Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 III 657



Urteilskopf

131 III 657

  86. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer i.S.
Bank X. (SchKG-Beschwerde)
  7B.110/2005 vom 13. September 2005

Regeste

  Rückzug eines Rechtsvorschlags.

  Der Rückzug entfaltet seine Wirkung auch dann, wenn der
Betreibungsschuldner eine entsprechende klare schriftliche Erklärung dem
Gläubiger gegenüber abgibt, dieser die Rückzugserklärung beim Betreibungsamt
einreicht und aus den Umständen zu schliessen ist, dass eine konkludente
Ermächtigung des Betreibungsschuldners zu dieser Weiterleitung vorliegt (E.
3).

Sachverhalt

  In der von der Bank X. gegen die Y. AG eingeleiteten Betreibung stellte
das Betreibungsamt Z. am 2. März 2005 den Zahlungsbefehl zu. Die Y. AG
schlug Recht vor.

  Mit Schreiben vom 7. März 2005 räumte die Bank X. der
Betreibungsschuldnerin die Gelegenheit ein, den Rechtsvorschlag
zurückzuziehen, mit dem Hinweis, dass sie Klage einreichen werde, falls sie
bis zum 15. März 2005 keine Rückzugserklärung erhalten sollte. Sie legte
eine von ihr vorbereitete "Rückzugserklärung" mit folgendem Wortlaut bei:

   "Die Y. AG erklärt, den in Betreibung (...) des Betreibungsamtes (...)
    erhobenen Rechtsvorschlag vollumfänglich zurückzuziehen."

  Diese Erklärung wurde am 21. März 2005 von der Y. AG unterzeichnet. Unter
Beilage dieser Erklärung reichte die Bank X. am 30. März 2005 das
Fortsetzungsbegehren ein.

  Nachdem das Betreibungsamt erklärt hatte, die Rückzugserklärung der Y. AG
werde nicht anerkannt, erhob die Bank X. mit Eingabe vom 15. April 2005 beim
Kantonsgericht Freiburg (Schuldbetreibungs- und Konkurskammer) als
kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
Beschwerde und verlangte, es sei festzustellen, dass der Rechtsvorschlag
rechtsgültig zurückgezogen worden sei, und das Betreibungsamt anzuweisen,
ihrem Fortsetzungsbegehren vom 30. März 2005 Folge zu geben.

  Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 8. Juni 2005 ab.

  Das Bundesgericht heisst die von der Bank X. hiergegen erhobene Beschwerde
gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

  3.

  3.1  Am 21. März 2005 hat die Beschwerdegegnerin gegenüber der
Beschwerdeführerin unterschriftlich erklärt, sie ziehe den von ihr in der
strittigen Betreibung erhobenen Rechtsvorschlag vollumfänglich zurück. Wie
das Bundesgericht schon in seinem - sowohl von der Beschwerdeführerin als
auch von der Vorinstanz angerufenen - Entscheid vom 24. Februar 1925 (BGE 51
III 35 S. 36) ausgeführt hat, wird eine Erklärung dieser Art ganz
offensichtlich zu dem Zweck ausgestellt, dass sie dem Betreibungsamt
vorgelegt

werde. Ein anderer Sinn kann ihr nach dem Vertrauensprinzip nicht zukommen,
hat doch nicht nur der Rechtsvorschlag, sondern selbstverständlich auch
dessen Rückzug ausschliesslich betreibungsrechtliche Wirkung (vgl. KURT
AMONN/FRIDOLIN WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts,
7. Aufl., § 18 Rz. 38 f.). Im genannten Entscheid ist weiter festgehalten
worden, es liege dort, wo die Echtheit der Unterschrift des Schuldners nicht
zu bezweifeln sei und der Rückzug vorbehaltlos erklärt werde, kein Grund
vor, nicht auch eine dem Gläubiger gegebene Rückzugserklärung für den
Wegfall des Rechtsvorschlags als genügend zu erachten (vgl. auch BGE 81 III
94 E. 2 S. 95 ff.).

  3.2  Die kantonale Aufsichtsbehörde hält unter Berufung auf eben diesen
bundesgerichtlichen Entscheid dafür, es müsse in der Rückzugserklärung
zumindest ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sie zuhanden des
Betreibungsamtes abgegeben werde. Im erwähnten Entscheid (in dem es
letztlich um den Widerruf der Rückzugserklärung gegangen war) wurde
festgehalten, für ein Dahinfallen des Rechtsvorschlags genüge auch, dass der
Schuldner dem Gläubiger zuhanden des Betreibungsamtes unterschriftlich eine
Rückzugserklärung ausstelle, die dieser als Bote des Schuldners dem Amt
übermittle (BGE 51 III 35 S. 36 oben). Dass das Betreibungsamt in der
Rückzugserklärung ausdrücklich erwähnt sein müsse, lässt sich jenem
Entscheid indessen selbst dem Sinne nach nicht entnehmen. Der von der
Vorinstanz ebenfalls beigezogene BGE 62 III 125 ff. ist insofern
unbehelflich, als die Rückzugserklärung, die der Schuldner dem Gläubiger in
jenem Fall übergeben hatte, ausdrücklich an das Betreibungsamt adressiert
war.

  Wo, wie hier, die von der Schuldnerschaft unterzeichnete Erklärung an
Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt, sind sodann Bedenken hinsichtlich
einer allfälligen Auslegung von Sinn und Tragweite der schuldnerischen
Erklärungen, die den Betreibungsorganen nicht zustehe, wie sie etwa in einem
Entscheid der Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen für
den Kanton Basel-Stadt vom 7. August 1947 (BlSchK 1948 S. 50 f. Nr. 16)
angeführt wurden und hier auch vom Betreibungsamt angedeutet werden, ohne
Bedeutung. Inwiefern den vom Betreibungsamt ferner angesprochenen
Fälschungen besser sollte begegnet werden können, wenn verlangt wird, der
Schuldner habe den Gläubiger zur Weiterleitung seiner Rückzugserklärung an
das Betreibungsamt ausdrücklich zu ermächtigen, ist nicht ersichtlich.

  3.3  Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass der vom Gläubiger an das
Betreibungsamt weitergeleitete Rückzug des Rechtsvorschlags seine Wirkungen
auch dann entfaltet, wenn die Umstände zur Annahme einer konkludenten
Ermächtigung zu dieser Weiterleitung führen. Letzteres ist nach dem
Dargelegten hier der Fall. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, der
Rechtsvorschlag sei in der von ihr gegen die Beschwerdegegnerin
eingeleiteten Betreibung rechtsgültig zurückgezogen worden, ist daher
beizupflichten.