Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 II 670



131 II 670

53. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. MCH Messe Schweiz AG und MCH Messe Basel AG gegen Bundesamt
für Gesundheit sowie Eidgenössisches Depar- tement des Innern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.69/2005 vom 17. Oktober 2005

Regeste

    Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 103 lit. a OG; Art. 10 Epidemiengesetz;
SARS-Verordnung. Sofortmassnahmen zur Verminderung des Übertragungsrisikos
des Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms.

    Die nachträgliche Überprüfung einer gegenstandslos gewordenen Anordnung
hat sich auf die in Zukunft mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erneut
stellenden Streitfragen zu beschränken (E. 1.2).

    Keine Überprüfung des Inhaltes der gegenstandslos gewordenen
gesundheitspolizeilichen Massnahmen (E. 2).

    Zuständigkeit des Bundesrates, anstelle der Kantone die geboten
erscheinenden Abwehrmassnahmen zu beschliessen (E. 3.1).

    Ermächtigung des Bundesamtes für Gesundheit, zur Bekämpfung von SARS
"Sofortmassnahmen" zu verfügen (E. 3.2 und 3.3).

    Verletzung des Anspruches auf Gewährung des rechtlichen Gehörs durch
Nichtprotokollierung einer dringlich einberufenen Sitzung, an welcher
der betroffene Messeveranstalter erstmals zu den ins Auge gefassten
gesundheitspolizeilichen Massnahmen angehört wurde (E. 4).

Sachverhalt

    Für ihre alljährliche Uhren- und Schmuckmesse BASELWORLD, die vom
3. bis 10. April 2003 erstmals zugleich in Basel und Zürich durchgeführt
wurde, hatte die Veranstalterin MCH Messe Basel AG (im Folgenden: Messe
Basel), eine Tochtergesellschaft der MCH Messe Schweiz AG (nachfolgend:
Messe Schweiz), als Aussteller u.a. Personen aus dem asiatischen Raum
eingeladen. Da dort zu jenem Zeitpunkt das als SARS bezeichnete Severe
Acute Respiratory Syndrome (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom;
eine neuartige Infektionskrankheit, wahrscheinlich viralen Ursprungs)
seuchenartig aufgetreten war, erkundigte sich die Veranstalterin am
21. März 2003 beim Eidgenössischen Departement des Äussern über die
Durchführbarkeit der Messe mit Ausstellern aus von SARS betroffenen
Ländern. Das Departement verwies die Veranstalterin an das Bundesamt für
Gesundheit (im Folgenden: Bundesamt), welches über seine eigens dafür
eingerichtete SARS-Hotline mitteilte, dass keine Probleme erkennbar seien
und es sich an die Empfehlungen der WHO halte.

    Am 31. März 2003 gelangte die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich
an das Bundesamt und verlangte die Absage der Messe. Noch am gleichen
Tag begannen Verhandlungen mit Vertretern des Bundesamtes, der beiden
Kantone Basel-Stadt und Zürich sowie der Veranstalterin. Gestützt auf
deren Ergebnis erliess der Bundesrat auf Antrag des Bundesamtes in einer
ausserordentlichen Sitzung die Verordnung vom 1. April 2003 betreffend
Massnahmen des Bundesamtes für Gesundheit zur Prävention des Schweren
Akuten Respiratorischen Syndroms (SARS) (SARS-Verordnung; AS 2003
S. 785). Diese hatte folgenden Wortlaut:

      Art. 1  Zweck Diese Verordnung soll Sofortmassnahmen zur Verminderung

      des Übertragungsrisikos von SARS ermöglichen.  Art. 2  Massnahmen Das

      Bundesamt für Gesundheit wird ermächtigt, die zur Verminderung des

      Übertragungsrisikos von SARS notwendigen Sofortmassnahmen zu treffen

      und die entsprechenden Verfügungen zu erlassen. Insbesondere kann es

      verfügen, dass Personen, die nach dem 1. März 2003 aus gefährdeten

      Gebieten eingereist sind, keine beruflichen Tätigkeiten ausüben

      dürfen, die sie in Kontakt mit einer grösseren Anzahl Personen

      bringen.  Art. 3  Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. April

      2003 in Kraft und gilt bis zum 30.  Juni 2003.

