Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 I 136



128 I 136

12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. Politische Gemeinde St. Gallen und Y. AG gegen X. AG,
Volkswirtschaftsdepartement sowie Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
(staatsrechtliche Beschwerde)

    2P.270/2001 vom 26. März 2002

Regeste

    Art. 27 BV, Art. 50 Abs. 1 BV; Wirtschaftsfreiheit, Gleichbehandlung
der Gewerbegenossen, Gemeindeautonomie; Benützung des öffentlichen
Grundes zu kommerziellen Zwecken, Betrieb eines Riesenrades am St. Galler
Herbstjahrmarkt.

    Gemeindeautonomie: Beschwerdelegitimation und aktuelles Interesse
(E. 1.1-1.3); Stellung der "weiteren Beteiligten" im Sinne von Art. 93 OG
(E. 1.4); Tragweite der Autonomie und Prüfungsdichte (E. 2).

    Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (Art. 27 BV): Rechtsprechung
zur Gleichbehandlung von Zirkusunternehmen bei der Zurverfügungstellung
öffentlichen Grundes (E. 3).

    Interessenabwägung der Gemeindebehörden bei der Zuteilung
von Standplätzen für gewerbliche Veranstaltungen auf öffentlichem
Grund: Respektierung der sich aus Art. 27 BV ergebenden (bedingten)
Benützungsansprüche unter Beachtung des Gebots der Gleichbehandlung
der Gewerbegenossen einerseits und Wahrung eigener Interessen
bzw. Berücksichtigung von mutmasslichen Publikumsbedürfnissen andererseits;
anzustreben ist ein (regelmässig zu überprüfender) Zuteilungsschlüssel,
der den allfälligen Ungleichheiten der konkurrierenden Betriebe in
verhältnismässiger Weise Rechnung trägt (E. 4.1).

    Es widerspricht nicht dem Gebot des fairen Wettbewerbs, wenn die
Gemeinde von mehreren Angeboten für das Riesenrad am Herbstjahrmarkt
jeweils das objektiv deutlich beste auswählt, auch wenn es immer wieder
vom gleichen Anbieter stammt (E. 4.2).

Sachverhalt

    Die X. AG, Eigentümerin eines Riesenrades mit 32 m Durchmesser, bewarb
sich seit 1996 erfolglos um die Zuteilung eines Standplatzes für diese
Anlage am St. Galler Herbstjahrmarkt; die Bewilligung wurde regelmässig
der Y. AG erteilt, welche über ein Riesenrad mit 44 m Durchmesser
verfügt. Gegen die Ablehnung ihres Gesuches für den Herbstjahrmarkt
2000 durch die städtische Gewerbepolizei rekurrierte die X. AG an den
Stadtrat St. Gallen, der den Rekurs am 12. September 2000 abwies. Die X. AG
focht diesen Entscheid beim Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St.
Gallen an. Dieses hiess den Rekurs am 11. April 2001 im Sinne der
Erwägungen gut, hob den Beschluss des Stadtrates, soweit nicht durch
Zeitablauf gegenstandslos geworden, auf und stellte förmlich fest, dass die
Bewilligungspraxis der Marktpolizei gegen den aus der Wirtschaftsfreiheit
folgenden Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen verstosse. Zur
Begründung führte das Volkswirtschaftsdepartement aus, die beanstandete
Bewilligungspraxis der Stadt sei unverhältnismässig, weil das Angebot der
X. AG nicht offensichtlich ungenügend sei. Es dürfe einem Schausteller
die Möglichkeit, am St. Galler Herbstjahrmarkt teilzunehmen, nicht allein
deshalb dauerhaft verwehrt werden, weil sein Riesenrad nicht den grössten
Durchmesser aufweise. Dadurch würden bestehende Grössenunterschiede
zwischen den Konkurrenzunternehmen zementiert. Es sei Sache der Stadt,
ihre Bewilligungspraxis den Anforderungen der Wirtschaftsfreiheit (Art.
27 BV) anzupassen.

    Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigte auf Beschwerde
der Stadt hin mit Urteil vom 11. September 2001 diesen Entscheid.

