Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 III 305



128 III 305

55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. B. gegen
K. (Berufung)

    5C.314/2001 vom 20. Juni 2002

Regeste

    Anrechnung nachträglich zugesprochener IV-Kinderrenten an die
Kinderunterhaltsbeiträge; Übergangsrecht.

    Unter den Voraussetzungen des Art. 285 Abs. 2bis ZGB vermindern
sich die Kinderunterhaltsbeiträge von Gesetzes wegen im Umfang der ab
1. Januar 2000 ausbezahlten IV-Kinderrenten (E. 2a und 3). Die für die
Zeit bis Ende 1999 ausbezahlten IV-Kinderrenten, die bei der Festlegung
des Kinderunterhalts nicht berücksichtigt wurden, sind gemäss Art. 285
Abs. 2 ZGB zusätzlich zu den Unterhaltsbeiträgen geschuldet; diese
Kumulation entfällt erst mit der Abänderung der Kinderunterhaltsbeiträge
im Verfahren nach Art. 286 Abs. 2 ZGB (E. 2b, 4-6). Vorbehalten bleibt
das Verbot des Rechtsmissbrauchs (E. 8b).

Sachverhalt

    Die Parteien heirateten im Jahre 1981 und wurden Eltern zweier
Kinder. Mit Urteil vom 19. Juni 1997 schied das Bezirksgericht die Ehe,
stellte die beiden Kinder unter die elterliche Gewalt der Mutter (im
Folgenden: die Beklagte) und verpflichtete den Vater (nachstehend: der
Kläger), an den Unterhalt der Kinder monatlich je Fr. 850.- zuzüglich
Kinderzulagen zu bezahlen.

    Während des Scheidungsprozesses war auf Antrag des Klägers ein
IV-Abklärungsverfahren eingeleitet worden. Im Jahre 1999 sprach die
Sozialversicherungsanstalt dem Kläger mit Wirkung ab 1. März 1996 eine
halbe IV-Rente sowie IV-Kinderrenten zu. Die Beklagte wurde informiert,
dass zu Gunsten der Kinder eine Nachzahlung von Fr. 16'400.- für die Zeit
vom November 1997 bis August 1999 an sie erfolgen werde.

    Am 26. Oktober 1999 hob der Kläger ein Verfahren auf gerichtliche
Abänderung des Scheidungsurteils an. Er beantragte die Anrechnung der
IV-Kinderrenten an die Kinderunterhaltsbeiträge und forderte unter anderem
die von ihm seit November 1997 zu viel bezahlten Kinderunterhaltsbeiträge
zurück.

    Das Bezirksgericht stellte fest, der Kläger habe gemäss
Scheidungsurteil Kinderunterhaltsbeiträge von Fr. 850.- abzüglich
allfälliger Kinder-IV-Renten zu bezahlen, und verpflichtete die Beklagte,
dem Kläger Fr. 22'060.- zu erstatten. Auf Berufung der Beklagten hin
bestätigte das Kantonsgericht den angefochtenen Entscheid der Sache
nach, formulierte aber das Entscheiddispositiv neu als Abänderung des
Scheidungsurteils.

    Das Bundesgericht heisst die Berufung der Beklagten teilweise gut. Es
ändert das Scheidungsurteil neu dahin, dass der Kläger monatliche
Unterhaltsbeiträge von je Fr. 850.-, "ab November 1999 vermindert im
Umfang der IV-Kinderzusatzrente", zu bezahlen hat. Ferner verpflichtet es
die Beklagte, dem Kläger den von ihm ab November 1999 zu viel bezahlten
Kindesunterhalt zurückzuzahlen, und weist die Sache zur Bestimmung des
Rückforderungsbetrags an das Kantonsgericht zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Bevor beurteilt werden kann, ob und welcher Betrag der Kläger
zurückfordern kann, ist zu prüfen, ob und auf welchen Zeitpunkt das
Scheidungsurteil aus dem Jahre 1997 abzuändern ist. Zur Beurteilung der
Abänderungsklage muss vorerst das anwendbare Recht bestimmt werden.