    Noch am 1. April 2003 erliess das Bundesamt folgende, an die  Messe
Basel adressierte Verfügung:

      1. Die Messe Schweiz muss sicherstellen, dass die Aussteller

      der Messe

         für Uhren und Schmuck in Basel und Zürich (BASELWORLD) keine

         Personen an der Messe beschäftigen, die sich nach dem 1. März

         2003 in den Ländern China, Hongkong, Singapur oder Vietnam

         aufgehalten haben und von dort direkt oder indirekt in die

         Schweiz eingereist sind.

      2. Die Messe Schweiz muss die Empfehlungen des Bundesamtes für

         Gesundheit vom 1. April 2003 zur Verhinderung von

         SARS-Verdachtsfällen an der BASELWORLD befolgen.

      3. Die Messe Schweiz wird darauf hingewiesen, dass je nach weiterer

         Entwicklung von SARS weitergehende Massnahmen notwendig werden.

      4. Die Kantone Basel-Stadt und Zürich werden mit der Überwachung der

         Massnahme gemäss Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung beauftragt.

      5. Eine Zuwiderhandlung gegen diese Verfügung wird gemäss Artikel 35

         Absatz 2 des Epidemiengesetzes (SR 818.101) mit Haft oder Busse

         bestraft.

      6. Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung

      entzogen.

    Gegen diese Verfügung gelangten die Messe Schweiz und die Messe
Basel am 14. Mai 2003 an das Eidgenössische Departement des Innern,
welches ihre Beschwerde mit Entscheid vom 22. Dezember 2004 abwies.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 31. Januar 2005 beantragen
die Messe Schweiz und die Messe Basel dem Bundesgericht, den
Beschwerdeentscheid des Eidgenössischen Departements des Innern vom
22. Dezember 2004 aufzuheben.

    Das Eidgenössische Departement des Innern beantragt, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werde.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.1  Die Verfügung des Bundesamtes für Gesundheit erging in Anwendung
von Art. 2 der vom Bundesrat gestützt auf Art. 10 des Bundesgesetzes
vom 18. Dezember 1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des
Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) erlassenen Verordnung vom
1. April 2003 betreffend Massnahmen des Bundesamtes für Gesundheit zur
Prävention des Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms (SARS) und damit
in Anwendung von öffentlichem Recht des Bundes. Der angefochtene Entscheid
des Departements unterliegt daher der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das Bundesgericht (Art. 98 lit. b OG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1
EpG); ein Ausschlussgrund im Sinne der Art. 99 ff. OG liegt nicht
vor. Die Beschwerdeführerinnen sind als Verfügungsadressatinnen und
Veranstalterinnen der Messe aufgrund von Art. 103 lit. a OG grundsätzlich
zur Beschwerde legitimiert.

    1.2  Die in Frage stehende Messe hat inzwischen stattgefunden,
und die Verfügung des Bundesamtes für Gesundheit, die sich einzig
auf diese Veranstaltung bezog, entfaltete schon im Zeitpunkt des
Beschwerdeentscheides des Departements keine Rechtswirkungen mehr. Zudem
ist die dieser Verfügung zugrunde liegende SARS-Verordnung vom 1. April
2003, deren Geltung zum vornherein auf die Zeit vom 1. April 2003
bis zum 30. Juni 2003 beschränkt war, heute nicht mehr in Kraft. Die
Beschwerdeführerinnen haben damit an der Überprüfung der Rechtmässigkeit
der streitigen Anordnung kein aktuelles Rechtsschutzinteresse mehr.

    Das Bundesgericht sieht indessen vom Erfordernis des aktuellen
Interesses dann ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen
grundsätzlichen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen
wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine
höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 128 II 34 E. 1b
S. 36 mit Hinweisen). Damit ist zugleich gesagt, dass die nachträgliche
Überprüfung einer gegenstandslos gewordenen Anordnung sich auf die
in Zukunft mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erneut stellenden
Streitfragen zu beschränken hat; die Rechtsmittelinstanz beurteilt,
unter Ausserachtlassen der zufälligen Modalitäten des obsolet gewordenen
Falles, die streitigen Grundsatzfragen, wobei sich der Klärungsbedarf
aber aufgrund der individuellen, potentiell wiederholbaren Situation des
Beschwerdeführers bestimmt (BGE 127 I 164 E. 1a und E. 6a S. 183; Urteile
2.P.34/ 1993 vom 28. Januar 1994, E. 5f., publ. in: ZBl 95/1994 S. 300,
und 2A.258/2000 vom 27. Oktober 2000, E. 2b und c).

Erwägung 2

    2.

    2.1  Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, sie führten in der
Schweiz Messen, Kongresse und weitere Veranstaltungen durch, an denen
jeweils internationale "Aussteller" teilnähmen. Sie könnten damit in
Bezug auf solche Veranstaltungen mit internationaler Beteiligung auch in
Zukunft durch ähnliche Massnahmen des Bundesamtes für Gesundheit betroffen
werden. Gemäss einer Medienmitteilung des Bundesamtes für Gesundheit vom
15. Januar 2004 stelle SARS immer noch eine ernstzunehmende Bedrohung
dar, die zur Revision der einschlägigen Vorschriften geführt habe, um
eingreifen zu können, sobald die Entwicklung von SARS entsprechende
Massnahmen erfordere. Einem aktuellen Bericht des Bundesamtes für
Gesundheit vom 26. Januar 2005 betreffend Vogelgrippe sei zu entnehmen,
dass dieser Virus sich an den menschlichen Organismus adaptieren und
alsdann eine weltweite Pandemie auslösen könnte. Da Beschwerden gegen
diesbezügliche Anordnungen vom Bundesgericht nie rechtzeitig behandelt
werden könnten, sei vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen und
die Rechtmässigkeit der vorliegend ergangenen Verfügung des Bundesamtes
für Gesundheit zu überprüfen.

    2.2  Dem ist vorab entgegenzuhalten, dass seuchenpolizeiliche
Anordnungen, welche die Durchführung einer Messe behindern oder
verunmöglichen können, nicht notwendigerweise in jedem Fall derart
kurzfristig vor der betreffenden Veranstaltung ergehen, dass eine
rechtzeitige Beurteilung durch das Bundesgericht zum vornherein immer
ausgeschlossen ist. Es trifft jedoch zu, dass akute Interessenkollisionen
und entsprechende Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung besonders dann
zu erwarten sind, wenn kurz vor der Durchführung einer weitgehend bereits
vorbereiteten Messeveranstaltung gesundheitspolizeiliche Anordnungen
erforderlich werden, um der drohenden Ausweitung einer ansteckenden
Krankheit zu begegnen. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass
Sofort-Massnahmen der hier in Frage stehenden Art in der Regel nicht
rechtzeitig höchstrichterlich überprüft werden können.

    2.3  Was den Inhalt der - mit den Interessen der Messeveranstalter
potentiell kollidierenden - gesundheitspolizeilichen Massnahmen anbelangt,
so besteht jedoch wenig Wahrscheinlichkeit, dass sich die der Verfügung
des Bundesamtes für Gesundheit vom 1. April 2003 zugrunde liegende Sach-
und Problemlage in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholen wird. Im
Zeitpunkt der genannten Verfügung bestand über die neu aufgetretene
Infektionskrankheit SARS eine hohe Unsicherheit, und der Wissensstand
insbesondere zu den Übertragungswegen und den zu ergreifenden Massnahmen
befand sich gerade in den fraglichen Tagen in einer "dramatischen
Entwicklungsphase". Die SARS-Verordnung vom 1. April 2003, welche die
mit den fraglichen Messeveranstaltungen verbundenen Risiken erfassen
wollte und als primäre Massnahme ein Beschäftigungsverbot für Personen
aus gefährdeten Gebieten vorsah, war dementsprechend auf drei Monate
befristet. Zur Verhinderung der Einschleppung von SARS und anderen neu
auftretenden Infektionskrankheiten hat das Eidgenössische Departement des
Innern am 15. Dezember 2003 eine Verordnung (SR 818.125.12) erlassen,
welche die Flughafenbetreiber zu bestimmten Massnahmen verpflichtet. Falls
künftig zusätzliche gezielte gesundheitspolizeiliche Abwehrmassnahmen
gegen SARS im Zusammenhang mit der Durchführung internationaler Messen
erneut erforderlich werden sollten, wird hierüber nach dem dannzumaligen
Kenntnisstand zu befinden sein, und es versteht sich von selbst,
dass dabei auch die im vorliegenden Fall gemachten Erfahrungen mit den
organisatorischen Problemen der Messedurchführung sowie mit dem Verhalten
der Messeteilnehmer zu berücksichtigen sein werden. Eine nachträgliche
fachliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob und wieweit das mit
der Verfügung vom 1. April 2003 für einen bestimmten Personenkreis
ausgesprochene Beschäftigungsverbot nach dem damaligen Wissensstand
zweckmässig und verhältnismässig war oder ob andere Massnahmen - etwa
"Screening" (Ausfüllen eines Fragebogens über Krankheitssymptome) oder
die Pflicht zur Verwendung von Masken - ausgereicht hätten und ob die
Inkubationszeit aufgrund der damals vorliegenden Informationen richtig
eingeschätzt wurde, mag aus der Sicht der betroffenen Messeveranstalter
einem verständlichen Bedürfnis entsprechen. Eine diesbezügliche
retrospektive Beurteilung vermöchte aber zur rechtlichen Bewältigung
künftiger Krisensituationen, wie sie sich im Zusammenhang mit übertragbaren
Krankheiten in mannigfacher und naturgemäss schwer voraussehbarer Art
ergeben können, wenig beizutragen. Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen
auf die zur Zeit drohende Ausbreitung der Vogelgrippe, bei der es
sich um eine von SARS verschiedene Infektionskrankheit mit anderen
Übertragungseigenschaften handelt, vermag die vorstehende Überlegung nicht
zu entkräften. Es ist in diesem Punkt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nicht einzutreten.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Grundsätzlicher Natur - und damit einer nachträglichen Beurteilung
trotz Gegenstandslosigkeit des konkreten Streitfalles zugänglich - ist
dagegen die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage der Zuständigkeit
des Bundesrates zu Massnahmen gemäss Art. 10 des Epidemiengesetzes. Gemäss
Art. 11 EpG obliegt es den Kantonen, die zur Bekämpfung übertragbarer
Krankheiten erforderlichen Massnahmen zu treffen. Nach Art. 10 Abs. 1 des
Gesetzes kann jedoch, "wenn ausserordentliche Umstände es erfordern",
der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die
notwendigen Massnahmen treffen. In der Botschaft wird bezüglich
der Abgrenzung der Kompetenzen ausgeführt, dass "für die üblichen
Aufgaben der Vorbeugung unter normalen Verhältnissen und bei geringen
Erkrankungszahlen" die kantonalen Anordnungen genügen sollten (BBl 1970
I/1 411). Nach Wortlaut und Sinn von Art. 10 des Epidemiengesetzes steht
dem Bundesrat bei der Handhabung dieser Kompetenznorm, welche letztlich
die polizeiliche Generalklausel konkretisiert, ein erheblicher Spielraum
zu (vgl. auch AB 1970 N 566). Im vorliegenden Falle durfte der Bundesrat,
nachdem die fraglichen Messen in zwei verschiedenen Kantonen durchgeführt
wurden, seitens der Kantonsregierungen über die zu treffenden Massnahmen
offenbar keine Einigkeit bestand und ein Einschleppen von SARS die gesamte
schweizerische Bevölkerung bedroht hätte, zulässigerweise das Vorliegen
ausserordentlicher Umstände im Sinne von Art. 10 EpG bejahen und alsdann
anstelle der Kantone selber die geboten erscheinenden Abwehrmassnahmen
beschliessen. Was die Beschwerdeführerinnen hiegegen vorbringen, ist
nicht stichhaltig. Wohl trifft zu, dass das Epidemiengesetz zulässt,
dass die Kantone zur Abwehr von übertragbaren Krankheiten allenfalls
unterschiedliche Massnahmen treffen können; das ergibt sich aus der
den Kantonen übertragenen Vollzugskompetenz und den damit verbundenen
Spielräumen. Vorliegend bestand nach dem Gesagten aber eine besondere
Problemlage, welche den üblichen Rahmen der den Kantonen zustehenden
Vollzugsaufgaben klar sprengte und richtigerweise auf Bundesebene zu
regeln war.