    Die Politische Gemeinde St. Gallen führt mit Eingabe vom 9.  Oktober
2001 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
Gemeindeautonomie mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom
11. September 2001 aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.1  Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid,
der sich auf kantonales (bzw. kommunales) Recht stützt und gegen den
als eidgenössisches Rechtsmittel einzig die staatsrechtliche Beschwerde
zulässig ist (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 und 87 OG).

    1.2  Die Politische Gemeinde St. Gallen wird durch die streitige
Anordnung in ihrer Stellung als Hoheitsträgerin berührt. Sie ist daher
legitimiert, wegen Verletzung der Gemeindeautonomie staatsrechtliche
Beschwerde zu führen. Ob die beanspruchte Autonomie besteht, ist keine
Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 124 I 223
E. 1b S. 226 mit Hinweisen).

    1.3  Ob der X. AG der Standplatz für den Herbstjahrmarkt 2000
verweigert werden durfte, ist heute nicht mehr von aktuellem
Interesse. Der vom Verwaltungsgericht geschützte Entscheid des
Volkswirtschaftsdepartementes sprach sich aber nicht nur über das
damalige Bewilligungsgesuch aus, sondern er stellte zugleich förmlich die
Verfassungswidrigkeit der bisherigen Bewilligungspraxis der städtischen
Behörden fest. An der Anfechtung dieser Feststellung hat die Politische
Gemeinde St. Gallen ein aktuelles Interesse. Im Übrigen wären die
Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise auf ein aktuelles Interesse
verzichtet wird, wegen der Grundsätzlichkeit der aufgeworfenen Streitfrage
sowie der fehlenden Möglichkeit, innert nützlicher Frist ein Urteil des
Bundesgerichtes zu erwirken, vorliegend ohnehin gegeben (BGE 126 I 250
E. 1b S. 252; vgl. auch BGE 121 I 279 E. 1 S. 281 f.).

    1.4  Die Firma Y. AG, welche aufgrund der beanstandeten bisherigen
Bewilligungspraxis für ihr grösseres Riesenrad (44 m) die Bewilligung
für den Herbstjahrmarkt 2000 erhalten hatte, wurde in das kantonale
Rechtsmittelverfahren nicht einbezogen, obwohl der Entscheid über die
Verfassungsmässigkeit der bisherigen Praxis auch für sie unmittelbare
Auswirkungen haben konnte. Die Y. AG erhielt dagegen "als weitere
Beteiligte" (Art. 93 OG) im Verfahren vor Bundesgericht Gelegenheit zur
Stellungnahme. Sie stellt sich in ihrer Vernehmlassung, was zulässig ist,
hinter das Begehren der

Politischen Gemeinde St. Gallen und beantragt Gutheissung von deren
Beschwerde. Sie kann aber, da sie nicht selber staatsrechtliche
Beschwerde führt, zur Begründung dieses Antrages keine eigenen neuen
Angriffsmittel tatsächlicher oder rechtlicher Art vorbringen, die nicht
auch in der Beschwerdeschrift der Stadt enthalten bzw. vom kantonalen
Verwaltungsgericht mangels entsprechender Rügen nicht behandelt
worden sind. Ihre ergänzenden Vorbringen zum Sachverhalt betreffend
die Eigenschaften der konkurrierenden Riesenräder sowie die weiteren
Schaustellbetriebe der X. AG sind daher nicht zu hören.

Erwägung 2

    2.

    2.1  Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale
Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise
der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche
Entscheidungsfreiheit einräumt. Der Autonomiebereich kann sich auf die
Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen
oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder
eidgenössischen Rechts betreffen (BGE 124 I 223 E. 2b S. 226 f. mit
Hinweisen; vgl. zur Rechtslage nach neuer Bundesverfassung BGE 128 I 3
E. 2a).

    Vorliegend geht es um die Durchführung von Marktveranstaltungen,
worüber das kantonale Wandergewerbegesetz vom 20. Juni 1985 keine
abschliessende Regelung enthält. Es weist die Zuständigkeit für die
Aufsicht und die Bewilligung solcher Veranstaltungen den politischen
Gemeinden zu (Art. 9), welche hierüber eigene Normen erlassen können
(vgl. Marktreglement des Stadtrates St. Gallen vom 22. September 1987
sowie die gestützt darauf ergangenen "Weisungen" des Polizeivorstandes
vom 16. Januar 1989). Sie besitzen u.a. auch bei der Auswahl der Bewerber
für Standplätze auf öffentlichem Grund einen weiten Ermessensspielraum
und geniessen damit in diesem Bereich den Schutz der Autonomie.

    2.2  Die Politische Gemeinde St. Gallen kann sich demzufolge in
der vorliegenden Streitsache mittels Autonomiebeschwerde dagegen zur
Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde im Rechtsmittelverfahren ihre
Prüfungsbefugnis überschreitet oder die den betreffenden Sachbereich
ordnenden kommunalen, kantonalen oder bundesrechtlichen Vorschriften falsch
anwendet. Sie kann in diesem Rahmen auch geltend machen, die kantonalen
Behörden hätten die Tragweite eines Grundrechtes verkannt und dieses zu
Unrecht als verletzt betrachtet. Soweit es um die Handhabung von

eidgenössischem oder kantonalem Verfassungsrecht geht, prüft das
Bundesgericht das Vorgehen der kantonalen Behörden mit freier Kognition,
sonst nur auf Willkür hin (BGE 126 I 133 E. 2 S. 136 f.; 114 Ia 168
E. 2a/b S. 170, je mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.  Streitig ist, ob das Verwaltungsgericht in der beanstandeten
Bewilligungspraxis der Politischen Gemeinde St. Gallen, wonach der
Standplatz für ein Riesenrad am Herbstjahrmarkt regelmässig dem gleichen
Unternehmen mit der grössten Anlage (44 m Durchmesser) zugeteilt wurde,
ohne an dieser Veranstaltung abwechselnd auch einen Konkurrenzbetrieb
oder Konkurrenzbetriebe mit kleineren Riesenrädern (32 m) zum Zuge kommen
zu lassen, zu Recht einen Verstoss gegen das in der Wirtschaftsfreiheit
(Art. 27 BV) enthaltene Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen
erblickte. Diese Frage prüft das Bundesgericht nach dem Gesagten (E. 2.2)
ohne Einschränkung seiner Kognition.

    3.1  Der vorliegende Sachverhalt weist eine Ähnlichkeit mit den in
BGE 119 Ia 445 und 121 I 279 beurteilten Streitfällen über die Zuteilung
von Standplätzen für Zirkusunternehmen auf. Beide Seiten berufen sich
für ihre Argumentation auf diese Präzedenzfälle.

    3.1.1  In BGE 119 Ia 445 erachtete es das Bundesgericht als mit
Art. 4 und 31 aBV vereinbar, dass der Zirkus Knie jedes Jahr in der
Stadt Schaffhausen auftreten durfte, während der kleinere Circus Gasser
Olympia nur im Zweijahresturnus zugelassen wurde. Wohl hätten die für die
Zurverfügungstellung von Standplätzen auf öffentlichem Grund zuständigen
Behörden neben den allgemeinen Schranken des Willkürverbotes und des
Gleichbehandlungsgebotes auch dem besonderen Gehalt der Handels- und
Gewerbefreiheit Rechnung zu tragen, doch dürften sie neben dem Bedürfnis
des einzelnen Bewerbers und den Bedürfnissen anderer - branchengleicher
oder sonstiger - Bewerber auch das Interesse der Öffentlichkeit sowie
der Anwohner an einer zweckmässigen Nutzung des öffentlichen Grundes
mitberücksichtigen. Die an der periodischen Zuweisung von Standplätzen
interessierten Zirkusunternehmen seien zwar nach Möglichkeit gleich
zu behandeln; die Stadt Schaffhausen sei aber verfassungsrechtlich
nicht verpflichtet, ihre Benützungsordnung für das betreffende Areal,
unter Hintanstellung ihrer eigenen lokalen Bedürfnisse, geradezu darauf
auszurichten, dass alle schweizerischen Zirkusunternehmen gleichmässig zum
Zuge kämen. Das von den kommunalen und kantonalen Behörden berücksichtigte
Zuschauerinteresse, einen Grosszirkus mit seinem umfangreicheren

Programmangebot häufiger sehen zu können als einen kleineren Zirkus,
vermöge die beanstandete unterschiedliche Behandlung der Konkurrenten
zu rechtfertigen.

    3.1.2  Etwas anders (und komplexer) lagen die Verhältnisse in BGE
121 I 279 betreffend die Vergebung von Zirkusstandplätzen in der Stadt
Basel. Gemäss der angefochtenen Bewilligungspraxis konnten der Zirkus
Knie (sowie der wegen seines besonderen Charakters zulässigerweise
privilegierte Jugend-Zirkus Basilisk) jährlich auftreten, während die
übrigen Zirkusunternehmen, worunter der Circus Gasser Olympia, nur alle 5-6
Jahre gastieren durften. Das Bundesgericht betrachtete die genannten beiden
Zirkusunternehmen als direkte Konkurrenten, welche als solche dem Gebot
der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen unterstanden. Dieses garantiere
zwar keine durchgehende, absolute Gleichbehandlung. Systembedingte oder
sonstwie sachlich unumgängliche Ungleichheiten seien zulässig, müssten
aber minimiert werden. Wo, wie bei der Zuteilung öffentlichen Grundes,
wegen des Überhanges der Nachfrage zum Vornherein nur ein kleiner Teil
der Konkurrenten berücksichtigt werden könne, komme dem Grundsatz der
Gleichbehandlung der Gewerbegenossen nicht die gleiche Tragweite zu wie in
Bereichen ohne kapazitätsbedingte Zulassungsschranken. Das beschränkte
Platzangebot mache zum Vornherein eine Auswahl unter den Bewerbern
erforderlich. Einen "freien Wettbewerb" könne es daher auf dem Sektor des
Zirkuswesens nicht geben, weil die Platzzuteilung sachbedingt regelmässig
einer staatlichen (bzw. kommunalen) Behörde obliege, welche in der Regel
eine Auswahl unter den Konkurrenten vornehmen müsse. Der wirtschaftliche
Erfolg hange insofern weitgehend auch von der Zuteilungspraxis der
Gemeinden ab. Nicht in der Natur der Sache liege es aber, dass bestimmte
Unternehmen in der Platzzuweisung gegenüber andern regelmässig bevorzugt
würden. Gerade der Umstand, dass es keinen freien Wettbewerb gebe,
verpflichte die Behörden dazu, dem institutionellen Gehalt der Handels-
und Gewerbefreiheit Rechnung zu tragen und ihre Bewilligungspraxis so
auszugestalten, dass möglichst faire Wettbewerbsverhältnisse geschaffen
würden. Der Staat dürfe nicht bei der Benutzung öffentlichen Grundes
einzelnen Gewerbetreibenden gegenüber ihren direkten Konkurrenten
ungerechtfertigte wirtschaftliche Vorteile verschaffen. Dies bedinge
allerdings nicht eine völlige Gleichbehandlung aller Bewerber in der
Platzzuteilung. Einerseits müsse objektiven Unterschieden zwischen
den Bewerbern Rechnung getragen werden. Ein gleicher Anspruch auf
Platzzuteilung für jeden

Zirkus ungeachtet seiner Grösse wäre ebenfalls kein freier
Wettbewerb. Sachliche Unterschiede, die in der Struktur der konkurrierenden
Unternehmen begründet seien, dürften mitberücksichtigt werden. Sodann sei
auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass kleinere Zirkusse eher auch
in kleineren Ortschaften auftreten könnten, in denen ein Grosszirkus
keinen Platz fände. Dies rechtfertige es bis zu einem gewissen
Masse, die Grosszirkusse in Grossstädten bevorzugt zu behandeln. Zu
berücksichtigen sei allerdings, dass es auch für einen kleineren Zirkus
einträglicher sei, in grösseren Städten zu gastieren. Diese Chance
dürfe ihm nicht allein wegen seiner Kleinheit verbaut werden, würden
doch sonst mit Hilfe der staatlichen Bewilligungspraxis bestehende
Grössenunterschiede zementiert. Die Ungleichbehandlung müsse sich daher
in Grenzen halten und durch objektivierbare Überlegungen rechtfertigen
lassen. Immerhin könnten öffentliche Interessen - neben polizeilichen
Überlegungen zum Beispiel auch kulturpolitische Anliegen sowie die
Berücksichtigung des Publikumsinteresses am Besuch eines Grosszirkusses
mit einem umfangreicheren Programmangebot - eine Abweichung vom Gebot der
Gleichbehandlung in gewissen Grenzen rechtfertigen, doch müsse auch eine
solcherart begründete Ungleichbehandlung verhältnismässig sein und dürfe
das Gebot der Gleichbehandlung der Konkurrenten nicht seiner Substanz
berauben. Gestützt auf diese Überlegungen erachtete das Bundesgericht die
dem rekurrierenden Circus Gasser Olympia zugemutete Ungleichbehandlung
gegenüber dem Zirkus Knie mangels überzeugender sachlicher Argumente
als unverhältnismässig, was zur Gutheissung von dessen Beschwerde führte
(BGE 121 I 279 E. 6).

    3.2  In Anlehnung an die Erwägungen dieses zweiten
Bundesgerichtsurteils erachtete das Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen die gerügte Ungleichbehandlung der X. AG als
unverhältnismässig. Das Gericht ging von der unbestrittenen Annahme aus,
dass am St. Galler Herbstjahrmarkt jeweils nur ein Riesenrad aufgestellt
werden könne. Es erachtete es sodann auch als zulässig, grundsätzlich
denjenigen Bewerber zu berücksichtigen, der über das attraktivste
Riesenrad verfügt; es liege im öffentlichen Interesse, den Marktbesuchern
eine möglichst attraktive Unterhaltung anzubieten. Es sei jedoch
unverhältnismässig, das Gesuch der X. AG um Zuteilung eines Standplatzes
regelmässig mit der Begründung abzulehnen, ein anderer Bewerber bzw. die
Y. AG verfüge über ein grösseres und damit attraktiveres Riesenrad. Das
Riesenrad der X. AG sei mit 32 m Durchmesser für einen Anlass von der

Bedeutung des St. Galler Herbstjahrmarktes nicht grundsätzlich zu
klein. Die Praxis der Stadt St. Gallen, nur den Bewerber mit dem grössten
Riesenrad zuzulassen, führe dazu, dass die X. AG keine Chance habe, ihr
Gewerbe an dieser Veranstaltung auszuüben, solange sie nicht in der Lage
sei, ein gleich grosses oder grösseres Riesenrad aufzustellen. Sie sei
gleich wie die übrigen direkten Konkurrenten darauf angewiesen, mit ihrer
Anlage öffentlichen Grund benützen zu können, und zwar zu einem Zeitpunkt,
in dem eine möglichst grosse Nachfrage nach Unterhaltung bestehe. Die
beanstandete Bewilligungspraxis der Stadt St. Gallen gewährleiste damit
keine fairen Wettbewerbsverhältnisse. Das an sich sachliche Motiv,
dem Jahrmarktpublikum jedes Jahr das bestmögliche Angebot in Form des
grössten Riesenrades zu präsentieren, habe insofern wirtschaftspolitische
Auswirkungen, als die ausgeschlossenen Konkurrenten dauernd benachteiligt
würden. Es sei mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen
nicht vereinbar, die X. AG von der Teilnahme am St. Galler Herbstjahrmarkt
gänzlich auszuschliessen, solange andere Gesuche für grössere Riesenräder
vorlägen. Ob die genannte Unternehmung am weit weniger attraktiven
Frühlingsjahrmarkt teilnehmen könnte, sei nicht entscheidend, zumal
die Zuteilung dort nach der Darstellung der Stadt St. Gallen nach den
gleichen Kriterien vorgenommen werde. Es bleibe der Stadt St. Gallen
aber unbenommen, einen nach der Grösse des Riesenrades abgestuften
Bewilligungsturnus festzulegen, der vor dem Grundsatz der Gleichbehandlung
der Gewerbegenossen standhalte.

    3.3  Die Politische Gemeinde St. Gallen erachtet die Argumentation des
Verwaltungsgerichts als mit der Wirtschaftsfreiheit nicht vereinbar. Durch
die Bewilligungserteilung an den Konkurrenten mit dem besten Angebot
werde der Wettbewerb unter den direkten Konkurrenten nicht unzulässig
verzerrt. Letzteres wäre vielmehr gerade dann der Fall, wenn die
Bewilligung für die Aufstellung des Riesenrades ungeachtet der Güte des
Angebotes nicht dem Bewerber mit dem besten Angebot, sondern einem Bewerber
mit einem weniger guten Angebot erteilt würde. Die vom Verwaltungsgericht
herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffend die Zulassung
von Zirkussen lasse sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen; in
jenen Fällen sei zu prüfen gewesen, wieweit neben dem Konkurrenten mit
dem besten Angebot zusätzlich noch anderen Bewerbern (an andern Terminen)
die Benutzung des öffentlichen Grundes zu gestatten sei, während es
vorliegend darum gehe, ob für

den St. Galler Herbstjahrmarkt an Stelle des Bewerbers mit dem besten
Angebot ein Bewerber mit einem schlechteren Angebot zu berücksichtigen
sei. Aus der Wirtschaftsfreiheit und dem Gebot der Gleichbehandlung
der Gewerbegenossen ergebe sich kein Anspruch auf Zulassung des
Bewerbers mit dem schlechteren Angebot an Stelle des Bewerbers mit
dem besten Angebot. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach
verschiedene Bewerber in einem Turnus zuzulassen seien, solange ihr
Angebot nicht grundsätzlich ungenügend sei, sei verfassungsrechtlich
nicht haltbar. Anspruch auf einen Turnus könne erst dann bestehen, wenn
die Angebote praktisch gleichwertig seien, nicht hingegen für sämtliche
Angebote, die nicht "grundsätzlich ungenügend" seien. Es sei offenkundig,
dass ein Riesenrad mit 44 m Durchmesser ein wesentlich attraktiveres
Unterhaltungsangebot darstelle als ein Riesenrad mit 32 m Durchmesser. Es
müssten vorliegend die gleichen Grundsätze gelten wie im Bereich des
öffentlichen Beschaffungswesens, wo die Vergabe an den Anbieter mit dem
wirtschaftlich günstigsten Angebot erfolge, selbst wenn immer wieder der
gleiche Anbieter das günstigste Angebot einreiche. Im Übrigen bestünde für
die X. AG, auch wenn an sich die gleichen Zuteilungskriterien zur Anwendung
kämen, Aussicht für eine Standplatzbewilligung am weniger lukrativen
Frühlingsjahrmarkt, wofür sich die genannte Unternehmung aber nicht
beworben habe. Der Umstand, dass während mehrerer Jahre der Konkurrent
mit dem besten Angebot berücksichtigt werde, führe nicht zur "Zementierung
einmal geschaffener Privilegien". Eine von der Wirtschaftsfreiheit verpönte
Strukturerhaltung ergäbe sich vielmehr gerade dann, wenn an Stelle des
Konkurrenten mit dem besten Angebot Konkurrenten mit dem schlechteren
Angebot berücksichtigt werden müssten.

Erwägung 4

    4.

    4.1  Die vorgebrachten, zum Teil auf gegensätzlichen Betrachtungsweisen
beruhenden Argumente widerspiegeln die Doppelrolle der Gemeindebehörden
bei der Zuteilung von Standplätzen für gewerbliche Veranstaltungen auf
öffentlichem Grund: Einerseits hat die Gemeinde als Hoheitsträgerin
die aus Art. 27 BV folgenden (bedingten) Ansprüche auf Benützung des
öffentlichen Grundes zu gewerblichen Zwecken zu respektieren und sich bei
ihrer Zuteilungspraxis insbesondere an das Gebot der Gleichbehandlung der
Gewerbegenossen zu halten (BGE 121 I 279 E. 2a und 4a S. 282 bzw. 285;
126 I 133 E. 4d S. 140, je mit Hinweisen). Andererseits wird die Gemeinde
durch die Inanspruchnahme ihres öffentlichen

Areals für derartige Zwecke regelmässig in eigenen Interessen
berührt, denen sie in ihrer Zuteilungspraxis Rechnung tragen darf und
muss. Allfällige Kapazitätsschranken schliessen eine Gleichbehandlung
aller Gesuchsteller zum Vornherein aus. Wo, wie vorliegend, jeweils nur
ein einziger Bewerber den Standplatz für eine bestimmte Einrichtung
erhalten kann, handelt die Gemeinde beim Zuteilungsentscheid nicht
nur als für die Verwirklichung der Grundrechte mitverantwortliche
Hoheitsträgerin, sondern sie hat bis zu einem gewissen Grade, zusammen
mit den andern in Frage kommenden Standortgemeinden, zugleich die
Stellung eines Marktteilnehmers, indem sie - in Wahrung ihrer eigenen
Interessen oder, bei Unterhaltungseinrichtungen der vorliegenden Art,
in Berücksichtigung der mutmasslichen Publikumsbedürfnisse - unter den
vorhandenen Angeboten das ihr am besten erscheinende auszuwählen hat. Zwar
kann ein solches Auswahlverfahren, entgegen der Annahme der Politischen
Gemeinde St. Gallen, nicht einem Submissionsverfahren für öffentliche
Beschaffungen gleichgesetzt werden, da die Gemeinde nicht selber als
Abnehmerin einer Sache oder Dienstleistung auftritt (BGE 125 I 209 E. 6b
S. 212 ff.), sondern lediglich das Recht zur Benützung des öffentlichen
Grundes erteilt, was es dem betreffenden Unternehmer erst ermöglicht,
seine Dienstleistungen dem Publikum zu offerieren. Der das öffentliche
Beschaffungswesen beherrschende Grundsatz, dass der Zuschlag an den
Bewerber mit dem günstigsten bzw. besten Angebot erfolgt, ohne dass bei
periodischen Vergebungen zugunsten einer gerechten Abwechslung von diesem
Prinzip abzuweichen wäre, lässt sich nicht auf das vorliegende Verfahren
übertragen, da auf die Zuteilung von Standplätzen auf öffentlichem
Grund, anders als auf den Erhalt von Aufträgen durch die öffentliche
Hand, ein bedingter grundrechtlicher Anspruch besteht. Die Gemeinde
bleibt bei der Zuteilung von Standplätzen auf öffentlichem Grund, auch
wenn aus Kapazitätsgründen unter den interessierten Konkurrenten kein
freier Wettbewerb bestehen kann, doch dem institutionellen Gehalt der
Wirtschaftsfreiheit verpflichtet, indem sie mit ihrer Bewilligungspraxis
auf möglichst faire Wettbewerbsverhältnisse hinzuwirken hat (BGE 121 I
279 E. 6c S. 287 ff.). Im Bereich des Zirkus- und Schaustellergewerbes
ist allerdings zu beachten, dass die betreffenden Unternehmen als
Wanderbetriebe von Gemeinde zu Gemeinde ziehen oder jedenfalls an
verschiedenen Orten auftreten können und ihre wirtschaftliche Existenz
damit nicht von der Bewilligungspraxis einer einzelnen Gemeinde
abhängt. Wer in einer bestimmten Ortschaft

oder an einem bestimmten Anlass nicht auftreten darf, kann den erstrebten
Zugang zum Publikum anderswo erwirken. Es besteht gesamthaft gesehen auch
hier insofern ein gewisser Wettbewerb, als Unternehmen mit attraktiven
Angeboten leichter einen für sie finanziell interessanten Standplatz
erhalten, während weniger attraktive Betriebe sich mit Auftritten in
kleineren Ortschaften oder an weniger frequentierten Veranstaltungen
begnügen müssen, sich aber durch Verbesserung ihres Angebotes um günstigere
Standplätze bemühen können. Dessen ungeachtet sind die einzelnen Gemeinden
nach dem Gesagten in ihrer Zuteilungspraxis nicht frei, sondern sie haben,
namentlich wenn sich regelmässig mehrere direkte Konkurrenten für eine
beschränkte Anzahl von Standplätzen oder Auftrittsmöglichkeiten bewerben,
einen Zuteilungsschlüssel anzustreben, der den allfälligen Ungleichheiten
der konkurrierenden Betriebe in verhältnismässiger Weise Rechnung trägt
(so betreffend Zirkusunternehmen BGE 121 I 279 E. 6). Solche fixierten
Verteilschlüssel erleichtern den interessierten Betrieben auch die
Tourneeplanung. Sie sind allerdings insofern nicht unproblematisch -
und daher regelmässig zu überprüfen -, als sie einerseits allfällige
Ungleichheiten zementieren bzw. sich als Hindernis für den Aufstieg
arrivierter Betriebe auswirken und anderseits eine verpönte staatliche
Einflussnahme zugunsten der Erhaltung wirtschaftlich schwacher Betriebe
darstellen können.

