Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 II 722



Urteilskopf

131 II 722

  57. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X.
AG gegen Kantonale Steuerkommission Schwyz sowie Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  2A.20/2005 vom 17. Oktober 2005

Regeste

  Art. 12 Abs. 1 und 4 StHG; Grundstückgewinnsteuer, Zusammenrechnung von
Landpreis und Werklohn bei der Ermittlung des Grundstückgewinns.

  Arten kantonaler Grundstückgewinnbesteuerung (E. 2.1); monistisches System
im Kanton Schwyz (E. 2.2).

  Versagen der für die Handänderungssteuer entwickelten
Zusammenrechnungspraxis bei der Grundstückgewinnsteuer, wenn Verkäufer und
Werklieferant nicht identisch sind (E. 3).

  Steuerpflicht nach Art. 20 StHG als entscheidende Frage im konkreten Fall
(E. 4.1-5.1).

Sachverhalt ab Seite 722

  Die X. AG veräusserte im März 2002 drei Grundstücke in M. (SZ) an drei
verschiedene Käufer; die Y. AG erstellte als Bauherrin und
Generalunternehmerin die jeweiligen Gebäude, welche die Z. AG den
Grundstückerwerbern vermittelte. Von der Steuerverwaltung des Kantons Schwyz
im Veranlagungsverfahren erbetene Unterlagen

reichte die X. AG nur zum Teil ein. Mit drei Ermessensveranlagungen forderte
die Verwaltung von der X. AG Grundstückgewinnsteuern bezüglich der drei
Liegenschaften, wobei sie jeweils Landpreis und Werklohn zusammenrechnete.
Eine Einsprache der X. AG an die Kantonale Steuerkommission Schwyz blieb
erfolglos. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies am 18. November
2004 eine Beschwerde der X. AG ab. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am
13. Januar 2005 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht
eingereicht.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1  Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen Gewinne, die sich bei der
Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens oder eines land- oder
forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie Anteilen daran ergeben, soweit der
Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen)
übersteigt (Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
[Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14]). Die Besteuerung der
Grundstückgewinne ist in den Kantonen nicht einheitlich: Entweder werden
diese Gewinne alle mit einer besonderen Wertzuwachs- oder
Grundstückgewinnsteuer erfasst (als Objektsteuer); dabei wird nicht
unterschieden, ob das veräusserte Grundstück dem Privat- oder dem
Geschäftsvermögen des Veräusserers zugehört (sog. monistisches System). Oder
dann unterliegen nur Grundstückgewinne des Privatvermögens dieser Steuer,
solche des Geschäftsvermögens werden der ordentlichen Einkommens- oder
Gewinnsteuer unterstellt (als Subjektsteuer; sog. dualistisches System). Das
Steuerharmonisierungsgesetz folgt in seinem Grundsatz dem dualistischen
System, es erlaubt aber auch, dass nach dem monistischen System
geschäftliche und private Grundstückgewinne einer Grundstückgewinnsteuer
unterworfen werden (Art. 12 Abs. 4 StHG; StR 55/2000 S. 182, 2P.439/1997, E.
3c; vgl. auch BGE 130 II 202 E. 3.2 S. 207; Urteil 2P.75/2003 vom 1.
September 2003, E. 2 und 4). Art. 12 Abs. 1 StHG äussert sich zwar nur
grundsätzlich zur Ermittlung des steuerbaren Gewinns (vgl. Botschaft zur
Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 100): Dieser besteht aus der Differenz
zwischen Erlös und Anlagekosten; die Begriffe werden im
Steuerharmonisierungsgesetz nicht näher definiert. Dem kantonalen
Gesetzgeber bleibt aber

bei der Umschreibung des steuerbaren Gewinns lediglich ein beschränkter
Spielraum; denn Grundstückgewinn und Einkommenssteuer sind eng miteinander
verbunden, namentlich im monistischen System (Urteil 2A.9/2004 vom 21.
Februar 2005, E. 3.1).

  2.2  Nach § 113 Abs. 1 des schwyzerischen Steuergesetzes vom 9. Februar
2000 (StG/SZ) entspricht der Grundstückgewinn dem Betrag, um den der
Veräusserungserlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen)
übersteigt. Als Veräusserungserlös gilt der Verkaufspreis "mit allen
weiteren Leistungen" (§ 114 Abs. 1 StG/SZ). Im Übrigen unterstehen der
Grundstückgewinnsteuer laut § 104 Abs. 1 StG/SZ Gewinne aus der Veräusserung
von im Kanton gelegenen Grundstücken des Privat- und Geschäftsvermögens oder
von Anteilen an solchen. Insofern kennt der Kanton Schwyz ein monistisches
System der Grundstückgewinnbesteuerung im Sinne von Art. 12 Abs. 4 StHG.
Daher muss der Teil des Gewinns aus einer Geschäftsliegenschaft, die der
Einkommenssteuer unterliegt, und derjenige Teil, welcher der
Grundstückgewinnsteuer untersteht, genau abgegrenzt werden. Wo die beiden
Steuern in einem gemeinsamen System ineinander greifen, prüft das
Bundesgericht mit voller Kognition, ob diese Aufteilung mit dem
Steuerharmonisierungsgesetz übereinstimmt. Einzig in Bezug auf allfällige
kantonale Besonderheiten, die den der Grundstückgewinnsteuer unterliegenden
Teil betreffen, steht dem kantonalen Gesetzgeber ein gewisser Spielraum zu;
insoweit würde sich die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts nach den für die
staatsrechtliche Beschwerde geltenden Grundsätzen richten (vgl. BGE 130 II
202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2A.445/2004 vom 7. Juni 2005, E. 2.3; vgl. aber
auch BERNHARD ZWAHLEN, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl., Basel 2002, N. 2 zu Art. 12
StHG).

