Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 V 108



128 V 108

21. Auszug aus dem Urteil i.S. D. gegen IV-Stelle des Kantons Aargau und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau I 727/00 vom 23. Juli 2002

Regeste

    Art. 50 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 85bis IVV: Drittauszahlung
rückwirkend zugesprochener Taggelder. Art. 85bis IVV findet auch bei
rückwirkend ausgerichteten Taggeldern sinngemäss Anwendung, sodass
die Drittauszahlung von Taggeldern zwecks Verrechnung mit erbrachten
Vorschussleistungen einer kommunalen Sozialhilfestelle unter Umständen
auch ohne Einwilligung des Leistungsberechtigten zulässig ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 50 Abs. 1 IVG finden für die Sicherung der
Leistungen und die Verrechnung die Art. 20 und 45 AHVG sinngemäss
Anwendung. Als Ausnahme hiezu sieht der im Rahmen der 10. AHV-Revision
auf den 1. Januar 1997 neu eingefügte Abs. 2 von Art. 50 IVG vor, dass
Nachzahlungen von Leistungen in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 AHVG an
Drittpersonen oder Drittstellen, welche im Hinblick auf die Leistungen der
Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben, ausgerichtet
werden können (Satz 1); der Bundesrat regelt das Verfahren sowie die
Voraussetzungen der Auszahlung an Dritte (Satz 2).

    b) Nach Art. 20 Abs. 1 AHVG ist jeder Rentenanspruch unabtretbar,
unverpfändbar und der Zwangsvollstreckung entzogen (Satz 1); jede
Abtretung oder Verpfändung ist nichtig (Satz 2); vorbehalten bleibt
Art. 45 (Satz 3). Art. 45 AHVG seinerseits ermächtigt den Bundesrat,
nach Anhörung der Kantone Massnahmen zu treffen, damit die Renten und
Hilflosenentschädigungen, soweit notwendig, zum Unterhalt des Berechtigten
und der Personen, für die er zu sorgen hat, verwendet werden. Von dieser
Befugnis hat der Bundesrat in Art. 76 AHVV Gebrauch gemacht. Nach
dessen Abs. 1 kann die Ausgleichskasse die Rente ganz oder teilweise
einer geeigneten Drittperson oder Behörde, die dem Rentenberechtigten
gegenüber gesetzlich oder sittlich unterstützungspflichtig ist oder ihn
dauernd fürsorgerisch betreut, auszahlen, wenn der Rentenberechtigte die
Rente nicht für den Unterhalt seiner selbst und der Personen verwendet,
für welche er zu sorgen hat, oder nachweisbar nicht imstande ist, die Rente
hierfür zu verwenden, und er oder die Personen, für die er zu sorgen hat,
deswegen ganz oder teilweise der öffentlichen oder privaten Fürsorge zur
Last fallen. Nach der Rechtsprechung rechtfertigt die Tatsache allein,
dass jemand von einer Fürsorgebehörde unterstützt wird, noch nicht die
Auszahlung an diese Behörde (BGE 118 V 91 Erw. 1b mit Hinweisen).

    Art. 76 AHVV ist auf Grund des Verweises in Art. 84 IVV für die
Gewährleistung zweckgemässer Verwendung der Taggelder, der Renten und der
Hilflosenentschädigungen der Invalidenversicherung sinngemäss anwendbar.

    c) Die Verwaltungspraxis hat die Drittauszahlung seit jeher unter
bestimmten Voraussetzungen auch dann zugelassen, wenn die Bedingungen
des Art. 76 AHVV über die Gewährleistung zweckmässiger Rentenverwendung
nicht erfüllt waren, obschon laut Art. 50 Abs. 1 IVG in Verbindung mit
Art. 20 Abs. 1 AHVG grundsätzlich jede Abtretung einer Invalidenrente
nichtig ist. So konnten Rentennachzahlungen auf Gesuch hin privaten oder
öffentlichen Fürsorgestellen ausbezahlt werden, welche entsprechende
Vorschussleistungen erbracht haben. Solche Drittauszahlungen
setzten nach der Praxis der Verwaltungsbehörden jedoch voraus, dass
die Vorschussleistungen tatsächlich erbracht worden waren und der
Leistungsberechtigte oder sein gesetzlicher Vertreter der Drittauszahlung
schriftlich zugestimmt hatte (BGE 118 V 91 Erw. 1b).

    Diese Praxis hat das Eidgenössische Versicherungsgericht wiederholt
unbeanstandet gelassen (BGE 118 V 91 Erw. 1b mit Hinweisen). Angesichts
des ihr zukommenden Ausnahmecharakters hat es in BGE 118 V 88 indessen
erkannt, dass an die Einwilligung des Versicherten zur Drittauszahlung
strenge Anforderungen zu stellen sind. Sie dürfe nur Rechtswirksamkeit
entfalten, wenn die Tragweite der Zustimmungserklärung klar ersichtlich
ist. Der bereits im Zeitpunkt der Anmeldung zum Rentenbezug - in welchem
der Anspruch gegenüber der Invalidenversicherung noch gänzlich unbestimmt
ist - erfolgten Zustimmung könne deshalb nicht dieselbe Bedeutung wie einer
Erklärung nach Bekanntgabe der konkret zugesprochenen Versicherungsleistung
beigemessen werden. Die Zustimmung zur Drittauszahlung könne daher erst
dann rechtsgültig erteilt werden, wenn der entsprechende Beschluss
der Invalidenversicherungs-Kommission ergangen ist. Im Rahmen des
daraufhin einsetzenden Vorbescheidverfahrens habe die Verwaltung bis
zum Verfügungserlass Gelegenheit, eine allfällige Einwilligung zur
Drittauszahlung einzuholen, oder, falls diese vom Antrag stellenden Dritten
beigebracht wird, deren Eingang abzuwarten (BGE 118 V 92 f. Erw. 2b).

    d) Als Antwort auf die Feststellung in BGE 118 V 88, wonach für eine
allein auf die zum Voraus erteilte Einwilligung der leistungsberechtigten
Person abstellende Drittauszahlung keine eindeutige gesetzliche Grundlage
besteht, hat der Verordnungsgeber Art. 85bis IVV mit dem Randtitel
"Nachzahlungen an bevorschussende Dritte" erlassen, welcher am 1. Januar
1994 in Kraft getreten ist (vgl. BGE 123 V 29 Erw. 3b). Ihre ausdrückliche
gesetzliche Grundlage erhalten hat diese Verordnungsbestimmung
indessen erst mit der Ergänzung des Art. 50 IVG durch den im Rahmen
der 10. AHV-Revision per 1. Januar 1997 neu hinzugefügten Abs. 2, gemäss
welchem Nachzahlungen von Leistungen in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 AHVG
an Drittpersonen oder Drittstellen ausgerichtet werden können, welche im
Hinblick auf die Leistungen der Invalidenversicherung Vorschussleistungen
erbracht haben (Erw. 2a hievor; vgl. MEYER-BLASER, Bundesgesetz über die
Invalidenversicherung [IVG], in: MURER/STAUFFER [Hrsg.], Die Rechtsprechung
des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 289 f.).

    e) Nach Abs. 1 von Art. 85bis IVV (in der seit 1. Januar 1999
geltenden, redaktionell bereinigten Fassung) können Arbeitgeber,
Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, Krankenversicherungen, öffentliche
und private Fürsorgestellen oder Haftpflichtversicherungen mit Sitz in
der Schweiz, welche im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung
Vorschussleistungen erbracht haben, verlangen, dass die Nachzahlung
dieser Rente bis zur Höhe ihrer Vorschussleistung verrechnet und an
sie ausbezahlt wird (Satz 1); vorbehalten bleibt die Verrechnung nach
Art. 20 AHVG (Satz 2); die bevorschussenden Stellen haben ihren Anspruch
mit besonderem Formular frühestens bei der Rentenanmeldung und spätestens
im Zeitpunkt der Verfügung der IV-Stelle geltend zu machen (Satz 3).

    Laut Abs. 2 von Art. 85bis IVV gelten als Vorschussleistungen
einerseits freiwillige Leistungen, sofern die versicherte Person
zu deren Rückerstattung verpflichtet ist und sie der Auszahlung der
Rentennachzahlung an die bevorschussende Stelle schriftlich zugestimmt hat
(lit. a), und andererseits vertraglich oder auf Grund eines Gesetzes
erbrachte Leistungen, soweit aus dem Vertrag oder dem Gesetz ein
eindeutiges Rückforderungsrecht infolge der Rentennachzahlung abgeleitet
werden kann (lit. b).

    In Abs. 3 schliesslich sieht Art. 85bis IVV vor, dass die Nachzahlung
der bevorschussenden Stelle höchstens im Betrag der Vorschussleistung
und für den Zeitraum, in welchem diese erbracht worden ist, ausbezahlt
werden darf.

Erwägung 4

    4.- Das kantonale Gericht hat die streitige Drittauszahlung einzig
unter dem Gesichtspunkt der neuen Regelung in dem seit 1. Januar 1994
geltenden Art. 85bis IVV geprüft, welcher eine Drittauszahlung unter
bestimmten Voraussetzungen auch ohne ausdrückliche Einwilligung des
Leistungsberechtigten zulässt. Ohne sich vertieft damit auseinander zu
setzen, ist es davon ausgegangen, dass Art. 85bis IVV ungeachtet des
Wortlautes nicht nur auf die Drittauszahlung nachträglich zugesprochener
Renten, sondern auch auf diejenige rückwirkend ausgerichteter
Taggelder Anwendung findet. Zunächst stellt sich die Frage, ob dieser
Betrachtungsweise gefolgt werden kann.

    a) Der Verordnungstext in Art. 85bis IVV spricht in allen drei
Amtssprachen an sich klar für eine Regelung, die ausschliesslich für
die Drittauszahlung nachträglich zugesprochener Renten gilt. Nach dem
Wortlaut von Abs. 1 der Bestimmung können mit Vorschussleistungen, welche
im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung erbracht wurden,
Nachzahlungen dieser Rente bis zur Höhe der Vorschussleistung verrechnet
und an die bevorschussende Drittstelle ausbezahlt werden (Satz 1). In
der französischsprachigen Version ist davon die Rede, dass Institutionen,
"qui, en vue de l'octroi d'une rente de l'assurance-invalidité, ont fait
une avance, peuvent exiger qu'on leur verse l'arriéré de cette rente
en compensation de leur avance et jusqu'à concurrence de celle-ci". Die
italienischsprachige Fassung sieht vor, dass Drittstellen, "che, in vista
della concessione di una rendita dell'assicurazione invalidità, hanno
effettuato anticipi, possono esigere che si versi loro l'arretrato di
questa rendita come compensazione e fino a concorrenza dei loro anticipi".

    b) Damit bleibt anhand der nebst dem Wortlaut in Betracht zu ziehenden
weiteren Auslegungselemente zu prüfen, ob der zur Diskussion stehenden
Norm eine im Sinne der vorinstanzlichen Ansicht gegenüber dem eng gefassten
Verordnungstext weiter gehende Bedeutung zukommt.

    aa) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist
der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung
aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der
dem Text zu Grunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn,
der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und
unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden,
u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut
nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich
aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck
oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 127 IV 194
Erw. 5b/aa, 127 V 5 Erw. 4a, 92 Erw. 1d, 198 Erw. 2c, je mit Hinweisen).

    Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht
entscheidend. Anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des
Gesetzgebers aufzuzeigen, welche wiederum zusammen mit den zu ihrer
Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche Richtschnur des
Richters und der Richterin bleibt, auch wenn sie das Gesetz mittels
teleologischer Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten Umständen
anpassen oder es ergänzen (BGE 125 V 356 Erw. 1b, 123 V 301 Erw. 6a
mit Hinweisen).

    bb) Aus gesetzessystematischer Sicht spricht für einen sich über
den Wortlaut hinaus auch auf andere Leistungen als Rentennachzahlungen
erstreckenden Anwendungsbereich des Art. 85bis IVV die Tatsache, dass
die unter dem Titel "D. Die Ausrichtung der Leistungen" nachträglich
eingefügte Norm nicht etwa dessen Untertitel "III. Renten und
Hilflosenentschädigungen" zugeordnet, sondern unter "IV. Gemeinsame
Bestimmungen" eingereiht wurde. Bedeutsam erscheint auch, dass die unter
derselben Ziffer IV enthaltenen, dem Art. 85bis unmittelbar vorangehenden
Verweisungen in den Art. 84 und 85 Abs. 1 IVV die Art. 76 resp. 77 AHVV
ausdrücklich auch für Taggelder - und nicht nur für die dort erwähnten
Renten - als sinngemäss anwendbar erklären. Dies deutet darauf hin, dass
Art. 85bis IVV ebenfalls nicht nur für Fälle von Rentennachzahlungen,
sondern von rückwirkend ausgerichteten Geldleistungen generell konzipiert
worden ist. Wird bezüglich der Gewährleistung zweckmässiger Verwendung
(Art. 84 IVV) und bezüglich der Nachzahlung nicht bezogener Leistungen
(Art. 85 Abs. 1 IVV) für Taggelder auf dieselbe Regelung verwiesen, die
auch für Renten gilt (Art. 76 und 77 AHVV), ist kaum einzusehen, weshalb
hinsichtlich der Nachzahlung an bevorschussende Dritte (Art. 85bis IVV)
etwas anderes gelten sollte.

    Andererseits könnte allerdings gerade die unterbliebene Nennung
anderer Leistungsarten in dem die Art. 84 und 85 unmittelbar folgenden Art.
85bis IVV auch als Indiz dafür gesehen werden, dass der Verordnungsgeber
bewusst darauf verzichten wollte, die Nachzahlung von Taggeldern und
allenfalls weiteren Geldleistungen der Invalidenversicherung in die für
Renten geltende normative Regelung der Drittauszahlung an bevorschussende
Stellen mit einzubeziehen. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des
Art. 85bis IVV lässt diese Interpretationsmöglichkeit jedoch in den
Hintergrund treten.

    cc) Wie erwähnt, hat die Verwaltungspraxis Drittauszahlungen über
Jahre hinweg auch zugelassen, wenn die Bedingungen des - nach Art. 84 IVV
im Invalidenversicherungsbereich sinngemäss anwendbaren - Art. 76 AHVV
über die Gewährleistung zweckmässiger Rentenverwendung nicht erfüllt
waren (Erw. 2c). Die mit BGE 118 V 88 erfolgte Einschränkung dieser
Praxis - dahingehend, dass eine bereits im Zeitpunkt der Anmeldung zum
Rentenbezug erfolgte Zustimmung als Grundlage für die Anordnung einer
Drittauszahlung nicht mehr genügte (vgl. Erw. 2c hievor) - hatte zur
Folge, dass Sozialhilfestellen oftmals der Möglichkeit verlustig gingen,
Leistungen, welche sie für die gleiche Zeit erbracht hatten, für die
später seitens der Invalidenversicherung auch die Rentenberechtigung
anerkannt wurde, erhältlich

    zu machen. Umgekehrt konnten die betroffenen Versicherten für die
nämliche Periode über die Leistungen sowohl der Invalidenversicherung als
auch der Einrichtungen der Sozialhilfe verfügen. In dieser unbefriedigenden
Situation zeichnete sich für den Gesetz- wie auch den Verordnungsgeber
dringender Handlungsbedarf ab. Es galt, durch die Zulassung der
Drittauszahlung von nachzuzahlenden Invalidenrenten einen Vermögensvorteil
auszugleichen, welchen die Versicherten ansonsten zufolge des Bezugs von
für die nämliche Zeit bereits vorschussweise ausgerichteten Fürsorgegeldern
hätten erlangen können. Mit dem Anliegen eines sparsamen, gegenseitig
abgestimmten und insofern haushälterischen Umgangs mit Steuergeldern im
Verhältnis zu Versicherungsleistungen bestand ein gewichtiges öffentliches
Interesse an der raschen Realisierung einer materiellrechtlichen Grundlage
für eine sich gegenüber der Rechtslage, wie sie mit BGE 118 V 88 geschaffen
worden war, weniger einschränkend auswirkende Drittauszahlungsordnung.

    Obschon nicht mit den Bestrebungen der 10. AHV-Revision in Zusammenhang
stehend, wurde anlässlich der Beratung dieser Revision im Nationalrat vom
11. März 1993 die Ergänzung des Gesetzes durch den heutigen Art. 50 Abs. 2
IVG vorgeschlagen, welcher den Bundesrat ermächtigt, das Verfahren sowie
die Voraussetzungen der Drittauszahlung zwecks Verrechnung mit im Hinblick
auf die Leistungen der Invalidenversicherung erbrachten Vorschussleistungen
zu regeln, und damit die gesetzliche Grundlage für Art. 85bis IVV bildet
(Amtl.Bull. 1993 N 294). Begründet wurde dieses Vorgehen damit, dass das in
BGE 118 V 88 publizierte Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
in vielen Fällen zu erheblichen Verlusten der Gemeinden oder der privaten
Institutionen geführt habe, welche während der Dauer der Abklärungen
der Invalidenversicherung den Lebensunterhalt der Rentenberechtigten
bevorschusst hatten und sich dann mit der Tatsache konfrontiert sahen,
dass die von ihnen bevorschussten Leistungen nur schwer oder kaum mehr
zurückzuerhalten waren; Kantone und Gemeinden hätten sich deshalb an
den Bund gewandt und ihn ersucht, diese auf Grund des Gerichtsurteils
entstandene unbefriedigende Situation zu korrigieren; über die Schaffung
eines neuen Absatzes von Art. 50 IVG solle eine Kompetenzdelegation
an den Bundesrat erfolgen; der Bundesrat solle das Verfahren und die
Voraussetzungen für die Auszahlung an Drittpersonen regeln können. Betont
wurde, dass es sich dabei "selbstverständlich nur um Nachzahlungen
und nicht um laufende Renten" handelt; erfasst würden "ausdrücklich
Nachzahlungen von Leistungen, die im Hinblick auf eine Leistung der
Invalidenversicherung - seien es Renten, Taggelder, Ergänzungsleistungen
oder Hilflosenentschädigungen - als Vorschussleistungen erbracht worden
sind" (Amtl.Bull. 1993 N 294; Votum Heberlein).

    Diese Ausführungen des Antrag stellenden Nationalratsmitglieds zur
vorgeschlagenen und schliesslich ohne wesentliche Diskussion angenommenen
Ergänzung des IVG (Amtl.Bull. 1993 N 294 sowie 1994 S 608) lassen
erkennen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers bei Rentennachzahlungen
einerseits sowie bei rückwirkend ausgerichteten Taggeldern oder andern
Geldleistungen andererseits bezüglich der Auszahlung an bevorschussende
Drittpersonen oder Behörden kein Unterschied gemacht werden sollte. Die
Delegationsnorm von Art. 50 Abs. 2 IVG, welche zwar erst am 1. Januar
1997 (10. AHV-Revision) und damit nach der bereits auf den 1. Januar
1994 erfolgten Einfügung des - vom Eidgenössischen Versicherungsgericht
gleichwohl als gesetzes- und verfassungskonform bezeichneten (BGE 123
V 30 f. Erw. 4) - Art. 85bis IVV in Kraft getreten ist, spricht denn
auch nicht nur von Renten, sondern generell von Leistungen. Der Grund
dafür, dass sich die Verordnungsbestimmung von Art. 85bis IVV ihrem
Wortlaut nach demgegenüber auf Nachzahlungen von Renten beschränkt,
dürfte letztlich darin zu finden sein, dass sich der Bundesrat primär
an BGE 118 V 88 orientiert hat, in welchem eine Rentennachzahlung zur
Diskussion stand und auf die Besonderheiten des bei dieser Leistungsart
vorgesehenen Zusprechungsverfahrens Bezug genommen wurde.

    dd) Schliesslich sprechen auch Sinn und Zweck der neu eingefügten
Verordnungsbestimmung von Art. 85bis IVV dafür, dass neben Renten auch
andere Geldleistungen, namentlich nachträglich zugesprochene Taggelder,
einer auf Art. 85bis IVV gestützten Auszahlung an bevorschussende Dritte
zugänglich sein sollen. Ein plausibler Grund dafür, andere Leistungen
als Invalidenrenten von dieser Drittauszahlungsmöglichkeit auszunehmen,
ist nicht ersichtlich (vgl. AHI 1993 S. 50 und 210 f.).

    c) Mit dem kantonalen Gericht ist demnach davon auszugehen, dass Art.
85bis IVV auch auf die Drittauszahlung rückwirkend auszurichtender
Taggelder sinngemäss Anwendung findet.