    a) Gemäss des auf den 1. Januar 2000 in Kraft gesetzten Art. 7a Abs. 3
SchlT ZGB erfolgt die Abänderung eines nach altem Recht ausgesprochenen
Scheidungsurteils nach den Vorschriften des früheren Rechts. Vorbehalten
bleiben die Bestimmungen über die Kinder und das Verfahren. Unter die
vom Vorbehalt erfassten Kinderbelange fällt auch der Kinderunterhalt
(LEUENBERGER, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, Basel 2000, N. 8 zu
Art. 7a/b SchlT ZGB). Die Frage, ob die Unterhaltsbeiträge zu ändern sind,
ist demnach seit dem 1. Januar 2000 nach neuem Recht zu entscheiden.

    b) Fraglich ist, welche Bestimmungen für die Zeit vor dem 1. Januar
2000 anwendbar sind. Die kantonale Sozialversicherungsanstalt erliess
bereits am 28. Oktober 1999 eine Verfügung, wonach den Kindern rückwirkend
ab 1. November 1997 eine Zusatzrente von monatlich je Fr. 373.- ausbezahlt
werde. Umstritten sind die Zahlungen zwischen November 1997 (Rechtskraft
der Scheidung) und Ende 1999 (Inkrafttreten des neuen Rechts). Es ist unter
den Parteien an sich unbestritten und wurde von der Vorinstanz bestätigt,
dass für die Zeit der Klageerhebung und vorher altes Recht anwendbar
ist, weil Art. 285 Abs. 2bis ZGB nicht rückwirkend auf Sachverhalte
anwendbar ist, die sich vor seinem Inkrafttreten verwirklicht haben
(Art. 1 SchlT ZGB). Anders ist von Amtes wegen zu entscheiden, wenn
die Bestimmung "um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen"
aufgestellt worden und daher rückwirkend anzuwenden ist (Art. 2 SchlT
ZGB). In der Lehre wird die Auffassung vertreten, bei Art. 285 Abs. 2 ZGB
handle es sich um eine solche Bestimmung (HEGNAUER, Berner Kommentar,
N. 158 zu Art. 276 ZGB). Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt
bleiben. Art. 285 Abs. 2bis ZGB regelt jedenfalls lediglich den Sonderfall
von nachträglichen Sozialversicherungsleistungen, die Erwerbseinkommen
ersetzen; die Bestimmung begünstigt den unterhaltspflichtigen Elternteil
gegenüber dem Kind insofern, als dieser von der Pflicht entbunden wird,
vorerst ein Abänderungsurteil zu erwirken, bevor er den bisherigen
Unterhaltsbeitrag reduzieren darf. Diese Bestimmung liegt nicht derart
im öffentlichen Interesse, dass sie dem "ordre public" angehört
und rückwirkend angewendet werden muss (vgl. zum Begriff: VISCHER,
Basler Kommentar, N. 3 f. zu Art. 2 SchlT ZGB). Das bedeutet, dass zur
Beurteilung der Frage, ob und auf welchen Zeitpunkt vor dem 1. Januar
2000 der Kinderunterhalt gemäss Scheidungsurteil abgeändert werden muss,
die bis Ende 1999 gültige Regelung anwendbar ist.

Erwägung 3

    3.- Gemäss dem neuen Art. 285 Abs. 2bis ZGB hat der
Unterhaltspflichtige Sozialversicherungsrenten oder ähnliche für den
Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die er infolge Alter oder
Invalidität nachträglich erhält und die Erwerbseinkommen ersetzen,
dem Kind zu zahlen; der bisherige Unterhaltsbeitrag vermindert sich
von Gesetzes wegen im Umfang dieser neuen Leistungen. Voraussetzungen
der Anwendung dieser Bestimmung sind, dass der Rentenanspruch bei der
Festsetzung der Unterhaltsbeiträge nicht berücksichtigt worden ist und dass
die IV-Kinderzusatzrente Erwerbseinkommen ersetzt (vgl. WULLSCHLEGER, im
zit. Praxiskommentar, N. 76 zu Art. 285 ZGB). Diese Voraussetzungen sind
erfüllt. Der Kläger hat das Gesuch um eine Invalidenrente zwar bereits
am 3. März 1997, also ein halbes Jahr vor der Scheidung gestellt, aber
die Beklagte und das Gericht darüber nicht informiert, so dass dieser
Umstand im Urteil nicht berücksichtigt worden ist. Weiter stützt sich die
Zusatzrente für die Kinder auf Art. 35 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959
über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) und steht der invaliden
Person zu. Sie dient der Erleichterung der Unterhaltspflicht des invalid
gewordenen Schuldners und soll dessen Einkommenseinbusse ausgleichen
und nicht der Bereicherung der Unterhaltsempfänger dienen (BGE 114 II
123 E. 2b S. 125). Dies bedeutet, dass der Kläger die Zusatzrente seit
dem 1. Januar 2000 an seine beiden Kinder zu bezahlen hat, wobei sich
seine eigene Unterhaltspflicht ohne Abänderung des Scheidungsurteils
von Gesetzes wegen entsprechend vermindert hat. Diese rechtliche
Folge auf Grund des neuen Rechts ist unbestritten. Die Beklagte hat
deshalb beantragt, es sei festzustellen, dass der Kläger seit dem 1.
Januar 2000 von den Kinderunterhaltsbeiträgen von monatlich je Fr. 850.-
die IV-Kinderzusatzrente abziehen dürfe.

Erwägung 4

    4.- Gemäss dem seit 1. Januar 1978 in Kraft stehenden Art.  285 Abs. 2
ZGB sind Kinderzulagen, Sozialversicherungsrenten und ähnliche für den
Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die dem Unterhaltspflichtigen
zustehen, zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu zahlen, soweit das Gericht
es nicht anders bestimmt. Es gilt folglich der Grundsatz der Kumulation
von Unterhaltsbeitrag und Sozialleistungen, soweit das Gericht keine
andere Regelung trifft.

    a) Das Bezirksgericht führte in seinem Entscheid vom 15. Dezember 2000
aus, diese Bestimmung regle einzig die Behandlung von Sozialleistungen
im Zeitpunkt der Bestimmung der Unterhaltsbeiträge, also im
Scheidungszeitpunkt, nicht aber nachträglich

veränderte Verhältnisse. Bei nachträglich veränderten Verhältnissen
habe auch unter der Herrschaft des alten Rechts der Gehalt von Art. 285
Abs. 2bis ZGB gegolten. Eine Abänderung des Scheidungsurteils sei
im Fall einer nachträglich zugesprochenen IV-Kinderzusatzrente
nicht notwendig gewesen. Das Bezirksgericht hielt deshalb eine
Änderung des Scheidungsurteils nicht für erforderlich, stellte
aber immerhin urteilsmässig fest, dass der Kläger verpflichtet
sei, Kinderunterhaltsbeiträge von Fr. 850.- abzüglich allfälliger
Kinder-IV-Renten zu bezahlen.

    Das Kantonsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus,
mit Art. 285 Abs. 2 ZGB werde für den Kinderunterhalt eine
Koordinationsregelung zwischen Sozialversicherungs- und Zivilrecht
getroffen. Weder sollte damit eine unbedingte Kumulierung von Unterhalt
und Sozialversicherungsrenten noch eine unbedingte Anrechnung (Tilgung
des Unterhalts durch Drittleistung), wie nun mit Art. 285 Abs. 2bis ZGB,
festgelegt werden. Habe der Rentenanspruch bereits im Urteilszeitpunkt
bestanden, verlange die Bestimmung, dass er bei der Bemessung des
Unterhaltsbeitrages berücksichtigt werde. Entstehe die Rente erst nachher,
sollte ihr mit einer nachträglichen Urteilsabänderung gemäss Art. 286
Abs. 2 ZGB Rechnung getragen werden. Dies bedeute, dass nach bisherigem
Recht - im Gegensatz zum neuen - keine automatische Anpassung des
Unterhaltsbeitrags erfolge. Vielmehr sei eine Abänderungsklage notwendig.

    b) Der Kläger und die Beklagte beanstanden den angefochtenen Entscheid
in diesem Punkt mit Recht nicht: Das Bundesgericht hat in BGE 114 II
123 Nr. 20 zwar erkannt, es sei nicht willkürlich, davon auszugehen,
dass gerichtlich festgelegte Beiträge an den Unterhalt des Kindes
dadurch getilgt werden, dass eine erst nach der Scheidung entstandene
Kinderzusatzrente des Unterhaltsschuldners an die Inhaberin der elterlichen
Gewalt ausbezahlt werde (E. 2c S. 125 f.). Das Bundesgericht hat demnach
die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als nicht willkürlich
bezeichnet, wonach bereits unter der Herrschaft des alten Rechts der Gehalt
von Art. 285 Abs. 2bis ZGB gegolten habe. Dieser Entscheid ist in der
Lehre auf Kritik gestossen (vgl. insbesondere HEGNAUER, aaO, N. 105 ff. zu
Art. 285 ZGB; BREITSCHMID, Basler Kommentar, N. 31 zu Art. 285 ZGB). Bei
freier Prüfung ergibt sich denn auch, dass nach dem Wortlaut und Wortsinn
und auf Grund der Entstehungsgeschichte (vgl. dazu im Einzelnen HEGNAUER,
aaO, N. 106-108 zu Art. 285 ZGB) von Art. 285 Abs. 2 ZGB der Grundsatz der

Kumulation gilt. Kinderzulagen, Sozialversicherungsrenten und
ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die
dem Unterhaltspflichtigen zustehen, sind deshalb zusätzlich zum
Unterhaltsbeitrag zu zahlen, soweit das Gericht es nicht anders
bestimmt. Es handelt sich bei dieser Bestimmung in erster Linie um eine
Anweisung an das Scheidungsgericht, die erwähnten Sozialleistungen bei
der Bemessung des Unterhaltsbeitrags vorweg abzuziehen. Eine Änderung
der Sozialleistungen nach dem Scheidungsurteil berührt den Grundsatz der
Kumulation nach dieser Bestimmung nicht schon von Gesetzes wegen. Vielmehr
muss der Unterhaltsbeitrag bei veränderten Verhältnissen durch das Gericht
abgeändert werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 286 Abs. 2 ZGB
erfüllt sind. Bis zum Zeitpunkt der Abänderung gilt nach dieser Regelung
die Kumulation.

Erwägung 5

    5.- Gemäss Art. 286 ZGB kann der "Veränderung der Verhältnisse"
(Randtitel) auf zwei Arten Rechnung getragen werden: Einerseits
durch Abänderung zum Voraus, indem das Gericht die Anpassung des
Unterhaltsbeitrags an künftige veränderte Verhältnisse im Urteil selbst
anordnet (Abs. 1), andererseits durch nachträgliche Abänderung in einem
neuen Verfahren, in welchem das Gericht bei erheblicher Veränderung der
Verhältnisse den Unterhaltsbeitrag auf Parteiantrag hin neu festsetzt
oder aufhebt (Abs. 2).

    a) Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, dass die Verfügung der
Sozialversicherungsanstalt vom 28. Oktober 1999, mit der für die Kinder
rückwirkend ab 1. November 1997 eine Kinderrente als Zusatz zur Rente des
Vaters zugesprochen wurde, erheblich veränderte Verhältnisse geschaffen
habe. Die Beklagte macht geltend, nicht die Verfügung vom 28. Oktober
1999, sondern die Invalidität des Klägers sei es, welche die von diesem
behauptete Leistungsfähigkeit massgeblich verändert habe. Die Invalidität
sei aber bereits vor dem Scheidungsurteil eingetreten. Bei dieser Sachlage
hätte der Kläger - wenn schon - die Revision des Scheidungsurteils und
nicht dessen Abänderung verlangen müssen.