    3.2  Die Beschwerdeführerinnen beanstanden im Weiteren, dass die
SARS-Verordnung die Befugnis zum Erlass von Sofortmassnahmen zur Bekämpfung
von SARS global an das Bundesamt für Gesundheit übertragen habe, was nach
ihrer Meinung auch die Kompetenz des Amtes zum Erlass von einschneidenden
Massnahmen wie körperliche Eingriffe, Anstaltseinweisung, Quarantäne,
Beschränkung der Personenfreizügigkeit in sich schloss.

    Das Gewicht der erfolgten Delegation lag klarerweise auf der in Art. 2
Satz 2 der SARS-Verordnung vorgesehenen, recht bestimmt umschriebenen
Massnahme (Verbot der beruflichen Tätigkeit für Personen aus gefährdeten
Gebieten), welche in der streitigen Verfügung des Bundesamtes für
Gesundheit vom 1. April 2003 für die hier in Frage stehende Messe
angeordnet wurde. Dass der Bundesrat gestützt auf Art. 10 EpG dem
Bundesamt für Gesundheit diese Befugnis übertragen durfte, steht
ausser Frage. Was die in Art. 2 Satz 1 der SARS-Verordnung enthaltene
Delegation anbelangt, so lässt sie sich ohne Zwang dahin interpretieren,
dass das Bundesamt (anstelle oder neben den an sich zuständigen Kantonen)
nötigenfalls die im Epidemiengesetz vorgesehenen Abwehrmassnahmen treffen
durfte, wobei es sich nur um "Verfügungen" und nicht um generell-abstrakte
Regelungen handeln konnte; weitergehende Sondermassnahmen hätten nach
der Konzeption der SARS-Verordnung wohl vom Bundesrat ausgehen müssen.

    3.3  An welche inhaltlichen Schranken der Bundesrat beim Erlass von
Massnahmen nach Art. 10 EpG gebunden ist und wieweit er entsprechende
Kompetenzen an nachgeordnete Stellen übertragen darf (vgl. dazu Art. 47
und 48 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März
1997 [RVOG; SR 172.010]), kann nicht abstrakt, d.h. losgelöst von einer
bestimmten Bedrohungssituation, festgelegt werden. Jedenfalls hielt der
Bundesrat sich mit der in Art. 2 Satz 2 der SARS-Verordnung vorgesehenen
Massnahme (Beschäftigungsverbot für Personen aus gefährdeten Gebieten)
im Rahmen der Kompetenzen, die ihm aufgrund von Art. 10 EpG zustanden,
und es war grundsätzlich auch zulässig, dass er gestützt auf die genannte
Gesetzesbestimmung den Vollzug dieser Regelung sowie die Zuständigkeit
für weitere mögliche "Sofortmassnahmen" an das Bundesamt für Gesundheit
übertrug (Art. 2 Satz 1). Wie bestimmt solche Delegationen und
Ermächtigungen an nachgeordnete Bundesstellen sein müssen, braucht
hier nicht allgemein untersucht zu werden. Die angefochtene Verfügung
des Bundesamtes für Gesundheit vom 1. April 2003 enthielt neben
dem Beschäftigungsverbot für bestimmte ausländische Personen keine
zusätzlichen, die Messeveranstalter belastenden Anordnungen, für welche
die SARS-Verordnung als Grundlage allenfalls nicht ausgereicht hätte;
die Bedeutung der Verfügung erschöpfte sich im Wesentlichen im erwähnten
Verbot, wofür die SARS-Verordnung (in Verbindung mit Art. 10 EpG)
klarerweise eine ausreichende Rechtsgrundlage darstellte.

Erwägung 4

    4.

    4.1  Zu prüfen bleibt schliesslich die Frage der Gewährung des
rechtlichen Gehörs, soweit sie grundsätzliche Aspekte betrifft.

    4.2  Es versteht sich von selbst, dass der von einer
individuell-konkreten Anordnung betroffene Messeveranstalter in
ausreichender und geeigneter Weise angehört werden muss. Falls die
vorgängige Gewährung einer schriftlichen Äusserungsmöglichkeit wegen
zeitlicher Dringlichkeit ausser Betracht fällt (vgl. Art. 30 Abs. 2 lit. e
VwVG), soll die zuständige Behörde, soweit die Sachlage dies erlaubt,
bei einschneidenden Eingriffen die Betroffenen vor Erlass der Verfügung
wenigstens mündlich zu den ins Auge gefassten gesundheitspolizeilichen
Massnahmen anhören, um ihren Entscheid auf möglichst zuverlässiger
Grundlage fällen zu können. Das vom Bundesamt für Gesundheit vorliegend
eingeschlagene Vorgehen lässt sich insoweit nicht beanstanden. Es
konnte jedoch seinen Zweck nur richtig erfüllen, wenn die betroffenen
Messeveranstalter in der Einladung zur mündlichen Verhandlung über die
mögliche Tragweite der anzuordnenden Massnahmen ausreichend informiert
wurden. Aus der Sitzungseinladung des Bundesamtes für Gesundheit vom
31. März 2003 war nicht ersichtlich, welche gesundheitspolizeilichen
Massnahmen in Betracht gezogen wurden. Mit einem Beschäftigungsverbot für
einen weiten Kreis ausländischer Personen hatten die Messeveranstalter
offenbar nicht gerechnet. Auch der stellvertretende Leiter der Abteilung
Epidemiologie und Infektionskrankheiten des Bundesamtes für Gesundheit
hatte in einem Radiointerview am 31. März 2003 (von 13.00 bis 13.30 Uhr,
d.h. kurz vor der Sitzung, die gleichentags auf 16.00 Uhr angesetzt worden
war) - angesprochen auf die in Basel und Zürich stattfindende Uhren-
und Schmuckmesse mit vielen Ausstellern und Besuchern aus Asien - noch
erklärt, es seien diesbezüglich keine Sofortmassnahmen erforderlich; diese
Leute seien aber zu informieren. Andererseits musste den Veranstaltern
der Messe klar sein, dass die Situation seitens der Behörden als ernst
betrachtet wurde, was die Möglichkeit einschneidender Massnahmen für
den Messebetrieb zum vornherein in sich schloss. Es hätte unter diesen
Umständen den Messeveranstaltern obgelegen, sich an der fraglichen Sitzung
nicht durch eine "für das Bundesamt für Gesundheit erkennbar überforderte"
"subalterne Vertreterin", welche sich telefonisch mehrmals mit der
Geschäftsleitung in Verbindung zu setzen suchte, sondern durch eine
über das nötige Wissen und Verhandlungserfahrung verfügende und mit den
erforderlichen Kompetenzen ausgestattete Delegation vertreten zu lassen.

    4.3  Das Erstellen eines schriftlichen Protokolls über derartige
Verhandlungen ist an sich nicht vorgeschrieben. Aufgrund der möglichen
Tragweite der ins Auge gefassten Massnahmen, deren Verhältnismässigkeit
weitgehend auch von den seitens der Verhandlungsteilnehmer mündlich
abgegebenen Erklärungen abhängen konnte, hätte jedoch vorliegend zur
Wahrung der Parteirechte der Gang der Sitzung in geeigneter Form durch
einen Vertreter der federführenden Behörde (Bundesamt für Gesundheit)
protokolliert werden müssen. Ohne ein derartiges Verhandlungsprotokoll
sind die betroffenen Parteien nicht ausreichend in der Lage, die der
sie belastenden Massnahme zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen und
Überlegungen nachzuvollziehen. Zudem vermag auch die Behörde, soweit sie
sich auf Aussagen der Beteiligten stützen muss, ihre Begründungspflicht
mangels schriftlicher Belege nicht richtig zu erfüllen. In diesem Teilpunkt
ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen.