. Januar 1998 wurden beide aus dem Spital entlassen.
Die Sterilisation wurde nachgeholt.

  Mit Eingabe vom 14. November 2000 gelangte die Klägerin an das
Bezirksgericht Visp. Sie beantragte, es sei der Beklagte zur Zahlung von Fr.
231'000.- samt Zins zu verurteilen. Zuvor hatte der Ehemann seine
vertraglichen Ansprüche gegen den Beklagten der Klägerin abgetreten. Die
eingeklagte Forderung setzte sich zusammen aus den Auslagen während und
unmittelbar nach der Geburt (Fr. 3'000.-), Gewinn- bzw. Verdienstausfall
(Fr. 100'000.-), Genugtuung (Fr. 8'000.-) und Unterhaltskosten (Fr.
120'000.-). Ihre Forderung begründete die Klägerin mit den Folgen der von
den Ärzten des Beklagten vertragswidrig unterlassenen Sterilisation. Der
Bezirksrichter entschied am 13. Februar 2003, er sei zur Beurteilung der
Klage in erster Instanz nicht zuständig. Die Akten sandte er daraufhin zur
Beurteilung an das Kantonsgericht des Kantons Wallis.

  Im kantonsgerichtlichen Verfahren stellte die Klägerin das Begehren, es
sei der Beklagte zur Zahlung von insgesamt Fr. 201'287.- (Fr. 8'000.- als
Genugtuung, Fr. 73'287.- als Schadenersatz und Fr. 120'000.- als
Unterhaltsersatz) samt Zins zu verurteilen. Der Beklagte schloss auf
Abweisung der Klage und wandte in verfahrensrechtlicher Hinsicht ein, die
Haftung beurteile sich nach dem kantonalen Verantwortlichkeitsgesetz,
weshalb die Angelegenheit an das Bezirksgericht zu überweisen sei.

  Am 18. April 2005 verurteilte das Kantonsgericht den Beklagten zur Zahlung
von Fr. 50'000.- samt Zins als Schadenersatz (Dispositivziffer 1 lit. a),
Fr. 85'000.- als Unterhaltsersatz (Ziff. 1 lit. b) und Fr. 5'000.- nebst
Zins als Genugtuung (Ziff. 1 lit. c). Im Mehrbetrag wurde die Klage
abgewiesen. Das Kantonsgericht erwog, der Rechtsstreit beurteile sich nicht
nach dem (kantonalen) Gesetz über

die Verantwortlichkeit der öffentlichen Gemeinwesen und ihrer Amtsträger
(GVGA), sondern nach Bundesprivatrecht. Daher sei die sachliche
Zuständigkeit des Kantonsgerichts gegeben. Das Gericht kam zum Schluss, die
Haftpflicht des Beklagten für die ausgewiesenen, nicht anderweitig gedeckten
Kosten und Auslagen der Klägerin im Rahmen der Schwangerschaft, der Geburt
sowie des Unterhalts des Kindes sei zu bejahen.

  Mit eidgenössischer Berufung stellt der Beklagte folgende Rechtsbegehren:

   "(...) Primärbegehren

    Es wird festgestellt, dass die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren
    anstelle des kantonalen Rechts im Sinne des Verantwortlichkeitsgesetzes
    fälschlicherweise Bundesprivatrecht angewendet hat, weshalb die
    Angelegenheit an die kantonal zuständigen Gerichtsbehörden zur
    Ausfällung des Urteils überwiesen wird.

    (...) Eventualbegehren

    Die Zusprechung von Schadenersatz für Unterhaltskosten durch das Urteil
    des Kantons Wallis in der Höhe von Fr. 85'000.00 an die
    Berufungsbeklagte wird aufgehoben und die Berufung in diesem Sinne
    gutgeheissen.

    (...) Subeventualbegehren

    Die Anwendung des Kapitalisierungszinsfusses in der Höhe von 2.5 % für
    die Berechnung der Unterhaltskosten wird aufgehoben und die Berufung in
    diesem Sinne subeventual gutgeheissen.

    (...)"

  Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.  Im Eventualantrag rügt der Beklagte, er sei bundesrechtswidrig zur
Leistung der Kindesunterhaltskosten in Höhe von Fr. 85'000.- an die Klägerin
verpflichtet worden. Er bringt vor, die Vorinstanz habe gegen Bundesrecht
verstossen, indem sie die Ersatzfähigkeit der Unterhaltskosten für das
dritte, nach der (vertragswidrig) unterlassenen Sterilisation geborene Kind
bejaht habe.

  3.1  Der Arztvertrag wird nach Rechtsprechung und Lehre als Auftrag im
Sinne der Art. 394 ff. OR - mit sämtlichen daran knüpfenden Haftungsfolgen -
qualifiziert (BGE 120 II 248 E. 2c mit Hinweisen; WEBER, Basler Kommentar,
N. 25 ff. zu Art. 398 OR; WIEGAND, Der Arztvertrag, insbesondere die Haftung
des Arztes, in: Arzt und Recht, Bern 1985, S. 84, 91; HONSELL,
Schweizerisches

Obligationenrecht, Besonderer Teil, 7. Aufl., Bern 2003, S. 302, 315 ff.;
GUHL/SCHNYDER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000,
§ 49 N. 11 f.; HANS PETER WALTER, Abgrenzung von Verschulden und
Vertragsverletzung bei Dienstleistungsobligationen, in: A. Koller [Hrsg.],
Haftung aus Vertrag, St. Gallen 1998, S. 69 f.; BOLLINGER HAMMERLE, Die
vertragliche Haftung des Arztes für Schäden bei der Geburt, Diss. Luzern
2004, S. 39, 59).

  Der Beklagte bestreitet zu Recht nicht, dass er bei gegebenen
Voraussetzungen aus Vertrag haftet. Er macht einzig geltend, dass kein
Schaden im Rechtssinne vorliegt. Unbestritten ist somit, dass der Beklagte
(bzw. der bei ihm angestellte Arzt) den Auftrag verletzte, indem er
sorgfaltswidrig die vereinbarte Sterilisation nicht vornahm. Ebenso
unbestritten ist, dass diese vertragswidrige Unterlassung die für das
(ungeplante) dritte Kind der Klägerin anfallenden Unterhaltskosten in
adäquat-kausaler Weise verursachte. Ein vertraglicher Schadenersatzanspruch
der Klägerin ist somit nach Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 398 Abs. 1 OR
gegeben, sofern die Unterhaltskosten für das Kind als Schaden im Rechtssinne
zu qualifizieren sind.