    b) Da der Kläger kein entsprechendes Gesuch gestellt hat,
kann dahingestellt bleiben, ob ein bundes- oder kantonalrechtlicher
Revisionsgrund (vgl. Art. 148 Abs. 2 ZGB und Art. 247 ZPO/SG) gegeben
ist. Einzig zu entscheiden ist, ob eine erhebliche Veränderung der
Verhältnisse im Sinne von Art. 286 Abs. 2 ZGB vorliegt. Dass die neue
Tatsache vorhersehbar war, ist unerheblich, solange ihr nicht schon im
Sinne von Art. 286 Abs. 1 ZGB zum Voraus Rechnung getragen worden ist
(vgl. dazu BREITSCHMID, aaO, N. 11

zu Art. 286 ZGB, e contrario; ebenso beim nachehelichen Unterhalt:
LÜCHINGER/GEISER, Basler Kommentar, N. 12 zu aArt. 153 ZGB). Wie der Kläger
zutreffend hervorhebt, liegt eine Veränderung gemäss Art. 286 Abs. 2
ZGB vor, wenn Sozialleistungen nach Festlegung des Unterhaltsbeitrags
zugesprochen und dabei nicht mitberücksichtigt worden sind und wenn die
Kinder dadurch mehr erhalten als ihnen nach Art. 285 Abs. 1 ZGB zusteht
(HEGNAUER, aaO, N. 79 zu Art. 286 ZGB; BREITSCHMID, aaO, N. 31 zu
Art. 285 ZGB).

    c) Die Unterhaltsbeiträge sind im Scheidungsurteil gestützt auf
eine Vereinbarung der Parteien auf Fr. 850.- pro Kind festgelegt
worden. Der Beitrag entsprach den damaligen Bedürfnissen der Kinder
sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern (Art. 285
Abs. 1 ZGB). Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise Anspruch auf
eine IV-Kinderzusatzrente haben würde, wurde bei der Festsetzung der
Unterhaltsbeiträge nicht berücksichtigt (vgl. oben E. 3). Dieser Anspruch
wurde mit Verfügung der Sozialversicherungsanstalt vom 28. Oktober
1999 für die massgebliche Zeit auf Fr. 373.- pro Kind festgelegt. Wie
bereits ausgeführt (oben E. 3), ersetzt die IV-Kinderzusatzrente
Erwerbseinkommen des Klägers und soll nicht der Bereicherung der Kinder
dienen. Bei dieser Sachlage sind die erheblich veränderten Verhältnisse zu
bejahen. Das Kantonsgericht hat daher die Regelung der Unterhaltspflicht
im Scheidungsurteil mit Recht derart abgeändert, dass vom Unterhaltsbeitrag
von Fr. 850.- pro Kind die IV-Kinderzusatzrente abgezogen werden darf.

Erwägung 6

    6.- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wirkt die vom
Unterhaltsschuldner verlangte Abänderung der Unterhaltsleistung frühestens
ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung. Im Gegensatz zum Kind, welches
gestützt auf die ausdrückliche gesetzliche Grundlage in Art. 279 ZGB
eine Erhöhung des Unterhaltsbeitrags für ein Jahr vor Klageeinreichung
verlangen kann, steht diese Möglichkeit dem Unterhaltsschuldner nicht
zu. Er kann eine Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages erst mit Wirkung auf
den Zeitpunkt der Klageerhebung erlangen (BGE 127 III 503 Nr. 84). Der
Kläger hat am 26. Oktober 1999 das Vermittlungsbegehren gestellt und
anschliessend innert der Einschreibefrist von zwei Monaten die Klage beim
Bezirksgericht eingereicht. Daher können veränderte Verhältnisse ab dem
26. Oktober 1999 berücksichtigt werden.

    b) Mit Verfügung vom 28. Oktober 1999 hat die
Sozialversicherungsanstalt für die beiden Kinder des Klägers eine

Kinderzusatzrente nicht nur für die Zukunft anerkannt, sondern rückwirkend
ab 1. November 1997. Wie gezeigt, gilt nach Art. 285 Abs. 2 ZGB bis
zum Einreichen der Änderungsklage von Gesetzes wegen der Grundsatz der
Kumulation, so dass die rückwirkend auszurichtende Rente den Kindern
zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu leisten ist. Die Kumulation entfällt
erst ab 26. Oktober, also per November 1999.

