Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 II 74



128 II 74

9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. Zürcher Kantonalbank gegen Kanton Zürich, X. und Eidgenössische
Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1E.13/2000 vom 18. Dezember 2001

Regeste

    Enteignungsentschädigung für ein Wohnhaus mit Restaurant.

    Beschwerdebefugnis der Grundpfandgläubigerin (E. 2).

    Aufgaben und Funktion der Eidgenössischen Oberschätzungskommission
(E. 3).

    Ermittlung des Realwertes: Grundsätze zur Festlegung der
Altersentwertung (E. 5a und b). Bestimmung des relativen Landwertes,
insbesondere anhand der Lageklassenmethode (E. 5c).

    Bei der Ermittlung des Ertragwertes darf auf die am Stichtag
bestehenden Mietverträge nur insoweit abgestellt werden, als die
Mietzinse auch weiterhin erhältlich sind (E. 6a). Setzt eine mögliche
bessere Nutzung zusätzliche Investitionen voraus, können diese bei der
Ertragswertberechnung nicht einfach übergangen werden (E. 6c, s. auch
E. 5c/bb).

Sachverhalt

    Im Zusammenhang mit dem Neubau der Nationalstrassen A 4.1.5
(Uetlibergtunnel) und A 4.1.4 (Brunau - Uetliberg-Ost) beansprucht
der Kanton Zürich unter anderem die Parzelle Kat. Nr. 6100 an der
Allmendstrasse in Zürich-Wollishofen. Auf diesem Grundstück im Halte
von 518 m2 steht ein im Jahre 1902 erstelltes vierstöckiges Haus, in dem
ebenerdig das Restaurant Höcklerbrücke mit Kegelbahn geführt wird und sich
in den Obergeschossen Wohnungen befinden. Die Liegenschaft grenzt östlich
an die Bahngeleise der Sihltalbahn sowie westlich an die stark befahrene
Allmendstrasse und liegt nur rund 15 m von der Hochstrasse A 3 entfernt,
die etwa auf der Höhe des zweiten Obergeschosses verläuft.

    Mit persönlicher Anzeige vom 1. Oktober 1996 gab der Kanton Zürich dem
Eigentümer X., der die Liegenschaft am 28. März 1996 ersteigert hatte,
die Enteignung bekannt. Dieser meldete hierauf innert der Eingabefrist
eine Entschädigungsforderung von insgesamt Fr. 4'500'640.- an. An der
Einigungsverhandlung vom 28. Mai 1997 offerierte der Kanton Zürich eine
Entschädigung in Höhe von Fr. 1'000'000.-, während der Enteignete an
seiner Forderung festhielt. Da auch die weiteren Verhandlungen zwischen
den Parteien erfolglos blieben, ersuchte der Kanton Zürich am 18. Januar
2000 die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10, um Durchführung
des Schätzungsverfahrens.

    An der Schätzungsverhandlung vom 18. April 2000 stellte der Kanton
Zürich den Antrag, die Enteignungsentschädigung sei auf Fr. 1'550'000.-
festzusetzen. Der Enteignete verlangte für den Landwert Fr. 600'000.-,
den Gebäudewert Fr. 2'335'000.- und für entgangenen Gewinn Fr. 800'000.-,
somit insgesamt Fr. 3'735'000.-. Die Zürcher Kantonalbank schloss sich
als Grundpfandgläubigerin dem Antrag des Enteigners an.

    Mit Entscheid vom 24. Juli 2000 wies die Eidgenössische
Schätzungskommission, Kreis 10, den Kanton Zürich an, X. für die Enteignung
seiner Liegenschaft eine Entschädigung von Fr. 1'120'000.- zu bezahlen.

    Die Schätzungskommission bestimmte den Verkehrswert des enteigneten
Grundstücks anhand des Real- und des Ertragswerts,

wobei sie den Ertragswert dreifach gewichtete. Bei der Ermittlung
des Realwertes ging die Kommission von einem Landwert von Fr. 500.-/m2
(insgesamt Fr. 259'000.-) aus. Den Zeitbauwert der Gebäude (inkl. feste
Einbauten, Umgebungsarbeiten und Werkleitungen sowie Nebenkosten) schätzte
sie auf Fr. 1'101'000.-. Bei der Berechnung des Ertragswertes stützte
sich die Schätzungskommission auf die Richtwerte zur Umsatzbestimmung von
Gastgewerbebetrieben, erhöhte aber den derart ermittelten Jahresmietwert
des Restaurants angesichts des noch bestehenden Mietvertrages auf
Fr. 58'500.-. Den Mietwert der Wohnungen setzte sie aufgrund des
schlechten Zustandes und der unfreundlichen Lage des Objekts auf
monatlich je Fr. 400.-, jährlich somit insgesamt Fr. 14'400.-, fest. Aus
der Kapitalisierung des Gesamtmietertrages von Fr. 72'900.- mit einem
Satz von 7% ergab sich schliesslich ein Ertragswert der enteigneten
Liegenschaft von Fr. 1'041'00.-.

    Gegen den Entscheid der Eidgenössischen Schätzungskommission,
Kreis 10, vom 24. Juli 2000 hat die Zürcher Kantonalbank
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und Antrag auf Erhöhung der
Enteignungsentschädigung auf Fr. 1'550'000.- gestellt. Das Bundesgericht
weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 78 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20.  Juni 1930
über die Enteignung (EntG; SR 711) sind neben den Hauptparteien auch
die Grundpfandgläubiger, Grundlastberechtigten und Nutzniesser als
Nebenparteien zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, soweit sie
infolge des Entscheides der Schätzungskommission zu Verlust gekommen sind.

    Auf der enteigneten Liegenschaft lasten ein Namenschuldbrief über
Fr. 1'500'000.-, datierend vom 16. Dezember 1980, im 1. Rang, sowie
ein Inhaberschuldbrief über Fr. 100'000.- datierend vom 17. Juli 1996,
im 2. Rang, sowie zwei weitere Inhaberschuldbriefe. Mit Verfügung des
Audienzrichteramts des Bezirksgerichts Zürich vom 19. Mai 1999 ist der
Zürcher Kantonalbank in der das Enteignungsobjekt betreffenden Betreibung
auf Grundpfandverwertung für den Betrag von Fr. 1'300'000.- nebst Zins zu
9% seit 31. Dezember 1999 sowie für die aufgelaufenen Verfahrenskosten
Rechtsöffnung erteilt worden. Da sich die Enteignungsentschädigung,
die dem Grundpfandberechtigten an Stelle der enteigneten Sache haftet
(Art. 24 Abs. 1 EntG), nur auf Fr. 1'120'000.- beläuft,

ist die Kantonalbank durch den Schätzungsentscheid zu Verlust gekommen. Sie
ist somit zur Beschwerde legitimiert.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, es sei ein
Gutachten der Oberschätzungskommission einzuholen. Die Eidgenössische
Oberschätzungskommission ist jedoch kein Gremium, das als solches Gutachten
erstatten würde. Sie besteht vielmehr aus einer Reihe von Fachleuten aus
verschiedenen Berufen, die nach Bedarf im Einzelfall vom Bundesgericht
zur fachtechnischen Beratung beigezogen werden können (vgl. Art. 80 und
82 EntG). Wie sich im Folgenden zeigt, ist hier eine solche Beratung
nicht nötig.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin wendet nichts dagegen ein, dass der
Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft anhand einerseits des Realwerts
und andererseits des Ertragswerts ermittelt worden ist, und stellt auch
die vorgenommene Gewichtung dieser beiden Werte (3-mal Ertragswert, 1-mal
Realwert) nicht in Frage. Sie kritisiert dagegen einzelne Posten in den
von der Schätzungskommission vorgenommenen Berechnungen, wobei sie sich
auf die bei den Akten liegenden, im Auftrag des Betreibungsamtes Zürich
2 erstellten Schätzungen der Architekten A. + B. vom 27. November
1995 (im Folgenden: Schätzung A.) sowie der Architekten C. vom
15. November 1999 (im Folgenden: Schätzung C.) beruft. Der Entscheid der
Schätzungskommission wäre indes nur dann bundesrechtswidrig, wenn sich die
Enteignungsentschädigung insgesamt, im Endergebnis, als unangemessen und
ungenügend erwiese. Die Tatsache allein, dass einzelne Posten auch anders
bewertet werden können, genügt für den Vorwurf der Bundesrechtswidrigkeit
noch nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Differenzen in
der Bewertung einzelner Entschädigungsposten auf unterschiedliche
Schätzungsmethoden oder auf unterschiedliche der Schätzung zu Grunde
gelegte Annahmen zurückzuführen sind, die an sich vertretbar sind.

Erwägung 5

    5.- Was den aus dem Gebäudewert und dem (relativen) Landwert
ermittelten Realwert des enteigneten Grundstücks anbelangt, beanstandet
die Beschwerdeführerin die für die Bauten angenommene Altersentwertung
sowie die Entschädigung für die Einbauten. Ausserdem kritisiert sie den
von der Schätzungskommission eingesetzten Landwert.

    a) Die Beschwerdeführerin stimmt den von der Schätzungskommission
angenommenen Neuwerten der Gebäude (Fr. 600.-/m3 für Wohnhaus
mit Restaurant, Fr. 500.-/m3 für Anbau mit Kegelbahn) sowie den
Kubaturen ausdrücklich zu. Hingegen wendet sie gegen die angenommene
Altersentwertung von ca. 60% ein, dass

für Gebäude des Unterhaltungs- und Restaurantgewerbes wie das hier
umstrittene längere Lebenszyklen anzunehmen seien. Solche Gebäude
könnten viel länger und mit geringerem Unterhalt bewirtschaftet werden,
insbesondere weil von den Besuchern keine grosse Ansprüche an die
Bausubstanz gestellt würden. Es sei daher für das Hauptgebäude nur
von einer Altersentwertung von 50% und für den Anbau von 40% und den
entsprechend höheren Zeitwerten auszugehen.

    Hierzu kann zunächst festgehalten werden, dass die Schätzer A. und
C. den Neuwert des Gebäudes deutlich tiefer als die Schätzungskommission
angesetzt haben und die Zahlen der Schätzungskommission als sehr
wohlwollend betrachtet werden dürfen (Schätzung A.: Hauptgebäude
Fr. 520.-/m3, Anbau Fr. 450.-/m3; Schätzung C.: Restaurant, Küche,
Kegelbahn, erstes und zweites Obergeschoss: Fr. 450.-/m3, Toiletten und
Kellerräume: Fr. 300.-/m3, Garagenanbau und Treppe: Fr. 250.-/m3). Die
Altersentwertung hat C. auf 40% festgesetzt, während sie nach der
Schätzungskommission ca. 60% und nach A. sogar 66% beträgt. Tatsächlich
besteht kein Grund, die altersbedingte Entwertung des enteigneten
Gebäudes geringer als 60% zu schätzen. Nach der Fachliteratur und den
in der Schätzungspraxis verwendeten Wertverminderungs-Tabellen kann
für Bauten der vorliegenden Art (Massivbau Wohn- und Geschäftshäuser
von normaler bis sehr guter Bauart) von einer Lebensdauer von 100
bis 120 Jahren ausgegangen werden und hätte daher für das 95jährige
Hauptgebäude auch eine Altersentwertung festgesetzt werden können,
die über 60% liegt (vgl. FRANCO CANONICA, Schätzerlehrgang,
Grundwissen, Hrsg. Schweiz. Immobilienschätzer-Verband SIV,
Bern 2000 [im Folgenden: Schätzerlehrgang], S. 109, 151, 153 f.;
Schätzerhandbuch, Bewertung von Immobilien, Stand 1998, Hrsg.
Schweiz. Vereinigung kantonaler Grundstückbewertungsexperten SVKG und
Schätzungsexperten-Kammer/Schweiz. Verband der Immobilien-Treuhänder
SEK/SVIT [im Folgenden: Schätzerhandbuch], S. 193; WOLFGANG NAEGELI/ HEINZ
WENGER, Der Liegenschaftenschätzer, 4. Aufl. 1997, Tabelle S. 20). Wohl
hängt die Lebensdauer und damit die Altersentwertung eines Gebäudes
wesentlich vom Unterhalt ab. Der Zustand der enteigneten Liegenschaft
spricht jedoch gerade für einen hohen Abzug für die Alterung. In der
Schätzung von A. aus dem Jahre 1995 wird vermerkt, die Liegenschaft
befinde sich in einem desolaten Zustand. Die Obergeschosse seien nicht
bewohnbar und vollständig renovationsbedürftig. Die Lüftungsanlage und

die Elektroinstallationen für das Restaurant seien mindestens teilweise
zu erneuern. Das Flachdach der Kegelbahn sei undicht. Es bestehe ein
beträchtlicher Investitionsbedarf. Einzig Restaurant und Küche seien
unterhalten und teilmodernisiert. Die Schätzungskommission hat den
schlechten Zustand des Gebäudes bestätigt. Auch in der Schätzung von C. aus
dem Jahre 1999 wird erwähnt, dass der Unterhalt vernachlässigt worden
sei und zudem ein baulicher Nachholbedarf bestehe. Angesichts dieser
Mängel lässt sich eine Erhöhung des Zeitwertes der Bauten offensichtlich
nicht rechtfertigen.

    b) Die Beschwerdeführerin rügt im Weiteren, dass die
Schätzungskommission für die festen Einbauten eine Entschädigung von
pauschal Fr. 150'000.- eingesetzt hat. In der Schätzung von C. würden die
Einbauten detailliert mit insgesamt Fr. 460'000.- bewertet (Bierkeller
Fr. 50'000.-, Küche mit Buffet Fr. 120'000.-, Innenausbau Restaurant Fr.
150'000.-, Abluftanlage Fr. 90'000.-, Kegelbahn Fr. 50'000.-). Es müsse
von diesen Beträgen ausgegangen werden, da sie auf den Unterlagen der
Gebäudeversicherung beruhten. Die Schätzungskommission hätte zumindest
ansatzweise darlegen müssen, weshalb diese genauen Angaben unzutreffend
seien.

    Zu diesen Ausführungen ist vorweg klarzustellen, dass die
Versicherungswerte der Zürcher Gebäudeversicherung Neuwerte sind; sie
können daher für eine Zeitwertschätzung nicht übernommen werden. Das
hat der Schätzer C. allerdings auch nicht getan, sondern für die festen
Einbauten gleich wie für die übrigen Baukosten eine Reduktion von 40% für
die Altersentwertung vorgenommen und somit "nur" Fr. 276'000.- in Rechnung
gestellt. Ist aber die Annahme einer Altersentwertung von 40% nach dem
Gesagten für die Rohbauten schon als fragwürdig zu betrachten, so vermag
der gleiche Pauschalabzug für Einbauten, die eine völlig unterschiedliche
Lebensdauer aufweisen, noch weniger zu überzeugen; zumindest hätte
in diesem Zusammenhang angegeben werden müssen, wann letztmals welche
Renovationen vorgenommen worden sind. Ausschlaggebend ist indessen, dass
die Schätzungskommission - wie schon dargelegt - für Restaurant, Küche und
Kegelbahn einen weit höheren Bauwert eingesetzt hat als der Schätzer C.
und dabei offensichtlich auch den Ausbaustandard mitberücksichtigt hat. Es
besteht daher kein Anlass, die Entschädigung für die Einbauten, die auch
in der Schätzung A. mit Fr. 150'000.- bewertet worden sind, zu erhöhen.

    c) Die Schätzungskommission führt im angefochtenen Entscheid zum
Landwert aus, in der Schätzung von A. werde unerklärlicherweise

von einem Bodenwert von Fr. 1'200.-/m2 ausgegangen, obwohl die Lage
des Grundstücks als trostlos und extrem bezeichnet werde. Weiter werde
in dieser Schätzung ausdrücklich erwähnt, dass die Lage wegen der
Lärmimmissionen für Wohnzwecke vollkommen ungeeignet sei. Ausserdem
werde der Zustand der Liegenschaft als schlecht und das Gebäude als
überaltert beschrieben. Diese Beschreibung habe sich beim Augenschein
der Schätzungskommission als richtig erwiesen. Unter Berücksichtigung
dieser Umstände rechtfertige es sich, von einem relativen Landwert von
Fr. 500.-/m2 auszugehen.

    Gegen diese Ausführungen wendet die Beschwerdeführerin ein,
die Überalterung der Gebäude und der Zustand der Umgebung sei beim
Zustandswert der baulichen Anlagen und nicht auch noch beim Landwert
zu berücksichtigen. Soweit der geschätzte Landwert von Fr. 500.-/m2
auf der Mitberücksichtigung der Überalterung der Gebäude beruhe,
verletze er den bundesrechtlichen Begriff des Verkehrswerts. Weiter
hält die Beschwerdeführerin zum Wert des Grundstücks fest, dieses
habe zwar im Zeitpunkt der Einigungsverhandlung, am 28. Mai 1997,
zur Wohnzone gehört; die Parzelle sei jedoch der Empfindlichkeitsstufe
III gemäss der Lärmschutzverordnung zugewiesen und unterstehe keiner
Wohnanteils-Pflicht. Es seien daher auch mässig störende gewerbliche
und Dienstleistungs-Nutzungen sowie weitere nicht in allen Wohnzonen
erlaubte Nutzungen zugelassen. Demnach sei die Liegenschaft sehr geeignet
für Techno-Parties, als Restaurant mit entsprechender Musik-Ausrichtung
sowie als Dancing und Nachtclub. Der Standort sei für solche Betriebe,
insbesondere auch wegen der lärmunempfindlichen Nachbarschaft, äusserst
attraktiv. Dank der Autobahnzufahrten in unmittelbarer Nähe sei die
Lage ebenfalls verkehrsgünstig. Der Landwert sei daher nicht unter dem
Gesichtspunkt der für eine Wohnnutzung ungeeigneten Lage, sondern im
Hinblick auf die genannten Nutzungen zu schätzen. Geeignete Standorte für
das Unterhaltungsgewerbe seien auch heute noch Mangelware. Ein Landwert
von Fr. 1'200.-/m2 sei somit nicht unerklärlich, sondern entspreche
den zulässigen Nutzungen. Allenfalls mögliche Vergleichszahlen seien
nicht ermittelt worden. Unberücksichtigt geblieben sei auch der Kauf des
Grundstücks durch den Enteigneten zu einem Preis von 1,5 Mio. Franken,
der auf einem entsprechenden Landwert basiere.

    aa) Die Schätzungskommission hat den Landwert der enteigneten Parzelle
auf Fr. 500.-/m2, der Schätzer A. auf Fr. 1'200.-/m2

und der Schätzer C. auf Fr. 300.-/m2 festgelegt. Keine der Schätzungen
enthält Angaben über die angewendete Methode. Die Bewertung bebauten
Bodens - das heisst die Festsetzung des sog. relativen Landwerts - fällt in
der Regel auch nicht leicht, da die Vergleichsmethode nur unter gewissen
Voraussetzungen taugen kann. Ausgehend vom Gedanken, dass der Grund und
Boden letztlich nur so viel Wert aufweist, wie er an wirtschaftlicher
Nutzung zulässt, wird der Landwert daher oft in Beziehung zum Nutzwert
der bestehenden Überbauung gesetzt und anhand von festen Verhältniszahlen
bestimmt (vgl. Schätzerlehrgang, S. 27, 112).

    In der schweizerischen Schätzungspraxis wird der relative Landwert
seit geraumer Zeit mit Hilfe der sog. Lageklassenmethode von Wolfgang
Naegeli ermittelt. Diese Methode beruht auf der durch systematische
Auswertung zahlreicher Schätzungen gewonnenen Erkenntnis, dass der Wert
des Landes sowohl zum Gesamtwert der Liegenschaft als auch zum Mietertrag
in einer ganz bestimmten Relation stehe, die für alle Grundstücke in der
gleichen Lage dieselbe sei. Naegeli unterschied 8 Lageklassen, wobei die
Nummerierung oder Zahl der Klasse dem Vielfachen des Mietzinsertrages
(bei einer Bruttorendite von 6%) gegenüber dem Landwert entspricht. Die
Grundstücke sind nach einem Bewertungsschlüssel einer dieser Klassen
bzw. einer Zwischenstufe zuzuweisen. Der Landwertanteil am Gesamtwert
der Liegenschaft bestimmt sich nach dem Faktor 6,25 (Lageklasse 1:
6,25%, Lageklasse 2: 12,5% usw.) und erreicht in der Lageklasse 8
die Maximalhöhe von 50% (vgl. WOLFGANG NAEGELI, Die Wertberechnung
des Baulandes, Zürich 1958, S. 11 ff.; derselbe, Handbuch des
Liegenschaftenschätzers, 1. Aufl. 1975, S. 39 ff.). Diese prozentuale
Aufteilung hielt jedoch der rasanten Entwicklung auf dem Bodenmarkt in
den achtziger Jahren nicht mehr stand. Da sich die Bodenpreise im Kanton
Zürich zwischen 1980 und 1990 verfünffachten und der Zinsfuss für erste
Hypotheken auf 6% und höher stieg, ist die Prozentaufteilung Bauwert zu
Landwert in der jüngsten Auflage des zitierten Handbuches überarbeitet
worden (vgl. NAEGELI/WENGER, aaO, S. 44 f., 270 f.). Inzwischen haben
auch verschiedene Fachorganisationen eigene Lageklassenschlüssel und
Landwertanteil-Tabellen erstellt (vgl. die Liste im Schätzerlehrgang S. 63
und Tabellen S. 64 ff.; Schätzerhandbuch Tabellen 9-11). Diese neueren
Tabellen weisen mehr als 8 (in der Regel 10) Lageklassen auf. Ausserdem
wird empfohlen, den Landwert dem Neuwert der Bauten gegenüberzustellen,
während in der neusten Auflage des "Liegenschaftenschätzers" von

NAEGELI/WENGER aus dem Jahre 1997 immer noch der Zeitwert der Bauten als
massgebend bezeichnet wird (vgl. Schätzerhandbuch Tabellen 10 und 11;
Schätzerlehrgang S. 112 ff.; NAEGELI/WENGER, aaO, S. 47, 143 ff.).

    bb) Die Lage des enteigneten Grundstücks inmitten von Verkehrsträgern
wird von den Schätzern, wie dargelegt, als trostlos geschildert. Die
Beschwerdeführerin räumt ein, dass sie für Wohnnutzungen ungeeignet ist. Es
darf wohl auch davon ausgegangen werden, dass die Liegenschaft, würde sie
nicht für den Autobahnbau beansprucht, zu einer Zone ohne Wohnnutzungen
geschlagen worden wäre. Die Beschwerdeführerin behauptet im Weiteren auch
nicht, dass die Lage des Grundstücks für den Betrieb eines "normalen"
Restaurants mit Gartenwirtschaft günstig sei. Sie betont vielmehr,
dass sich die Liegenschaft für eine Nutzung als Unterhaltungsstätte -
Dancing, Nachtclub oder dergleichen - sehr geeignet hätte. Nun bestand
im massgeblichen Schätzungszeitpunkt keine entsprechende Einrichtung
und müsste offensichtlich eine grössere Summe in einen solchen Ausbau
investiert werden. Eine mögliche bessere Nutzung der bestehenden
Bauten, die zusätzliche Investitionen bedingt, könnte aber nur unter der
Voraussetzung berücksichtigt werden, dass auch den nötigen Aufwendungen
Rechnung getragen wird. Zudem fragt sich hier, ob die der Wohnnutzung
dienende Bausubstanz (erstes und zweites Obergeschoss sowie Dachgeschoss)
überhaupt in die Wertbestimmung einbezogen werden dürfe, nachdem sie für
ihren eigentlichen Zweck kaum noch nutzbar ist. Auf jeden Fall erscheint
die Lageklassenmethode angesichts der Singularität des umstrittenen
Objekts nur unter Vorbehalten anwendbar. Sie darf jedoch im Sinne einer
Grobkontrolle zur Beantwortung der Frage beigezogen werden, ob sich der
von der Schätzungskommission festgelegte Landwert von Fr. 259'000.- der
Grössenordnung nach vertreten lässt oder ob der richtige Preis vielmehr
- wie die Beschwerdeführerin behauptet - auf der Höhe von Fr. 622'000.-
liegt. Diese Kontrolle ist anhand des Vergleichs der beiden Landwerte mit
den von der Schätzungskommission berechneten Baukosten bzw. dem Zeitbauwert
des Gebäudes vorzunehmen, um so die Lageklasse ermitteln und aufgrund des
Lageklassenschlüssels überprüfen zu können, ob die Umschreibung der Lage
dem Enteignungsobjekt entspricht.

    Gemäss der Lageklassentabelle Naegeli/Wenger (Stand 1995) führt die
Gegenüberstellung des Zeitbauwertes des Gebäudes (Fr. 1'101'000.-) und
des Landwertes von Fr. 259'000.- zur

Lageklasse 2,75 (Landwertanteil 19% des Gesamtwertes). Diese Lageklasse
scheint - wozu im Einzelnen auf den Lageklassenschlüssel verwiesen werden
kann (NAEGELI/WENGER, aaO, S. 30 ff.) - dem enteigneten Grundstück recht
gut zu entsprechen. Wird dagegen ein Landwert von Fr. 622'000.- in Rechnung
gestellt, ergibt sich eine Lageklasse von über 5,1 (Landwertanteil 36% des
Gesamtwertes). Eine solch hohe Einstufung wird der enteigneten Liegenschaft
angesichts der miserablen Wohnlage und der ebenfalls eher bescheidenen Lage
für einen Gastgewerbebetrieb in keiner Weise gerecht. Wohl ergäbe sich ein
etwas anderes Bild, wenn den neueren Empfehlungen gemäss nicht vom Zeitwert
des Gebäudes, sondern vom Neuwert bzw. von den Baukosten ausgegangen
würde. Diese Änderungen sind indes durch die jüngsten Entwicklungen auf
dem Liegenschaftenmarkt bedingt (vgl. Schätzerhandbuch, Kommentar zu
den Tabellen 9 und 10). Die Anwendung der neuen Formel rechtfertigt sich
mithin nur dann, wenn es um Bauland geht, das an den Entwicklungen auf dem
Bodenmarkt mit grosser Wahrscheinlichkeit teilgenommen hat. Daran bestehen
aber bei einem Grundstück, dessen Lage als trostlos und extrem bezeichnet
wird und dessen planerisches Schicksal als ungewiss erscheint, die grössten
Zweifel. Weiter ist zu beachten, dass in die Berechnung nach neuer Formel
nur der Neuwert jener Bauteile einbezogen werden darf, die (voll) nutzbar
und mietzinserheblich sind (vgl. Schätzerlehrgang S. 115). Demnach
müsste hier für die Bausubstanz, die auf die Wohnungen entfällt, die
nicht mehr oder nur noch teilweise nutzbar sind, entsprechende Abzüge
vorgenommen werden. Eine Berücksichtigung der Neuwerte erscheint demnach
hier nicht angebracht. Es bleibt daher bei der Feststellung, dass der
relative Landwert von Fr. 259'000.- bzw. Fr. 500.-/m2 der konkreten
Situation des Enteignungsobjekts im massgebenden Schätzungszeitpunkt
angemessen erscheint.

    cc) Schliesslich darf darauf hingewiesen werden, dass der Kanton
Zürich in der gleichen Gegend Landflächen in der Industriezone mit
Geleiseanschluss zum Preis von Fr. 500.-/m2 erworben hat. Zwar sind
relative Landwerte, wie bereits erwähnt, als objekt- und nutzungsbezogene
Werte zu Vergleichszwecken wenig geeignet. Der Preis für das besagte
Gewerbe- oder Industrieland kann denn auch hier nur deshalb mit in
Betracht gezogen werden, weil die Lage der Grundstücke vergleichbar
erscheint und die Wohnnutzung auf der umstrittenen Parzelle auch ohne
die Enteignung nicht hätte aufrechterhalten werden können. Unter diesen
Umständen vermag der

genannte Landerwerb einen weiteren Anhaltspunkt für das in der fraglichen
Gegend bestehende Preisniveau zu liefern und insofern den im angefochtenen
Entscheid festgelegten Landwert zu bestätigen.

Erwägung 6

    6.- Die Kritik der Beschwerdeführerin an der Ertragswert-Ermittlung
richtet sich in erster Linie dagegen, dass die Schätzungskommission nicht
auf die am Stichtag bestehenden Mietverträge und die darin festgelegten
Mietzinse (monatlich Fr. 13'000.- für das Restaurant, die Kegelbahn und
die Wohnungen sowie Fr. 417.- für den Garagenanbau) abgestellt hat. Im
Weiteren rügt sie, zur Umsatzermittlung sei ein zu niedriger Ansatz pro
Sitzplatz und Tag gewählt worden und unberücksichtigt geblieben, dass die
Räumlichkeiten in den Obergeschossen, die als Wohnungen ungeeignet seien,
ebenfalls für gast- und unterhaltungsgewerbliche Zwecke hätten genutzt
werden können.

    a) Die Schätzungskommission erwähnt im angefochtenen Entscheid, dass
zwischen dem enteigneten Grundeigentümer und der Tobler Biervertrieb AG
ein Mietvertrag über das ganze Gebäude bestanden habe, der an sich noch
bis 31. Dezember 2002 gelte. Der Mietzins belaufe sich gemäss Vertrag auf
monatlich Fr. 13'000.-, doch habe dieser im Oktober 1998 auf Fr. 10'500.-
und im Dezember 1998 auf Fr. 7'000.- gesenkt werden müssen. Die vertraglich
festgelegten Mietzinse seien demnach offensichtlich nicht (mehr) erzielbar
gewesen und dürften daher der Ertragswertberechnung auch nicht zu Grunde
gelegt werden.

    Diese Erwägungen verstossen entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin
nicht gegen Bundesrecht und stehen mit dem Grundsatz, dass bei der
Verkehrswert-Ermittlung auf die am Stichtag gegebenen Verhältnisse
abzustellen sei, nicht in Widerspruch. Erweisen sich die am Stichtag
vertraglich geschuldeten Mietzinse nachträglich als zu hoch und nicht
mehr erhältlich, so dürfen sie für die Berechnung des Ertragswertes, der
die nachhaltig erzielbare Rendite widerspiegeln soll, nicht beigezogen
werden. Aus diesem Grunde hat die Schätzungskommission auch zu Recht davon
abgesehen, die Ertragswertberechnung auf die kurzfristig erzielbaren
Mietzinse von Fr. 10'500.- bzw. Fr. 7'000.- zu stützen. Soweit die
Beschwerdeführerin geltend machen will, die Mietzinssenkungen seien auf
einen enteignungsbedingten Umsatzrückgang zurückzuführen, vermag dies schon
deshalb nicht zu überzeugen, weil der Kanton Zürich stets klargestellt hat,
dass er die Liegenschaft erst ab 2005 in Anspruch nehmen werde.

    Übrigens hätten die vertraglich vereinbarten Mietzinse
selbst dann, wenn sie noch weiterhin erhältlich gewesen wären, zur
Ertragswert-Ermittlung nicht als "ewige Rente" kapitalisiert werden
dürfen. Mit Blick auf das Alter und den schlechten Zustand des Gebäudes
hätte vielmehr davon ausgegangen werden müssen, der Eigentümer hätte sich
- falls er nicht zu umfangreichen Renovationen geschritten wäre - nach
Ablauf des Vertrages mit einem erheblich geringeren Mietzins zufrieden
geben müssen.

    b) Die Beschwerdeführerin beanstandet den im angefochtenen Entscheid
genannten Richtwert zur Bestimmung des Umsatzes im Restaurant von Fr. 25.-
pro Sitzplatz und Tag. Sie übersieht jedoch, dass die Schätzungskommission
zwar ihre Umsatzberechnung zunächst mit diesem Ansatz vorgenommen, den
derart ermittelten Jahresumsatz von Fr. 570'000.- aber nachträglich auf
Fr. 650'000.- erhöht hat. Eine weitere Erhöhung fällt angesichts der schon
mehrfach erwähnten schlechten Lage, die sich auch darin äussert, dass
das Restaurant praktisch nur per Privatfahrzeug erreichbar ist und keine
(rechtlich gesicherten) Parkplätze zur Verfügung stehen, nicht in Betracht.

    c) Nach Meinung der Beschwerdeführerin hätte der Jahresgesamtumsatz
verdoppelt werden müssen, da sich in den Obergeschossen, die für
Wohnzwecke ungeeignet seien, mit einer gast- und unterhaltungsgewerblichen
Nutzung der gleiche Umsatz erzielen liesse wie in den Lokalitäten des
bestehenden Restaurants. Abgesehen davon, dass eine solche Umnutzung
bewilligungspflichtig wäre, setzte sie auch beträchtliche Investitionen
für Umbau- und Renovationsarbeiten voraus. Es geht aber - wie bereits
dargelegt - nicht an, bei der Ertragswertberechnung eine Rendite aus
einer theoretisch möglichen "besseren Verwendung" einzusetzen, die für
diese Verwendung nötigen Aufwendungen aber zu übergehen.

    Weiter stellt sich ohnehin die Frage, ob bei der Ermittlung des
Ertragswerts der geringen Restlebensdauer des Gebäudes nicht noch
vermehrt hätte Rechnung getragen werden müssen, sei es durch Erhöhung des
Kapitalisierungssatzes oder dadurch, dass die (Netto-)Erträge nur noch
für die Restlebensdauer kapitalisiert und der abgezinste Landwert zum
Ertragswert hinzugeschlagen würde (vgl. ADOLF HÄGI, Die Bewertung von
Liegenschaften, 6. Aufl., S. 120 ff., 133 f.). Die Frage kann jedoch,
da hier nur eine Erhöhung der Entschädigung im Streite liegt, ungeprüft
bleiben.