Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 V 1



127 V 1

1. Urteil vom 8. Februar 2001 i. S. P. gegen Ausgleichskasse des Kantons
Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 103 lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG: Anfechtung des
Rentenauszahlungstermins. Das schutzwürdige Interesse an der Vorverlegung
des Termins für die Auszahlung einer Invalidenrente vom fünften bis
siebten auf den ersten Werktag des Monats ist zu bejahen.

    Art. 44 Abs. 1 AHVG und Art. 72 AHVV (im Bereich der
Invalidenversicherung sinngemäss anwendbar gemäss Art. 47 Abs. 3 IVG
und Art. 82 IVV): Termin für Rentenauszahlung. Gemäss Art. 72 AHVV
erteilen die Ausgleichskassen die Zahlungsaufträge der Post oder der Bank
rechtzeitig, sodass die Auszahlung bis zum 20. Tag des Monats erfolgen
kann. Diese Bestimmung widerspricht Art. 44 Abs. 1 AHVG, wonach die Renten
"in der Regel monatlich und zum Voraus" ausbezahlt werden, nicht.

Sachverhalt

    A.- P., Bezügerin einer Invalidenrente, wandte sich mit Schreiben
vom 3. Juli 1998 an die Ausgleichskasse des Kantons Zürich mit dem
Rechtsbegehren, es sei die Rente künftig so rechtzeitig auszurichten, dass
sie ihr am ersten Werktag des Monats gutgeschrieben werden könne. Zur
Begründung führte sie an, dass die Verordnungsbestimmung, wonach die
Renten so auszubezahlen seien, dass die Gutschrift bis zum 20. Tag
des Monates erfolgen könne, der im Gesetz vorgesehenen Ausrichtung der
Renten im Voraus widerspreche. Mit Verfügung vom 28. Juli 1998 lehnte
die Ausgleichskasse des Kantons Zürich das Begehren ab, wobei sie eine
Gesetzwidrigkeit der Verordnungsbestimmung verneinte.

    B.- Die von P. hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich unter Hinweis auf die
Begründung der Ausgleichskasse mit Entscheid vom 30. März 2000 ab.

    C.- P. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen mit
dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die
Ausgleichskasse sei zu verpflichten, ihr die Rente so auszurichten, dass
diese ihrem Konto spätestens am ersten Werktag des Monats gutgeschrieben
werde.

    Während die Ausgleichskasse unter Hinweis auf ihre im kantonalen
Verfahren eingereichte Vernehmlassung auf eine Stellungnahme verzichtet,
beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    D.- Am 8. Februar 2001 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine
publikumsöffentliche Beratung durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Das Eidg. Versicherungsgericht hat von Amtes wegen zu prüfen,
ob die Sachurteilsvoraussetzungen, die für die Beurteilung der gestellten
Rechtsbegehren erfüllt sein müssen, gegeben sind. Hat die Vorinstanz
übersehen, dass es an einer Sachurteilsvoraussetzung fehlte, und hat
sie materiell entschieden, ist dies im Rechtsmittelverfahren von Amtes
wegen zu berücksichtigen mit der Folge, dass der angefochtene Entscheid
aufzuheben ist mit der Feststellung, auf das Rechtsmittel könne mangels
Sachurteilsvoraussetzung nicht eingetreten werden (BGE 122 V 322 Erw. 1,
329 Erw. 5, 120 V 29 Erw. 1, 119 V 12 Erw. 1b mit Hinweisen; GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 73).

    b) Sachurteilsvoraussetzung bildet unter anderem das Erfordernis, dass
die Beschwerde führende Partei durch die angefochtene Verfügung berührt
ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat
(Art. 103 lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG). Die Rechtsprechung
betrachtet als schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 103 lit. a
OG jedes praktische oder rechtliche Interesse, welches eine von einer
Verfügung betroffene Person an deren Änderung oder Aufhebung geltend machen
kann. Das schutzwürdige Interesse besteht somit im praktischen Nutzen, den
die Gutheissung der Beschwerde dem Verfügungsadressaten verschaffen würde,
oder - anders ausgedrückt - im Umstand, einen Nachteil wirtschaftlicher,
ideeller, materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden, welchen die
angefochtene Verfügung mit sich bringen würde. Das rechtliche oder auch
bloss tatsächliche Interesse braucht somit mit dem Interesse, das durch
die von der Beschwerde führenden Person als verletzt bezeichnete Norm
geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass die
Person durch die angefochtene Verfügung stärker als jedermann betroffen sei
und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache
stehe (BGE 125 V 342 Erw. 4a, 124 V 397 Erw. 2b, je mit Hinweisen).

    c) Die Versicherte hat den vorliegenden Prozess eingeleitet, um zu
erreichen, dass ihr die Invalidenrente, die ihr bis anhin regelmässig -
nach den Angaben der Ausgleichskasse in der Regel zwischen dem fünften
und siebten Postarbeitstag - ausgerichtet wurde, künftig am Monatsersten
gutgeschrieben wird. An dieser Vorverschiebung des Rentenauszahlungstermins
hat die Beschwerdeführerin insofern ein Interesse, als sie ihr ermöglichen
würde, früher über das ihr aus der Rente zufliessende Geld zu verfügen,
d.h. es auszugeben oder zinsbringend anzulegen. Mit anderen Worten
würde eine frühere Auszahlung den (Bar-)Wert ihrer Rente erhöhen
(vgl. STAUFFER/SCHÄTZLE, Barwerttafeln, 4. Aufl., Zürich 1989, S. 335
N 1179 ff. und S. 336 N 1184). Die Beschwerdeführerin hat demnach
ein aktuelles und praktisches Interesse an der Feststellung, ob die
Ausgleichskasse den Zahlungsauftrag so zu erteilen hat, dass die Rente
ihr bereits am ersten Werktag des Monates gutgeschrieben werden kann,
weshalb die Eintretensfrage zu bejahen ist. Dennoch rechtfertigt es sich
vorliegend - mit Blick darauf, dass der sich aus einer Rentenauszahlung
zwischen dem fünften und siebten Werktag ergebende Nachteil als relativ
geringfügig bezeichnet werden muss (vgl. STAUFFER/SCHÄTZLE, aaO, S. 335 N
1179 ff. und S. 336 N 1184) - darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung
nicht der Beantwortung rein theoretischer Rechtsfragen dient (vgl. BGE
126 II 303 Erw. 2c; GYGI, aaO, S. 153; PIERRE MOOR, Droit administratif,
Bd. II, Les actes administratifs et leur contrôle, Bern 1991, S. 419
Ziff. 5.6.2.3) und als schutzwürdiges Interesse nur betrachtet werden
kann, was ausreichende Veranlassung dazu bildet, die Justiz zu bemühen
(GYGI, aaO, S. 153).

Erwägung 2

    2.- Der Streit um die Frage, wann eine Versicherungsleistung
auszubezahlen ist, betrifft ebenso wenig die Bewilligung oder Verweigerung
von Versicherungsleistungen wie der Prozess um die Drittauszahlung einer
Rente (BGE 121 V 18 Erw. 2, 118 V 90 Erw. 1a) oder um die Auszahlung an die
Post oder eine Bank (in AHI 1993 S. 35 nicht publizierte Erw. 2 des Urteils
A. vom 2. September 1992, H 134/91). Bei derartigen Streitigkeiten über den
Auszahlungsmodus hat das Eidg. Versicherungsgericht deshalb nur zu prüfen,
ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Da keine
Abgabestreitigkeit vorliegt, darf es weder zu Gunsten noch zu Ungunsten
der Parteien über deren Begehren hinausgehen (Art. 114 Abs. 1 OG).

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 44 Abs. 1 AHVG werden die Renten der Alters-
und Hinterlassenenversicherung "in der Regel monatlich und zum Voraus
ausbezahlt". Der Bundesrat hat diese Bestimmung in Art. 72 AHVV näher
ausgeführt. Danach erteilen die Ausgleichskassen die Zahlungsaufträge der
Post oder der Bank rechtzeitig, sodass die Auszahlung bis zum 20. Tag
des Monats erfolgen kann. In der Invalidenversicherung gelten diese
Bestimmungen sinngemäss (Art. 47 Abs. 3 IVG, Art. 82 IVV).

    b) Ein Blick auf andere Sozialversicherungszweige zeigt, dass die
Frage, wann eine Rente auszubezahlen ist, unterschiedlich geregelt
ist. Für die Renten der beruflichen Vorsorge ist in Art. 38 Satz 1 BVG
nur vorgesehen, dass sie "in der Regel monatlich" ausgerichtet werden. In
Übereinstimmung mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
hat der Gesetzgeber im Bereich der Unfallversicherung bestimmt, dass die
Renten "in der Regel monatlich und zum Voraus" ausbezahlt werden (Art. 49
Abs. 3 UVG). Von der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
abweichend wurde auf Verordnungsstufe indessen geregelt, dass die
Zahlungsaufträge für Renten spätestens am ersten Werktag des Monats erteilt
werden, für den die Leistung geschuldet ist (Art. 62 Abs. 1 UVV). In
der Militärversicherung gilt sodann der Grundsatz, dass die Renten je
am ersten Tag des Monates zum Voraus zahlbar sind (Art. 45 Abs. 1 Satz 1
MVG). Ähnliche Regelungen finden sich in den Sozialversicherungszweigen,
in denen es um andere Geldleistungen als Renten geht (Art. 6 Abs. 3 Satz 1
ELG, wonach die Ergänzungsleistung dem Berechtigten in der Regel monatlich
durch Vermittlung der Post auszubezahlen ist; Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EOG,
wonach die Entschädigungen in der Regel einmal monatlich auszubezahlen
sind; anders Art. 30 Abs. 1 AVIV, wonach die Kasse die Entschädigung
für die abgelaufene Kontrollperiode im Lauf des folgenden Monates
auszahlt). Diese Bestimmungen vereinheitlichend ist im Bundesgesetz über
den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 (BBl 2000 5041 ff.) in Art. 19 unter dem Titel "Auszahlung von
Geldleistungen" vorgesehen, dass die periodischen Geldleistungen in der
Regel monatlich ausbezahlt werden (Abs. 1; vgl. hiezu den Bericht der
Kommission des Nationalrates für Soziale Sicherheit und Gesundheit vom
26. März 1999, BBl 1999 4560 ff.).

Erwägung 4

    4.- a) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen.
Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so
muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung
aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der
dem Text zu Grunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn,
der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und
unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden,
unter anderem dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass
der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche
Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem
Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben
(BGE 126 II 80 Erw. 6d, 126 III 104 Erw. 2c, 126 V 58 Erw. 3, 105 Erw. 3,
je mit Hinweisen).

    b) Der deutschen Fassung des Art. 44 Abs. 1 AHVG, wonach die Renten "in
der Regel monatlich und zum Voraus" ausbezahlt werden, kann nicht eindeutig
entnommen werden, ob sich die Wendung "in der Regel", welche Ausnahmen
zulässt, nur auf die monatliche Periodizität oder auch auf die Auszahlung
im Voraus bezieht. Mit Blick darauf, dass bei der grammatikalischen
Auslegung von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der drei Amtssprachen
auszugehen ist (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. März 1986 über
die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt; SR 170.512) und dass diesem
Auslegungselement nur untergeordnete Bedeutung zukommt, wenn die drei
verschiedenen sprachlichen Versionen nicht vollständig übereinstimmen oder
sich gar widersprechen (BGE 126 V 106 Erw. 3a mit Hinweis), ist zu prüfen,
wie es sich mit der französischen ("Les rentes et les allocations pour
impotents sont payées, en règle générale, mensuellement et d'avance.") und
der italienischen Fassung ("Di regola le rendite e gli assegni per grandi
invalidi sono pagati in anticipo mese per mese.") verhält. In diesen
beiden Versionen bezieht sich der Terminus "in der Regel", was in der
französischen Fassung durch die Abtrennung des Satzgliedes "en règle
générale" mit Kommas und in der italienischen durch die Voranstellung
der Wendung "di regola" ausgedrückt wird, klarerweise auf beide Fragen,
d.h. sowohl auf die monatliche Periodizität als auch auf die Auszahlung
im Voraus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Botschaft, in
welcher vom "Grundsatz der monatlichen vorschüssigen Rentenauszahlung" die
Rede ist (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf
eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung
vom 24. Mai 1946, Separatausgabe S. 173 zu Art. 44). Ebenso wenig stehen
diesem Auslegungsergebnis, dass die Renten in der Regel sowohl monatlich
als auch im Voraus auszurichten sind, Sinn und Zweck oder systematische
Gesichtspunkte entgegen.

    Es stellt sich weiter die Frage, was unter der (auch in Art. 45 MVG
und Art. 49 Abs. 3 UVG verwendeten) zeitlichen Angabe "im Voraus" (ebenso
wie französisch "d'avance" und italienisch "in anticipo") zu verstehen
ist. Vom Wortlaut her kann sie in allen drei Sprachen einerseits in einem
engen Sinne heissen, dass die Renten noch vor Beginn des Monates, für
den sie geschuldet sind, auszurichten seien (d.h. noch im Vormonat). In
einem weiten Sinne verstanden kann "im Voraus" andererseits aber auch
bedeuten, dass die Auszahlung zu erfolgen hat, bevor das Geschehen,
auf welches Bezug genommen wird, abgeschlossen ist, d.h. irgendeinmal
zwischen Anfang und Ende des Monates, eher aber näher an Ersterem. Welche
Auffassung der Absicht des Gesetzgebers entspricht, lässt sich weder
der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines
Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 24. Mai
1946 (Separatausgabe S. 173) noch den Protokollen der parlamentarischen
Beratungen (Sten.Bull. 1946 NR 627; Sten.Bull. 1946 SR 408; vgl. auch Komm.
NR, Prot. vom 4. Juli 1946, (Band 1), S. 214) entnehmen. Hingegen wurde
im Bericht der Eidg. Expertenkommission über die Einführung der Alters-
und Hinterlassenenversicherung vom 16. März 1945 (S. 101), in dessen
Erstellungszeitpunkt noch eine vorschüssige vierteljährliche statt
monatliche Periodizität vorgesehen war, festgehalten, dass die Renten
jeweils "zu Beginn" eines Kalenderquartals auszurichten seien. Diese
Ausführungen, welche sich ohne weiteres auf die monatliche Rentenauszahlung
übertragen lassen, sprechen gegen die enge Auslegung, gemäss welcher die
Auszahlung bereits im Vormonat zu erfolgen hätte. Ausser Betracht fällt
vom Wortlaut her und gestützt auf den Bericht der Expertenkommission aber
auch die Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin, wonach die Renten am
ersten Werktag des Monates gutzuschreiben seien. Hätte der Gesetzgeber
diese Lösung angestrebt, hätte er die Formulierung dahingehend gewählt,
dass die Renten nicht nur im Voraus, sondern zusätzlich im Sinne eines
Fälligkeitstermines je am ersten Tag des Monates zahlbar seien, wie er
dies für den Bereich der Militärversicherung in Art. 45 MVG bestimmt
hat (vgl. hiezu JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die
Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, S. 349, N 3 zu
Art. 45). Nebst den erwähnten Auslegungselementen spricht schliesslich
auch das teleologische, die mit der Rente bezweckte Deckung des
Lebensunterhaltes, dafür, dass die Bestimmung des Art. 44 Abs. 1 AHVG in
dem Sinne zu verstehen ist, dass die Auszahlung der Rente in der Regel in
der ersten Phase des Monates, für den sie geschuldet ist, zu erfolgen hat.

Erwägung 5

    5.- Zu prüfen ist, ob die Bestimmung des Art. 72 AHVV, wonach die
Ausgleichskassen die Zahlungsaufträge der Post oder der Bank rechtzeitig
erteilen, sodass die Auszahlung bis zum 20. Tag des Monats erfolgen kann,
gesetzmässig ist. Anders als Ausgleichskasse, Vorinstanz und BSV verneint
die Beschwerdeführerin diese Frage.

    a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht
Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei
(unselbstständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation
stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz
eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche
Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung
auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung
beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus
dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen
oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch
sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen
und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat
verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 8 Abs. 1 BV,
wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn-
oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für
die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die
Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise
hätten berücksichtigt werden sollen (BGE 126 V 52 f. Erw. 3b; vgl. auch
die zu Art. 4 aBV ergangene Rechtsprechung in BGE 125 V 30 Erw. 6a, 124 II
245 Erw. 3, 583 Erw. 2a, 124 V 15 Erw. 2a, 194 Erw. 5a, je mit Hinweisen).

    b) Ist Art. 44 Abs. 1 AHVG, wie dargelegt, dahingehend auszulegen,
dass die Rente in der Regel in der ersten Phase des Monates, für den sie
geschuldet ist, auszurichten ist, hat der Gesetzgeber damit, entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht bestimmt, dass die Renten am
ersten Werktag des Monates gutzuschreiben seien, sondern dem Bundesrat
vielmehr einen sehr weiten Spielraum des Ermessens für die Regelung auf
Verordnungsebene eingeräumt. Indem der Bundesrat in Art. 72 AHVV den 20.
Monatstag als letztmöglich zulässigen Auszahlungstermin bestimmt hat,
hielt er sich in den Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse. In
Übereinstimmung hiermit werden die Ausgleichskassen in Rz 10069 der
vom BSV herausgegebenen Wegleitung über die Renten (RWL) verpflichtet,
die Zahlungsaufträge so zu erteilen, dass die laufenden Renten "möglichst
regelmässig zur gleichen Zeit, spätestens aber bis zum 20. Tag des Monats
[...] zur Auszahlung gelangen". Dass die Bestimmung des Art. 72 AHVV
von den Ausgleichskassen auf diese Weise gehandhabt wird, bestätigen die
Ausführungen des BSV, wonach die Auszahlung der Renten in der Mehrheit
der Fälle zwischen dem fünften und dem zehnten Tag des Monats erfolgt (im
Kanton Zürich laut Angaben der Beschwerdegegnerin zwischen dem fünften
und siebten Postarbeitstag). Damit unterscheidet sich die Praxis der
Ausgleichskassen, was die Beschwerdeführerin übersieht, nur unwesentlich
von jener der Unfallversicherer, welche gemäss Art. 62 Abs. 1 UVV die
Zahlungsaufträge für Renten spätestens am ersten Werktag des Monates,
für den sie geschuldet sind, zu erteilen haben, was bedeutet, dass auch
die Renten der Unfallversicherung nicht bereits am ersten Werktag des
Monates gutgeschrieben werden.

    Für die in der Verordnung vorgesehene Lösung sprechen schliesslich
auch die vom BSV erwähnten praktischen Gründe. Einerseits wäre es
angesichts des Umstandes, dass es sich bei der Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenversicherung - im Gegensatz zu anderen Versicherungszweigen
(namentlich der Militärversicherung) - um eine Massenversicherung mit
monatlich rund 1,7 Mio. auszuzahlenden Renten handelt, selbst unter
Verwendung moderner Methoden mit vernünftigem Aufwand nicht möglich,
sicherzustellen, dass alle Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten
an einem bestimmten Tag, etwa am ersten Werktag des Monates, wie
dies die Beschwerdeführerin fordert, ausbezahlt würden. Wegen dieses
Mengenproblems ist die Post, wie das BSV ausführt, darauf angewiesen,
die Fälligkeitstermine auf mindestens drei Arbeitstage verteilen zu
können. Andererseits würde das Erfordernis der Gutschrift am Monatsersten
den Ausgleichskassen, welche die Zahlungsaufträge in diesem Falle noch vor
Ende des Vormonates abzuliefern hätten, verunmöglichen, bei der Überweisung
die gegen Ende des Vormonates eintretenden Mutationen zu berücksichtigen,
was unweigerlich zu einer Zunahme der rückwirkend zu ändernden Auszahlungen
führen würde.

    Zusammenfassend ergibt sich, dass, was angesichts des dem Bundesrat
durch die gesetzliche Delegation eingeräumten sehr weiten Spielraumes
des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene einzig zu prüfen war,
die umstrittene Vorschrift des Art. 72 AHVV (in der Invalidenversicherung
anwendbar gemäss Art. 82 IVV) nicht offensichtlich aus dem Rahmen der
dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenz (Art. 44 Abs. 1 AHVG,
in der Invalidenversicherung anwendbar gemäss Art. 47 Abs. 3 IVG)
herausfällt. Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemachte
Gesetzwidrigkeit ist demnach zu verneinen.

Erwägung 6

    6.- (Gerichtskosten)