Erwägung 8

    8.- Die kantonalen Gerichte haben die Rückforderungsklage im
Wesentlichen zugesprochen, und zwar für den Zeitraum ab November 1997
(Rechtskraft der Scheidung) bis zum bezirksgerichtlichen Entscheid (Ende
Oktober 2000), also für drei Jahre.

    a) Aus den Schlussfolgerungen aus dem Abänderungsprozess erhellt ohne
weiteres, dass die Rückforderungsklage für die Zeit vor dem 26. Oktober
1999 unbegründet ist, weil sich die Pflicht zur Leistung des vollen
Unterhaltsbeitrags aus dem rechtskräftigen Scheidungsurteil ergibt und
bezüglich der IV-Kinderzusatzrente der Grundsatz der Kumulation galt. Die
Berufung ist in diesem Umfang gutzuheissen.

    b) Anders könnte es sich nur verhalten, wenn der Beklagten - wie
der Kläger behauptet - Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden müsste. Es
kann rechtsmissbräuchlich sein, auf der Weiterzahlung der bisherigen
Unterhaltsbeiträge und der neuen oder erhöhten Sozialleistungen zu
beharren, wo die Kumulation zu einer offensichtlichen Überdeckung
des Unterhaltsbedarfs führt (HEGNAUER, aaO, N. 109 zu Art. 285
ZGB). Ob die Beklagte ein solcher Vorwurf trifft, kann nur auf
Grund der wirtschaftlichen Situation insgesamt beurteilt werden. Die
Leistungsfähigkeit des Klägers musste im Scheidungsverfahren durch
Gutachten festgestellt werden (E. c S. 10 des Urteils) und hat
Kinderunterhaltsbeiträge ermöglicht, obwohl der Kläger offenbar bereits
damals nur mehr reduziert arbeitsfähig gewesen ist. Es ist unter diesen
Umständen ungewiss, ob das Scheidungsgericht überhaupt eine Ausnahme
vom Grundsatz der Kumulation gemäss Art. 285 Abs. 2 ZGB gemacht
hätte. Dass die Beklagte auf der Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen
und IV-Kinderzusatzrenten beharrt hat, kann ihr deshalb auch nicht als
offenbarer Rechtsmissbrauch angelastet werden. Umgekehrt spricht das
Verhalten des Klägers im Scheidungsprozess gegen eine weitergehende
Zulassung der Rückforderung. Er hat weder die Beklagte noch das Gericht
darüber informiert, dass auf sein Gesuch hin ein IV-Abklärungsverfahren
bereits während des Scheidungsprozesses im Gang war, dessen Ausgang
allenfalls hätte abgewartet oder im

Scheidungsurteil hätte vorbehalten werden können. Dadurch hat der Kläger
zwar nicht seinen Abänderungsanspruch verwirkt, doch sein Verhalten
rechtfertigt es, die Rückforderungsklage für die Zeit vor dem 26. Oktober
1999 abzuweisen und eine Ausnahmesituation zu verneinen.

    c) Für die Zeit ab November 1999 ist die Rückforderungsklage dagegen
begründet und die Berufung in diesem Umfang abzuweisen, soweit der Kläger
für diese Zeit den vollen Unterhaltsbeitrag bezahlte, obwohl er seit
Einreichung der Abänderungsklage die IV-Kinderzusatzrente hätte abziehen
können. Da das Bundesgericht über die genauen Zahlen nicht verfügt und
von den weiterlaufenden Zahlungen keine Kenntnis hat, muss die Sache zur
Bestimmung des Rückforderungsbetrags ab November 1999 an das Kantonsgericht
zurückgewiesen werden (Art. 64 Abs. 1 OG).