Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 132 III 155



Urteilskopf

132 III 155

  19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Y. GmbH und X. gegen
V. und W. (Berufung)
  5C.182/2005 vom 2. Dezember 2005

Regeste

  Art. 641 Abs. 2 ZGB, Art. 922 ff. ZGB; Übertragung von Besitz und Eigentum
an einer Fahrnissache.

  Eine Besitzanweisung (Art. 924 Abs. 1 ZGB) setzt gestuften Besitz voraus.
Anerkennt der unmittelbare Besitzer die Herrschaft des mittelbaren Besitzers
nicht (mehr) an, verliert dieser seinen Besitz und kann eine Sache nicht
mittels Besitzanweisung übertragen (E. 4).

  Die Übergabe einer Sache mittels longa manu traditio (Art. 922 Abs. 2 ZGB)
setzt eine offene Besitzlage sowie den unmittelbaren Besitz des Veräusserers
voraus. Fehlen diese Voraussetzungen ist eine Besitzübertragung durch longa
manu traditio ausgeschlossen (E. 5).

  Unzulässigkeit der unselbstständigen Vindikationszession: Die Abtretung
des Herausgabeanspruchs gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB stellt kein zulässiges
Traditionssurrogat dar. Durch die Abtretung des Vindikationsanspruchs kann
kein Eigentum an einer Sache übertragen werden (E. 6.1).

  Unzulässigkeit der selbstständigen Vindikationszession: Der
Herausgabeanspruch gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB kann nicht selbstständig, d.h.
ohne gleichzeitige Übertragung des Eigentums an der Sache, abgetreten werden
(E. 6.2).

  Der Kläger kann seine Legitimation zur Vindikationsklage nur dann auf eine
Bevollmächtigung stützen, wenn dem Vollmachtgeber selber die Herausgabeklage
überhaupt zustünde (E. 7).

Sachverhalt

  A.- Das Hotel H. in S. (S.-Gbbl. x) gehörte ursprünglich der L. AG. Im
Rahmen von Neu- und Umbauarbeiten wurde die Liegenschaft gemäss
Begründungsakt vom 10. September 1982 in 30 Stockwerkeinheiten aufgeteilt,
wobei das Hotelgebäude neu zu der Stockwerkeinheit Gbbl. x-y wurde.

  Mit Kaufvertrag vom 30. März 1988 verkaufte die L. AG der M. AG unter
anderem das Hotel H. (Stockwerkeinheit Gbbl. x-y). Mit Vertrag vom gleichen
Tag leaste die L. AG das eben verkaufte Grundstück von der M. AG zurück. In
keinem der beiden Verträge findet sich ein expliziter Hinweis bezüglich des
Hotelmobiliars.

  Mit Schreiben vom 14. September 1994 teilte die M. AG der L. AG mit, dass
der Anspruch auf Überlassung des Leasingobjekts infolge Nichtbezahlung der
Leasingraten definitiv dahinfalle. In der Folge vermietete die M. AG das
Hotel H. mit Vertrag vom 1. April 1995 an das Ehepaar V. und W. Mit
Kaufvertrag vom 23. November 1998 erwarb V. schliesslich die
Stockwerkeinheit Gbbl. x-y mit dem Hotel H. von der M. AG.

  B.- Bereits am 19. April 1996 schloss die L. AG mit E. einen Darlehens-
und Pfandvertrag ab. Demnach gewährte E. der L. AG ein Darlehen von Fr.
130'000.-. Im Gegenzug räumte die L. AG E. am Grossinventar des Hotels H.
ein Faustpfand ein. Im Vertrag wurde vermerkt, dass sich das Faustpfand im
Besitz des jeweiligen Mieters des Hotels H. befinde. Zudem sei E. bei
Fälligkeit des Darlehens berechtigt, das Faustpfand zwangsrechtlich oder
freihändig zu verwerten und falls gewünscht auch selber zu erwerben.

  Am 3. Juli 1997 kam es daraufhin zur privaten Versteigerung des
Hotelmobiliars. E. erklärte sich bereit, das gesamte Grossinventar zum
Pauschalpreis von Fr. 60'000.- zu übernehmen.

  Am 30. Oktober 2002 schlossen die Erben des unterdessen verstorbenen E.
mit der Y. GmbH und X. einen "Abtretungs- und Übereignungsvertrag" sowie
eine "Beteiligungsvereinbarung" ab. Dieser Vertrag enthält eine Bestimmung,
wonach die Erbengemeinschaft E. der Y. GmbH und X. unter anderem die
Einforderung und gerichtliche Durchsetzung der ihr gegen V. und W.
zustehenden Ansprüche überlässt: Der Y. GmbH und X. werden sämtliche durch
die Faustpfandverwertung erworbenen dinglichen und obligatorischen Rechte am
Hotel-Mobiliar übertragen. Darin ausdrücklich eingeschlossen ist die
Übereignung des gesamten Grossinventars des Hotels H.

  C.- Am 26. Juli 2004 reichten die Y. GmbH und X. (nachfolgend: Kläger)
gegen V. und W. (nachfolgend: Beklagte) Klage ein. Sie verlangten im
Wesentlichen, die Beklagten seien zu verurteilen, ihnen das im
Hotel/Restaurant H. befindlich gewesene bzw. noch befindliche Hotel-Mobiliar
(Grossinventar) unverzüglich herauszugeben.

  Das Verfahren wurde in der Folge auf die Frage beschränkt, ob die Kläger
aktivlegitimiert seien. Mit Urteil vom 29. November 2004 wies der
Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises S. die Klage ab. Auf Appellation der
Kläger wies am 29. April 2005 auch das Obergericht des Kantons Bern die
Klage ab.

  D.- Die Y. GmbH und X. gelangen mit eidgenössischer Berufung an das
Bundesgericht. Sie verlangen im Wesentlichen, es sei ihre Aktivlegitimation
zur Klage auf Herausgabe des Hotelmobiliars anzuerkennen und die
Eigentumsklage gutzuheissen. Eventuell beantragen sie die Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz. Die Beklagten schliessen in ihrer Berufungsantwort
auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei.

  Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

  4.  Die Kläger behaupten zur Hauptsache, der Besitz - und damit auch das
Eigentum - sei durch Besitzanweisung übertragen worden.

  4.1  Nach Art. 924 Abs. 1 ZGB kann ohne Übergabe der Besitz an einer Sache
erworben werden, wenn ein Dritter auf Grund eines besonderen
Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt. Voraussetzung einer
solchen Besitzanweisung ist gestufter Besitz: Ein selbstständiger
mittelbarer Besitzer (z.B. Vermieter) hat die Sache dem Gewahrsam eines
Dritten (z.B. Mieter) überlassen, der unselbstständigen unmittelbaren Besitz
daran hat. Der Besitz an der Sache geht über, sobald dies zwischen dem
Veräusserer und dem Erwerber vereinbart worden ist. Die Benachrichtigung des
Dritten ist für den Übergang der Sache auf den Erwerber als neuer
selbstständiger mittelbarer Besitzer nicht nötig (BGE 109 II 144 E. 3d S.
150; 112 II 406 E. 5c S. 420).

  Hingegen ist erforderlich, dass der Dritte (unselbstständiger
unmittelbarer Besitzer) die Herrschaft des Veräusserers anerkennt.

Er muss für diesen besitzen. Ist diese Voraussetzung nicht (mehr) gegeben,
geht der Besitz des mittelbar Besitzenden unter - ungeachtet der
Rechtmässigkeit des Handelns des Dritten (BGE 54 II 244 E. 2 S. 246; EMIL W.
STARK, Berner Kommentar, 2001, N. 20 zu Art. 920 ZGB; A. HOMBERGER, Zürcher
Kommentar, 1938, N. 7 zu Art. 920 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits
réels, Bd. I, 3. Aufl. 1997, N. 224). Er kann ihn damit auch nicht (mehr)
durch Besitzanweisung übertragen.

  So besitzt beispielsweise ein Dieb nicht für den Bestohlenen; er anerkennt
dessen Herrschaft nicht. Der Bestohlene verliert damit den Besitz an der
gestohlenen Sache und kann sie deshalb nicht mittels Besitzanweisung
übertragen (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 8 f. zu Art. 924 ZGB; A. HOMBERGER,
a.a.O., N. 4 zu Art. 924 ZGB; JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLIMANN-KAUP,
Sachenrecht, 2. Aufl. 2003, N. 166; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 273a).

  4.2  Im vorliegenden Fall haben nach verbindlicher
Sachverhaltsfeststellung (Art. 63 Abs. 2 OG) die Beklagten die Herrschaft
der Erbengemeinschaft E. über das strittige Mobiliar nie anerkannt. Sie
haben das Mobiliar nicht für diese besessen. Vielmehr waren sie der
Auffassung, die M. AG sei mittelbare und selbstständige Besitzerin der
Sachen. Während der Dauer des Mietverhältnisses haben die Beklagten demnach
für diese besessen. Nach dem Kauf des Hotelbetriebs im Jahr 1998 hielt sich
schliesslich der Beklagte V. für den Eigenbesitzer des Mobiliars. Da
folglich die Erbengemeinschaft E. keinen selbstständigen und mittelbaren
Besitz an den Sachen haben konnte, erweist sich eine Besitzübertragung durch
Besitzanweisung an die Kläger als ausgeschlossen. Damit konnte ihnen die
Erbengemeinschaft auf diese Weise auch kein Eigentum daran verschaffen. Die
Berufung erweist sich insoweit als unbegründet.

Erwägung 5

  5.  Die Kläger machen weiter geltend, das Hotelmobiliar sei ihnen durch
Besitzvertrag übereignet worden. Es sei gleich zu behandeln wie Baumstämme
oder Bausteine.

  5.1  Nach Art. 922 Abs. 2 ZGB ist die Übergabe der Sache vollzogen, sobald
sich der Empfänger mit Willen des bisherigen Besitzers in der Lage befindet,
die Gewalt über die Sache auszuüben. Charakteristisch an dieser longa manu
traditio (Übertragung der offenen Besitzlage; Besitzvertrag) ist die offene
Besitzlage: Der Erwerber muss die Möglichkeit haben, ohne weiteres Zugriff
auf die Sache

zu nehmen und die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben. In der Lehre wird
als Beispiel für eine offene Besitzlage regelmässig der im Wald gelegene
Ster Holz angeführt (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 37 zu Art. 922 ZGB; A.
HOMBERGER, a.a.O., N. 13 zu Art. 922 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N.
268). Zudem muss der Veräusserer unmittelbaren Besitz an der Sache haben,
damit er diesen an den Erwerber übertragen kann (EMIL W. STARK, a.a.O., N.
49 f. zu Art. 922 ZGB; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 12 zu Art. 922 ZGB; HEINZ
REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. Aufl. 2000, N.
1721).

  5.2  Im vorliegenden Fall sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt:
Einerseits liegt keine offene Besitzlage vor; das strittige Mobiliar hat
sich im Gewahrsam der Beklagten befunden und die Kläger hatten darauf nie
eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit. Andererseits war die
Erbengemeinschaft E. - wie oben ausgeführt (E. 4.2) - nicht unmittelbare
Besitzerin des Mobiliars. Damit ist auch eine Besitzübertragung durch longa
manu traditio ausgeschlossen.

Erwägung 6

  6.  Als Nächstes stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der
Vindikationszession, auf welche die Kläger sich berufen. Dabei sind zwei
Formen auseinander zu halten: Erstens die Abtretung des dinglichen
Herausgabeanspruchs als Traditionssurrogat zur Übertragung von Eigentum
(unselbstständige Vindikationszession), und zweitens die Abtretung des
Vindikationsanspruchs ohne Absicht der gleichzeitigen Eigentumsübertragung
(selbstständige Vindikationszession).

  6.1  Die Anerkennung der unselbstständigen Vindikationszession als
Traditionssurrogat würde dem nicht besitzenden Eigentümer erlauben, sein
Eigentumsrecht an einer Fahrnissache an einen Dritten zu übertragen.
Namentlich könnte der Bestohlene, dem - wie oben dargelegt (E. 4.1) - die
Besitzanweisung nicht zur Verfügung steht, auf diese Weise eine ihm
gestohlene Sache veräussern.

  6.1.1  Das deutsche Recht - welches grundsätzlich wie das schweizerische
dem Traditionsprinzip folgt - anerkennt die Abtretung des
Herausgabeanspruchs als Ersatz für eine Übergabe. Es regelt diesen
Tatbestand ausdrücklich in § 931 BGB (vgl. WOLFGANG WIEGAND, in: Staudinger,
Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1989, N. 10 ff. zu § 931
BGB, mit zahlreichen Hinweisen).

  Im ZGB fehlt eine solche rechtliche Grundlage. Namentlich lässt sich die
Zulässigkeit der Vindikationszession nicht aus Art. 922

Abs. 1, 2. Halbsatz ZGB ableiten. Unter "Mittel" gemäss dieser Bestimmung
ist ein technisches Mittel wie beispielsweise ein Schlüssel zu einem
Warenlager zu verstehen. Durch die Übergabe der Mittel wird unmittelbarer
Besitz an der Sache verschafft (BGE 109 II 144 E. 3b S. 148 f.). Diese
Voraussetzung ist durch die Zession des Herausgabeanspruchs, welcher als
rechtliches Mittel angesehen werden kann, nicht erfüllt (FELICITAS
EINSELE-WILI, Die Vindikationszession, Diss. Zürich 1975, S. 100; EMIL W.
STARK, a.a.O., N. 22 zu Art. 922 ZGB; a.M.: KARL OFTINGER, Von der
Eigentumsübertragung an Fahrnis, Diss. Bern 1933, S. 36 f.).

  6.1.2  Es stellt sich die Frage, ob das Gesetz eine zu füllende Lücke
enthält, da es dem nicht (unmittelbar oder mittelbar) besitzenden Eigentümer
keine Möglichkeit zur Verfügung stellt, sein Recht auf einen Dritten zu
übertragen, und diese Lücke durch die Zulassung der Eigentumsübertragung
durch Abtretung des Herausgabeanspruchs zu füllen ist. Im vorliegenden Fall
steht die Konstellation im Vordergrund, in der ein Dritter die Sache in
seinem Gewahrsam hat.

  Dabei ist zu beachten, dass sich der historische Gesetzgeber bewusst für
das Traditionsprinzip (und gegen das Vertragsprinzip) ausgesprochen hat.
Gleichzeitig hat er erkannt, dass sich dieses nicht ohne Ausnahmen anwenden
lässt und hat daher solche ausdrücklich geregelt (vgl. z.B. Votum
Berichterstatter Huber vom 13. Juni 1906, Sten.Bull. 1906 N S. 565). Da er
sich der Problematik bewusst gewesen ist und eine entsprechend
differenzierte Lösung getroffen hat, lässt sich aus der Nichterwähnung der
Vindikationszession eher auf ein qualifiziertes Schweigen schliessen. Zudem
ist die praktische Bedeutung gering, und als zulässige Alternative steht die
Bevollmächtigung zur Ausübung des Eigentumsanspruchs zur Verfügung, evtl.
mit Übertragung des Eigentumsrechts durch brevi manu traditio, sobald der
Bevollmächtigte in den Besitz der Sache gelangt ist (FELICITAS EINSELE-WILI,
a.a.O., S. 101 u. 105; PAUL PIOTET, ZSR 81/1962 I S. 158).

  6.1.3  Damit ist festzuhalten, dass durch die Abtretung des
Herausgabeanspruchs das Eigentum an einer Fahrnissache nicht übertragen
werden kann, da dies mit dem Traditionsprinzip nicht zu vereinbaren ist
(gl.M.: FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 97 ff.; a.M.: HANS HINDERLING,
Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 441; ROBERT HAAB, Zürcher
Kommentar, 1977, N. 37 zu Art. 641 ZGB und N. 64 zu Art. 714 ZGB).

  6.2  Weiter ist zu entscheiden, ob die selbstständige Vindikationszession
zulässig ist, also die Abtretung des Herausgabeanspruchs ohne Absicht der
Eigentumsübertragung.

  6.2.1  Das Bundesgericht hat sich bisher mit dieser Frage nur am Rande
beschäftigt: In BGE 122 III 1 war als Klägerin in einem Vindikationsprozess
eine Versicherung aufgetreten, welcher im Gegenzug zur Leistung einer
Entschädigung sämtliche Rechte an den gestohlenen Sachen abgetreten worden
waren. Die Frage ihrer Aktivlegitimation war aber im bundesgerichtlichen
Verfahren nicht mehr strittig (BGE 122 III 1 E. 2 S. 2).

  In BGE 131 III 217, in welchem es um die Abtretung einer (künftigen)
Getreideernte ging, hat das Bundesgericht festgehalten, dass dem aus der
Abtretung Berechtigten kein dingliches Recht an der Ernte zustehe, welches
er erga omnes geltend machen könnte (BGE 131 III 217 E. 4.1 S. 221).

  JÖRG SCHMID und BETTINA HÜRLIMANN-KAUP leiten aus einem nicht publizierten
Urteil des Bundesgerichts die Zulässigkeit der Abtretbarkeit des
Herausgabeanspruchs ab (JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLImann-Kaup, a.a.O., N. 668):
In diesem Entscheid wird festgehalten, dass der mittelbare Besitzer, der
erfolgreich mit der Vindikationsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB belangt
worden ist, die Sache aber selber nicht herausgeben kann, verpflichtet ist,
dem Kläger seinen eigenen Herausgabeanspruch gegen den Dritten abzutreten
(Urteil 5C.119/2002 vom 31. Juli 2002, E. 3.3). Das Bundesgericht hat aber
in diesem Urteil nicht präzisiert, ob es sich dabei um einen dinglichen oder
nur um einen obligatorischen Herausgabeanspruch handelt.

  In BGE 102 III 94 hat das Bundesgericht zudem - in teilweiser Abkehr von
der bis dahin geltenden Rechtsprechung - die grundsätzliche Pfändbarkeit des
dinglichen Herausgabeanspruchs anerkannt. Indes hat es gleichzeitig
präzisiert, dass ein Herausgabeanspruch für sich allein der Pfändung und
Arrestierung nicht unterliegt, sondern stets auf das ihm zu Grunde liegende
(dingliche oder obligatorische) Vermögensrecht gegriffen werden muss (BGE
102 III 94 E. 5d S. 108).

  6.2.2  In der Lehre ist die Frage der selbstständigen Abtretbarkeit des
Vindikationsanspruchs strittig: MAX WOLFF bejaht die Zessionsfähigkeit mit
Blick auf ein fehlendes ausdrückliches Abtretungsverbot sowie die
Praktikabilität (MAX WOLFF, Wesen und Voraussetzungen

der Zession, Diss. Zürich 1916, S. 193 ff.). Ihm schliessen sich namentlich
die Autoren des Zürcher Kommentars an (A. HOMBERGER, a.a.O., N. 4 zu Art.
924 ZGB; ROBERT HAAB, a.a.O., N. 37 zu Art. 641 ZGB).

  Verneint wird die Abtretbarkeit durch PAUL PIOTET mit der Begründung, der
Herausgabeanspruch verkörpere das Eigentumsrecht selbst bzw. sei ein von
diesem untrennbarer Bestandteil; die selbstständige Zession des
Herausgabeanspruchs würde bedeuten, das Eigentumsrecht zu zerstückeln (PAUL
PIOTET, a.a.O., S. 158). ARTHUR MEIER-HAYOZ bejahte zunächst die
Zulässigkeit der Vindikationszession (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar,
1959, N. 49 zu Art. 641 ZGB), tendiert aber später unter Bezugnahme auf die
Kritik von PIOTET zur Unzulässigkeit (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar,
1981, N. 73 zu Art. 641 ZGB). Ebenfalls dagegen sprechen sich ANDREAS VON
TUHR und ARNOLD ESCHER aus, da der Eigentümer nach der Abtretung nicht mehr
in der Lage wäre, sein Recht geltend zu machen und fremde Eingriffe
abzuwehren. Ein solcher schutzloser Zustand des Eigentums sei für das
schweizerische Recht abzulehnen (ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner
Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 3. Aufl. 1974, S. 351
f.). Auch PETER LIVER tendiert zur Ablehnung (PETER LIVER, Schweizerisches
Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 27 Fn. 5).

  Ausführlich mit der Problematik der Vindikationszession setzt sich
FELICITAS EINSELE-WILI auseinander: Sie prüft die Anwendung der
Zessionsregeln auf die Vindikation und stellt zunächst fest, dass diese
grundsätzlich ein Vermögensrecht darstelle. Sie sei aber in ihrem Bestand
dauernd vom zu Grunde liegenden dinglichen Recht abhängig. Ihre Zession
könne deshalb - selbst wenn man ihre Zulässigkeit postulieren wolle - die
Funktionen, die sie erfüllen sollte, gar nicht erfüllen. Sie bringe dem
Zessionar zwar den Vorteil, von einem Besitzer unter privativem Ausschluss
des Zedenten die Herausgabe der Sache an sich selbst zu verlangen. Aber der
Eigentumsverlust des Zedenten hätte den Untergang der Vindikation zur Folge.
Schliesslich verbiete die besondere Funktion der Vindikation die Anwendung
der Zessionsregeln. Denn die Vindikation habe auch im schweizerischen Recht
ausschliesslich die Funktion, das dingliche Recht zur Geltung zu bringen.
Sie bezeichne das subjektive Recht des Eigentümers, die Sache in seine
Herrschaftsgewalt zurückzuführen, sobald durch die Trennung von Eigentum und
Besitz ein dem Recht widersprechender tatsächlicher

Zustand bestehe. Gestützt auf diese Erwägungen kommt die Autorin zum
Schluss, die Vindikation hebe sich nicht inhaltlich, aber funktionell
entscheidend von all den anderen Ansprüchen auf Sachherausgabe ab. Ihre
selbstständige Abtretbarkeit sei daher zu verneinen (FELICITAS EINSELE-WILI,
a.a.O., S. 92 ff.).

  Die neuere Lehre tendiert - soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung
bezieht - zur Ablehnung der selbstständigen Abtretbarkeit (ablehnend: HEINZ
REY, a.a.O., N. 2040; THEO GUHL/ALFRED KOLLER, Das schweizerische
Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 34 N. 16; WOLFGANG WIEGAND, Basler
Kommentar, 2003, N. 56 zu Art. 641 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N.
1024b; Frage offen lassend: EMIL W. STARK, a.a.O., N. 9 zu Art. 924 ZGB;
ders., Basler Kommentar, 2003, N. 5 zu Art. 924 ZGB; JÖRG SCHMID/ BETTINA
HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., N. 668; Frage eher bejahend: DIETER ZOBL, Berner
Kommentar, 1982, N. 712 f. zu Art. 884 ZGB).

  6.2.3  Das Eigentum als dingliches Recht zeichnet sich - neben der
unmittelbaren Herrschaft über die Sache - durch die absolute
Ausschlusswirkung gegenüber Dritten aus (ARTHUR MEYER-HAYOZ, Berner
Kommentar, 1981, N. 1 zu Art. 641 ZGB; HEINZ REY, a.a.O., N. 208). Die
äussere Erscheinungsform dieser Ausschlusswirkung ist die Vindikationsklage,
also das Recht von jedem Dritten sein Eigentum herauszuverlangen. Die
Vindikation ist vollständig abhängig vom Bestand des dinglichen Rechts. Geht
das Eigentum unter, fällt auch der Vindikationsanspruch dahin. Eigentum und
Vindikation sind damit eine untrennbare Einheit. Die Abtretung der
Vindikation würde zu einer Aushöhlung des Eigentumsrechts führen. Sie ist
daher abzulehnen.

  6.3  Dementsprechend ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Kläger
ihre Aktivlegitimation weder auf eine selbstständige noch eine
unselbstständige Zession des Herausgabeanspruchs am Hotelmobiliar stützen
können, und sich ihre Berufung insoweit als unbegründet erweist.

Erwägung 7

  7.  Damit ist als Letztes noch zu prüfen, ob der Abtretungs- und
Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 zwischen der Erbengemeinschaft E.
und den Klägern als Bevollmächtigung zur Geltendmachung des
Vindikationsanspruchs (vgl. E. 6.1.2 oben) angesehen werden könnte.

  7.1  Die Kläger können aus einer Bevollmächtigung nur dann ihre
Legitimation ableiten, wenn E. bzw. seine Erben Eigentum am Mobiliar
erworben haben und ihnen selber die Vindikation überhaupt zustünde. Der
Gerichtspräsident hat in einer Eventualerwägung festgehalten, auch zwischen
der L. AG und E. habe keine gültige Eigentumsübertragung stattgefunden. Das
Obergericht hat sich dieser Auffassung durch Verweis angeschlossen.

  7.1.1  E. bzw. seine Erben stützen ihren Eigentumserwerb auf den
Darlehens- und Pfandvertrag vom 19. April 1996 und die anschliessende
Pfandverwertung vom 3. Juli 1997.
  Art. 884 Abs. 1 ZGB statuiert das Faustpfandprinzip: Für die Begründung
eines Pfandrechts ist also die Übertragung des Besitzes an der Pfandsache
erforderlich. Pfandbesitz kann zwar auch mittels Besitzanweisung nach Art.
924 ZGB begründet werden, indes scheitert vorliegend die Gültigkeit einer
Besitzanweisung an den oben erwähnten Gründen (vgl. E. 4). Zudem ist die
Benachrichtigung des Dritten bei der Bestellung eines Faustpfandes - im
Gegensatz zur Übertragung von Eigentum - Gültigkeitsvoraussetzung (BGE 109
II 144 E. 3d S. 150). Dass die Beklagten von der Pfandbestellung
benachrichtigt worden wären, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht
entnehmen und wird von den Klägern auch nicht behauptet. Damit hat kein
gültiges Pfandrecht entstehen können, so dass der Pfandverwertung vom 3.
Juli 1997 der Boden entzogen ist.

  7.1.2  Der Gerichtspräsident hat weiter festgehalten, die L. AG und E.
hätten das Eigentum am Hotelmobiliar selbst dann übertragen wollen, wenn sie
von der Nichtigkeit des Pfandvertrages gewusst hätten. Demnach wäre die
private "Versteigerung" vom 3. Juli 1997 als kaufvertragsähnliches Geschäft
zu würdigen: E. übernimmt das Hotelmobiliar zu einem "Kaufpreis" von Fr.
60'000.-. Wegen fehlender Besitzübertragung und der Unzulässigkeit der
Vindikationszession sei indes die Eigentumsübertragungskette bereits hier
unterbrochen.

  Dieser Auffassung kann zugestimmt werden: Auch wenn man die Vereinbarung
vom 3. Juli 1997 als Kaufvertrag deutete, scheitert die Gültigkeit der
Eigentumsübertragung daran, dass keine Besitzübertragung bzw. kein
zulässiges Traditionssurrogat vorliegt. Es kann auf die vorangehenden
Erwägungen verwiesen werden (E. 4-6).

  7.2  Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bereits an einem gültigen
Eigentumserwerb am Mobiliar durch E. fehlt, so dass auch seinen Erben das
Eigentum und damit der Herausgabeanspruch nicht zustehen kann. Folglich
können die Kläger ihre Aktivlegitimation nicht auf eine Bevollmächtigung
durch die Erbengemeinschaft stützen.

  Damit kann offen bleiben, inwieweit mit dem Abtretungs- und
Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 ein Verstoss gegen die Vorschriften
über die Berechtigung zur Prozessvertretung vorliegt. Soweit die Kläger in
diesem Zusammenhang eine Verletzung von kantonalem Recht geltend machen,
kann ohnehin auf die Berufung nicht eingetreten werden (Art. 55 Abs. 1 lit.
c OG).