Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 IV 201



128 IV 201

30. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X., Y. und Z. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.129/2002 vom 26. Juli 2002

Regeste

    Harte Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 StGB); Meinungsäusserungsfreiheit
(Art. 10 EMRK).

    Die Bestrafung wegen des Vertriebes von pornographischen Magazinen
und Videofilmen, die sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten bzw. mit
menschlichen Ausscheidungen zum Inhalt haben, verstösst auch dann nicht
gegen die Meinungsäusserungsfreiheit, wenn mit diesen Erzeugnissen
ausschliesslich interessierte und eingeweihte Erwachsene bedient werden
(E. 1).

    Art. 20 StGB.

    Rechtsirrtum verneint (E. 2).

    Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1 lit. e, lit. f und Abs. 2 URG);
Verwendung zum Eigengebrauch (Art. 19 URG).

    Der Inhaber eines Geschäfts, der im Handel erhältliche Werkexemplare
vollständig oder weitgehend vollständig vervielfältigt und die Kopien
an Kunden zu deren Eigengebrauch veräussert, erfüllt den Tatbestand der
Urheberrechtsverletzung (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Das Strafgericht Basel-Stadt (Dreiergericht) sprach X. am
12. August 1999 der mehrfachen Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 StGB), der
gewerbsmässigen Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1 lit. e und f sowie
Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und
verwandte Schutzrechte [URG; SR 231.1]) sowie des unlauteren Wettbewerbs
(Art. 23 UWG [SR 241]) schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt
vollziehbaren Gefängnisstrafe von 12 Monaten und zu einer Busse von 10'000
Franken. Es verurteilte Y. wegen mehrfacher Pornographie (Art. 197 Ziff. 3
StGB) und wegen gewerbsmässiger Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1
lit. f und Abs. 2 URG) zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe
von vier Monaten und zu einer Busse von 1'000 Franken. Z. wurde wegen
mehrfacher Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 StGB) und wegen Gehilfenschaft
zur Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1 lit. f URG i.V.m. Art. 25 StGB)
zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt.

    Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wies am 16.
November 2001 die von den Verurteilten eingereichten Appellationen ab
und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid.

    B.- Die drei Verurteilten führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, der Entscheid des Appellationsgerichts sei aufzuheben
und die Sache zu ihrer Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Art. 197 StGB ("Pornographie") lautet:

      1. Wer pornographische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen,

         Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornographische

         Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt,

         überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen

         verbreitet, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

      2. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1 öffentlich

         ausstellt oder zeigt oder sie sonst jemandem unaufgefordert

         anbietet, wird mit Busse bestraft.  Wer die Besucher von

         Ausstellungen oder Vorführungen in geschlossenen Räumen im voraus

         auf deren pornographischen Charakter hinweist, bleibt straflos.

      3. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1,

      die sexuelle

         Handlungen mit Kindern oder mit Tieren, menschlichen

         Ausscheidungen oder Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben,

         herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist,

         ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht,

         wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.  Die Gegenstände

         werden eingezogen.

      4. Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist die Strafe Gefängnis und

         Busse.

      5. Gegenstände oder Vorführungen im Sinne der Ziffern 1-3 sind nicht

         pornographisch, wenn sie einen schutzwürdigen kulturellen oder

         wissenschaftlichen Wert haben.

    Art. 197 StGB ist durch Bundesgesetz vom 5. Oktober 2001, in Kraft
seit 1. April 2002, durch eine neue Ziffer 3bis ergänzt worden, die lautet
(siehe AS 2002 S. 408, 409):

      Mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse wird bestraft, wer

    Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1, die sexuelle

    Handlungen mit Kindern oder Tieren oder sexuelle Handlungen mit

    Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, erwirbt, sich über elektronische

    Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt.

      Die Gegenstände werden eingezogen.

    Die Beschwerdeführer wurden wegen mehrfacher Pornographie im Sinne
von Art. 197 Ziff. 3 StGB verurteilt, weil sie als Inhaber bzw. als
Angestellte eines Sex- und Erotikshops Magazine und Videofilme, welche
unstreitig im Sinne von Art. 197 Ziff. 1 und Ziff. 3 StGB pornographische
Bildaufnahmen enthielten, die einerseits sexuelle Handlungen mit
menschlichen Ausscheidungen (im konkreten Fall mit Urin und/oder Kot)
und andererseits sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten zum Inhalt
hatten, an interessierte und eingeweihte Erwachsene zum privaten Gebrauch
verkauften und verliehen.

    Der Vertrieb solcher Erzeugnisse ist gemäss Art. 197 Ziff. 3 StGB
uneingeschränkt verboten und bei vorsätzlichem Handeln strafbar, mithin
auch dann, wenn damit ausschliesslich Erwachsene bedient werden, die sich
für solche Erzeugnisse in Kenntnis ihres wesentlichen Inhalts interessieren
und sie ausschliesslich im privaten bzw. intimen Rahmen betrachten wollen
(siehe zum Ganzen die Botschaften des Bundesrates, BBl 1985 II 1009 ff.,
S. 1091; BBl 2000 S. 2943 ff., 2947).

    1.1  Die Beschwerdeführer machen geltend, der Verkauf und der Verleih
solcher Magazine und Filme falle unter die Meinungsäusserungsfreiheit im
Sinne von Art. 10 Ziff. 1 EMRK (SR 0.101) und dürfe nicht bestraft werden,
soweit interessierte, eingeweihte Erwachsene bedient würden, da insoweit
eine Bestrafung nicht im Sinne von Art. 10 Ziff. 2 EMRK zum Schutze
der Moral oder anderer in dieser Bestimmung genannter Güter notwendig
sei. Bei Filmen und Magazinen, welche pornographische Bildaufnahmen
enthalten, die sexuelle Handlungen mit menschlichen Ausscheidungen
zum Inhalt haben, sei nicht der geringste Schutzzweck zu erkennen.
Entsprechendes gelte für pornographische Bildaufnahmen, die sexuelle
Handlungen mit Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, sofern diese erkennbar
mit dem Einverständnis der Beteiligten praktiziert würden. Kaum jemand
käme wohl heute auf die Idee, einem erwachsenen Paar zu verbieten, zur
Lustgewinnung in der Zweisamkeit einverständlich sich der menschlichen
Ausscheidungen (Urin, Kot) und sog. sadomasochistischer Praktiken zu
bedienen. Daher sei nicht einzusehen, weshalb die Darstellung solcher
Praktiken verboten und strafbar sei, sofern sie nicht in der Öffentlichkeit
erfolge und soweit sie nicht für Jugendliche zugänglich sei. Es sei
nicht einzusehen, warum der Staat die interessierten, eingeweihten
erwachsenen Konsumenten bevormunden solle. Genau dies verbiete Art. 10
EMRK betreffend die Meinungsäusserungsfreiheit. Auch wenn derartige
Darstellungen den moralischen Vorstellungen eines grossen Teils der
Bevölkerung widersprechen mögen, würden sie doch von einer Minderheit
gesucht. In einem freiheitlichen, demokratischen Staat hätten aber
auch die Interessen der Minderheiten Anrecht auf Berücksichtigung. Die
Beschwerdeführer berufen sich, wie schon im kantonalen Verfahren, im
Besonderen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
i.S. Josef Felix Müller gegen Schweiz vom 24. Mai 1988 und auf den
Entscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte i.S. Scherer
gegen Schweiz vom 14. Januar 1993. Aus diesen Entscheiden ergebe sich,
dass auch pornographische Darstellungen unter den Schutzbereich der
Meinungsäusserungsfreiheit im Sinne von Art. 10 EMRK fielen und dass die
Antwort auf die Frage, ob eine Bestrafung wegen solcher Darstellungen
gegen das Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit verstosse, massgeblich
auch davon abhänge, welchen Personen die pornographischen Darstellungen
zugänglich gemacht werden.

    1.2  Gemäss Art. 191 BV ("massgebendes Recht") sind Bundesgesetze
und Völkerrecht für das Bundesgericht und die andern rechtsanwendenden
Behörden massgebend. Die Bestimmung, die in den eidgenössischen Räten
unbestritten war, entspricht der bisherigen Regelung. Die diesbezügliche
Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 113 Abs. 3 aBV gilt auch unter
der Herrschaft der neuen Bundesverfassung. Das Bundesgericht muss mithin
die in den Bundesgesetzen enthaltenen Bestimmungen anwenden, selbst
wenn sie der Verfassung widersprechen sollten (Anwendungsgebot). Es
muss sie aber verfassungs- und EMRK-konform auslegen, soweit ein
Auslegungsspielraum besteht (BGE 126 IV 236 E. 4b S. 248). Dabei sind,
wie sich übrigens auch aus Art. 197 Ziff. 5 StGB ergibt, im Rahmen
der gebotenen verfassungskonformen Auslegung auch die Grundrechte zu
berücksichtigen, etwa die Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 16 BV), die
Wissenschaftsfreiheit (Art. 20 BV) und die Kunstfreiheit (Art. 21 BV),
aber auch die Menschenwürde (Art. 7 BV).

    Der inkriminierte Vertrieb der fraglichen Magazine und Videofilme
fällt in Anbetracht von deren Inhalt und mit Rücksicht auf den von den
Beschwerdeführern damit verfolgten kommerziellen Zweck offensichtlich
unter den Anwendungsbereich von Art. 197 Ziff. 3 StGB. Der in der
Nichtigkeitsbeschwerde geforderte Freispruch lässt sich nicht auf dem
Wege einer verfassungskonformen, einschränkenden Auslegung von Art. 197
Ziff. 3 StGB erreichen.

    1.3  Nach Art. 191 BV sind allerdings nicht nur Bundesgesetze,
sondern auch das Völkerrecht für das Bundesgericht massgebend. In
der Rechtsprechung zur alten Bundesverfassung hat das Bundesgericht
verschiedentlich erklärt, dass sich die Eidgenossenschaft nicht
unter Berufung auf inländisches Recht ihren völkerrechtlichen
Verpflichtungen entziehen könne. Das Landesrecht müsse daher in erster
Linie völkerrechtskonform ausgelegt werden (BGE 125 II 417 E. 4c
mit Hinweisen). Im Konfliktfall könne Völkerrecht dem Landesrecht
prinzipiell vorgehen, weshalb eine völkerrechtswidrige Norm des
Landesrechts im Einzelfall nicht angewendet werden könne. Eine
solche Konfliktregelung dränge sich umso mehr auf, wenn sich der
Vorrang aus einer völkerrechtlichen Norm ableite, die dem Schutz der
Menschenrechte diene. Offen gelassen wurde, ob in anderen Fällen davon
abweichende Konfliktlösungen in Betracht zu ziehen seien (BGE 125 II
417 E. 4d mit Hinweisen). Im zitierten Entscheid ist das Bundesgericht
unmittelbar gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK (betreffend den Anspruch
auf gerichtliche Beurteilung) auf eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen einen Entscheid des Bundesrates betreffend die Einziehung von
Propagandamaterial der Kurdischen Arbeiterpartei PKK eingetreten, obschon
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (und auch eine andere Beschwerde) nach
der Bundesgesetzgebung (Art. 98 lit. a e contrario, Art. 100 Abs. 1 lit. a
OG) unzulässig ist. In BGE 125 III 209 E. 6e wird offen gelassen, ob und
wie weit Konventionsrecht eine Regelung des Zivilgesetzbuches überhaupt zu
"korrigieren" vermöchte; die Frage musste nicht entschieden werden, weil
die zu beurteilende Bürgerrechtsregelung des ZGB gemäss den Erwägungen
im zitierten Entscheid nicht unter den Schutzbereich der EMRK fällt. Der
Entscheid verweist auf ein "obiter dictum" in BGE 122 II 485 betreffend
Vorrang des Völkerrechts und bemerkt, darin werde angedeutet, wie das
Bundesgericht den Konflikt zwischen Bundesgesetz und Völkerrecht dereinst
zu lösen gewillt sein könnte, wenn er denn einmal einträte. BGE 128 III 113
E. 3a hält fest, dass der Prüfung einer eidgenössischen Gesetzesbestimmung
auf ihre Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention nichts
entgegenstehe. Nach ausführlicher Prüfung wird erkannt, dass das Verbot
der Eheschliessung zwischen Stiefeltern und Stiefkindern gemäss Art. 95
Abs. 1 Ziff. 2 ZGB mit Art. 12 EMRK betreffend Recht auf Eheschliessung
vereinbar ist.

    Am 12. März 2000 haben Volk und Stände der Änderung der
Bundesverfassung betreffend Justizreform zugestimmt. Diese Reform
sieht - entgegen dem Vorschlag des Bundesrates - die Einführung einer
Verfassungsgerichtsbarkeit in Bezug auf Bundesgesetze nicht vor. BGE 128
IV 117 E. 3b lässt offen, ob diese politische Entscheidung Konsequenzen in
Bezug auf die frühere Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen Landesrecht
und Konventionsrecht habe.

    1.4  Demnach ist zu prüfen, ob die Verurteilung der Beschwerdeführer
wegen Vertriebs von Erzeugnissen, die sexuelle Handlungen mit
Gewalttätigkeiten und mit menschlichen Ausscheidungen wiedergeben, mit
dem Recht auf freie Meinungsäusserung gemäss Art. 10 EMRK vereinbar ist.

    1.4.1  Die Freiheit der Meinungsäusserung gemäss Art. 10 EMRK
erstreckt sich nicht allein auf ideelle Inhalte, sondern ebenfalls auf
kommerzielle Ausdrucksformen wie die Werbung eines Anwalts oder die
Ausstrahlung eines Satellitenfernsehprogramms zu reinen Werbezwecken
(Urteile des EGMR i.S. Casado Coca gegen Spanien vom 24. Februar 1994,
Serie A, Bd. 285, Ziff. 35 und i.S. Autronic AG gegen Schweiz vom
22. Mai 1990, Serie A, Bd. 178, Ziff. 47; BGE 120 Ib 142 E. 4a; MARK
E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK],
2. Aufl. 1999, N. 613 f.). Auch pornographische Darstellungen werden
von Art. 10 EMRK erfasst, selbst wenn sie keinen informativen Gehalt
aufweisen, sondern rein kommerziellen Zwecken dienen. Denn die genannte
Konventionsgarantie schützt - ohne Wertung des Inhalts - alle Formen der
Äusserung (Entscheid der Europäischen Menschenrechtskommission i.S. Scherer
gegen Schweiz vom 14. Januar 1993, Nr. 17116/90, Ziff. 53; VILLIGER,
aaO, N. 615; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl.
1999, S. 207; noch offen BGE 114 IV 116 E. 4b S. 120 f.; kritisch MARTIN
SCHUBARTH, Europäische Vielfalt und Strassburger Zentralismus, in: SJZ
93/1997 S. 386). Dementsprechend wird auch der von den Beschwerdeführern
vorgenommene Verkauf pornographischer Magazine und Videokassetten durch
Art. 10 EMRK geschützt.

    1.4.2  Nach Art. 10 Ziff. 2 EMRK kann die Ausübung der
Meinungsäusserungsfreiheit bestimmten vom Gesetz vorgesehenen
Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen
unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft
im Interesse namentlich der Aufrechterhaltung der Ordnung und der
Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des
Schutzes des guten Rufs oder der Rechte anderer notwendig sind.

    Die Strafbarkeit pornographischer Darstellungen mit Gewalttätigkeiten
und menschlichen Ausscheidungen gemäss Art. 197 Ziff. 3 und 3bis StGB dient
dem Schutz der öffentlichen Moral und damit eng verknüpft jenem der Rechte
anderer. Es soll der Verrohung auf dem Gebiet der Sexualität vorgebeugt
werden (JÖRG REHBERG/NIKLAUS SCHMID, Strafrecht III, 7. Aufl. 1997,
S. 419). Insbesondere soll verhindert werden, dass die unter Strafe
gestellten Darstellungen beim Betrachter die Bereitschaft erhöhen,
das Gesehene selber nachzuahmen; es soll also eine korrumpierende
Wirkung dieser Darstellungen vermieden werden (BGE 124 IV 106 E. 3c/aa
S. 111 f.). Bei diesen mit Art. 197 Ziff. 3 und 3bis StGB verfolgten
Zielen handelt es sich um Motive, die gemäss Art. 10 Ziff. 2 EMRK eine
Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit grundsätzlich rechtfertigen.

    1.4.3  Die Vereinbarkeit der angefochtenen Bestrafung mit Art. 10
EMRK setzt jedoch zusätzlich voraus, dass sie zur Verfolgung der genannten
Ziele in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, sie also einem
dringenden sozialen Bedürfnis entspricht (Entscheid des EGMR i.S. Felix
Müller gegen Schweiz vom 24. Mai 1988, Serie A, Bd. 133, Ziff. 32). Die
strafrechtliche Ahndung des Verkaufs der fraglichen pornographischen
Erzeugnisse muss mit anderen Worten im Blick auf die verfolgten Ziele
verhältnismässig erscheinen.

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes steht
dem nationalen Gesetzgeber bei der Bestimmung der Erfordernisse
der öffentlichen Moral ein weites Ermessen zu. Denn es bestehe keine
einheitliche europäische Vorstellung von Moral. Vielmehr unterschieden
sich die Anschauungen über moralische Erfordernisse zeitlich und
örtlich. Zurzeit seien die Auffassungen - gerade im Bereich der Sexualmoral
- von tief greifenden Wandlungen gekennzeichnet (Entscheid des EGMR
i.S. Felix Müller, aaO, Ziff. 35; Entscheid der Kommission i.S. Scherer,
aaO, Ziff. 58). Diesen Ermessensspielraum des Gesetzgebers hat auch das
Bundesgericht zu achten. Es auferlegt sich daher bei der Beurteilung
moralischer Vorstellungen im Bereich der Pornographie Zurückhaltung.

    1.4.4  Die Beschwerdeführer wurden unter anderem bestraft, weil die
von ihnen vertriebenen Magazine und Videokassetten sexuelle Handlungen mit
Gewalttätigkeiten enthalten. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass ein
Verbot und die Bestrafung solcher Gewaltdarstellungen zum angestrebten
Schutz der Gesellschaft vor Verrohung geboten sind. Dass der Verkauf
ausschliesslich an eingeweihte Erwachsene und nicht an Jugendliche
erfolgte, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Der Schutz
der Jugend vor pornographischen Darstellungen bzw. der Erwachsenen vor
ungewollter Konfrontation mit solchen Erzeugnissen sind wohl Motive, welche
nach der Rechtsprechung Einschränkungen der Meinungsäusserungsfreiheit
rechtfertigen. Der Gesetzgeber stellt denn auch aus diesen Gründen die
sog. weiche Pornographie in gewissen Fällen unter Strafe (vgl. Art. 197
Ziff. 1 und 2 StGB). Dies schliesst aber nicht aus, sog. harte
Pornographie, namentlich Darstellungen mit Gewalttätigkeiten, wegen der
von ihr ausgehenden verrohenden Wirkung strenger zu behandeln und sie
generell unter Strafe zu stellen, wie dies in der Schweiz der Fall ist
(Art. 197 Ziff. 3 und 3bis StGB). Aus dem von den Beschwerdeführern
erwähnten Entscheid der Europäischen Menschenrechtskommission
i.S. Scherer ergibt sich nichts Gegenteiliges. Es wurde darin zwar darauf
abgestellt, ob die Filmvorführung für Jugendliche und Erwachsene ohne
ihr Einverständnis zugänglich war, aber es handelte sich dabei allein um
sog. weiche Pornographie (Aufnahmen homosexueller Handlungen) und nicht
um Gewaltdarstellungen (aaO, Ziff. 16 f., 59 ff.), weshalb sich daraus
für den hier zu beurteilenden Fall nichts ableiten lässt.

    1.4.5  Die Bestrafung der Beschwerdeführer erfolgte allerdings
auch wegen des Vertriebs von Erzeugnissen, die sexuelle Handlungen mit
menschlichen Ausscheidungen (Urin, Kot) darstellen. Die Notwendigkeit,
diese sog. Exkrementenpornographie zum Schutz der öffentlichen Moral
unter Strafe zu stellen, erscheint weniger eindeutig, als dies bei
der soeben erwähnten Gewaltpornographie der Fall ist. Davon geht auch
der Gesetzgeber aus, wenn er im neu ins Strafgesetzbuch eingefügten
Art. 197 Ziff. 3bis die Handlungen mit menschlichen Ausscheidungen
nicht erwähnt. Er zieht damit den Kreis der Strafbarkeit enger als in der
Grundnorm von Art. 197 Ziff. 3, d.h. er lässt den Erwerb und Besitz dieser
Art von Pornographie straflos. Allerdings sah sich der Gesetzgeber bei
der erwähnten, vor kurzem erfolgten Revision des Strafgesetzbuchs nicht
veranlasst, pornographische Darstellungen mit menschlichen Ausscheidungen
inskünftig von der harten Pornographie auszunehmen und sie generell den
Bestimmungen über die weiche Pornographie zu unterstellen (vgl. Botschaft
des Bundesrates, BBl 2000 S. 2982). Der von den Beschwerdeführern getätigte
Vertrieb bleibt damit weiterhin strafbar.

    Auch wenn es Stimmen gibt, die eine weitere Einschränkung der
Strafbarkeit der Exkrementenpornographie - namentlich ihre Gleichstellung
mit der weichen Pornographie - verlangen, vermag dies die Rechtfertigung
der heutigen Regelung im Blick auf die Meinungsäusserungsfreiheit nicht
in Frage zu stellen. Der Gesetzgeber überschreitet das ihm in diesem
Bereich zustehende Ermessen nicht, wenn er davon ausgeht, dass nach der
vorherrschenden Moral sexuelle Handlungen mit Urin und Kot von weiten
Teilen der Bevölkerung als bizarr und pervers empfunden werden. Wie
bereits erwähnt, lässt Art. 197 Ziff. 3 StGB den Erwerb und Besitz
exkrementenpornographischer Erzeugnisse straflos und verbietet nur
Handlungen, die zu ihrer Verbreitung beitragen. Die Strafnorm will
also der kommerziellen Ausbeutung solcher als abartig empfundener
Sexualpraktiken und der damit verbundenen Gefahr der Verrohung der
Sexualität Einhalt gebieten. Zugleich dient sie dem Schutz der Darsteller
solcher Handlungen vor erniedrigender und menschenunwürdiger Behandlung
(vgl. BGE 124 IV 106 E. 3c/aa S. 112). Das Interesse an diesem Schutz
der öffentlichen Moral rechtfertigt die von den Beschwerdeführern gerügte
Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit.

    Dieses Ergebnis steht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer
nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung der Organe der Europäischen
Menschenrechtskonvention. Es trifft wohl zu, dass in den beiden bereits
erwähnten Entscheiden i.S. Felix Müller und Scherer dem Umstand
massgebliche Bedeutung zukam, ob die pornographischen Vorführungen
auch für Jugendliche zugänglich waren und Erwachsene damit ungewollt
konfrontiert werden konnten. Es wurde jedoch bereits dargelegt, dass
harte Pornographie auch dann unter Strafe gestellt werden kann, wenn sie
nur Erwachsenen mit deren Einverständnis gezeigt wird (E. 1.4.4).

    1.4.6  Aus diesen Gründen verletzt die Bestrafung der Beschwerdeführer
wegen des Vertriebs von Erzeugnissen, die sexuelle Handlungen mit
Gewalttätigkeiten und menschlichen Ausscheidungen enthalten, Art. 10
EMRK nicht.

Erwägung 2

    2.  Die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 berufen sich auf Rechtsirrtum im
Sinne von Art. 20 StGB. Sie seien Verkäuferinnen ohne rechtliche Kenntnisse
und hätten keine Veranlassung gehabt, daran zu zweifeln, dass der Handel
mit den inkriminierten Magazinen und Videofilmen rechtens sei, zumal die
Behörden während Jahren nie den geringsten Vorbehalt angemeldet hätten.

    Auf Rechtsirrtum im Sinne von Art. 20 StGB kann sich nur berufen, wer
zureichende Gründe zur Annahme hat, er tue überhaupt nichts Unrechtes,
und nicht schon, wer die Tat bloss für straflos hält (BGE 104 IV 217
E. 2). Sexuelle Handlungen mit menschlichen Ausscheidungen bzw. mit
Gewalttätigkeiten gelten nach weit verbreiteter Auffassung als bizarr
oder abartig. Der Vertrieb von pornographischen Darstellungen, die
sexuelle Handlungen dieser Art zum Inhalt haben, steht, auch wenn damit
ausschliesslich interessierte und eingeweihte Erwachsene bedient werden,
in einem Widerspruch zu den ethischen, sittlichen Wertvorstellungen
weiter Kreise. Damit liegt die Möglichkeit nahe, dass der Handel gegen die
Rechtsordnung verstossen könnte. Wer solche pornographische Darstellungen
vertreibt, ohne vorgängig die Rechtslage abzuklären, hat keine zureichenden
Gründe zur Annahme, er tue überhaupt nichts Unrechtes. Dass die Behörden
offenbar während Jahren nicht eingeschritten waren, kann allenfalls den
Irrtum begründen, der Vertrieb solcher Erzeugnisse sei nicht strafbar. Dies
reicht aber zur Annahme eines Rechtsirrtums nicht aus. In BGE 121 IV 109
E. 5b S. 125, worauf in der Beschwerde hingewiesen wird, stand nicht ein
Rechtsirrtum hinsichtlich des pornographischen Charakters der Tonaufnahmen
zur Diskussion, sondern die Frage, ob der Verantwortliche der PTT für den
Telekiosk rechtsirrtümlich habe annehmen können, dass das ihm zur Last
gelegte Verhalten keine Gehilfenschaft im Sinne von Art. 25 StGB sei,
was aus mehreren Gründen verneint wurde.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Der Beschwerdeführer 1 kaufte Original-Videofilme ein, die
einerseits "harte", andererseits "weiche" Pornographie enthielten. Er
kopierte die Originale, welche auf einer Tonspur durchwegs auch
urheberrechtlich geschützte Musik enthielten, in seinem Ladengeschäft mit
mehreren Videorecordern auf Leerkassetten, die er zu diesem Zweck gekauft
hatte. Von einem Film fertigte er jeweils durchschnittlich fünf Kopien
an. Im Laufe der Zeit wuchs sein Vorrat an Kopien, einschliesslich der
Kopien von Videofilmen, die verbotene "harte" Pornographie enthielten,
auf ca. 9'500 Stück. Der Kunde, der sich für Filme aus dem Sortiment des
Beschwerdeführers 1 interessierte, konnte sich anhand von Kassetten, die
- in die Originalhülle verpackt - zur Ansicht in den Regalen ausgestellt
waren, oder auf Grund eines vom Beschwerdeführer 1 erstellten und laufend
erweiterten Titelverzeichnisses für die Filme entscheiden, die er zu
erwerben gedachte. Wenn ein Kunde sich zum Kauf entschlossen hatte,
erhielt er gegen Bezahlung des Kaufpreises, der von der Spieldauer des
Films abhing, eine Kopie des ausgesuchten Titels aus dem Bestand der vom
Beschwerdeführer 1 hergestellten Kopien. Die Beschwerdeführerinnen 2
und 3 beteiligten sich als Verkäuferinnen am Verkauf der Kopien.

    3.2  Gemäss Art. 67 Abs. 1 URG wird auf Antrag der in ihren Rechten
verletzten Person wegen Urheberrechtsverletzung mit Gefängnis bis zu
einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer vorsätzlich und unrechtmässig auf
irgendeine Weise Werkexemplare herstellt (lit. e), Werkexemplare anbietet,
veräussert oder sonst wie verbreitet (lit. f). Wer eine Tat nach Absatz
1 gewerbsmässig begangen hat, wird von Amtes wegen verfolgt; die Strafe
ist Gefängnis und Busse bis zu 100'000 Franken (Art. 67 Abs. 2 URG).
Werke im Sinne des Urheberrechts sind, unabhängig von ihrem Wert oder
Zweck, geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen
Charakter haben (Art. 2 Abs. 1 URG). Dazu gehören unter anderem Werke
der Musik und andere akustische Werke (Art. 2 Abs. 2 lit. b URG),
fotografische, filmische und andere visuelle oder audiovisuelle Werke
(Art. 2 Abs. 2 lit. g URG).

    Der Urheber oder die Urheberin hat das ausschliessliche Recht
zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird (Art. 10
Abs. 1 URG). Sie haben unter anderem das Recht, Werkexemplare wie
Druckerzeugnisse, Tonbild- oder Datenträger herzustellen (Art. 10 Abs. 2
lit. a URG), Werkexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonst wie zu
verbreiten (Art. 10 Abs. 2 lit. b URG). Veröffentlichte Werke dürfen
zum Eigengebrauch verwendet werden (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 URG). Als
Eigengebrauch gilt unter anderem jede Werkverwendung im persönlichen
Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie
Verwandte oder Freunde (Art. 19 Abs. 1 lit. a URG). Wer zum Eigengebrauch
berechtigt ist, darf die dazu erforderlichen Werkexemplare auch durch
Dritte herstellen lassen; als Dritte im Sinne dieses Absatzes gelten
auch Bibliotheken, die ihren Benützern Kopiergeräte zur Verfügung stellen
(Art. 19 Abs. 2 URG). Ausserhalb des privaten Kreises ist die vollständige
oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher
Werkexemplare nicht zulässig (Art. 19 Abs. 3 lit. a URG).

    Nach Art. 20 Abs. 1 URG ist die Werkverwendung im privaten Kreis gemäss
Art. 19 Abs. 1 lit. a URG unter Vorbehalt von Abs. 3 vergütungsfrei. Wer
als Drittperson nach Art. 19 Abs. 2 URG Werke auf irgendwelche Art
vervielfältigt, schuldet dem Urheber oder der Urheberin hiefür eine
Vergütung (Art. 20 Abs. 2 URG). Wer Leerkassetten und andere zur Aufnahme
von Werken geeignete Ton- und Tonbildträger herstellt oder importiert,
schuldet dem Urheber oder der Urheberin für die Werkverwendungen nach
Art. 19 URG eine Vergütung (Art. 20 Abs. 3 URG). Die Vergütungsansprüche
können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht
werden (Art. 20 Abs. 4 URG).

    3.3  Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten die Kopien nicht
unrechtmässig hergestellt und veräussert. Vielmehr liege rechtmässiger
Eigengebrauch im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 URG vor. Die
Kunden hätten die Kopien für den Eigengebrauch im Sinne von Art. 19 Abs. 1
lit. a URG verwendet. Die Kunden hätten diese Kopien, das heisst diese
Werkexemplare, allerdings nicht selber angefertigt, sondern durch den
Beschwerdeführer 1, mithin durch einen Dritten im Sinne von Art. 19 Abs. 2
URG, herstellen lassen. Mangels abweichender tatsächlicher Feststellungen
der Vorinstanz sei davon auszugehen, dass auf sämtlichen Leerkassetten,
welche der Beschwerdeführer 1 zur Herstellung der Kopien verwendet habe,
die gemäss Art. 20 Abs. 3 URG geschuldete Vergütung geleistet worden
sei. Es sei nach dem geltenden Recht erlaubt, Kopien zum Eigengebrauch
durch Dritte herstellen zu lassen, welche Dritte, zum Beispiel eine
Zentralbibliothek, nicht zum privaten Kreis des Eigengebrauchers
gehören müssten. Wesentlich sei einzig, dass im Fall des Kopierens
auf eine Leerkassette die gemäss Art. 20 Abs. 3 URG geschuldete Gebühr
geleistet worden sei. Jeder Dritte könne beauftragt werden, mit Hilfe
einer abgabebelasteten Leerkassette eine Kopie für den Privatgebrauch des
Auftraggebers anzufertigen. Dass dies nach dem geltenden Recht zulässig
sei, ergebe sich auch aus dem Erläuternden Bericht (des Instituts für
Geistiges Eigentum) zur geplanten Änderung des Bundesgesetzes über das
Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Danach soll neu unter anderem
das Kopieren für den Privatgebrauch durch Dritte nur mehr innerhalb
des privaten Kreises möglich sein. Mit andern Worten wäre nach diesem
Änderungsvorschlag das Kopieren etwa durch die Zentralbibliothek zu
Gunsten von Privaten, die über keine eigenen Kopiergeräte verfügen, nicht
mehr möglich; ebenso wenig dürfte die Zentralbibliothek gestatten, dass
Private die Kopiergeräte der Bibliothek selbständig benützen. Darin liege
selbstverständlich ein fundamentaler Einbruch in das bisherige System des
freien privaten Gebrauchs. Ob dieser Änderungsvorschlag sich durchsetzen
werde, bleibe dahingestellt. Entscheidend sei vorliegend einzig eines:
Das Kopierenlassen zum Privatgebrauch durch Dritte unter Verwendung von
abgabebelasteten Leerkassetten sei nach dem geltenden Recht zulässig;
andernfalls wäre eine Gesetzesrevision, welche dies ausschliessen soll,
wenig sinnvoll.

    3.4  Gemäss den Feststellungen der kantonalen Instanzen fertigte
der Beschwerdeführer 1 die Kopien auf Vorrat an, mithin nicht jeweils
erst, nachdem sich ein Kunde für einen bestimmten Videofilm entschieden
hatte. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur und daher für den
Kassationshof im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde
verbindlich (Art. 277bis BStP [SR 312.0]).

    Der Beschwerdeführer 1 stellte die Kopien unstreitig nicht für seinen
eigenen Gebrauch oder für den Gebrauch durch ihm eng verbundene Personen
her. Er fertigte sie vielmehr auf Vorrat an, um sie in der Folge an
Kunden zu veräussern. Allerdings verwendeten die Kunden, wovon auszugehen
ist, die gekauften Kopien zum Eigengebrauch. Doch sind in Anbetracht
der festgestellten Sachlage die Voraussetzungen von Art. 19 Abs. 2 URG
nicht erfüllt. Die Kunden liessen nicht im Sinne dieser Bestimmung als
zum Eigengebrauch Berechtigte die dazu erforderlichen Werkexemplare (das
heisst die Kopien) durch Dritte (das heisst durch den Beschwerdeführer
1) herstellen. Vielmehr kauften sie Kopien, die bereits vorhanden waren
und im Ladengeschäft des Beschwerdeführers 1 lagerten. Dies ist kein
Anwendungsfall von Art. 19 Abs. 2 URG (siehe zum Ganzen CHRISTOPH GASSER,
Der Eigengebrauch im Urheberrecht, Diss. Bern 1997, S. 110).

    3.5  Selbst wenn man davon ausgehen wollte, der Beschwerdeführer 1
habe, zumindest in Einzelfällen, eine Kopie erst hergestellt, nachdem
ein Kunde sich für einen bestimmten Videofilm entschieden hatte, wären
die Voraussetzungen von Art. 19 Abs. 2 URG nicht erfüllt. Der Inhaber
einer Buchhandlung oder einer Videothek ist nicht berechtigt, an Stelle
der originalen Werkexemplare Kopien zu verkaufen. Dabei spielt es keine
Rolle, ob die Kopien auf Vorrat angefertigt oder erst hergestellt werden,
nachdem ein Kunde sich für ein bestimmtes Buch beziehungsweise einen
bestimmten Videofilm entschieden hat.

    Zwar ist es unerheblich, dass die Kunden weder Eigentum noch
Besitz an den originalen Werkexemplaren hatten, von denen sie durch den
Beschwerdeführer 1 Kopien anfertigen liessen. Der rechtmässige tatsächliche
Zugang zum Originalexemplar, das man zum Eigengebrauch kopieren (lassen)
will, genügt (siehe CHRISTOPH GASSER, aaO, S. 60 ff.; DENIS BARRELET/WILLY
EGLOFF, Das neue Urheberrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das
Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, 2. Aufl. 2000, Art. 19 URG N. 7b,
20). Er ist gegeben, wenn etwa der Inhaber einer Videothek bereit ist, aus
den in seinem Sortiment enthaltenen originalen Werkexemplaren auszugsweise
Kopien für dritte Eigengebraucher anzufertigen. Die Schranke liegt insoweit
allein in Art. 19 Abs. 3 lit. a URG.

    Gemäss Art. 19 Abs. 3 lit. a URG ist die vollständige oder weitgehend
vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare
ausserhalb des privaten Kreises nicht zulässig. Art. 19 Abs. 2 URG
betreffend das Herstellenlassen von Werkexemplaren zum Eigengebrauch
durch Dritte steht unter dem Vorbehalt von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG. Es
ist somit erlaubt, zum Eigengebrauch im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a
URG Auszüge aus im Handel erhältlichen Werkexemplaren (etwa Büchern,
Videofilmen etc.) durch einen Dritten im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG
kopieren zu lassen; es ist hingegen untersagt, im Handel erhältliche
Werkexemplare vollständig oder weitgehend vollständig zum Eigengebrauch
durch Dritte kopieren zu lassen (siehe zum Ganzen DENIS BARRELET/WILLY
EGLOFF, aaO, Art. 19 URG N. 7, 10, 22 ff.; CHRISTOPH GASSER, aaO, S. 112
ff.; Botschaft des Bundesrates zum Urheberrechtsgesetz etc., BBl 1989
III 475 ff., S. 541).

    Diese sich bereits aus dem geltenden Recht ergebende Regelung
soll gemäss den Ausführungen im Erläuternden Bericht zur Änderung des
Bundesgesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte durch eine
neue Fassung von Art. 19 deutlicher zum Ausdruck gebracht werden. Der
Erläuternde Bericht (S. 9) hält fest, in Art. 19 Abs. 2 gemäss der
vorgeschlagenen Fassung werde lediglich zwecks "Klarstellung" und zur
Vermeidung von Rechtsunsicherheiten "ausdrücklich" darauf hingewiesen,
"dass die Befugnis, sich für den Eigengebrauch Kopien durch Dritte
herstellen zu lassen, unter Vorbehalt von Artikel 19 Absatz 3 gilt". Es sei
also beispielsweise "nicht zulässig, in einem Geschäft ganze Tonträger oder
Videokassetten für den privaten Gebrauch der Kunden zu vervielfältigen,
oder der Kundschaft entsprechende Selbstbedienungsgeräte bereitzustellen"
(S. 9). Im Erläuternden Bericht wird ausdrücklich festgehalten, dass die
vorgeschlagene Änderung von Art. 19 Abs. 2 URG lediglich der Klarstellung
diene und an der geltenden Rechtslage nichts ändere (S. 9).

    3.6  Wohl ist mangels abweichender tatsächlicher Feststellungen
der Vorinstanz davon auszugehen, dass auf den vom Beschwerdeführer 1
zur Anfertigung der Kopien verwendeten Leerkassetten die gemäss Art. 20
Abs. 3 URG geschuldete Vergütung geleistet worden ist. Daraus folgt aber
entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht, dass sie uneingeschränkt
Werkexemplare für den Eigengebrauch Dritter kopieren durften. Die
diesbezüglichen Schranken ergeben sich aus Art. 19 Abs. 3 lit. a URG,
wonach ausserhalb des privaten Kreises die vollständige oder weitgehend
vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare
unzulässig ist.

    3.7  Der Beschwerdeführer 1 hat somit im Sinne von Art. 67
Abs. 1 lit. e URG unrechtmässig Werkexemplare hergestellt, und die
Beschwerdeführer haben im Sinne von Art. 67 Abs. 1 lit. f URG unrechtmässig
Werkexemplare veräussert.