Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 II 44



131 II 44

3. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. A.
AG gegen Swissmedic sowie Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.408/2004 vom 25. Oktober 2004

Regeste

    Art. 18, 19, 28, 58 Abs. 1, Art. 64, 65 und 66 HMG, Art. 7-10, Art. 27
Abs. 2, Art. 28 Abs. 1 und Art. 42 AMBV; Art. 1, 3 und 4 des Abkommens
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen
Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen,
Richtlinie 2001/83/EG; Lieferung von Arzneimitteln an Kunden in der
Schweiz aus einem Lager in Deutschland.

    Unter welchen Voraussetzungen ist die direkte Belieferung von Kunden
in der Schweiz mit Arzneimitteln aus einem Lager in Deutschland zulässig
(E. 2-4)?

Sachverhalt

    Die ehemalige B. AG mit Sitz in C. besass eine vom Kanton
Thurgau am 22. Juni 1999 ausgestellte, bis zum 21. Juni 2004
gültige Grosshandelsbewilligung für den Verkauf von Heilmitteln in der
Schweiz. Am 1. Januar 2002 trat das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000
über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21)
in Kraft, wodurch die Aufsicht über die Heilmittel dem Schweizerischen
Heilmittelinstitut (Swissmedic; im Folgenden: Institut) übertragen
wurde. Am 28. März/4. April 2002 informierte die B. AG das Institut über
die geplante Änderung des Firmennamens in A. AG und teilte zugleich mit,
dass sie in der Schweiz kein eigenes Lager besitze, sondern wie bisher
verwendungsfertige Arzneimittel aus einem Lager in Singen (D) in die
Schweiz einführe.

    Das Institut bewilligte am 17. Juni 2002 den Namenswechsel für die
restliche Gültigkeitsdauer der bisherigen Bewilligung und traf ergänzend,
nach einem mehrfachen Briefwechsel mit der A. AG, am 22. August 2003 die
folgende Verfügung:

    "1. Nach Ablauf der Betriebsbewilligung des Kantons Thurgau vom
22. Juni

         1999 (inklusive der am 17. Juni 2002 von Swissmedic verfügten

         Namensänderung) kann die Belieferung der Kunden aus einem

         deutschen Lager durch die A. AG ausschliesslich auf Grund einer

         Marktfreigabe nach erfolgter Einfuhr in die Schweiz vorgenommen

         werden. Eine direkte Belieferung von Kunden aus einem deutschen

         Lager ist nicht mehr erlaubt. ..."

    Die A. AG erhob am 24. September 2003 Beschwerde an die Eidgenössische
Rekurskommission für Heilmittel (im Folgenden: Rekurskommission). Diese
holte einen Amtsbericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco)
ein und wies die Beschwerde mit Urteil vom 11. Juni 2004 ab.

    Die A. AG erhob am 14. Juli 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil der Rekurskommission sowie
die Verfügung des Heilmittelinstituts aufzuheben und festzustellen, der
blosse Umstand, dass die Kunden direkt aus dem deutschen Lager in Singen
beliefert würden, stelle keinen genügenden Grund für eine Verweigerung
der Betriebsbewilligung dar. Eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Institut schliesst mit Vernehmlassung vom 25. August 2004
auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die
Rekurskommission beantragt die Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Die Beschwerdeführerin ist eine juristische Person mit Sitz
in der Schweiz. Sie will Arzneimittel an Kunden (unter anderem) in der
Schweiz liefern, wobei die Lieferung direkt von ihrem Lager in Singen
(D) aus erfolgen soll. Es ist unbestritten, dass sie für die Einfuhr von
bzw. den Grosshandel mit Arzneimitteln gemäss Art. 18 ff. bzw. Art. 28 HMG
und Art. 7 ff. der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligung im
Arzneimittelbereich (Arzneimittel-Bewilligungsordnung, AMBV; SR 812.212.1)
eine Bewilligung des Instituts benötigt. Die Vorinstanzen sind der Ansicht,
eine direkte Belieferung aus einem Lager im Ausland sei nicht zulässig;
die Arzneimittel müssten zunächst in ein in der Schweiz gelegenes Lager
eingeführt und von hier aus ausgeliefert werden.

    Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Meinung, die Bewilligung
könne auch erteilt werden, wenn die Arzneimittel direkt von einem Lager
in Deutschland aus an Kunden in der Schweiz versandt werden. Weder
im Gesetz noch in der Verordnung sei ein Lager in der Schweiz als
Bewilligungsvoraussetzung vorgeschrieben. Es sei daher rechtswidrig,
wenn die Behörden dies verlangten.

    2.2  Das Heilmittelgesetz unterscheidet zwischen der Bewilligung für
die Einfuhr (Art. 18 Abs. 1 lit. a HMG) und derjenigen für den Grosshandel
(Art. 28 HMG). Gemäss Art. 27 Abs. 2 AMBV wird jedoch eine einzige
Bewilligung ausgestellt, die alle beantragten Tätigkeiten umfasst.

    Bewilligungsvoraussetzungen sind für beide Tätigkeiten, dass die
erforderlichen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind
und ein geeignetes Qualitätssicherungssystem vorhanden ist (Art. 19
Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 HMG). Die zuständige Behörde prüft in einer
Inspektion, ob die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 19
Abs. 3 und Art. 28 Abs. 4 HMG). Die Bewilligungsvoraussetzungen werden
in Art. 7 AMBV näher umschrieben. Unter anderem muss dem Betrieb eine
fachtechnisch verantwortliche Person zur Verfügung stehen (Art. 7 Abs. 1
lit. d AMBV) und die betriebliche Organisation muss zweckmässig sein
(Art. 7 Abs. 1 lit. e AMBV). Sodann müssen die Sorgfaltspflichten nach
Art. 9 AMBV eingehalten werden (Art. 7 Abs. 1 lit. h AMBV). Nach Art. 9
Abs. 2 AMBV müssen die Arzneimittel in Übereinstimmung mit den Regeln
der Guten Vertriebspraxis (Good Distribution Practice, GDP) nach Anhang 2
vermittelt werden. Anhang 2 AMBV (in der Fassung vom 18. August 2004, in
Kraft ab 1. September 2004; AS 2004 S. 4037) verweist auf internationale
Regeln, namentlich auf die Artikel 76-84 der Richtlinie 2001/83/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung
eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Diese hat die zuvor
geltende Richtlinie 92/25/EWG des Rates vom 31. März 1992 über den
Grosshandelsvertrieb von Humanarzneimitteln (vgl. Anhang 2 AMBV in der
ursprünglichen Fassung; AS 2001 S. 3418) aufgehoben und ersetzt.

    Die fachtechnisch verantwortliche Person muss dafür sorgen, dass
die Arzneimittel nach den Regeln der Guten Vertriebspraxis vermittelt
werden (Art. 10 Abs. 1 AMBV). Die Bewilligung nennt insbesondere die
fachtechnisch verantwortliche Person, die bewilligten Tätigkeiten und
die Betriebsstandorte (Art. 28 Abs. 1 AMBV).

    Das Institut überprüft mit periodischen Inspektionen, ob die
Voraussetzungen für die Bewilligung noch erfüllt sind (Art. 58 Abs. 1 HMG).
Ist dies nicht mehr der Fall, können Bewilligungen widerrufen werden (Art.
66 Abs. 2 lit. b HMG).

    2.3

    2.3.1  Es trifft zu, dass weder in Gesetz noch Verordnung
ausdrücklich ein Lager in der Schweiz als Voraussetzung für eine
Einfuhr- oder Grosshandelsbewilligung verlangt wird. Die Vorinstanz
hat dieses Erfordernis jedoch damit begründet, die in Art. 10 Abs. 1
AMBV vorgeschriebene fachtechnisch verantwortliche Person müsse die
unmittelbare Aufsicht über den Betrieb ausüben. Diese Unmittelbarkeit
sei nicht gegeben, wenn sich die Infrastruktur für Lagerung und Versand
nicht am Arbeitsplatz der fachtechnisch verantwortlichen Person befinde,
ja sogar durch eine Ländergrenze getrennt werde. Dadurch werde zudem
die behördliche Kontrolle der Lagerhaltung und des Vertriebs wesentlich
erschwert; namentlich müssten schnelle und allenfalls auch unangemeldete
Inspektionen jederzeit möglich sein.

    2.3.2  Entgegen der Annahme der Vorinstanz ist nicht zwingend verlangt,
dass sich das Lager am selben Ort befindet wie der Arbeitsplatz der
fachtechnisch verantwortlichen Person. Die Beschwerdeführerin bringt
glaubhaft vor, dass auch bei anderen Betrieben das Lager vom Standort
der fachtechnisch verantwortlichen Person entfernt ist. Das Institut
bestreitet dies nicht, weshalb sich auch eine Abnahme der dazu beantragten
Beweise erübrigt.

    2.3.3  Zutreffend ist aber das Argument, das Lager müsse von den
schweizerischen Behörden kontrolliert werden können: Nach Art. 58 Abs. 1
HMG muss für die Behörden überprüfbar sein, ob die in Art. 7 Abs. 1
lit. h in Verbindung mit Art. 9 AMBV vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten
eingehalten werden; namentlich muss die Einhaltung der GDP-Regeln gemäss
Anhang 2 AMBV kontrollierbar sein. Dies entspricht auch der Richtlinie
2001/83/EG, auf welche Anhang 2 AMBV verweist: Nach Art. 77 Abs. 5 dieser
Richtlinie unterliegt die Kontrolle der zur Ausübung der Tätigkeit eines
Arzneimittelgrosshändlers befugten Personen und die Kontrolle ihrer
Räumlichkeiten der Verantwortung des Mitgliedstaats, der die Genehmigung
erteilt hat. Gemäss Art. 80 lit. a der Richtlinie muss der Inhaber der
Grosshandelsgenehmigung dafür sorgen, dass seine Räumlichkeiten, Anlagen
und Einrichtungen den mit der Kontrolle beauftragten Bediensteten jederzeit
zugänglich sind.

    Es mag zwar zutreffen, dass im vorliegenden Fall die fachtechnisch
verantwortliche Person ihre Tätigkeit auch von ihrem Arbeitsplatz in der
Schweiz (C.) aus wahrnehmen und infolge der kurzen Distanz zum Lager
in Singen, wenn immer nötig, dort vor Ort die notwendigen Kontrollen
durchführen kann. Wesentlich ist aber, dass die bewilligte Tätigkeit auch
für die Behörden jederzeit überprüfbar sein muss. Diese müssen nicht
nur die Tätigkeit der fachtechnisch verantwortlichen Person, sondern
auch die Einhaltung der GDP-Regeln vor Ort, das heisst in den Lager-
und Vertriebsräumen kontrollieren können.

    2.3.4  Nach dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Konzept für
die Einführung der auf die Informationstechnologie gestützten Freigabe
der für die Schweiz bestimmten Chargen im Lager Singen werden die für
die Schweiz vorgesehenen Lieferungen von der verantwortlichen Person
in der Schweiz freigegeben und gestützt darauf im Lager in Singen
physisch ausgeliefert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch vor Ort,
anlässlich der physischen Auslieferung, Fehler vorkommen können. Die
Beschwerdeführerin gibt selber eine Fehlerquote von ca. 0.2 % bei
Kommissionierung und Spedition an. Dies mag zwar relativ tief sein, zeigt
aber doch, dass selbst bei einer (gemäss Aussagen der Beschwerdeführerin)
guten Organisation Fehler vorkommen können; umso mehr sind Fehler denkbar
bei einer schlechteren Organisation, wie sie durch eine behördliche
Aufsicht gerade vermieden werden können muss.

    2.3.5  Daraus ergibt sich, dass nicht nur die Tätigkeit der
fachtechnisch verantwortlichen Person, sondern auch die Lager- und
Vertriebsräumlichkeiten selber der behördlichen Überprüfung unterliegen
müssen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Bewilligung
zu verweigern, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Behörden jederzeit
die Lager- und Vertriebsräumlichkeiten inspizieren können. Soweit die
Kontrollzuständigkeit der schweizerischen Behörden auf das schweizerische
Hoheitsgebiet beschränkt ist, müssen daher die zu kontrollierenden
Räumlichkeiten grundsätzlich in der Schweiz liegen.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind indessen die
erforderlichen Kontrollen im Lager durch die deutschen Behörden möglich
und die entsprechenden Kontrollen aufgrund des Abkommens vom 21. Juni
1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen
Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen
(im Folgenden: Mutual Recognition Agreement, MRA; SR 0.946.526.81) in
der Schweiz anzuerkennen. Die Vorinstanz ist demgegenüber der Ansicht,
dieses Abkommen regle die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen im
Bereich der Good Distribution Practice nicht.

    3.2  Nach Art. 1 Abs. 1 MRA anerkennen die Gemeinschaft und die Schweiz
gegenseitig die von den Stellen gemäss Anhang 1 ausgestellten Berichte,
Bescheinigungen, Zulassungen und Konformitätskennzeichen sowie die
Konformitätserklärungen des Herstellers, mit denen die Übereinstimmung mit
den Anforderungen der anderen Vertragspartei in den in Art. 3 MRA genannten
Bereichen bescheinigt wird. Wenn die schweizerischen Anforderungen mit
denjenigen der Gemeinschaft als gleichwertig beurteilt werden, anerkennen
nach Art. 1 Abs. 2 MRA die Gemeinschaft und die Schweiz gegenseitig die
von den Stellen nach Anhang 1 ausgestellten Berichte, Bescheinigungen und
Zulassungen sowie die Konformitätserklärungen des Herstellers, mit denen
die Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Anforderungen in den in Art. 3
MRA genannten Bereichen bescheinigt wird. Nach Art. 4 Abs. 1 MRA gilt
das Abkommen, vorbehältlich besonderer Bestimmungen des Anhangs 1, für die
Ursprungswaren der Vertragsparteien. Das ganze Abkommen ist grundsätzlich
auf die Anerkennung von Produkten ausgerichtet (HEINZ HERTIG, Grundzüge des
Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen,
in: Felder/Kaddous [Hrsg.], Bilaterale Abkommen Schweiz - EU, Basel/Brüssel
2001, S. 555 ff., 556 ff.), nicht jedoch auf Anlagen und Verfahren.

    3.3  Gemäss Art. 3 Abs. 2 MRA legt Anhang 1 fest, welche
Produktesektoren unter dieses Abkommen fallen. Anhang 1 Kapitel 15 regelt
die Inspektion der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice,
GMP) für Arzneimittel und Zertifizierung von Chargen.

    Unter "Anwendungs- und Geltungsbereich" ist in diesem Kapitel
zunächst festgelegt, dass das Kapitel für alle Arzneimittel gilt, die
in der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft industriell hergestellt
werden und für welche die Anforderungen der Good Manufacturing Practice
gelten. Für die unter dieses Kapitel fallenden Arzneimittel anerkennt jede
Vertragspartei die Ergebnisse der von den zuständigen Inspektoraten der
anderen Vertragspartei durchgeführten Inspektionen der Hersteller und
die von den zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei erteilten
Herstellungsgenehmigungen. Anerkannt werden auch die vom Hersteller
vorgenommene Zertifizierung der Charge mit ihren Spezifikationen bei der
Einfuhr sowie die amtlichen Freigaben der Chargen durch die Behörden der
ausführenden Vertragspartei.

    Good Manufacturing Practice wird umschrieben als jener Teil der
Qualitätssicherung, durch den sichergestellt wird, dass die Produkte nach
den Qualitätsnormen für ihre beabsichtigte Verwendung und im Einklang mit
der Genehmigung für das Inverkehrbringen und den Produktspezifikationen
hergestellt und kontrolliert werden.

    3.4  Diese Grundausrichtung des Abkommens über die gegenseitige
Anerkennung von Konformitätsbewertungen sowie die zitierten Bestimmungen
von Anhang 1 Kapitel 15 deuten darauf hin, dass sich das ganze Kapitel
15 nur auf die Kontrollen im Zusammenhang mit der Herstellung von
Arzneimitteln bezieht, nicht aber auf die Inspektionen im Zusammenhang
mit dem Vertrieb und dem Grosshandel.

    Diese Auslegung wird bestätigt durch den von der Vorinstanz eingeholten
Amtsbericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco), wonach sich
Kapitel 15 von Anhang 1 MRA grundsätzlich nur auf die GMP-Systeme beziehe.
Weil für die Rückverfolgung und den allfälligen Rückruf von Arzneimitteln
deren Vertreiber eine wesentliche Rolle spielten, würden die Anforderungen
an Rückverfolgbarkeits- und Rückrufverfahren in einzelnen Bestimmungen zur
Good Distribution Practice festgelegt; diese Anforderungen und demzufolge
auch die entsprechenden Teile der GDP-Bestimmungen seien von Kapitel 15
erfasst (vgl. dazu auch HERTIG, aaO, S. 570 f.). Hingegen würden diejenigen
GDP-Bestimmungen, welche die Anforderungen an die Lagerungsbedingungen
sowie an den Umschlag der gelagerten Arzneimittel definieren, nicht in
den Geltungsbereich von Kapitel 15 fallen. Dementsprechend sei auch die
Anerkennung von Inspektionen im Bereich der Good Distribution Practice und
Grosshandelsbewilligungen vom Abkommen über die gegenseitige Anerkennung
von Konformitätsbewertungen nicht erfasst.

    3.5  Die Beschwerdeführerin macht allerdings geltend, in der in Kapitel
15 Abschnitt I enthaltenen Liste der Rechts- und Verwaltungsvorschriften
seien ausdrücklich auch die Richtlinie 92/25/EWG des Rates vom 31. März
1992 über den Grosshandelsvertrieb von Humanarzneimitteln und die
Leitlinien für die Gute Vertriebspraxis genannt, auf welche ebenfalls
in Anhang 2 AMBV verwiesen werde. Abgesehen davon, dass die Richtlinie
92/25/EWG inzwischen aufgehoben und durch die Richtlinie 2001/83/EG ersetzt
wurde und Abschnitt 1 von Kapitel 15 von Anhang 1 MRA sowie Anhang 2 AMBV
entsprechende Anpassungen erfuhren (vorne E. 2.2), schliesst dies aber
nicht aus, dass - wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) ausführt
- eben nur diejenigen Teile der GDP-Vorschriften anwendbar erklärt werden,
welche sich auf Rückverfolgung und Rückruf beziehen. Darauf weist denn
auch der Ingress von Abschnitt I Kapitel 15 Anhang 1 MRA hin, wonach
"die einschlägigen Teile der im Folgenden ausgeführten Rechts- und
Verwaltungsvorschriften" Anwendung finden, also nicht die Vorschriften
schlechthin.

    3.6  Die Beschwerdeführerin legt sodann eine Ansichtsäusserung
der Leitstelle Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg in Tübingen
vor, wonach im Gesamtbegriff "Good Manufacturing Practice" im Abkommen
über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen auch die
GDP-Regeln enthalten seien. Indessen ist nach Abschnitt II von Kapitel
15 von Anhang 1 MRA in Deutschland einzig das Bundesministerium für
Gesundheit und nicht eine Landesbehörde für die Konformitätsbewertung
zuständig. Die baden-württembergische Behörde ist daher kaum berufen zur
verbindlichen Auslegung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung
von Konformitätsbewertungen.

    Zudem weist die Tatsache, dass in jedem Land eine einzige Stelle
bezeichnet ist, ebenfalls darauf hin, dass in diesem Abkommen nur die
Anerkennung von produktebezogenen Konformitätsbewertungen geregelt ist,
die üblicherweise zentral durchgeführt werden, nicht aber die oft durch
regionale Behörden vorgenommenen Kontrollen von konkreten Anlagen.

    3.7  Insgesamt ergibt sich, dass das Abkommen über die gegenseitige
Anerkennung von Konformitätsbewertungen keine Grundlage gibt, um allfällige
Inspektionen von deutschen Behörden oder solche der Europäischen Union im
Bereich der Guten Vertriebspraxis für Zwecke der schweizerischen Einfuhr-
und Grosshandelsbewilligung anzuerkennen.

Erwägung 4

    4.

    4.1  Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, eine vom
Institut allenfalls als notwendig erachtete Inspektion des Lagers in Singen
liesse sich ausserhalb des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung
von Konformitätsbewertungen komplikationslos aufgrund einer bilateralen
Zusammenarbeit mit den zuständigen deutschen Behörden durchführen. Sie
stützt sich dabei auf Stellungnahmen der Leitstelle Arzneimittelüberwachung
von Baden-Württemberg, worin sich diese Behörde bereit erklärt, für
die schweizerische Behörde oder auf Wunsch auch gemeinsam mit dieser
das Lager in Singen zu inspizieren. Eine derartige Lösung hat auch
das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) in seinem Amtsbericht vom
19. Januar 2004 vor der Vorinstanz ins Auge gefasst; es sieht grundsätzlich
keine Probleme darin, den Fall auf bilateraler Ebene zu lösen, indem auf
Einladung und im Einvernehmen mit den baden-württembergischen Behörden
das Lager in Singen inspiziert werden könnte.

    4.2  In seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2004 vor der Vorinstanz
sowie in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht das
Institut geltend, eine solche Inspektion würde die Mitwirkung deutscher
Behörden voraussetzen, was Umtriebe und Verzögerungen zur Folge hätte. Eine
jederzeitige, unangemeldete Inspektion wäre damit nicht möglich.

    4.3  Nach Art. 42 Abs. 2 AMBV kann das Institut Herstellerinnen
von Arzneimitteln im Ausland zu Lasten des importierenden Unternehmens
inspizieren. Nach Art. 42 Abs. 3 AMBV führt sodann das Institut in Staaten,
mit denen die Schweiz eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung
von GMP-Kontrollsystemen abgeschlossen hat, nur in begründeten Fällen
und nach Rücksprache mit der zuständigen Gesundheitsbehörde im Ausland
Inspektionen durch. Entgegen der Stellungnahme des Instituts sieht somit
die Verordnung Inspektionen im Ausland jedenfalls für GMP-Kontrollen
ausdrücklich vor. Analog könnten sie auch für GDP-Kontrollen zulässig
sein. Solche Amtshandlungen sind zwar völkerrechtlich nur mit einer
entsprechenden Zustimmung des betroffenen ausländischen Staates
zulässig. Dafür sind jedoch keine komplizierten zwischenstaatlichen
Abkommen erforderlich: Art. 64 HMG, worauf sich Art. 42 Abs. 2 und 3 AMBV
offensichtlich stützen, ermächtigt das Institut zur direkten Amtshilfe
mit zuständigen ausländischen Behörden. Offenbar findet denn auch
im Bereich der Heilmittel auf offizieller und informeller Ebene eine
enge internationale Zusammenarbeit zwischen den Behörden verschiedener
Staaten statt.

    4.4  Wie ausgeführt (E. 2.3.1), verlangt das schweizerische Recht nicht
ausdrücklich ein Lager innerhalb der Schweiz als Bewilligungsvoraussetzung.
Diese Voraussetzung ergibt sich nur indirekt aus dem Umstand, dass das
Lager der Inspektion durch die schweizerischen Behörden zugänglich sein
muss. Wenn nun tatsächlich, wie dies von den baden-württembergischen
Behörden offenbar angeboten worden ist, eine unkomplizierte gemeinsame
Inspektion des im Ausland gelegenen Lagers möglich ist, dann besteht
kein gesetzlicher Grund, die Bewilligung einzig deshalb zu verweigern,
weil das Lager im Ausland gelegen ist.

    Entgegen der Ansicht des Instituts bedeutet dies nicht, dass damit
beliebige Lager in jedem anderen Nachbarland anerkannt werden müssten.
Entscheidend ist, ob die schweizerischen Behörden rechtlich und faktisch
eine hinreichende Aufsicht durchführen können. Diese Möglichkeit hängt
namentlich von der räumlichen Distanz, von der Kooperationsbereitschaft
der konkret zuständigen ausländischen Behörden und von der erforderlichen
Inspektionsintensität ab. Wohl besteht ein berechtigtes Interesse
der Behörden, die Lagerbetriebe ohne grossen Aufwand inspizieren zu
können. Indessen ist zu berücksichtigen, dass die Inspektion nach den
unwidersprochenen Aussagen der Beschwerdeführerin im Regelfall nur
einmal alle fünf Jahre stattfindet. In diesem Lichte erscheint es nicht
von vornherein als ausgeschlossen, dass eine Zusammenarbeit, wie sie
von den baden-württembergischen Behörden offenbar angeboten wird, dem
Inspektionsbedarf der schweizerischen Behörden genügen könnte.

    Ist dies der Fall, wäre es unverhältnismässig, von vornherein ein
Lager im grenznahen Ausland nicht zu akzeptieren, zumal das Institut für
seine Inspektionstätigkeit Gebühren verlangen kann (Art. 65 HMG) und auch
allfällige Mehrkosten, die durch die Inspektion im Ausland entstehen,
auf die Beschwerdeführerin überwälzen könnte (Art. 5 lit. b sowie Anhang
Ziff. VI Abs. 3 der Verordnung vom 9. November 2001 über die Gebühren
des Schweizerischen Heilmittelinstituts [Heilmittel-Gebührenverordnung,
HGebV; SR 812.214.5]).

    4.5  Unzutreffend ist sodann die vom Institut in seiner Stellungnahme
vom 27. Februar 2004 vor der Vorinstanz geäusserte Auffassung, es
hätte bei der Feststellung eines nicht konformen Zustandes in Singen
keine Eingriffsmöglichkeit, da das Lager in Deutschland liege. Denn
zur Diskussion steht nicht die Rechtmässigkeit des Lagers in Singen,
sondern einzig die Einfuhr- bzw. Grosshandelsbewilligung für die
schweizerische Beschwerdeführerin. Die ordnungsgemässe Lagerhaltung und
Vertriebsorganisation in Singen ist bloss als Voraussetzung für diese
Bewilligung von Interesse. Bei allfälligen Problemen im Lager in Singen
ginge es nicht darum, gegen dieses Lager vorzugehen, sondern einzig
darum, gegenüber der in der Schweiz ansässigen Beschwerdeführerin die
erforderlichen Massnahmen zu treffen und allenfalls die Bewilligung zu
entziehen (Art. 66 Abs. 1 und 2 HMG), was ohne weiteres möglich wäre. Aus
dem gleichen Grund ist die von der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung
vor Bundesgericht geäusserte Ansicht unerheblich, es sei ausgeschlossen,
dass das schweizerische Institut eine Bewilligung für die Lagerhaltung
in Deutschland erteile.

    4.6  Die Auffassung der Vorinstanz, wonach eine direkte Belieferung
von Kunden in der Schweiz aus einem Lager in Deutschland grundsätzlich
nicht erlaubt sei, erweist sich somit als rechtswidrig. Der angefochtene
Entscheid ist aufzuheben. Nachdem Streitgegenstand nicht ein konkretes
Bewilligungsgesuch, sondern einzig eine Feststellungsverfügung ist (...),
erübrigt es sich, näher zu prüfen, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen
für eine Bewilligung erfüllt sind. Es kann - entsprechend dem Antrag
der Beschwerdeführerin - festgestellt werden, dass der blosse Umstand,
dass die Kunden der Beschwerdeführerin direkt aus dem deutschen Lager der
Beschwerdeführerin in Singen beliefert werden, keinen genügenden Grund
für eine Verweigerung der Bewilligung darstellt. Im Rahmen eines konkreten
Bewilligungsgesuchs wird das Institut zu prüfen haben, ob tatsächlich - wie
die Beschwerdeführerin vorgebracht hat - mit den baden-württembergischen
Behörden eine Inspektionspraxis vereinbart werden kann, welche den
berechtigten Anliegen des Instituts genügt.