    4.2  In den letzten Jahren lagen der städtischen Behörde für den
Standplatz für das Riesenrad am St. Galler Herbstjahrmarkt jeweils drei
Bewerbungen vor, nämlich jene der Firma Z. (Riesenrad 34 m), der X. AG
(Riesenrad 32 m) sowie der Y. AG (Riesenrad 44 m). Die verschiedenen
Angebote waren in Bezug auf das von Stadt und Verwaltungsgericht
übereinstimmend als massgebend erachtete Kriterium der Attraktivität
offensichtlich nicht gleichwertig. Es liegt auf der Hand, dass ein
Riesenrad mit 44 m Durchmesser dem Benützer sowohl optisch als auch im
Bewegungsablauf einen wesentlich stärkeren Effekt vermittelt als ein
solches mit nur 32 m oder 34 m Höhe. Wenn die Politische Gemeinde
St. Gallen für den stark frequentierten Herbstjahrmarkt jeweils
dem erwähnten Bewerber mit der attraktivsten Anlage den Vorzug gibt,
ohne an dieser Veranstaltung periodisch auch die andern Unternehmen mit
deutlich kleineren Riesenrädern zum Zuge kommen zu lassen, lässt sich dies
verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Der dem betreffenden Unternehmen
dadurch zukommende Vorteil erscheint nicht unverhältnismässig. Einerseits
entspricht die Wahl dieser Anlage

nach Einschätzung der städtischen Behörden, auf die es in erster
Linie ankommt, am besten dem Publikumsbedürfnis und der Bedeutung der
Veranstaltung. Anderseits ist anzunehmen, dass der Betreiber dieser
grösseren Anlage wesentlich mehr investiert hat als seine Konkurrenten mit
den kleineren Riesenrädern, was einen entsprechenden wirtschaftlichen
Vorteil rechtfertigt. Es widerspricht nicht dem Gebot eines fairen
Wettbewerbes, wenn die Gemeinde von mehreren Angeboten für das Riesenrad
am Herbstjahrmarkt jeweils das objektiv deutlich beste auswählt, auch
wenn es immer wieder vom gleichen Anbieter stammt. Die in BGE 121 I 279
für konkurrierende Zirkusunternehmen entwickelten Grundsätze lassen sich
nicht unbesehen auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen. Eine die
Ungleichheiten der konkurrierenden Betriebe in verhältnismässiger Weise
berücksichtigende Zuteilungspraxis lässt sich vorliegend schon dadurch
verwirklichen, dass die Politische Gemeinde St. Gallen den Konkurrenten
mit kleineren Riesenrädern jeweils am - weniger stark frequentierten -
Frühlingsjahrmarkt einen Standplatz bewilligt, wie sie dies bereits im
kantonalen Verfahren in Aussicht gestellt hat. Solange diese Möglichkeit
besteht bzw. die Konkurrenten von dieser Alternative keinen Gebrauch machen
wollen, erscheint die vom Verwaltungsgericht beanstandete Zuteilungspraxis
nicht als verfassungswidrig. Wohl wäre auch das im angefochtenen Urteil
verlangte Rotationsprinzip für den Herbstjahrmarkt eine denkbare Lösung, um
Konkurrenten mit weniger attraktiven, aber "nicht grundsätzlich zu kleinen"
Riesenrädern an dieser lukrativen Veranstaltung in gewissen Zeitabständen
ebenfalls zum Zuge kommen zu lassen. Doch kann der Politischen Gemeinde
St. Gallen, wenn sie für diesen bedeutenden Anlass jeweils der klar
attraktivsten Anlage den Vorzug gibt und die Konkurrenten mit kleineren
Anlagen auf den Frühlingsjahrmarkt verweist, kein Verstoss gegen das Gebot
der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen vorgeworfen werden. Mit seiner
Forderung nach einem Rotationsprinzip für den Herbstjahrmarkt hat das
Verwaltungsgericht dem Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen
vorliegend eine zu weit gehende Tragweite beigemessen und damit die
Autonomie der Politischen Gemeinde St. Gallen verletzt. Sein Urteil ist
daher in Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben.