Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 131 III 480



131 III 480

63. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. Kreis gegen
Schweizerzeit Verlags AG (Berufung)

    4C.393/2004 vom 22. Juni 2005

Regeste

    Urheberrecht; Zitatrecht; Urheberpersönlichkeitsrecht (Art. 11 und
25 URG).

    Voraussetzungen des Zitatrechts bei Sprachwerken (E. 2 und 3).

    Indirekter Eingriff in die Werkintegrität durch die unerlaubte
Veröffentlichung eines Sprachwerkes in einer Zeitung (E. 4)?

Sachverhalt

    A.- Die Zürcher Tageszeitung "Tages-Anzeiger" führt eine Rubrik
"Tribüne", in der sie Exponenten des politischen Lebens zu Wort kommen
lässt. Am 25. Juni 2002 erschien unter dieser Rubrik ein knapp eine
halbe Seite einnehmender Artikel von Christoph Mörgeli. Dieser wird mit
Foto als "SVP-Nationalrat und Leiter des Medizinhistorischen Instituts und
Museums der Universität Zürich" vorgestellt. Der Artikel trägt den mittels
grosser Buchstaben hervorgehobenen Titel "Ausländerkriminalität nicht
schönreden" und den in kleineren Buchstaben gedruckten Untertitel "Bessere
Grenzkontrollen bringen punkto Sicherheit mehr als teure Massnahmen zur
Ausländerintegration, glaubt SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli".

    Im ersten Teil des Artikels behauptet der Verfasser, bestimmte
Sozialdemokraten würden die Zunahme der Kriminalität in der Schweiz
verharmlosen. Der Zürcher Kriminalstatistik sei jedoch zu entnehmen, dass
der Anteil ausländischer Tatverdächtiger im Jahre 2001 erneut zugenommen
habe. Bei den Tatverdächtigen handle es sich in weit überdurchschnittlichem
Ausmass um Ausländer. Bei schweren Delikten gegen Leib und Leben sei ihr
Anteil zwischen dem Jahr 2000 und 2001 von 58 auf 65.5 Prozent angestiegen.
Bei Raub betrage der Ausländeranteil 64.3 Prozent, bei Erpressung 60.9 und
bei Fälschungsdelikten 62.9 Prozent. Der Anteil an der Jugendkriminalität
sei bei den Schweizern in den letzten zehn Jahren stabil geblieben, bei
den Ausländern aber dramatisch angestiegen. Im folgenden zweiten Teil
des Artikels bringt der Verfasser namentlich vor, die SP glaube, "dem
Problem der Kriminalität von vornehmlich jungen, männlichen Ausländern
mit teuren Integrationsmassnahmen beizukommen". Eine Integration könne
aber schwerlich gelingen, "wenn dem Auszug der einheimischen Bevölkerung
aus Quartieren, Ortschaften und Schulhäusern nicht Einhalt geboten"
werde. "Unsere Integrationsüberforderung" halte an, wenn der illegalen
Einwanderung kein Riegel geschoben werde. Abschliessend fordert der
Verfasser die Sozialdemokraten auf, "die von der SVP seit langem
vorgeschlagenen Massnahmen zu unterstützen: Bessere Grenzkontrollen,
eine Annahme der Asylinitiative zur Senkung der Attraktivität der Schweiz
als Einwanderungsland sowie die rigorose Bestrafung und Ausweisung bei
Straftaten."

    Am 2. Juli 2002 erschien unter der Rubrik "Tribüne" im "Tages-Anzeiger"
ein Artikel von Georg Kreis mit ungefähr gleichem Umfang wie jener
von Christoph Mörgeli. Georg Kreis wird - ebenfalls mit Foto - als
"Historiker an der Universität Basel und Präsident der Eidgenössischen
Kommission gegen Rassismus" vorgestellt. Der Artikel trägt den Haupttitel
"Wie die 'Ausländer' in der Schweiz vorsätzlich schlecht gemacht werden"
und den Untertitel "Mit statistischen Angaben kann das gesellschaftliche
Klima vergiftet werden. Eine Antwort auf Christoph Mörgeli."

    Im ersten Teil des Artikels weist der Verfasser darauf hin,
dass in der deutschen Sprache die Kombination von Substantiven (zum
Beispiel "Ausländerkriminalität") dazu dienen könne, eine Aussage zu
verallgemeinern, besonders wenn die Wortkombination genügend häufig
verwendet werde. Sie präge dann unsere Vorstellungswelt und führe dazu,
dass der eine Begriff mit dem anderen assoziiert werde. Der Verfasser weist
sodann darauf hin, dass bereits der Begriff "Ausländer" vieldeutig sei
und ganz verschiedene Personenkategorien umfasse. Ebenso gebe es bei der
"Kriminalität" ein breites Spektrum. Anschliessend hält der Autor fest,
wer mit "Ausländerkriminalität" Stimmung mache, könne gleichzeitig auch
einen anderen Feind diffamieren: die "Schönredner", die "Gutmenschen",
die "Netten". Einspruch gegen Schön-Reden anderer gehe offenbar nicht
ohne eigenes Wüst-Reden. Im zweiten Teil des Artikels geht der Verfasser
konkreter auf jenen von Christoph Mörgeli ein, indem er die von diesem
genannten Prozentzahlen erwähnt und darauf hinweist, dass hinter den
65.5 Prozent 249 Personen aus einem Bevölkerungsteil von rund 271'700
steckten, was einem Anteil von 0.0916 Prozent entspreche. Es gebe
den spontanen Strassenrassismus. Es gebe aber auch den vorsätzlichen
Studierstubenrassismus. Abschliessend fordert der Verfasser mit Hinweis auf
die in der Vergangenheit "ab und zu" tödlichen Folgen "dieser Praktiken"
dazu auf, "von Anfang an dagegen zu halten". Im vorliegenden Fall stehe
"den exakt erscheinenden Kategorien (mit Kommawerten!) typischerweise ein
diffuses Konglomerat von Begriffen gegenüber: Asylmissbrauch, Misstrauen,
illegaler Grenzübertritt, Integrationsüberforderung, Gewaltanwendung,
Ohnmachtgefühle - und eben Ausländerkriminalität".

    B.- Die ungefähr dreissigmal im Jahr erscheinende Zeitung
"Schweizerzeit" wird von der Schweizerzeit Verlags AG mit Sitz in Flaach
im Kanton Zürich herausgegeben. In der Ausgabe vom 26. Juli 2002 wurden
auf Seite 3 die beiden erwähnten Artikel wörtlich abgedruckt, jener von
Georg Kreis ohne dessen Erlaubnis.

    Die Seite 3 dieser Ausgabe der "Schweizerzeit" ist wie folgt gestaltet.
Zuoberst befindet sich der Titel "Ist, wer von 'Ausländerkriminalität'
spricht, ein 'Studierstubenrassist'?". Dann folgt der weitere, durch rote
Farbe und grössere Buchstaben hervorgehobene Titel "Christoph Mörgeli vs.
Georg Kreis" und schliesslich darunter, in kleinerer Schrift der Titel
"Eine Auseinandersetzung, die alarmieren muss". Der Artikel von Christoph
Mörgeli ist auf dem linken Teil der Seite abgedruckt, jener von Georg Kreis
auf dem rechten Teil. Dazwischen platzierte die Redaktion der Zeitung einen
"Kasten" mit folgendem Wortlaut:

    "Am 25. Juni 2002 erschien in der Rubrik "Tribüne" im Zürcher

      "Tagesanzeiger" ein Artikel von Nationalrat Christoph Mörgeli

      unter dem Titel "Ausländerkriminalität nicht schönreden". Der

      Basler Historiker Georg Kreis, Präsident der Eidg. Kommission

      gegen Rassismus, reagierte auf diesen Artikel am 2. Juli 2002

      in der gleichen Rubrik der gleichen Zeitung unter dem Titel

      "Wie die 'Ausländer' in der Schweiz vorsätzlich schlecht gemacht

      werden" - wobei Kreis' Artikel im Vorwurf des "vorsätzlichen

      Studierstubenrassismus" an die Adresse von Christoph Mörgeli

      gipfelte. Wir halten diese Auseinandersetzung, in der nichts

      weniger als die elementare demokratische Meinungs- und Redefreiheit

      im Mittelpunkt steht, für so bedeutungsvoll, dass wir beide

      "Tribünen"-Beiträge genau so, wie sie im "Tages-Anzeiger" publiziert

      worden sind, hier abdrucken - auf dass alle Leser die Gedankengänge

      der beiden Autoren je im Original nachvollziehen können. Zusätzlich

      haben wir den in St. Gallen lebenden Publizisten Eduard Stäuble um

      einen abschliessenden Kommentar gebeten."

    Der Artikel von Eduard Stäuble, der auf dem untersten Teil der Seite
in deren Mitte abgedruckt und etwas kürzer als die Texte von Christoph
Mörgeli und Georg Kreis ist, trägt in fetten Buchstaben den Titel
"So nicht, Herr Professor!" und darunter in kleineren Buchstaben den
Untertitel "Der abschliessende Kommentar von Eduard Stäuble". Dieser
Kommentar beginnt mit dem durch fette Buchstaben hervorgehobenen Satz:
"Es ist schlicht unglaublich, wie ein wörtchenklaubender Professor einen
einfachen und klaren Sachverhalt zu einem absurden Streitfall aufmotzen
kann." Danach nimmt der Autor Bezug auf den Artikel von Christoph Mörgeli,
in dem mit Hinweis auf die Kriminalstatistik festgestellt werde, dass
die Zahl ausländischer Straftäter zunehme. Anschliessend fährt Eduard
Stäuble fort: "Und dann kommt ein rabulistischer Professor daher und
vernebelt einen klaren Sachverhalt mit einem konfusen Wortschwall. Jedem
einigermassen vernünftigen Menschen ist klar, wer und was gemeint ist,
wenn von 'Ausländerkriminalität' die Rede ist." Diese Aussage wird
vom Autor weiter vertieft, wobei er andeutet, dass Personen, welche
den Begriff anders verstehen, "bösartig oder ein bisschen verschroben"
seien. Sodann weist er darauf hin, dass die Konferenz der Kantonalen
Justiz- und Polizeidirektoren zusammen mit dem Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement eine "Arbeitsgruppe Ausländerkriminalität" eingesetzt
hätten. Er schliesst diesen Absatz seines Kommentars mit dem Satz ab: "Wenn
es auf Herrn Kreis ankäme, wären diese Leute offenbar alles sprachliche
Ignoranten, die aus Dummheit oder Ahnungslosigkeit 'das gesellschaftliche
Klima' in unserem Lande 'vergiften' Er wirft sodann die Frage auf, welcher
andere Begriff denn statt "Ausländerkriminalität" verwendet werden könnte,
und weist auf eine Aussage des Sekretärs der erwähnten Konferenz hin,
wonach die Ausländerkriminalität einen grossen Einfluss auf das subjektive
Sicherheitsempfinden der Bevölkerung habe. Schliesslich empfiehlt er, dass
"sich Herr Kreis besser darauf besinnen" sollte, "wie sehr er selber mit
einem fragwürdigen und gefährlichen 'Rassismus'-Begriff, den er und seine
Rassismus-Kommission tagtäglich im Munde führten, das 'gesellschaftliche
Klima' in diesem Land 'vergiften'", und beendet seinen Kommentar wie folgt:
"Merken denn diese 'Anti-Rassisten' nicht, dass sie sich dadurch selber
zu 'Rassisten' machen? Darüber sollte sich Herr Kreis vielleicht einmal
ein paar Gedanken machen. Aber das Problem der 'Ausländerkriminalität'
sollte er nicht weiterhin durch ein gespreiztes professorales Gehabe
und mit unhaltbarer Wort- und Zahlenakrobatik verniedlichen, vertuschen
und schönreden."

    C.- Am 13. März 2003 erhoben Georg Kreis und die Tamedia AG, die
Herausgeberin des "Tages-Anzeiger", beim Obergericht des Kantons Zürich
Klage gegen die Schweizerzeit Verlags AG mit folgenden Anträgen:

    "1. Es sei festzustellen, dass die Beklagte mit der Publikation
"Wie die

         'Ausländer' in der Schweiz schlecht gemacht werden" in

         der "Schweizerzeit" vom 26.7.2002, S. 3, die Urheber- und

         Persönlichkeitsrechte des Klägers 1 verletzt und gegenüber der

         Klägerin 2 unlauteren Wettbewerb begangen hat.

      2. Die Beklagte sei zu verpflichten, das Dispositiv des Urteils

      in ihrer

         Publikation in angemessener Grösse zu publizieren.

      3. Die Beklagte sei zu verpflichten, gestützt auf Art. 62 Abs. 2 URG,

         Art. 28a Abs. 3 ZGB und Art. 9 Abs. 3 UWG unter den Titeln

         Schadenersatz und Genugtuung den Betrag von Fr. 1'000.- zu

         bezahlen, zu leisten an die Schweizerische Flüchtlingshilfe,

         PC 30-1085-7."

    Mit Beschluss vom 9. September 2004 trat das Obergericht auf die Klage
der Tamedia AG nicht ein. Mit Urteil vom gleichen Tag wies es die Klage von
Georg Kreis ab. Den Nichteintretensbeschluss begründete das Obergericht
mit mangelnder sachlicher Zuständigkeit nach Massgabe des kantonalen
Gerichtsorganisationsgesetzes. Die Klage von Georg Kreis wies es mit
der Begründung ab, die Wiedergabe seines Artikels durch die Beklagte sei
durch das Zitatrecht gemäss Art. 25 URG gerechtfertigt. Zudem seien die
Persönlichkeitsrechte des Klägers im Sinne von Art. 28 ZGB nicht verletzt
worden, weil entgegen dessen Behauptung bei den Lesern der "Schweizerzeit"
nicht der Eindruck erweckt worden sei, der Kläger habe seinen Artikel
dieser Zeitung gegen Bezahlung zur Publikation überlassen.

    D.- Georg Kreis (Kläger) hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung
beim Bundesgericht angefochten. Er stellt folgende Anträge:

    "1. Es seien die Ziff. 1 bis 4 des Urteils des Obergerichts des Kantons

         Zürich vom 9. September 2004 aufzuheben.

      2. Es sei festzustellen, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte

      mit der

         Publikation "Wie die 'Ausländer' in der Schweiz vorsätzlich

         schlecht gemacht werden" in der "Schweizerzeit" vom 27.7.2002,

         S. 3, die Urheberrechte des Klägers und Berufungsklägers

         verletzt hat.

      3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, das

         Dispositiv des Urteils im Presseorgan "Schweizerzeit" in

         angemessener Grösse zu publizieren.

      4. Die Beklagte und Berufungsbeklagte sei zu verpflichten,

      gestützt auf

         Art. 62 Abs. 2 URG unter den Titeln Schadenersatz und Genugtuung

         den Betrag von CHF 1'000.- zu bezahlen, zu leisten an die

         Schweizerische Flüchtlingshilfe, PC 30-1085-7.

      5. Alles unter Kosten und Entschädigungsfolgen zu Lasten der

      Beklagten

         und Berufungsbeklagten für das Verfahren vor Obergericht sowie

         das vorliegende Verfahren."

    Die Beklagte schliesst in ihrer Berufungsantwort auf Abweisung der
Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

                             Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.1  Zu Recht wird die urheberrechtliche Werkqualität des vom Kläger
für den "Tages-Anzeiger" verfassten Artikels von keiner Seite in Frage
gestellt. Es handelt sich dabei um ein literarisches Sprachwerk im Sinne
von Art. 2 Abs. 2 lit. a URG (Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das
Urheberrecht und verwandte Schutzrechte; SR 231.1). Der Umstand, dass der
Artikel einen politischen Inhalt aufweist sowie im Rahmen einer politischen
Auseinandersetzung verfasst und in einer Tageszeitung publiziert wurde,
steht der Qualifikation als urheberrechtlich geschütztes Werk nicht
entgegen. Erforderlich ist allerdings eine individuelle Gestaltung im
Sinne von Art. 2 Abs. 1 URG, welche der vom Kläger verfasste Artikel aber
eindeutig aufweist (vgl. zum Ganzen BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht,
2. Aufl., Bern 2000, N. 7 und 13 zu Art. 2 URG; REHBINDER, Schweizerisches
Urheberrecht, 3. Aufl., Bern 2000, S. 93 f.).

    1.2  Nach den unbestrittenen Angaben des Klägers hat er dem
"Tages-Anzeiger" bzw. der Tamedia AG zwar den Abdruck seines Artikels
erlaubt, ihr dagegen nicht allgemein seine darauf bezüglichen Urheberrechte
abgetreten. Im kantonalen Verfahren hat die Tamedia AG den von ihr geltend
gemachten Anspruch ausschliesslich auf das UWG abgestützt (Bundesgesetz
vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb; SR 241). Den
Entscheid, mit dem die Vorinstanz auf ihre Klage mangels sachlicher
Zuständigkeit nicht eingetreten ist, hat sie nicht angefochten. In seiner
Berufungsschrift erklärt der Kläger ausdrücklich, dass der Vorwurf des
unlauteren Wettbewerbs für das bundesgerichtliche Verfahren fallen gelassen
worden sei, weil die Tamedia AG nicht an diesem Verfahren teilnehme. Unter
diesen Umständen besteht für das Bundesgericht kein Anlass, die Streitsache
auch unter dem Gesichtspunkt des UWG zu beurteilen.

    1.3  Im kantonalen Verfahren hat sich die Beklagte insbesondere
auf Art. 28 URG berufen. Nach dieser Bestimmung mit dem Marginale
"Berichterstattung über aktuelle Ereignisse" dürfen bei dieser Tätigkeit
wahrgenommene Werke aufgezeichnet, vervielfältigt, vorgeführt, gesendet,
verbreitet oder sonst wie wahrnehmbar gemacht werden, soweit dies für
die Berichterstattung erforderlich ist (Abs. 1). Nach Abs. 2 dürfen
zum Zwecke der Information über aktuelle Fragen kurze Ausschnitte aus
Presseartikeln vervielfältigt, verbreitet und gesendet oder weitergesendet
werden, wobei der Ausschnitt sowie die Quelle und allenfalls auch die
Urheberschaft anzugeben sind. Die Vorinstanz hielt diese Bestimmung für
nicht anwendbar, weil einerseits den Artikeln von Mörgeli und Kreis kein
"aktuelles Ereignis" zu Grunde liege und andererseits Art. 28 Abs. 2 URG
lediglich die Verwendung kurzer Ausschnitte aus einem Werk erlaube. Die
Frage der Anwendbarkeit von Art. 28 URG wird von der Beklagten in der
Berufungsantwort nicht mehr aufgegriffen. Das Bundesgericht braucht sich
deshalb nicht ausführlich damit zu beschäftigen, sondern es reicht aus,
insoweit auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen.

    1.4  Mit der Berufung wird der Vorinstanz vorgeworfen, Art. 25
URG (Zitate) und Art. 11 URG (Werkintegrität) verletzt zu haben.
Im Gegensatz zum kantonalen Verfahren beruft sich der Kläger hinsichtlich
der behaupteten Verletzung seiner Persönlichkeit nicht mehr auf den
Schutz von Art. 28 ZGB, sondern auf jenen als Urheber im Sinne von Art. 11
URG. Er hat denn auch sein Feststellungsbegehren insoweit eingeschränkt,
als er vor Bundesgericht bloss noch die Feststellung einer Verletzung in
seinen Urheberrechten verlangt.

    Die Beklagte macht in der Berufungsantwort geltend, die Berufung richte
sich zum Teil in unzulässiger Weise gegen tatsächliche Feststellungen der
Vorinstanz. Was sie aber zum Beleg ihrer Behauptung anführt, betrifft
keine tatsächlichen Feststellungen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG,
sondern Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 25 und
11 URG. Diese Fragen sind im Folgenden frei zu prüfen (Art. 63 Abs. 3 OG).

Erwägung 2

    2.

    2.1  Nach Art. 25 Abs. 1 URG dürfen veröffentlichte Werke
zitiert werden, wenn das Zitat zur Erläuterung, als Hinweis oder zur
Veranschaulichung dient und der Umfang des Zitats durch diesen Zweck
gerechtfertigt ist (frz. Fassung: "Les citations tirées d'oeuvres
divulguées sont licites dans la mesure où elles servent de commentaire,
de référence ou de démonstration et pour autant que leur emploi en
justifie l'étendue."; ital. Fassung: "Sono lecite le citazioni tratte da
opere pubblicate, nella misura in cui servono da commento, riferimento o
dimostrazione e se la portata della citazione è giustificata dall'impiego
fatto.").

    Das Zitatrecht setzt bei Sprachwerken einen inhaltlichen Bezug des
zitierenden Textes auf das zitierte Werk voraus. Das geht bereits aus
dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 URG hervor, nach welchem das Zitat dem
zitierenden Text zur Erläuterung, als Hinweis oder zur Veranschaulichung
dienen muss. Dieser inhaltliche Bezug bestimmt auch über den zulässigen
Umfang des Zitats. Soweit er fehlt, lässt sich die Übernahme des zitierten
Werkes in den zitierenden Text nicht durch das Zitatrecht rechtfertigen.
Zweck und Umfang des Zitats sind derart aufeinander bezogen, dass das
Zitat im Vergleich zum zitierenden Text keine selbständige Bedeutung
oder sogar die Hauptbedeutung beanspruchen darf (WITTWEILER, Zu den
Schrankenbestimmungen im neuen Urheberrechtsgesetz, in: AJP 1993 S. 588
ff., S. 590; SANDRO MACCIACCHINI, Urheberrecht und Meinungsfreiheit,
Diss. Zürich 2000, S. 189 f.; BARRELET/ EGLOFF, aaO, N. 3 und 4 zu
Art. 25 URG; CHERPILLOD, Schranken des Urheberrechts, in: Schweizerisches
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR] Bd. II/1 S. 268; RIKLIN,
Schweizerisches Presserecht, Bern 1996, S. 290; SCHÜRMANN/NOBEL,
Medienrecht, 2. Aufl., Bern 1993, S. 301; in der deutschen Lehre und
Rechtsprechung wird der Begriff der Belegfunktion verwendet: SCHRICKER/
SCHRICKER, 2. Aufl., § 51 Rdnr. 16 f.; FROMM/NORDEMANN, Urheberrecht,
9. Aufl., § 51 Rdnr. 4).

    Dieser Grundsatz galt bereits nach altem Urheberrecht und
wurde auf Art. 26 aURG gestützt, wonach die Wiedergabe des Zitats
nicht offensichtlich missbräuchlich sein durfte (CHERPILLOD, aaO,
S. 268). Die damalige Literatur betrachtete ein Zitat namentlich dann
als missbräuchlich, wenn es verglichen mit dem zitierenden Text geistig
das Hauptinteresse beansprucht und dieser als Vorwand zur Benutzung des
zitierten Werkes dient (ALOIS TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. II,
3. Aufl., S. 704; ELENA SCIARONI, Das Zitatrecht, Diss. Freiburg 1970,
S. 28 ff.).

    2.2  Die Voraussetzung des inhaltlichen Bezugs im erörterten Sinne
ist hinsichtlich des von der Redaktion der "Schweizerzeit" verfassten
Textes im "Kasten" eindeutig nicht gegeben. Dort findet sich als einziger,
unkommentierter Bezug auf den Inhalt des Artikels des Klägers bloss die
Formulierung "vorsätzlicher Studierstubenrassismus". Im Übrigen begnügt
sich der Text damit, die Titel der Artikel von Christoph Mörgeli und des
Klägers zu nennen und über ihre Veröffentlichung im "Tages-Anzeiger"
zu informieren. Schliesslich wird als Grund für die wörtliche und
ungekürzte Wiedergabe der beiden Artikel in der "Schweizerzeit" genannt,
dass die Leser die Möglichkeit haben müssten, die Gedankengänge der beiden
Autoren im Original nachzuvollziehen. All das vermag die Berufung auf das
Zitatrecht im Sinne von Art. 25 URG offensichtlich nicht zu rechtfertigen,
weshalb der Beklagten insoweit eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts
des Klägers im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. a und b URG vorzuwerfen ist.

    2.3  Die Vorinstanz hat sich indessen mit der Frage, ob sich die
Beklagte auf ein eigenes Zitatrecht berufen könne, gar nicht befasst. Sie
ist vielmehr, ohne dafür eine Begründung zu geben, davon ausgegangen,
die Beklagte dürfe ein allfälliges Zitatrecht von Eduard Stäuble für sich
selbst beanspruchen. Diese Annahme ist aber problematisch, namentlich weil
Feststellungen der Vorinstanz zu den vertraglichen Abmachungen zwischen der
Beklagten und Eduard Stäuble fehlen. Jedenfalls kann nicht ohne weiteres
davon ausgegangen werden, dass die Einwilligung zur Publikation eines
Textes in einer Zeitung von selbst auch die Befugnis der Zeitungs-Redaktion
einschliesst, ein allfälliges Zitatrecht des Artikelverfassers für sich
zu beanspruchen.

    Diese Frage braucht jedoch nicht weiter untersucht zu werden. Selbst
wenn die Beklagte ein allfälliges Zitatrecht von Eduard Stäuble für sich
beanspruchen dürfte, würde ihr das nicht weiter helfen. Denn auch das
Zitatrecht von Eduard Stäuble vermöchte den wörtlichen und ungekürzten
Abdruck des Artikels des Klägers nicht zu rechtfertigen. Im Unterschied
zum Text der Redaktion im "Kasten" findet im Text von Eduard Stäuble
zwar eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Artikels des
Klägers statt. Die Bezugnahme beschränkt sich aber auf einzelne Teile
des Artikels. Die Behauptungen von Eduard Stäuble, der Kläger sei ein
"wörtchenklaubender, rabulistischer Professor", er zeige ein "gespreiztes
professorales Gehabe" und betreibe "unhaltbare Wort- und Zahlenakrobatik",
berechtigten den Verfasser nicht, unter Berufung auf das urheberrechtliche
Zitatrecht den Artikel des Klägers wörtlich und in vollem Umfang ohne
dessen Erlaubnis in der "Schweizerzeit" abdrucken zu lassen. Auch insofern
hat die Beklagte die Urheberrechte des Klägers verletzt.

Erwägung 3

    3.  Die Vorinstanz hat sich zu den soeben behandelten Voraussetzungen
des urheberrechtlichen Zitatrechts nicht ausdrücklich geäussert. Sie hat
vielmehr die Berechtigung der Beklagten zum vollständigen Abdruck des
Artikels des Klägers direkt aus der Medienfreiheit und der Meinungs- und
Informationsfreiheit im Sinne der Art. 16 und 17 BV abgeleitet. Nach ihrer
Auffassung durfte die Beklagte in der Form, wie sie dies getan hat, an
der Diskussion zwischen Christoph Mörgeli und dem Kläger teilnehmen. Dass
dem Kläger die Publikation nicht gefalle und er der Auffassung sei,
dass die Sache mit der Veröffentlichung der Artikel im "Tages-Anzeiger"
ausdiskutiert sei, könne die Berechtigung der Beklagten nicht in Frage
stellen. Es sei ja gerade der Zweck von Art. 16 und 17 BV, dass unbequeme
Meinungen ungehindert und auch in der Öffentlichkeit vertreten werden
dürften, und es stehe nicht einer Privatperson zu, die Diskussion über eine
bestimmte Sache für beendet und weitere Meinungsäusserungen demnach für
unzulässig zu erklären. Die Beklagte habe ein Forum für die Diskussion
zwischen Mörgeli, dem Kläger und Stäuble zur Verfügung gestellt, wie
sie in den Medien häufig begegneten, und zu denen auch die "Tribüne" des
"Tages-Anzeigers" gehöre. Solche Foren leisteten einen wichtigen Beitrag
zur öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung nicht nur über politische,
sondern auch über andere Fragen. Schliesslich hält die Vorinstanz fest,
der Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe nur beabsichtigt, ihn und
seine Auffassungen zu verunglimpfen, gehe an der Sache vorbei. Es sei der
Sinn der öffentlichen politischen Auseinandersetzung, andere Standpunkte
zu kritisieren, allenfalls auch mit harten Worten, und die Meinungs-
und Informationsfreiheit verbiete es dem Gericht, diese Standpunkte
zu beurteilen.

    3.1  Art. 25 URG gehört zu den Schrankenbestimmungen des Urheberrechts
(Art. 19-28 URG), welche die urheberrechtlichen Ausschlussrechte im
Interesse der Allgemeinheit oder bestimmter Nutzerkreise einschränken. Mit
diesen Bestimmungen hat der Gesetzgeber Sachverhalte der Kollision
verfassungsrechtlicher Grundrechte geregelt, indem er den Ausgleich der
vorhandenen gegensätzlichen Interessen anstrebte. Im Fall von Art. 25 URG
handelt es sich um die Eigentumsgarantie einerseits (Art. 26 Abs. 1 BV;
VALLENDER, St. Galler Kommentar, Rz. 18 zu Art. 26 BV) und die Meinungs-
und Informationsfreiheit (Art. 16 BV) sowie die Medienfreiheit andererseits
(Art. 17 BV; MACCIACCHINI, aaO, S. 184). Das Spannungsverhältnis dieser
Grundrechte, dem der Gesetzgeber bei der Formulierung von Art. 25
URG Rechnung getragen hat, kann bei der Auslegung und Anwendung
dieser Bestimmung berücksichtigt werden (entsprechend dem Grundsatz
verfassungskonformer Auslegung: BGE 129 II 249 E. 5.4; 128 V 20 E. 3a
mit Hinweisen).

    3.2  Das Vorgehen des Obergerichts widerspricht indessen diesen
Grundsätzen. Es hat der Meinungs- und Medienfreiheit von vornherein
prioritäre Bedeutung zugemessen, ohne zu prüfen, ob durch die Anwendung
von Art. 25 URG dem vom Gesetzgeber gewollten Interessenausgleich
zum Durchbruch verholfen werden kann. Dazu kommt, dass es auch in
diesem Zusammenhang nicht zwischen der Beklagten und Eduard Stäuble
differenziert, obschon deren Äusserungen unter dem Gesichtspunkt des
Grundrechts der Meinungsfreiheit erheblich voneinander abweichen. Der
Text der Redaktion im "Kasten" begnügt sich im Prinzip mit dem Hinweis
auf die Meinungsäusserungen Dritter (Christoph Mörgelis, des Klägers
und Eduard Stäubles), ohne inhaltlich dazu Stellung zu nehmen. Für die
Redaktion stand nicht die eigene Meinungsäusserung im Vordergrund. Sie
wollte vielmehr Eduard Stäuble die Gelegenheit geben, sich zu den Artikeln
von Christoph Mörgeli und des Klägers zu äussern. In diesem Zusammenhang
ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Informationsfreiheit auch
das Verbreiten der Meinungen Dritter schützt (Art. 16 Abs. 3 BV), was
für Medienschaffende in Verbindung mit der Medienfreiheit (Art. 17 BV)
von Bedeutung ist (KLEY/TOPHINKE, St. Galler Kommentar, N. 34 zu Art. 16
BV). In diesem Sinn kann sich die Beklagte auch auf die Meinungsfreiheit
berufen, um die Meinungen von Eduard Stäuble zu verbreiten. Das hilft
ihr jedoch nicht weiter. Wie bereits aufgezeigt wurde, war es für
die Meinungsäusserung von Eduard Stäuble nicht erforderlich, dass der
Artikel des Klägers wörtlich und in vollem Umfang abgedruckt wurde. Ein
auszugsweises Zitieren hätte genügt.

    Anzufügen bleibt, dass die Beklagte theoretisch gesehen auch insoweit
die Informations- und Medienfreiheit beanspruchen könnte, als sie die
Meinung des Klägers, wie er sie im Artikel für den "Tages-Anzeiger"
geäussert hatte, durch die Publikation in der "Schweizerzeit" hätte weiter
verbreiten wollen. In diese Richtung geht denn auch die Auffassung des
Obergerichts, die Beklagte habe Christoph Mörgeli, dem Kläger und Eduard
Stäuble ein Forum zur Verfügung stellen wollen, vergleichbar der "Tribüne"
des "Tages-Anzeiger". Dieser Vergleich geht indessen fehl. Zunächst ist
offensichtlich, dass die Beklagte zwar Eduard Stäuble und Christoph Mörgeli
ein Forum zur Verbreitung ihrer Meinungen anbieten wollte, nicht aber dem
Kläger, den sie ja gar nicht um seine Erlaubnis angefragt hatte. Sodann
ist wiederum darauf hinzuweisen, dass auch unter dem Aspekt der Meinungs-
und Medienfreiheit keine Notwendigkeit bestand, den Artikel des Klägers
wörtlich und in vollem Umfang abzudrucken. Schliesslich ist die Auffassung
des Obergerichts auch grundsätzlich abzulehnen, denn damit wird im Ergebnis
eine Einschränkung der urheberrechtlichen Nutzungsbefugnisse vorgenommen,
wie sie im URG nicht vorgesehen ist. Sie würde bedeuten, dass die am
öffentlichen politischen Meinungskampf Beteiligten die Nutzung ihrer
in diesem Rahmen verwendeten, urheberrechtlich geschützten Sprachwerke
durch Dritte ohne weiteres dulden müssten. Eine solche Regelung, wie sie
im deutschen und österreichischen Urheberrecht unter einschränkenden
Voraussetzungen in Form einer gesetzlichen Lizenz vorgesehen ist,
fehlt im schweizerischen Recht und kann nicht einfach durch ein
Gericht unter Berufung auf die verfassungsmässigen Grundrechte der
Meinungs- und Medienfreiheit eingeführt werden (vgl. zum deutschen Recht:
SCHRICKER/MELICHAR, 2. Aufl., § 49 UrhG Rdnr. 1 ff.; zum österreichischen
Recht: DITTRICH, Urheberrecht, 4. Aufl., Wien 2004, E. 1 ff. zu § 44 UrhG).

Erwägung 4

    4.  Der Kläger betrachtet als Verletzung seiner
Urheberpersönlichkeitsrechte im Sinne von Art. 11 URG, dass sein Artikel
in der "Schweizerzeit" abgedruckt wurde, einer Zeitung, die eine andere
politische Auffassung als er selbst vertrete. Zudem sei mit dem Abdruck
der Zweck verfolgt worden, ihn zu diskreditieren. Die Redaktion habe
gewusst, dass der Kläger mit seinem Werkschaffen nicht in das Umfeld der
"Schweizerzeit" habe gestellt werden wollen. Sodann habe die Redaktion den
Eindruck erwecken wollen, dass er an einer politischen Auseinandersetzung
in der "Schweizerzeit" teilnehme, was dem Inhalt und der Aussagekraft des
Beitrags offensichtlich abträglich gewesen sei. Die Publikation seines
Artikels in der "Schweizerzeit" sei aus diesen Gründen als Eingriff in
seinen Anspruch auf Werkintegrität zu werten.

    4.1  In den vorangehenden Erwägungen ist das Bundesgericht zum Ergebnis
gekommen, dass die Beklagte durch den unerlaubten Abdruck des Artikels
des Klägers in der "Schweizerzeit" dessen Werknutzungsrechte im Sinne von
Art. 10 Abs. 2 lit. a und b URG verletzt hat. Dieser Umstand schliesst
nicht aus, dass die gleiche Handlung der Beklagten auch als Verstoss
gegen die Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers qualifiziert werden
kann. Typische Fälle eines indirekten Eingriffs in die Werkintegrität,
wie er hier in Frage kommen könnte, betreffen zwar Sachverhalte der
Beeinträchtigung des Werkes durch Personen, denen urheberrechtliche
Nutzungs- oder Änderungsrechte auf vertraglicher oder gesetzlicher
Grundlage zustehen (vgl. BARRELET/EGLOFF, aaO, N. 13-15 zu Art. 11 URG;
JACQUES DE WERRA, Le droit à l'intégrité de l'oeuvre, Diss. Lausanne 1996,
S. 72 ff.). Nicht grundsätzlich anders verhält es sich jedoch auch dann,
wenn der Verletzer gestützt auf ein vermeintliches Nutzungsrecht handelt
oder sich um die Urheberrechte gar nicht kümmert. In solchen Fällen kann
in der Handlung, mit der er gegen die urheberrechtlichen Ausschlussrechte
verstösst, zugleich eine Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte
liegen. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger im
vorliegenden Fall ein ausreichendes Interesse an der Prüfung der Frage
der Verletzung in den Urheberpersönlichkeitsrechten geltend machen kann,
da er mit seinem Rechtsbegehren Ziffer 4 gestützt auf Art. 62 Abs. 2
URG nicht nur Schadenersatz, sondern auch Genugtuung verlangt (vgl. dazu
BARRELET/EGLOFF, aaO, N. 14 zu Art. 62 URG; SCHRICKER/DIETZ, 2. Aufl.,
§ 14 UrhG Rdnr. 10).

    4.2  Der Kläger beruft sich auf Lehrmeinungen, wonach Art. 11 URG den
Urheber davor schützt, dass sein Werk in einem Kontext oder in einer Art
und Weise präsentiert wird, die im Publikum einen falschen Eindruck des
Werkes erweckt, oder dass sein Werk in einem entstellenden Zusammenhang
wiedergegeben wird (DE WERRA, aaO, S. 72 f.; BARRELET/EGLOFF, aaO, N.
13 f. zu Art. 11 URG und N. 5 zu Art. 25 URG). Er will damit seine
Auffassung untermauern, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte verletzt
wurden, weil die Beklagte seinen Artikel in ein Umfeld gestellt hat, das
seinen politischen Meinungen feindlich gegenüber steht. Damit lässt der
Kläger indessen unberücksichtigt, dass bei der Beurteilung eines solchen
indirekten Eingriffs in die Werkintegrität der Charakter des Werkes eine
massgebende Rolle spielt (vgl. die Beispiele für indirekte Eingriffe
bei SCHRICKER/DIETZ, 2. Aufl., § 14 UrhG Rdnr. 23). Zudem darf auf eine
allfällige Überempfindlichkeit des konkreten Urhebers nicht abgestellt
werden, sondern es muss - immer unter Berücksichtigung der Eigenart des
Einzelfalles - ein möglichst objektiver Massstab angelegt werden (DE WERRA,
aaO, S. 35 f.).

    Unter diesem Gesichtspunkt ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass
sich der Kläger mit dem Verfassen und der Publikation seines Artikels in
der "Tribüne" des "Tages-Anzeigers" in ein Umfeld begeben hat, in welchem
auf öffentlicher Plattform in teilweise aggressiver und polemischer Form
über politische Meinungen gestritten wird. Der Kläger ist nicht gegen
seinen Willen in dieses Umfeld hineingezogen worden, sondern hat sich
freiwillig an der Diskussion beteiligt, indem er im "Tages-Anzeiger"
zum Artikel von Christoph Mörgeli Stellung nahm und dessen Meinungen
wie auch Person in zum Teil ausgesprochen angriffiger und polemischer
Art kritisierte. Von da her gesehen ist der "abschliessende Kommentar"
von Eduard Stäuble, in welchem die Meinungsäusserungen und die Person
des Klägers seinerseits massiv angegriffen wurde, durchaus mit jenem des
Klägers vergleichbar. In Bezug auf den verwendeten Sprachstil mögen zwar
Unterschiede bestehen, in der Art, wie argumentiert und polemisiert wird,
fallen dagegen keine grossen Differenzen auf. Schliesslich kann auch nicht
gesagt werden, dass der Artikel im "Tages-Anzeiger" dazu bestimmt war,
ein grundlegend anderes Leserpublikum zu interessieren. Zum einen handelt
es sich beim "Tages-Anzeiger" um eine jedenfalls im Kanton Zürich weit
verbreitete, auflagenstarke Zeitung ohne besondere Parteibindung, deren
Leserpublikum sich mit jenem der "Schweizerzeit" überschneiden kann. Zum
andern waren die vom Kläger behandelten Themen, nämlich die Kritik von
Christoph Mörgeli an der Ausländerpolitik der sozialdemokratischen Partei
und dessen Propaganda für die Ausländerpolitik der SVP, geeignet, auch
die Leser und Leserinnen der "Schweizerzeit" zu interessieren.

    Schliesslich hat die Beklagte entgegen der Behauptung des Klägers
nicht den Eindruck erweckt, dass er an einer politischen Auseinandersetzung
in der "Schweizerzeit" teilnehme. Aus dem Text der Redaktion im "Kasten"
geht mit genügender Klarheit hervor, dass die Auseinandersetzung zwischen
Christoph Mörgeli und dem Kläger bereits im Rahmen der "Tribüne" des
"Tages-Anzeigers" stattgefunden hatte und diese der Leserschaft der
"Schweizerzeit" lediglich zur Kenntnis gebracht werden sollte. Zudem wird
auch nicht der Eindruck erweckt, dass dem Kläger die Möglichkeit geboten
werden sollte, sich mit Eduard Stäuble auseinander zu setzen. Für die
Redaktion der "Schweizerzeit" stand vielmehr die dem Publikum erkennbare
Absicht im Vordergrund, Eduard Stäuble die Gelegenheit zu geben, den
Artikel des Klägers und dessen Person im "abschliessenden Kommentar"
in scharfer Form zu kritisieren und den Artikel von Christoph Mörgeli
zu unterstützen.

    Ein indirekter Eingriff in die Werkintegrität liegt demnach nicht vor,
weshalb der Beklagten keine Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte
des Klägers im Sinne von Art. 11 URG vorgeworfen werden kann.

Erwägung 5

    5.  Das nach Art. 61 URG erforderliche Rechtsschutzinteresse an der
gerichtlichen Feststellung der Verletzung der Urheberrechte des Klägers
durch die Beklagte ist gegeben (vgl. BARRELET/EGLOFF, aaO, N. 2 zu Art.
61 URG). Im Sinne der vorangehenden Erwägungen ist das angefochtene Urteil
in teilweiser Gutheissung der Berufung aufzuheben und dem Rechtsbegehren
2 des Klägers entsprechend festzustellen, dass die Beklagte mit der
Publikation "Wie die 'Ausländer' in der Schweiz vorsätzlich schlecht
gemacht werden" in der "Schweizerzeit" vom 26. Juli 2002, S. 3, die
Urheberrechte des Klägers verletzt hat.

    Das Obergericht wird auf der neuen rechtlichen Grundlage, wie sie in
diesem Urteil festgehalten ist, nun noch über die Rechtsbegehren 3 und 4
des Klägers zu urteilen haben (Publikation des Urteilsdispositivs in der
"Schweizerzeit"; Anspruch auf Schadenersatz und Genugtuung). Ebenso hat
es neu über die Verteilung der kantonalen Gerichts- und Parteikosten zu
entscheiden. Die Streitsache ist zur Beurteilung dieser Punkte an die
Vorinstanz zurückzuweisen.