  3.2  Das Bundesgericht musste sich bisher nicht zur Grundsatzfrage
äussern, ob die Unterhaltskosten für ein ungeplantes Kind, die durch eine
(fehlgeschlagene) Sterilisation hätten vermieden werden sollen, als Schaden
im Rechtssinne zu qualifizieren sind (vgl. Urteile 4C.276/1993 vom 1.
Dezember 1998, E. 4c, Pra 89/2000 Nr. 28 S. 163; 1P.530/1994 vom 14.
Dezember 1995, E. 4b, Pra 85/1996 Nr. 181 S. 670). Die Praxis der obersten
Gerichte anderer Staaten ist uneinheitlich. Zum Beispiel anerkennen sowohl
der deutsche Bundesgerichtshof als auch der Oberste Gerichtshof der
Niederlande die Unterhaltskosten für ein ungeplantes Kind als ersatzfähigen
Vermögensschaden (Urteil des BGH vom 18. März 1980, NJW 1980 S. 1450 ff.;
Entscheid des niederländischen Hoge Raad vom 21. Februar 1997, JZ 18/1997 S.
893 ff.). Hingegen verneint etwa das Englische House of Lords einen
entsprechenden Anspruch bei einem gesunden Kind (vgl. Urteil vom 16. Oktober
2003 i.S. Rees gegen Darlington Memorial Hospital NHS Trust [2003/UKHL 52],
mit Verweis auf das Urteil vom 25. November 1999 i.S. MacFarlane gegen
Tayside Health Board [2000/2 AC 59]). Der österreichische Oberste
Gerichtshof gewährt (nur) den Eltern eines schwer behinderten, ungeplanten
Kindes einen Ersatzanspruch, weil in diesem Fall

- anders als bei einem gesunden Kind - den Eltern eine besonders schwere
Belastung aufgebürdet werde (Entscheid des OGH vom 25. Mai 1999, JBl
121/1999 S. 593 ff.).

  3.3  In der Schweiz bejaht die weit überwiegende Lehre das Vorliegen eines
Schadens bzw. den Ersatzanspruch der Eltern für die Belastung mit den
Unterhaltskosten des Kindes nach fehlgeschlagener Sterilisation (FRANZ
WERRO, Commentaire romand, Code des obligations I, Luc Thévenoz/Franz Werro
[Hrsg.], Genf/Basel 2003, N. 27 f. zu Art. 41 OR; derselbe, La
responsabilité civile, Bern 2005, § 1 N. 70; INGEBORG SCHWENZER,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bern 2003, 3. Aufl., N.
14.04; DaVID RÜETSCHI, Haftung für fehlgeschlagene Sterilisation, AJP 1999
S. 1374 f., 1376; CHRISTA TOBLER/CAREL STOLKER, "Wrongful Birth" - Kosten
für Unterhalt und Betreuung eines Kindes als Schaden, AJP 1997 S. 1151 f.;
ROLF THÜR, Schadenersatz bei durchkreuzter Familienplanung unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung in Deutschland, England und den USA,
Diss. Zürich 1996, S. 51, 70 ff., 90 ff.; WALTER FELLMANN, Neuere
Entwicklungen im Haftpflichtrecht, AJP 1995 S. 879 f.; derselbe,
Schadenersatz für den Unterhalt eines unerwünschten Kindes, ZBJV 123/1987 S.
323, 333 ff.; CARLA MAINARDI-SPEZIALI, Ärztliche Aufklärungspflichten bei
der pränatalen Diagnostik, Diss. Bern 1991, S. 152 ff.; BETTINA MONOT,
Parents contre leur volonté: Dommages-intérêts pour l'entretien d'un enfant
non désiré dans le cas d'une stérilisation manquée, in: Recueil de travaux
offert à François Gillard, Tolochenaz 1987, S. 71; WERNER E. OTT,
Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung des Arztes, Diss. Zürich 1978,
S. 84; ROLAND SCHAER, Grundzüge des Zusammenwirkens von
Schadenausgleichsystemen, Basel 1984, S. 78 f.; VITO ROBERTO,
Schweizerisches Haftpflichtrecht, Zürich 2002, § 29 N. 769; vgl. auch
HANS-JOACHIM HESS, Kommentar zum Produktehaftpflichtgesetz, Bern 1996, 2.
Aufl., N. 48 f. zu Art. 1 PrHG; vgl. weiter ALFRED KOLLER, Die
zivilrechtliche Haftung des Arztes für das unverschuldete Fehlschlagen einer
Sterilisation, in: Haftpflicht- und Versicherungsrechtstagung 1997, Koller
[Hrsg.], S. 8 f., N. 6 in fine; HEINZ Hausheer, Unsorgfältige ärztliche
Behandlung, in: Schaden - Haftung - Versicherung, Münch/ Geiser [Hrsg.],
Handbücher für die Anwaltspraxis, 5. Bd., Basel 1999, § 15 N. 15.89, der die
Unterhaltskosten bei fehlgeschlagener Sterilisation als selbständigen
Schadensposten neben dem Erwerbsausfall aufführt; ISABELLE STEINER, Das
"Kind als Schaden" - ein

Lösungsvorschlag, ZBJV 137/2001 S. 646 ff., 660, die aber die Leistung einer
Genugtuungs- statt einer Schadenersatzsumme als "sachgerechte
Kompensationsform" vorschlägt).

  Ein Teil der Lehre bejaht freilich einen vollen Ersatzanspruch nur bei
Vorliegen besonderer Umstände wie etwa bei schlechten finanziellen
Verhältnissen der Eltern (so KARL OFTINGER/EMIL W. STARK, Schweizerisches
Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1995, Bd. I, § 2 N. 54 f.;
ALFRED KELLER, Die Behandlung des Haftpflichtfalles durch die Versicherung,
in: Arzt und Recht, Wolfgang Wiegand [Hrsg.], Bern 1985, S. 137; derselbe,
Haftpflichtrecht im Privatrecht, Bd. II, 2. Aufl., Bern 1998, S. 117 f.);
bei einer ledigen Mutter, deren Berufs- und Privatleben einschneidend
verändert wird; bei der Geburt eines behinderten Kindes, das viel
Aufopferung mit zusätzlichen Aufwendungen verlangt (KELLER, Behandlung des
Haftpflichtfalles, a.a.O., S. 137; derselbe, Haftpflichtrecht, a.a.O., S.
117 f.; HEINRICH HONSELL, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 4. Aufl., Zürich
2005, S. 9; THOMAS M. MANNSDORFER, Haftung für pränatale Schädigung des
Kindes, ZBJV 137/2001 S. 621 f., 629 f.; derselbe, Pränatale Schädigung,
Diss. Fribourg 2000, S. 343 f., 353 f.); oder schliesslich auch, wenn die
Ehefrau durch die ungewollte Schwangerschaft daran gehindert wird, einer -
bereits aufgenommenen oder in Aussicht stehenden - Arbeitstätigkeit
nachzugehen (so KELLER, Behandlung des Haftpflichtfalles, a.a.O., S. 137;
derselbe, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117 f.).

  Eine von zwei Autoren vertretene Minderheitsmeinung verneint den Anspruch
auf Schadenersatz für Unterhaltskosten in grundsätzlicher Weise - d.h.
selbst für ein (nicht geplantes) Kind, das behindert zur Welt kommt und
besonderer Pflege sowie Behandlung bedarf - und erachtet einen
Ersatzanspruch, solange das Kindesverhältnis besteht, nur für den Fall
erwägenswert, dass sich niemand findet, der das behinderte Kind zu
adoptieren bereit ist (so PETER WEIMAR, in SJZ 82/1986 S. 49; derselbe,
Schadenersatz für den Unterhalt eines nicht erwünschten Kindes?, in:
Festschrift Hegnauer, Bern 1986, S. 651/654; zustimmend MORITZ KUHN, Die
rechtliche Beziehung zwischen Arzt und Patient, in: Heinrich Honsell
[Hrsg.], Handbuch des Arztrechts, Zürich 1994, S. 36). Diese beiden Autoren
verneinen bereits das Vorliegen eines Schadens mangels Unfreiwilligkeit der
Vermögenseinbusse, wogegen jener Teil der Lehre, der einen Ersatzanspruch
für Unterhaltskosten nur in besonderen Konstellationen (Behinderung des
Kindes, angespannte finanzielle

Verhältnisse der Eltern usw.) zulassen will, das Vorliegen eines
Vermögensschadens mit der zitierten überwiegenden Lehre ohne weiteres bejaht
(HONSELL, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 9; KELLER, Behandlung des
Haftpflichtfalles, a.a.O., S. 136; derselbe, Haftpflichtrecht, a.a.O., S.
117; MANNSDORFER, a.a.O., ZBJV 137/2001 S. 629; derselbe, Pränatale
Schädigung, a.a.O., S. 353; vgl. auch OFTINGER/ STARK, a.a.O., § 2 N. 46).

  Schliesslich stützen zwei vom Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte
Lehrmeinungen seinen Standpunkt in keiner Weise. Denn der eine Autor bezieht
an der vom Beklagten zitierten Stelle weder für noch gegen einen -
vertraglichen - Schadenersatzanspruch Stellung (BREHM, Berner Kommentar, 2.
Aufl., Bern 1998, N. 96a zu Art. 41 OR), während der andere sogar festhält,
aus dogmatischer Sicht spreche nichts gegen die Zusprechung von
Unterhaltskostenersatz, wenn die Eltern - wie vorliegend - auf Dauer kein
Kind mehr wollten (ROBERTO, a.a.O., § 29 N. 768 f.).

Erwägung 4

  4.  Das schweizerische Obligationenrecht definiert den ersatzfähigen
Schaden nicht. Nach konstanter Rechtsprechung entspricht der
haftpflichtrechtlich relevante Schaden der Differenz zwischen dem
gegenwärtigen - nach dem schädigenden Ereignis festgestellten -
Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis
hätte (BGE 127 III 73 E. 4a mit zahlreichen Hinweisen; vgl. statt vieler
BREHM, a.a.O., N. 69 ff. zu Art. 41 OR; OFTINGER/STARK, a.a.O., § 2 N. 9;
SCHNYDER, Basler Kommentar, N. 3 zu Art. 41 OR). Der Schaden ist die
ungewollte bzw. unfreiwillige Vermögensverminderung. Er kann in einer
Vermehrung der Passiven, einer Verminderung der Aktiven oder in entgangenem
Gewinn bestehen (BGE 129 III 331 E. 2.1; 128 III 22 E. 2e/aa). Die Frage, ob
die Vorinstanz ihrem Urteil einen zutreffenden Rechtsbegriff des Schadens
zugrunde gelegt hat, kann vom Bundesgericht im Berufungsverfahren überprüft
werden (BGE 128 III 22 E. 2e).

  4.1  Das schädigende Ereignis (bzw. Verhalten) besteht vorliegend in der
Vertragsverletzung des Beklagten, der die Sterilisation vereinbarungswidrig
nicht vornahm. Die Klägerin ist als Mutter (ebenso wie ihr Ehemann als
Vater) gemäss Art. 276 Abs. 1 ZGB verpflichtet, für den Unterhalt des
eigenen Kindes aufzukommen (vgl. PETER BREITSCHMID, Basler Kommentar, N. 1
f. zu Art. 276 ZGB). Die gesetzliche Unterhaltspflicht ist eine
Verbindlichkeit, die das Vermögen der Klägerin schmälert. Diese Einbusse war
nicht gewollt, sollte durch die zum Zweck der Familienplanung vereinbarte

Sterilisation doch gerade vermieden werden, für die Unterhaltskosten eines
weiteren Kindes aufkommen zu müssen. Der Schutz vor dieser wirtschaftlichen
Belastung war entsprechend dem Willen der Klägerin Gegenstand des unter den
Parteien geschlossenen, in der Folge aber vom Beklagten nicht erfüllten
Sterilisationsvertrages. Eine unfreiwillige Vermögensverminderung ist somit
gegeben. Die beinahe einhellige Lehre bejaht denn auch, wie erwähnt (E.
3.3), das Vorliegen eines Schadens im Sinne der Differenztheorie. Eine
Minderheitsmeinung lehnt indessen - mit unterschiedlichen Argumenten - die
Zusprechung von Schadenersatz für die Unterhaltskosten eines ungeplanten
Kindes ab (vgl. E. 3.3). Im Folgenden sind sowohl die vom Beklagten als auch
von der Lehre ins Feld geführten Argumente einer näheren Prüfung zu
unterziehen:

  4.2  Gegen die Zusprechung von Unterhaltsersatz wird zunächst angeführt,
aufgrund der Akzeptanz des ursprünglich ungewollten Kindes durch die Mutter
bzw. die Eltern liege keine unfreiwillige Vermögensminderung und damit kein
Schaden (mehr) vor (WEIMAR, SJZ 82/1986 S. 49; derselbe, a.a.O., Festschrift
Hegnauer, S. 651 f.; zustimmend KUHN, a.a.O., S. 36).

  Dagegen wird zutreffend vorgebracht, dass mit der Sterilisation gerade die
Unterhaltskosten für ein weiteres Kind vermieden werden sollten. Das
schadensstiftende Ereignis (unterlassene Sterilisation) trat gegen den
Willen der Mutter bzw. der Eltern ein, was ausschliesst, die in der Folge
erlittene Vermögenseinbusse (Unterhaltsverpflichtung) als gewollt anzusehen
(Thür, a.a.O., S. 74; Rüetschi, a.a.O., S. 1368). Der Zweck der
Familienplanung besteht insbesondere auch darin, die Familiengrösse auf die
jeweiligen finanziellen Möglichkeiten abzustimmen (vgl. Hess, a.a.O., N. 48
zu Art. 1 PrHG; vgl. auch Oftinger/Stark, a.a.O., § 2 N. 46). Die
Durchkreuzung der Familienplanung stellt eine Verletzung der
Entscheidungsfreiheit der Mutter bzw. der Eltern dar, die als
Persönlichkeitsverletzung qualifiziert wird (STEINER, a.a.O., S. 657;
ROBERTO, a.a.O., N. 486; THÜR, a.a.O., S. 77/95; vgl. auch Fellmann, a.a.O.,
ZBJV 123/1987, S. 325 f., 334). Die durch die vereinbarungswidrig
unterlassene Sterilisation verursachte gesetzliche Unterhaltsverpflichtung
nach Art. 276 Abs. 1 ZGB ist ungewollt. Die entsprechende Vermögenseinbusse
ist ein Schaden im Rechtssinne.

  4.3  Die Unfreiwilligkeit der mit der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung
verbundenen Vermögenseinbusse wird teilweise auch

mit der Begründung verneint, es bestehe die Möglichkeit einer Freigabe des
Kindes zur Adoption (so WEIMAR, SJZ 82/1986 S. 49; derselbe, a.a.O.,
Festschrift Hegnauer, S. 651 f.; zustimmend KUHN, a.a.O., S. 36) oder einer
Abtreibung (so HONSELL, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 9; vgl. auch
Zivilgericht Basel-Stadt, Urteil vom 20. Januar 1998, E. 3.3, BJM 1998 S.
135).

  Dabei wird übersehen, dass nach Rechtsprechung und Lehre vom Geschädigten
nur zumutbare schadensabwendende bzw. -mindernde Massnahmen verlangt werden
können (BGE 107 Ib 155 E. 2b; 119 II 361 E. 5b; OFTINGER/STARK, a.a.O., § 6
N. 37 ff., § 7 N. 16 f.; BREHM, a.a.O., N. 50 f. zu Art. 44 OR; LUTERBACHER,
Die Schadenminderungspflicht, Zürich 2005, S. 125 ff.; WEBER, Die
Schadenminderungspflicht - eine metamorphe Rechtsfigur, in: Haftpflicht- und
Versicherungsrechtstagung 1999, Alfred Koller [Hrsg.], S. 139 ff.; HONSELL,
Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 106; SCHWENZER, a.a.O., N. 16.15; REY,
Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., Zürich 2003, N. 403 f.;
GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner
Teil, Bd. 2, 8. Aufl., Zürich 2003, N. 2741). Nach herrschender Lehre
stellen aber für die Mutter bzw. Eltern weder die Abtreibung des ungeborenen
Kindes noch dessen Freigabe zur Adoption eine zumutbare Massnahme zur
Verhinderung bzw. Verminderung der anfallenden Unterhaltskosten dar (WERRO,
Commentaire romand, a.a.O., N. 27 zu Art. 41 OR; derselbe, La responsabilité
civile, a.a.O., § 1 N. 70; FELLMANN, a.a.O., ZBJV 123/1987 S. 322; KELLER,
Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117; WEBER, a.a.O., S. 146 Fn. 36; MANNSDORFER,
Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 359 f.; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1371 f.; THÜR,
a.a.O., S. 83 ff.; SCHWENZER, a.a.O., N. 14.04; STEINER, a.a.O., S. 654 f.;
ROBERTO, a.a.O., N. 763; KOLLER, a.a.O., S. 24; TOBLER/STOLKER, a.a.O., S.
1148; so auch der deutsche Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. März 1980, E.
6, NJW 1980 S. 1452; gegen die Adoptionsfreigabe auch OFTINGER/STARK,
a.a.O., § 2 Fn. 68; vgl. ferner GAUCH, Grundbegriffe des ausservertraglichen
Haftpflichtrechts, recht 14/1996 S. 239 Fn. 133).

  4.3.1  Mit der Geburt des ursprünglich nicht geplanten Kindes entsteht
tatsächlich und rechtlich eine neue Situation (so auch WEIMAR, a.a.O.,
Festschrift Hegnauer, S. 651). Nach der Geburt des Kindes stellt dessen
Weggabe durch Adoption einen völlig anders gearteten Entscheid dar, als eine
im Voraus beschlossene präventive (abstrakte) Planungsmassnahme. Die Eltern
können sich im Allgemeinen aufgrund

der mittlerweile entstandenen (konkreten) emotionalen Bindung nicht mehr
unbeschwert gegen das eigene Kind bzw. gegen dessen Beibehaltung entscheiden
(THÜR, a.a.O., S. 76 f.; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1372). Es ist zwischen der
Verhinderung einer vorläufig noch anonymen Vergrösserung der Familie und der
Ablehnung des konkreten Kindes mit seiner individuellen Identität zu
unterscheiden (TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 152; so auch der Oberste
Gerichtshof der Niederlande: Entscheid vom 21. Februar 1997, E. 3.9, JZ 18/
1997 S. 894). Die Freigabe zur Adoption stellt für die leiblichen Eltern
eine tiefgreifende, endgültige Massnahme dar, führen doch Schwangerschaft
und Geburt insbesondere bei der betroffenen Mutter zu einer erhöhten
affektiven Bindung an das Kind (EICHENBERGER, Die materiellen
Voraussetzungen der Adoption Unmündiger nach neuem schweizerischem
Adoptionsrecht, Diss. Fribourg 1974, S. 89; THÜR, a.a.O., S. 86 f.).

  Die Adoption bedarf gemäss Art. 265a Abs. 1 ZGB der Zustimmung des Vaters
und der Mutter des Kindes. Das Recht, die Zustimmung zu erteilen oder zu
verweigern, ist ein höchstpersönliches Recht der Eltern (BGE 104 II 65 E. 3;
EICHENBERGER, a.a.O., S. 195; HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 15 zu Art. 265a
ZGB). Im Regelfall entspricht es dem natürlichen Bedürfnis der Eltern, das
Kind zu behalten und in der eigenen Familie aufzuziehen (THÜR, a.a.O., S.
87; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1372; EICHENBERGER, a.a.O., S. 146 ff., insbes. S.
150 oben; vgl. auch Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 18. März
1980, E. 2a, NJW 1980 S. 1454). Keinesfalls kann die Rechtsordnung vom
Einzelnen die Auflösung natürlicher Familienstrukturen zur Minderung eines
Schadenersatzbetrages verlangen (Roberto, a.a.O., N. 763; vgl. auch
EICHENBERGER, a.a.O., S. 149; THÜR, a.a.O., S. 86 f.).

  Die Lehrmeinung, die unter Hinweis auf die Adoptionsmöglichkeit die
Unfreiwilligkeit der Vermögenseinbusse verneint, betont zwar, es sei nicht
beabsichtigt, den Eltern eine Adoptionsfreigabe nahezulegen (WEIMAR, a.a.O.,
Festschrift Hegnauer, S. 652; vgl. auch Zivilgericht Basel-Stadt, Urteil vom
20. Januar 1998, E. 3.3, BJM 1998 S. 135). Dies ändert jedoch nichts daran,
dass ihre Auffassung die Einführung einer entsprechenden (unzulässigen)
Obliegenheit mit sich bringen würde (RÜETSCHI, a.a.O., S. 1371 Fn. 103/ S.
1368; kritisch auch BOMMER, Pflicht zur Abtreibung als Pflicht zur
Schadensminderung?, ZBJV 137/2001 S. 667 f.; Schwenzer, a.a.O., N. 14.04;
Thür, a.a.O., S. 84; WERRO, Commentaire romand, a.a.O., N. 27 zu Art. 41 OR;
STEINER, a.a.O., S. 655 f.).

  Die Freigabe des Kindes zur Adoption ist als schadensmindernde Massnahme
aus den dargelegten Gründen in keinem Fall zumutbar (OFTINGER/STARK, a.a.O.,
§ 2 Fn. 68; KELLER, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117; WEBER, a.a.O., S. 146
Fn. 36; Mannsdorfer, Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 359; RÜETSCHI, a.a.O.,
S. 1371 f.; THÜR, a.a.O., S. 85 ff.; SCHWENZER, a.a.O., N. 14.04; STEINER,
a.a.O., S. 654 f.; KOLLER, a.a.O., S. 24; TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1148;
ROBERTO, a.a.O., N. 763; WERRO, Commentaire romand, a.a.O., N. 27 zu Art. 41
OR; FELLMANN, a.a.O., ZBJV 123/1987 S. 322/334).

  4.3.2  Mit der (ungewollten) Schwangerschaft verändert sich die rechtliche
und tatsächliche Ausgangslage ebenfalls. Die Lehre betont zu Recht, dass
eine Abtreibung ein ebenso folgenreiches wie tiefgreifendes Ereignis ist und
für die Schwangere als Eingriff in ein höchstpersönliches Recht unzumutbar
ist (RÜETSCHI, a.a.O., S. 1371 f.; KOLLER, a.a.O., S. 24; KELLER,
Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117; WERRO, Commentaire romand, a.a.O., N. 27
zu Art. 41 OR).

  Zwar bejahten im Jahre 1998 die Gerichte von Basel-Stadt die Zumutbarkeit
einer Abtreibung (Zivilgericht Basel-Stadt, Urteil vom 20. Januar 1998, E.
3.3, BJM 1998 S. 135; bestätigt vom Appellationsgericht Basel-Stadt, Urteil
vom 23. Oktober 1998, E. 3, BJM 2000 S. 309). Indessen ging es in jenem Fall
nicht wie hier um eine (aus Gründen der Familienplanung vorgesehene)
fehlgeschlagene Sterilisation, sondern um einen - auf dem freien Willen der
Mutter beruhenden - fehlgeschlagenen Abtreibungsversuch. Die Situation einer
Frau, die sich für eine Abtreibung entschieden hat, ist in Bezug auf die
Zumutbarkeit eines erneuten Eingriffs zum Schwangerschaftsunterbruch nicht
mit jener im vorliegenden Fall vergleichbar. Das Appellationsgericht - das
die Zumutbarkeit einer zweiten Abtreibung bestätigte - betonte denn auch,
dass die Klägerin und Mutter nicht wegen einer misslungenen Sterilisation
schwanger geworden sei (Urteil vom 23. Oktober 1998, a.a.O., E. 4, S. 311).
Damit liess das Gericht offen, ob es einen Schadenersatzanspruch bei
Sterilisationsfehlern anerkennen würde (worauf MANNSDORFER, a.a.O., ZBJV
137/2001 S. 629 Fn. 107, hinweist; zur harschen Kritik des
Appellationsgerichtsurteils aus strafrechtlicher Sicht vgl. BOMMER, a.a.O.,
S. 664 ff.; kritisch auch STEINER, a.a.O., S. 656; sowie ROBERTO, a.a.O., N.
763).

  Eine Abtreibungsobliegenheit ist im Hinblick auf den
verfassungsrechtlichen Schutz der individuellen Selbstbestimmung abzulehnen,

der dem Einzelnen einen Anspruch verleiht, die wesentlichen Aspekte seines
Lebens selber zu gestalten (Art. 10 Abs. 2 BV; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte
in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 42,  64 f.; vgl. auch BOMMER,
a.a.O., S. 668 Fn. 18). Ein Kerngehalt dieses Rechts ist der Anspruch der
Frau, selber - frei - über einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden
(vgl. J.P. MÜLLER, a.a.O., S. 53, 64 f.; STEINER, a.a.O., S. 655; THÜR,
a.a.O., S. 84). Die Zumutbarkeit einer Abtreibung als schadensabwendende
Massnahme wird von der nahezu einhelligen Lehre zu Recht abgelehnt
(FELLMANN, a.a.O., ZBJV 123/1987 S. 322/334, der dies als "ruchlose
Zumutung" bezeichnet; ablehnend sogar WEIMAR, a.a.O., Festschrift Hegnauer,
S. 651, der von "schändlich" spricht; vgl. auch WERRO, Commentaire romand,
a.a.O., N. 27 zu Art. 41 OR ["choquant"]; ebenfalls ablehnend KOLLER,
a.a.O., S. 24; WEBER, a.a.O., S. 146; MANNSDORFER, Pränatale Schädigung,
a.a.O., S. 359; ROBERTO, a.a.O., N. 763; Schwenzer, a.a.O., N. 14.04;
KELLER, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1371 f.;
STEINER, a.a.O., S. 654 f.; THÜR, a.a.O., S. 83 f.; Tobler/Stolker, a.a.O.,
S. 1148; a.M. HONSELL, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 9).

  4.3.3  Die Vorinstanz hat bundesrechtskonform sowohl die Adoptionsfreigabe
wie auch die Abtreibung als in keinem Falle zumutbare Massnahmen zur
Schadensminderung bzw. -abwendung erachtet, wobei zudem im vorliegenden Fall
die heutige Fristenregelung zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht in Kraft
war. Der Beklagte macht zu Recht nicht geltend, die Klägerin sei ihrer
Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen.

  4.4  Gegen die Zusprechung von Schadenersatz für Unterhaltskosten wird zum
Teil auch vorgebracht, die Geburt eines Kindes könne keinen Schaden
darstellen (Bezirksgericht Arbon, Urteil vom 16. Oktober 1985, E. 2, in SJZ
82/1986 S. 47 f.; zustimmend WEIMAR, SJZ 82/1986 S. 48 f.; MANNSDORFER,
Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 353 f.). Jedenfalls könne die Geburt eines
gesunden, ehelichen Kindes kein Schaden sein, weil dies einer der Zwecke der
Ehe sei (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, Zürich 1975, S.
62).

  4.4.1  Bei dieser Argumentation wird verkannt, dass es im vorliegenden
Zusammenhang um die durch die planwidrige Geburt eines Kindes ausgelöste
Unterhaltsbelastung der Eltern geht, die durch die Sterilisation vermieden
werden sollte. Den Schaden stellt nicht

das Kind selbst dar, sondern die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung der
Eltern gemäss Art. 276 Abs. 1 ZGB (Thür, a.a.O., S. 100; Steiner, a.a.O., S.
649 f.; Mainardi-Speziali, a.a.O., S. 152 f.; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1367;
SCHAER, a.a.O., S. 78; FELLMANN, a.a.O., ZBJV 123/1987 S. 322 f.; ROBERTO,
a.a.O., N. 771; vgl. auch Tobler/Stolker, a.a.O., S. 1151; Monot, a.a.O., S.
71; WERRO, a.a.O., N. 27 zu Art. 41 OR; SCHWENZER, a.a.O., N. 14.04; ebenso
die Praxis des deutschen BGH: Urteil vom 18. März 1980, E. 2, NJW 1980 S.
1451; Urteil vom 16. November 1993, E. 3, NJW 1994 S. 791; sowie des
Obersten Gerichtshofes der Niederlande: vgl. Entscheid vom 21. Februar 1997,
E. 3.8, JZ 18/1997 S. 893). Die Wendung "Kind als Schaden" ist eine
schlagwortartige und "daher juristisch untaugliche Vereinfachung" (Urteil
des BGH vom 18. März 1980, E. 2a, NJW 1980 S. 1451), worauf auch die
Vorinstanz zu Recht hinweist.

  4.4.2  In der Lehre wird zutreffend betont, dass die Zusprechung von
Schadenersatz für die (ungewollte) finanzielle Belastung der Eltern in
keiner Weise ein den Grundwerten unserer Gesamtrechtsordnung
widersprechendes Unwerturteil über das Kind beinhaltet und dessen Würde
nicht verletzt (THÜR, a.a.O., S. 100; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1367; STEINER,
a.a.O., S. 660; ebenso der deutsche BGH: Urteil vom 16. November 1993, E.
3c, NJW 1994 S. 792; sowie der niederländische Oberste Gerichtshof:
Entscheid vom 21. Februar 1997, E. 3.8, JZ 18/1977 S. 893). Das Leben und
die Persönlichkeit des Kindes sind unantastbare Rechtsgüter. Dass die Geburt
eines Kindes oder dessen Existenz als Mensch nicht als Schaden betrachtet
werden kann, ist eine Selbstverständlichkeit (RÜETSCHI, a.a.O., S. 1366;
STEINER, a.a.O., S. 649, 660; MAINARDI-SPEZIALI, a.a.O., S. 152; KELLER,
Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 117; HONSELL, Haftpflichtrecht, a.a.O., S. 9;
THÜR, a.a.O., S. 71/100). Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass die
infolge der vertragswidrig unterlassenen Sterilisation erfolgte Geburt eines
Kindes Unterhaltskosten nach sich zieht und diese finanzielle Belastung nach
fast einhelliger Lehre für die von Gesetzes wegen dafür aufzukommenden
Eltern einen Vermögensschaden darstellt (E. 3.3). Zu Recht wird auch
hervorgehoben, dass es nichts Aussergewöhnliches ist, in Arzthaftungsfällen
Schadenersatz in Höhe der Unterhaltskosten zuzusprechen. Das Grossziehen
eines Kindes wird auch in anderen Lebensbereichen (z.B. bei Scheidungen und
Unterhaltsverfahren) in Geld berechnet und insofern kommerzialisiert
(WIEGAND,

Der Arztvertrag, a.a.O., S. 94; vgl. auch OTT, a.a.O., S. 84; SCHWENZER,
a.a.O., N. 14.04; TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1151).

  Die Menschenwürde des ungeplanten Kindes steht einer
schadenersatzrechtlichen Betrachtungsweise nicht entgegen. Insbesondere
verletzt die Zusprechung von Unterhaltsersatz die Würde des Kindes nicht
(vgl. ROBERTO, a.a.O., N. 764; ebenso der niederländische Oberste
Gerichtshof: Entscheid vom 21. Februar 1997, E. 3.8, JZ 18/1977 S. 893; so
auch der erkennende Erste Senat des deutschen Bundesverfassungsgerichts:
Beschluss vom 12. November 1997, E. B II. 3, NJW 1998 S. 521). Die
Zusprechung von Schadenersatz dient im Gegenteil dem Kindeswohl, kann doch
mit der finanziellen Sicherung die möglichst optimale Entwicklung des Kindes
im natürlichen Familienverband unter gleichzeitiger Entlastung der Eltern
zugunsten der gesamten Familie - einschliesslich des (zusätzlichen) Kindes -
sichergestellt werden (vgl. Entscheid des Obersten Gerichtshofes der
Niederlande vom 21. Februar 1997, E. 3.8, JZ 18/1977 S. 893; RÜETSCHI,
a.a.O., S. 1376; MONOT, a.a.O., S. 71).

  Das Kindeswohl geniesst Verfassungsrang und gilt in der Schweiz als
oberste Maxime des Kindesrechts in einem umfassenden Sinn (Art. 11 Abs. 1
BV; BGE 129 III 250 E. 3.4.2; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens vom
20. November 1989 über die Rechte des Kindes [KRK; SR 0.107]; AFFOLTER,
Basler Kommentar, N. 14 zu Art. 405 ZGB; HEGNAUER, Grundriss des
Kindesrechts, 5. Aufl., Bern 1999, N. 26.04a; BRAUCHLI, Das Kindeswohl als
Maxime des Rechts, Diss. Zürich 1982, S. 173, 190 ff., insb. S. 196, 198).
Namentlich verpflichtet Art. 11 Abs. 1 BV als soziales Grundrecht der Kinder
(auf besonderen Schutz und Förderung ihrer Entwicklung) die
rechtsanwendenden Instanzen, bei der Anwendung von Gesetzen den besonderen
Schutzbedürfnissen von Kindern Rechnung zu tragen (BGE 126 II 377 E. 5d S.
391; AUBERT/MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la
Confédération suisse, Zürich 2003, N. 4 zu Art. 11 BV; REUSSER/LÜSCHER, St.
Galler Kommentar, 2002, N. 13 zu Art. 11 BV; vgl. auch BRAUCHLI, a.a.O., S.
50, 196; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, a.a.O., N. 26.04a und Art. 3
Abs. 1 KRK).

  Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil zu Recht die Frage aufgeworfen,
ob nicht im Gegenteil die Befreiung des Beklagten von der Haftung für
Unterhaltsersatz trotz der haftungsbegründenden

Vertragsverletzung dem Wohl des Kindes (und der Familie) zuwiderlaufen
würde. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Vorinstanz die
gesellschaftspolitische Tragweite der Unterhaltsfrage genügend gewichtet.
Sie hat einen entsprechenden Anspruch der Eltern nach Abwägung der
angeführten Argumente und Gegenargumente - im Interesse des Kindeswohls -
zutreffend bejaht.

  4.5  Gegen die Zusprechung von Unterhaltsersatz wird teilweise auch
angeführt, das Kind würde früher oder später durch die Erkenntnis belastet,
dass es von den Eltern nicht erwünscht war und Anlass zu einem
Schadenersatzprozess gab (KELLER, Behandlung des Haftpflichtfalles, a.a.O.,
S. 136; MANNSDORFER, Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 355).

  Dagegen ist zunächst einzuwenden, dass die Befürchtung einer
psychisch-emotionalen Schädigung des Kindes keineswegs gesicherten
Erkenntnissen entspricht (Urteil des BGH vom 18. März 1980, E. 4, NJW 1980
S. 1451; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1373). Ausserdem kann das Erleiden eines
eigentlichen Jugendtraumas in der Regel ohnehin ausgeschlossen werden (vgl.
MANNSDORFER, Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 355 mit Nachweisen). Vor allem
aber geht es nicht an, dass der Schädiger sich unter dem Vorwand einer
Rücksichtnahme auf (mögliche) psychische Folgereaktionen des Kindes seiner
Haftpflicht entzieht (vgl. Urteil des BGH vom 18. März 1980, E. 4, NJW 1980
S. 1451).

  Im Wissen um das ursprüngliche Ungeplantsein leben etliche Kinder, ohne
deshalb im Allgemeinen traumatisiert oder psychisch-emotional geschädigt zu
sein (vgl. RÜETSCHI, a.a.O., S. 1373 mit Hinweisen). Jedes Kind, das zehn
Jahre nach seinen Geschwistern zur Welt kommt, kann sich ausrechnen, dass es
ursprünglich nicht geplant (bzw. gewollt) war; gleich verhält es sich bei
einem zur Adoption freigegebenen Kind; ebenso wird ein Kind einer ledigen
Mutter, die den Vater für Unterhaltsbeiträge gerichtlich belangen muss,
annehmen, dass es dem Vater nicht willkommen war (vgl. TOBLER/STOLKER,
a.a.O., S. 1151). Es wird denn auch darauf hingewiesen, dass die Welt von
Kindern wimmelt, "die man nicht wollte und später um keinen Preis hergäbe"
(KELLER, Behandlung des Haftpflichtfalles, a.a.O., S. 136).

  Die Aufklärung des Kindes darüber, dass es (ursprünglich) ungeplant war
und sein Unterhalt von einem Dritten (teil-)finanziert wurde, liegt
ausserdem in der Verantwortung der Eltern. Allfällige

spätere psychische Schwierigkeiten für das Kind bei Kenntnisnahme der
Belangung des Dritten sind ein Gesichtspunkt, der nicht von der
Rechtsordnung, sondern von den Eltern vor Geltendmachung des
Schadenersatzanspruchs zu berücksichtigen ist (OFTINGER/STARK, a.a.O., § 2
N. 53; so auch der niederländische Oberste Gerichtshof: Entscheid vom 21.
Februar 1997, E. 3.9, JZ 18/1997 S. 894; ebenso der deutsche BGH: Urteil vom
18. März 1980, E. 4, NJW 1980 S. 1451; a.M. STEINER, a.a.O., S. 652). Zu
Recht wird auch darauf hingewiesen, das Kind dürfte von einem gewissen Alter
an - namentlich bei finanzieller Bedrängnis der Eltern - einsichtsfähig
genug sein, um zu begreifen, dass nicht seine Existenz, sondern die
finanzielle Belastung der Eltern mit der Unterhaltsverpflichtung den Grund
für die rechtliche Belangung des Dritten bildete (vgl. STEINER, a.a.O., S.
653; vgl. auch Entscheid des Obersten Gerichtshofs der Niederlande vom 21.
Februar 1997, E. 3.9, JZ 18/1997 S. 894).

  Insgesamt sprechen mindestens so gute Gründe dafür, dass die
Nichtgewährung von Unterhaltsersatz unter Umständen negative Auswirkungen
für das Kind und seine Psyche zeitigen kann. Namentlich könnten die Eltern
(und Geschwister) das Kind aufgrund der durch seine Geburt bedingten
finanziellen Einengung der Familie als ungewollte Belastung empfinden, was
eine positive Einstellung gegenüber dem zusätzlichen Kind erschweren und die
Beziehung belasten würde (vgl. RÜETSCHI, a.a.O., S. 1372 f.; MONOT, a.a.O.,
S. 71). Demgegenüber liegt die Zuerkennung von Unterhaltsersatz, wie
dargelegt, im Interesse des Kindes sowie der gesamten Familie und kann
deshalb zur gesunden psychischen Entwicklung des Kindes beitragen (vgl. auch
TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1150 ff.; THÜR, a.a.O., S. 101; so auch der
deutsche BGH: vgl. Urteil vom 18. März 1980, E. 4, NJW 1980 S. 1451; sowie
Urteil vom 16. November 1993, E. 3c, NJW 1994 S. 792; ebenso der
niederländische Oberste Gerichtshof: Entscheid vom 21. Februar 1997, E. 3.8,
JZ 18/1997 S. 893).

  Allfällige psychische Probleme des Kindes infolge des ursprünglichen
Unerwünschtseins lassen sich jedenfalls nicht mit der Verneinung eines
Schadenersatzanspruchs lösen und vermögen die Verweigerung von
Unterhaltsersatz nicht zu rechtfertigen (vgl. TOBLER/ Stolker, a.a.O., S.
1151; HESS, a.a.O., N. 49 zu Art. 1 PrHG; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1372 f.;
WERRO, La responsabilité civile, a.a.O., S. 23 f.; MONOT, a.a.O., S. 71).
Die Vorinstanz erwog zutreffend, dass der

Zuerkennung von Unterhaltsersatz nichts Anrüchiges anhafte, zumal auch die
öffentliche Hand ebenso wie private Arbeitgeber als Dritte in Anspruch
genommen würden, um Eltern bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen
Unterhaltspflicht durch Kinderzulagen und Kinderzusatzrenten zu
unterstützen.

  4.6  Weiter wird gegen die Zusprechung von Unterhaltsersatz zum Teil
eingewandt, die Eltern wollten eine "Elternschaft zum Nulltarif" erlangen
(WEIMAR, a.a.O., Festschrift Hegnauer, S. 652). Dieser Vorwurf erweist sich
ebenfalls als unbegründet. Denn die Elternschaft ist nicht auf die
Erbringung finanzieller Leistungen beschränkt. Vielmehr haben die Eltern
gegenüber dem Kind auch andere Verpflichtungen zu erfüllen (Erziehung,
Pflege, Fürsorge, Hausarbeit usw.), die sie in zeitlicher Hinsicht
beträchtlich belasten und von denen sie durch die Zusprechung von
Unterhaltsersatz nicht befreit werden (TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1152;
RÜETSCHI, a.a.O., S. 1370; Forschungsbericht Nr. 10/98, Bundesamt für
Sozialversicherung [Hrsg.], Kinder, Zeit und Geld - Eine Analyse der durch
Kinder bewirkten finanziellen und zeitlichen Belastungen von Familien und
der staatlichen Unterstützungsleistungen in der Schweiz Mitte der Neunziger
Jahre, Bern 1998, S. VII/IX, 144/ 185/188).

  Die Vorinstanz hat denn auch den von der Klägerin geltend gemachten Posten
"Pflege und Erziehung" abgezogen, da die persönliche elterliche Fürsorge für
das eigene Kind im Rahmen des Schadenersatzes nicht abzugelten sei. Die Höhe
der von der Vorinstanz als Ersatz für die durch tatsächliche Ausgaben
bedingten durchschnittlichen Unterhaltskosten (für das dritte Kind der
Klägerin bis zum 18. Lebensjahr) wird im vorliegenden Verfahren nicht
beanstandet. Es kann daher offen bleiben, nach welchen Kriterien der Schaden
zu berechnen ist. Immerhin ist festzuhalten, dass gute Gründe bestehen,
Unterhaltsersatz - wie im angefochtenen Urteil - nur für effektive Auslagen
zu gewähren und dabei allenfalls auf den durchschnittlichen Grundunterhalt
abzustellen (vgl. TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1152; vgl. auch Urteil des BGH
vom 18. März 1980, E. 4, NJW 1980 S. 1455 f.). Der Anspruch auf
Unterhaltsersatz besteht aber bei gegebenen Haftungsvoraussetzungen in jedem
Fall, d.h. unabhängig von den jeweiligen finanziellen Verhältnissen der
Eltern, der Berufstätigkeit oder dem Zivilstand der Mutter (vgl. THÜR,
a.a.O., S. 99; FELLMANN, a.a.O., AJP 1995 S. 880; RÜETSCHI, a.a.O., S. 1375;
ROBERTO, a.a.O., N. 760).

  4.7  Der Beklagte bringt schliesslich vor, die Unterhaltsregelung des
Zivilgesetzbuches sei abschliessend und die Unterhaltspflicht eine Folge des
Kindesverhältnisses, die untrennbar mit der rechtlichen Zuordnung des Kindes
zu seinen Eltern verknüpft sei (so auch WEIMAR, a.a.O., Festschrift
Hegnauer, S. 646).

  Mit diesem Vorbringen verkennt der Beklagte, dass sich die vorliegend in
Frage stehende Arzthaftung infolge fehlgeschlagener Sterilisation, wie
ausgeführt, nach Vertragsrecht beurteilt (d.h. nach Art. 398 i.V.m. Art. 97
OR). Er übersieht, dass das Bundesgesetz über das Obligationenrecht den
fünften Teil des ZGB bildet und die beiden Erlasse materiell eine Einheit
bilden. Die Trennung ist bloss formeller Natur; die Bestimmungen des OR und
ZGB finden - sinngemäss - gegenseitig Anwendung (vgl. RIEMER, Die
Einleitungsartikel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 2. Aufl., Bern
2003, S. 141, 144; SCHMID, Basler Kommentar, N. 1/2 ff. zu Art. 7 ZGB; BGE
131 III 106 E. 1.2; 127 III 1 E. 3a/bb; zur Anwendung der Bestimmungen über
die Geschäftsführung ohne Auftrag im Zusammenhang mit der elterlichen
Unterhaltspflicht vgl. BGE 123 III 161 E. 4c; vgl. ferner BGE 101 II 47 E. 2
S. 53).

  Zwar wird das interne Verhältnis zwischen Eltern und Kind durch das ZGB
geregelt; indessen sollen mit dieser Regelung keineswegs
Schadenersatzansprüche der Eltern gegenüber Dritten aus Vertrag oder
unerlaubter Handlung ausgeschlossen werden. Sind die
Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftungsnorm des OR erfüllt, besteht auch
ein entsprechender Anspruch (vgl. bereits BGE 72 II 171 E. 2 S. 174; ebenso
die Praxis des BGH: Urteil vom 18. März 1980, E. 2b, NJW 1980 S. 1451; vgl.
auch THÜR, a.a.O., S. 99 f.).

  Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, ist die Klägerin sowie ihr Ehemann
aufgrund der gemeinsam unterzeichneten Operationsvollmacht Vertragspartei im
Rahmen des dem Chefarzt als Vertreter des Beklagten erteilten Auftrags zur
Durchführung der Eileiterunterbindung (vgl. FELLMANN, a.a.O., ZBJV 123/1987
S. 329; Bezirksgericht Arbon, Urteil vom 16. Oktober 1985, E. 1, in SJZ
82/1986 S. 47; MONOT, a.a.O., S. 71; KELLER, Behandlung des
Haftpflichtfalles, a.a.O., S. 137). Da der Ehemann seine Ansprüche der
Klägerin unbestrittenermassen abtrat, ist diese gegenüber dem Beklagten zur
umfassenden Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus der
auftragswidrig unterlassenen Sterilisation berechtigt. Die Rüge des
Beklagten ist unbegründet.

  4.8  Die Verneinung des Anspruchs in Fällen wie dem vorliegenden würde zu
einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Sonderregelung für Ärzte bei
Sterilisationsfehlern führen. Ist ein Vertrag auf ein von der Rechtsordnung
erlaubtes Ziel wie die Sterilisation gerichtet, so hat der Arzt für einen
von ihm im Rahmen der Vertragserfüllung zu vertretenden Fehler, durch den
das Behandlungsziel nicht erreicht wird, einzustehen (vgl. BGE 120 Ib 411 E.
4a S. 413; FELLMANN, Berner Kommentar, N. 380/387 zu Art. 398 OR). In der
Lehre wird zutreffend betont, dass nicht einzusehen ist, weshalb die
grundsätzliche Haftung des Arztes für fahrlässige Schädigungen gerade bei
einer misslungenen Sterilisation nicht greifen sollte (OTT, a.a.O., S. 84;
zustimmend RÜETSCHI, a.a.O., S. 1375; TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1154;
SCHWENZER, a.a.O., N. 14.04; sowie der niederländische Oberste Gerichtshof,
Entscheid vom 21. Februar 1997, E. 3.7, JZ 18/1997 S. 893; vgl. auch WERRO,
Commentaire romand, a.a.O., N. 27 zu Art. 41).

  Die Haftung für ärztliche Behandlungsfehler mit Rücksicht auf ein dadurch
bewirktes Ansteigen der Prämien der Haftpflichtversicherung der Ärzte bzw.
Spitäler zu verneinen, ist ebenfalls ausgeschlossen (so aber MANNSDORFER,
Pränatale Schädigung, a.a.O., S. 356; klar ablehnend hingegen ROBERTO,
a.a.O., N. 764; sowie TOBLER/STOLKER, a.a.O., S. 1154). Ebenso wenig vermag
aus haftpflichtrechtlicher Sicht die Argumentation des englischen House of
Lords zu überzeugen, die eine Überbeanspruchung des staatlichen
Gesundheitssystems Englands zu verhindern bezweckt. Im erwähnten Entscheid
wurde ein Unterhaltsanspruch für ein gesundes Kind unter anderem deshalb
verneint, weil dies angesichts der knappen Mittel des National Health
Service die öffentliche Meinung darüber, wie öffentliche Mittel im Rahmen
des staatlichen Gesundheitssystems zu verteilen sind, verletzen würde
(Urteil des House of Lords vom 16. Oktober 2003 i.S. Rees gegen Darlington
Memorial Hospital NHS Trust [2003/UKHL 52]).

  Abzulehnen ist auch die vom österreichischen Obersten Gerichtshof
getroffene Unterscheidung zwischen behindertem und gesundem Kind. Der OGH
betont, es sei zu befürchten, das behinderte Kind bekomme die mangelnde
Akzeptanz noch mehr zu spüren, wenn die Eltern die finanziellen Belastungen
voll zu tragen hätten und die Leistung von Schadenersatz könne diesem
dienlich sein, weil dadurch die wirtschaftliche Lage seiner Eltern
verbessert werde (Entscheid des OGH vom 25. Mai 1999, JBl/Wien 121/1999 S.
598).

Nicht einzusehen ist, weshalb es sich bei einem gesunden Kind anders
verhalten sollte. Die Differenzierung des OGH zwischen behindertem und
gesundem Kind wird denn auch als aus schadenersatzrechtlicher Sicht nicht
überzeugend und von einer behindertenfeindlichen "Mitleidsmoral" geprägt
kritisiert (BERNAT, JBl/Wien 126/2004 S. 316 f.; vgl. auch REBHAHN, JBl/Wien
122/2000 S. 267; gegen die Unterscheidung auch THÜR, a.a.O., S. 99).

  Schliesslich kann die Freude der Eltern an der Geburt des Kindes nicht im
Sinne einer Vorteilsanrechnung in die Schadensberechnung einbezogen und von
den Unterhaltskosten abgezogen werden, zumal die Freude als immaterieller
Wert nicht quantifizierbar ist (vgl. ROBERTO, a.a.O., N. 763; SCHWENZER,
a.a.O., N. 14.04; vgl. auch WERRO, La responsabilité civile, a.a.O., S. 24).

  Aus dem Dargelegten folgt, dass die gegen den Ersatz der Unterhaltskosten
angeführten Argumente nicht stichhaltig sind. Die Vorinstanz hat kein
Bundesrecht verletzt, indem sie die Ersatzpflicht des Beklagten für die
Unterhaltskosten des dritten Kindes der Klägerin bejahte. Die Rüge ist
unbegründet und der Eventualantrag abzuweisen.