Erwägung 3

  3.

  3.1
  3.1.1  Als massgebende Grundlage bei der Ermittlung der
Grundstückgewinnsteuer bezeichnet das Verwaltungsgericht in Fällen wie dem
Vorliegenden grundsätzlich die Summe von Landpreis und Werklohn; Bedingung
sei, dass ein Baulandkäufer mit dem Verkäufer einen
Generalunternehmer-Werkvertrag abgeschlossen habe, worin die Erstellung, der
Umbau oder die Vollendung einer Baute auf dem Kaufgrundstück durch den
Verkäufer vereinbart worden sei; weiter wird für eine Zusammenrechnung
vorausgesetzt, dass die

Verträge so voneinander abhängen, dass es ohne den einen nicht zum Abschluss
des andern gekommen wäre und das Geschäft als Ganzes dem Verkauf einer
fertigen Baute gleichkommt. Diese so genannte Zusammenrechnungspraxis wurde
ursprünglich für die Handänderungssteuer entwickelt; das Bundesgericht hat
diese Praxis wiederholt als nicht willkürlich bzw. nicht verfassungswidrig
erachtet (vgl. ASA 64 S. 423, E. 4b, mit Hinweisen; 50 S. 445, E. 3b;
Urteile 2P.208/2003 vom 4. Dezember 2003, E. 3.1; 2P.47/1998 vom 25. Juli
2000, E. 3b/aa, mit Hinweisen; 2P.64/1995 vom 5. März 1997, E. 2e;
2P.159/1994 vom 26. November 1996, E. 7b).

  3.1.2  Ist der erwähnte Zusammenhang zwischen den beiden Verträgen
gegeben, so kommt es (bei der Handänderungssteuer) nicht darauf an, ob die
Parteien des Kauf- und des Werkvertrags identisch sind (ASA 50 S. 445, E.
4b; Urteil 2P.410/1996 vom 19. Januar 1999, E. 3a und b; siehe auch Urteil
2P.208/2003 vom 4. Dezember 2003, E. 3.1). Das Verwaltungsgericht geht davon
auch für die Grundstückgewinnsteuer aus, verlangt für diesen Fall aber, dass
zusätzliche Abreden zwischen Verkäufer und Unternehmer vorliegen, worauf
sich aus allfälligen Vertragstexten und den besonderen Umständen schliessen
lasse. Es hält diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall aufgrund
verschiedener Indizien für gegeben: Insbesondere hätten die betreffenden
Gesellschaften zusammengewirkt bei der Erschliessung des Baulands, der
Erwirkung der Baubewilligung und letztlich beim Angebot schlüsselfertiger
Bauten; zudem seien die Trägerschaft und übrigens auch die Organe von
Verkäuferin und Generalunternehmerin identisch; in der Beschwerde werden sie
denn auch als Schwestergesellschaften bezeichnet.

  3.2  Die Zusammenrechnungspraxis für die Handänderungssteuer kann jedoch
nicht unbesehen auf die Grundstückgewinnsteuer übertragen werden:
  3.2.1  Die Handänderungssteuer betrifft den Grundstückübergang als
solchen; steuerpflichtig ist in der Regel der Käufer. Im Fall eines
Werkvertrags und eines damit zusammenhängenden Kaufvertrags fragt sich, ob
Gegenstand der Transaktion insgesamt ein Grundstück ist und der
entsprechende Vorgang als Ganzes der Handänderungssteuer unterstellt werden
kann. In dieser Hinsicht ist es ohne Belang, ob die beiden Verträge mit
derselben Person geschlossen bzw. ob das Bauunternehmen und der
Landverkäufer identisch sind oder ob es sich um zwei verschiedene
steuerpflichtige Personen

handelt. Für den Käufer zählt allein die Tatsache, dass der Werkvertrag in
der Grundstückübertragung eingeschlossen ist (oder nicht) und damit der
Handänderungssteuer unterliegt.

  3.2.2  Die Grundstückgewinnsteuer ist eine direkte Steuer, die den
Steuerpflichtigen wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit trifft.
Der Verkäufer bezahlt die Steuer, hier das Bauunternehmen, auf dem
realisierten Gewinn. Sind diese beiden unterschiedliche Personen, liegt es
auf der Hand, dass jede auf ihren eigenen Grundlagen und ihrem eigenen
Gewinn besteuert werden muss; der Gewinn des einen Steuerpflichtigen kann
nicht dem anderen zugewiesen werden. Davon geht jedoch das
Verwaltungsgericht aus: Es ordnet den gesamten Vorgang, das heisst den
Verkauf des Landes und den Bau der Liegenschaften, mithin den daraus
realisierten Gewinn, allein der Beschwerdeführerin zu, ohne die Leistungen
der Y. AG zu berücksichtigen. Die bei der Handänderungssteuer entwickelte
Zusammenrechnungspraxis (ohne Rücksicht auf Identität von Verkäufer und
Werklieferant) versagt aber bei der Grundstückgewinnsteuer, wenn Verkäufer
und Werklieferant nicht identisch sind. Diesfalls liegen zwei Steuersubjekte
vor, und der Verkäufer kann nur für den von ihm realisierten
Grundstückgewinn (ohne Einfluss des vom Werklieferanten erzielten Gewinns)
besteuert werden. Vorliegend stellt sich denn auch nicht eigentlich die
Frage nach der Berechnungsgrundlage für die Steuer, sondern es fragt sich,
wer überhaupt steuerpflichtig ist.

Erwägung 4

  4.

  4.1  Der Begriff der Steuerpflicht juristischer Personen ist in Art. 20
StHG definiert; das kantonale Recht stimmt mit dem eidgenössischen überein
(vgl. § 54 f. StG/SZ; Art. 49 f. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]; siehe auch StR 59/2004 S.
524, 2A.321/2003, E. 3.1): Juristische Personen sind aufgrund persönlicher
Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche
Verwaltung bzw. Geschäftsleitung im Kanton befindet. Vorbehältlich von
Steuerumgehung und Fällen von Simulation gelten privatrechtskonforme
juristische Personen grundsätzlich als steuerpflichtig. Die Steuerbehörde
darf deren Gewinn insofern berichtigen, als dieser Gegenstand ist von
Zuwendungen oder verdeckten Gewinnausschüttungen an einen Aktionär oder eine
Schwestergesellschaft (sog. Dreieckstheorie; vgl. dazu etwa Urteil
2A.73/2005 vom 2. August 2005, E. 2.2, mit Hinweisen; siehe auch Urteil
2A.583/2004 vom 21. April 2005).

Die als steuerpflichtig anerkannten juristischen Personen müssen nach dem
Grundsatz "at arm's length" bzw. des Drittvergleichs handeln (Vereinbarungen
wie mit aussenstehenden Dritten; vgl. z.B. StE 2002 B 72.13.1 Nr. 3,
2A.157/2001, E. 3b; StE 1995 B 72.11 Nr. 3, 2A.346/1992, E. 3b); nur soweit
dieses Prinzip nicht beachtet wird, kann die Steuerbehörde eingreifen.

  4.2  Im konkreten Fall ist offenbar kein Gewinn von der Y. AG zur
Beschwerdeführerin verschoben worden; dies behauptet die Steuerkommission
jedenfalls nicht. Daher ist nicht ersichtlich, inwiefern der Erlös, der auf
den durch die Y. AG (Bauherrin und Generalunternehmerin) erstellten Bauten
erzielt worden ist, der Beschwerdeführerin zugewiesen werden muss, die sich
darauf beschränkt hat, das Land zu verkaufen. Selbst achtbare praktische
Gründe rechtfertigten es nicht, einen solchen Gewinn bei einem anderen
Steuerpflichtigen zu besteuern. Würde der Auffassung des Verwaltungsgerichts
gefolgt, würde der auf dem Bau der Liegenschaften realisierte Gewinn bei der
Beschwerdeführerin kantonal und bei der Y. AG mit der direkten Bundessteuer
besteuert, was offensichtlich gegen das Ziel der Steuerharmonisierung
verstiesse.

  Vorliegend sind die rechtlichen Beziehungen zwischen den Käufern der
Liegenschaften und den zwei bzw. drei Gesellschaften (einschliesslich der Z.
AG) nicht eindeutig bekannt; allenfalls existieren Werkverträge zwischen den
Käufern und der Y. AG, offenbar aber keine speziellen
Unterakkordanten-Verhältnisse zwischen der Beschwerdeführerin und der Y. AG;
es kann daher wohl von einer einfachen Gesellschaft bzw. einem Konsortium
der Gesellschaften ausgegangen werden. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass
jede Gesellschaft nur aufgrund des von ihr erzielten Gewinns steuerbar ist.

Erwägung 5

  5.

  5.1  Der Entscheid der Vorinstanz verletzt demnach die Grundsätze des
Steuerharmonisierungsgesetzes, insbesondere Art. 20 StHG und das Prinzip der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die
Beschwerdeführerin hat nach dem Gesagten hinreichend dargelegt, dass die
Ermessensveranlagung im Sinne von Art. 48 Abs. 2 StHG und § 151 Abs. 3
StG/SZ offensichtlich unrichtig war. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erweist sich somit als begründet und ist gutzuheissen, soweit darauf
einzutreten ist. Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts ist
aufzuheben und die Sache zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die
Kantonale Steuerverwaltung zurückzuweisen.