Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 I 103



127 I 103

13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
4. September 2001 i.S. Surer Kipper Transport AG und Einwohnergemeinde
Lausen gegen Quartierverein Langmatt und Konsorten, Regierungsrat
und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 9 BV, Art. 3, 19, 21, 22, 35 und 36 RPG, kantonales Bau- und
Planungsrecht; Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse in Bezug auf
die Erschliessung einer Industriezone.

    Die Aufhebung eines Bahnniveauübergangs und die Verlagerung des
Verkehrs der Industriezone in ein Wohnquartier hat die tatsächlichen
Erschliessungsverhältnisse derart verändert, dass die Nutzungs- und
Erschliessungsplanung überarbeitet werden muss (E. 6).

    Es ist nicht willkürlich, die Baubewilligung für einen Umschlags-
und Recyclingbetrieb zu verweigern, weil die Erschliessungsplanung noch
nicht den veränderten Verhältnissen angepasst worden ist (E. 7).

Sachverhalt

    Die Surer Kipper Transport AG betreibt seit 1994 an der
Industriestrasse in Lausen einen Umschlags- und Recyclingplatz
für Bauschutt und Abbruchasphalt. Das Grundstück liegt südlich der
SBB-Bahnlinie Basel-Olten auf dem Areal eines ehemaligen Steinbruchs im
östlichen Teil der Industriezone J2, welche mit dem kommunalen Zonenplan
vom 7. Mai 1968 ausgeschieden und seither keiner umfassenden Revision
unterzogen wurde. Östlich an die Industriezone J2 angrenzend befindet
sich das Wohnquartier Langmatt (Wohnzone W2).

    Für den Umschlags- und Recyclingbetrieb wurde von Zeit zu Zeit eine
mobile Brechanlage angemietet. Am 17. August 1995 reichte die Surer Kipper
Transport AG beim Bauinspektorat Basel-Land ein Baugesuch für eine eigene
elektrisch betriebene semi-mobile Brechanlage ein.

    Nachdem die Surer Kipper Transport AG das Baugesuch mit einem
Umweltverträglichkeitsbericht ergänzt hatte, wies das Bauinspektorat
gestützt auf den Prüfbericht der Stabsstelle Umweltschutz der Bau-
und Umweltschutzdirektion am 23. Januar 1998 die gegen das Vorhaben
eingereichten Einsprachen ab. Gegen den Entscheid des Bauinspektorats
erhoben der Quartierverein Langmatt & Konsorten bei der Baurekurskommission
Beschwerde, die mit Entscheid vom 26. Mai 1998 abgewiesen wurde. Die
Baurekurskommission gelangte zum Ergebnis, dass der Betrieb des
Umschlags- und Recyclingplatzes sowie der Steinbrechanlage zonenkonform,
die Industriezone hinreichend erschlossen und die umweltrechtlichen
Voraussetzungen erfüllt seien.

    Gegen den Entscheid der Baurekurskommission erhoben der Quartierverein
Langmatt & Konsorten Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft. Dieser wies die Beschwerde gegen die Bewilligung des
Vorhabens am 9. März 1999 ab.

    Den Entscheid des Regierungsrats focht der Quartierverein Langmatt &
Konsorten beim kantonalen Verwaltungsgericht an. Dieses gelangte mit
Urteil vom 21. Juni 2000 zum Ergebnis, dass die bestehende Erschliessung
den Planungsgrundsatz von Art. 3 Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes vom
22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) verletze. Es hiess die
Beschwerde des Quartiervereins Langmatt & Konsorten nach Durchführung
eines Augenscheins gut und stellte fest, dass das Baugesuch der Surer
Kipper Transport AG mit der bestehenden Erschliessung nicht bewilligt
werden könne.

    Die Surer Kipper Transport AG und die Einwohnergemeinde Lausen führen
gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2000 staatsrechtliche
Beschwerde mit dem Antrag um Aufhebung des angefochtenen Entscheids.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 6

    6.- Es ist unbestritten, dass es sich beim Bauvorhaben um eine
bewilligungspflichtige Anlage handelt. Voraussetzung einer Baubewilligung
ist, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen
und das Land erschlossen ist (Art. 22 Abs. 2 RPG). Vorbehalten bleiben
die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts
(Art. 22 Abs. 3 RPG). Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, das Vorhaben
könne mit der bestehenden strassenmässigen Erschliessung nicht bewilligt
werden. Ein den raumplanungsrechtlichen Anforderungen genügendes Verfahren,
das die raumrelevanten Auswirkungen der Erschliessung oder allenfalls eine
neue Nutzungsordnung zum Gegenstand gehabt hätte, sei nie durchgeführt
worden. Die altrechtliche, vor dem Erlass des Raumplanungsgesetzes des
Bundes erlassene Nutzungs- und Erschliessungsplanung der Einwohnergemeinde
Lausen aus dem Jahre 1968 geniesse zufolge der seither eingetretenen
erheblichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse keine
Planbeständigkeit. Eine akzessorische Überprüfung der Nutzungsplanung
habe deshalb zwingend stattzufinden. Diese führe zum Ergebnis, dass
die bestehende Erschliessung dem Planungsgrundsatz von Art. 3 Abs. 3
lit. b RPG nicht entspreche, wonach Wohngebiete vor schädlichen oder
lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterungen
möglichst verschont werden sollen. Gestützt auf Art. 22 Abs. 2 RPG könne
der Umschlags- und Recyclingbetrieb solange nicht bewilligt werden, bis
eine anderweitige, mit dem Raumplanungsrecht vereinbare Erschliessung
verwirklicht sei. Der Einwohnergemeinde Lausen stehe es im Rahmen ihres
Planungsermessens offen, über die Revision der Siedlungsplanung andere
planerische Lösungen zu treffen, die mit dem Raumplanungsrecht im Einklang
stünden.

    a) Während die Einwohnergemeinde Lausen die Voraussetzungen für eine
akzessorische Überprüfung der Nutzungsplanung als erfüllt erachtet,
wendet die Surer Kipper Transport AG unter Berufung auf BGE 120 Ia
227 ein, die Zulässigkeit einer akzessorischen Prüfung dürfe nur mit
grösster Zurückhaltung angenommen werden. Die entsprechenden strengen
Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt.

    b) Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich (Art.  21 Abs. 1
RPG). Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die
Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst (Art. 21 Abs. 2
RPG). Die akzessorische Überprüfung eines Nutzungsplans ist insbesondere
im Baubewilligungsverfahren grundsätzlich ausgeschlossen, doch lässt die
Rechtsprechung eine solche Überprüfung zu, wenn sich die tatsächlichen
Verhältnisse oder die gesetzlichen Voraussetzungen seit Annahme des
Plans in einer Weise geändert haben, dass das öffentliche Interesse an
der Beibehaltung der auferlegten Nutzungsbeschränkungen dahingefallen
sein könnte. Diese Präzisierung entspricht der Überprüfungspflicht
von Nutzungsplänen gemäss Art. 21 Abs. 2 RPG (BGE 120 Ia 227 E. 2c
S. 232 mit Hinweisen). Ein Grundeigentümer kann unter Berufung auf die
Eigentumsgarantie eine Überprüfung und Anpassung des Nutzungsplans nicht
nur in Bezug auf sein eigenes Grundstück, sondern auch auf benachbarte
Grundstücke verlangen (BGE 120 Ia 227 E. 2d S. 233 f.; siehe auch BGE
127 I 44 E. 2d S. 47, je mit weiteren Hinweisen).

    aa) Die aus Art. 21 RPG folgende Planbeständigkeit kommt
grundsätzlich nur solchen Nutzungsplänen zu, die unter der Herrschaft
des Raumplanungsgesetzes des Bundes und zur Umsetzung seiner Ziele und
Grundsätze erlassen wurden. Diesfalls besteht eine Gültigkeitsvermutung
für die auferlegten Nutzungsbeschränkungen. Für Nutzungspläne, die noch
nicht den Anforderungen des Raumplanungsgesetzes des Bundes angepasst
worden sind, besteht diese Vermutung nicht (BGE 120 Ia 227 E. 2c S. 233
mit Hinweis auf BGE 118 Ib 38 E. 4 S. 43 ff.).

    bb) Die Siedlungsplanung der Einwohnergemeinde Lausen stammt
aus dem Jahre 1968. Das fragliche Areal blieb seitdem unverändert der
Industriezone zugewiesen. Auf den 1. Januar 1980 wurde das eidgenössische
Raumplanungsgesetz in Kraft gesetzt, welches Bund, Kantonen und Gemeinden
für ihre raumwirksamen Aufgaben eine Planungspflicht nach definierten
Planungszielen und -grundsätzen auferlegt (Art. 1 und 3 RPG). Gestützt
auf Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG hätten die Kantone bis spätestens Ende 1987
dafür sorgen müssen, dass Nutzungspläne erstellt bzw. dem eidgenössischen
Raumplanungsrecht angepasst werden. Die Einwohnergemeinde Lausen hat nach
den Ausführungen des Verwaltungsgerichts erst kürzlich die Revision der
Siedlungsplanung eingeleitet.

    Die dargestellte Rechtslage hat nicht zur Folge, dass die vorliegende
altrechtliche Nutzungsplanung gesamthaft ungültig wäre. Auf den 1. Januar
1988 verlor sie jedoch in Bezug auf die Umschreibung des Baugebiets
ihre Gültigkeit. Dies hat zur Folge, dass das Baugebiet ersatzweise
nach Art. 36 Abs. 3 RPG bestimmt wird und demnach lediglich das
weitgehend überbaute Gebiet als vorläufige Bauzone gilt (BGE 118 Ib 38
E. 4a S. 44 f.). Das Verwaltungsgericht hat unbestritten festgehalten,
dass die Umschlags- und Recyclinganlage in weitgehend überbautem Gebiet
und damit in der vorläufigen Bauzone liegt. Es stellt sich daher - wie
das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - die Frage, ob sich seit Erlass
der Nutzungsordnung die Verhältnisse derart verändert haben, dass eine
akzessorische Überprüfung der Nutzungsplanung erfolgen muss.

    c) Das Verwaltungsgericht bejaht eine erhebliche Veränderung
der tatsächlichen Verhältnisse aus folgenden Gründen: Bei Erlass
der Siedlungsplanung im Jahre 1968 wurde die Industriezone von der
Hauptstrasse her durch einen Bahnniveauübergang auf Höhe des hier
umstrittenen Umschlags- und Recyclingplatzes erschlossen. Heute wird die
Industriezone über eine Strassenüberführung und durch das Wohnquartier
Langmatt erschlossen. Der Niveauübergang soll nach den Feststellungen im
angefochtenen Entscheid ca. 1978 geschlossen worden sein. Das Projekt
der Strassenüberführung sei offenbar mit dem Landratsbeschluss Nr. 653
vom 4. April 1963 genehmigt worden (Projektgenehmigung der kantonalen
Hochleistungsstrasse T2). Zu diesem Zeitpunkt hätten jedoch die
betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner die Auswirkungen der geplanten
Strassenüberführung noch nicht abschätzen können, da der Niveauübergang
immer noch offengestanden und erst einige Zeit später geschlossen
worden sei.

    Obwohl die Einwohnergemeinde Lausen ebenfalls von einer erheblichen
Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse seit Erlass des Zonenplans im
Jahre 1968 ausgeht, legt sie einen vom verwaltungsgerichtlichen Urteil
abweichenden Sachverhalt dar: Demnach sei das Plangenehmigungsverfahren
für die Strassenüberführung vom Regierungsrat erst am 25. September
1979 abgeschlossen worden. Dieser Umstand wird vom Regierungsrat in
seiner Stellungnahme zu den vorliegenden Beschwerden bestätigt. Der
damalige Bahnniveauübergang soll nach den Angaben der Gemeinde erst mit
der Inbetriebnahme der neuen Überführung am 20. Oktober 1986 aufgehoben
worden sein. Diese Abweichungen vom verwaltungsgerichtlich festgestellten
Sachverhalt ändern nach Auffassung der Gemeinde nichts daran, dass von
einer erheblichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse seit Erlass
des Zonenplans im Jahre 1968 auszugehen ist. Die Folgen der Schliessung
des Bahnübergangs seien indessen bereits im Jahre 1979 bekannt gewesen.

    d) Die Surer Kipper Transport AG vertritt die Auffassung, die
tatsächlichen Verhältnisse hätten sich nicht erheblich verändert, weshalb
eine akzessorische Überprüfung des rechtskräftigen Nutzungsplans unzulässig
sei. Sie weist darauf hin, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil
festgehalten habe, dass neben der hier umstrittenen östlichen Zufahrt eine
zweite, weiter westlich gelegene Zufahrt bestehe. Somit sei im Wegfall
des Bahnniveauübergangs und der Inbetriebnahme der Strassenüberführung
keine derart erhebliche Veränderung der Verhältnisse zu erblicken,
dass die Nutzungs- und Erschliessungsplanung in diesem Gebiet überprüft
werden müsse.

    e) Auch wenn tatsächlich ein Teil des Verkehrs zur umstrittenen Anlage
über die westliche Zufahrt geleitet werden könnte, ist zu beachten,
dass das Verwaltungsgericht am Augenschein in Übereinstimmung mit dem
Umweltverträglichkeitsbericht feststellte, dass der durch die Industriezone
erzeugte Verkehr, insbesondere auch der Schwerverkehr, aufgrund des nahe
gelegenen Anschlusses an die Hochleistungsstrasse J2 hauptsächlich auf dem
östlichen Erschliessungsast durch das Langmattquartier verläuft. Dieser
Sachverhalt liegt der Baubewilligung für die Anlage zugrunde und wird
auch von der Betreiberin nicht substanziiert bestritten.

    f) Angesichts des dargelegten Sachverhalts ist nicht zu beanstanden,
dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen wesentlich veränderter
tatsächlicher Verhältnisse bejaht hat. Die vom Regierungsrat und
den Beschwerdeführerinnen kritisierten Ungenauigkeiten bei der
Sachverhaltsfeststellung sind für die Frage, ob sich die tatsächlichen
Verhältnisse erheblich geändert haben, ohne Belang. Mit dem Verlust
der strassenmässigen Erschliessung der Industriezone über den
Bahnniveauübergang und der Verlagerung des Schwerverkehrs in das
Langmattquartier wurden neue tatsächliche Verhältnisse geschaffen,
die nach einer Überarbeitung der kommunalen Erschliessungsplanung rufen
(Art. 21 Abs. 2 RPG). Der angefochtene Entscheid ist diesbezüglich im
Ergebnis keinesfalls willkürlich.

Erwägung 7

    7.- Zu prüfen ist weiter, ob das Verwaltungsgericht die Baubewilligung
für die Umschlags- und Recyclinganlage aufheben durfte, weil die Gemeinde
ihre Erschliessungsplanung noch nicht an die veränderten Verhältnisse
angepasst hat.

    a) Die Einwohnergemeinde Lausen macht geltend, der angefochtene
Entscheid präjudiziere ihre Nutzungsplanung. Mit der Feststellung,
die Industriezone dürfe nicht über eine Zufahrt durch das Wohnquartier
Langmatt erschlossen werden, verblieben nur noch die Möglichkeiten,
eine neue Erschliessungsstrasse für die Industriezone zu planen oder
das Gebiet mangels hinreichender Erschliessung aus der Industriezone
auszuzonen. Dies führe zu einer unzulässigen Beschneidung der kommunalen
Planungsautonomie. Zudem verunmögliche der angefochtene Entscheid
eine umfassende Interessenabwägung im Rahmen der Nutzungsplanung,
die zu einer angemessenen Lösung zum Schutz der Wohngebiete vor
übermässigen Lärmimmissionen unter Beachtung der übrigen Planungsziele
und -grundsätze sowie weiterer öffentlicher und privater Interessen
führen solle. Schliesslich dürfe die Berücksichtigung der bestehenden
tatsächlichen Verhältnisse und der umweltschutzrechtlichen Anforderungen
im Rahmen einer umfassenden Nutzungsplanung nicht verunmöglicht werden.

    Die Surer Kipper Transport AG beanstandet insbesondere, dass sich das
Verwaltungsgericht nur mit der planerischen Erschliessungssituation über
das Langmattquartier auseinandergesetzt habe, obwohl in Bezug auf diese
(östliche) Erschliessung die fachtechnischen, strassenbaulichen sowie die
umweltrechtlichen Anforderungen erfüllt seien und zudem eine westliche
Erschliessungsvariante bestehe.

    b) Die Bauschutt- und Recyclinganlage wird verkehrsmässig hauptsächlich
über das Wohnquartier Langmatt erschlossen, dessen Liegenschaften in
einer reinen Wohnzone liegen. Durch den Betrieb der Bauschutt- und
Recyclinganlage, mit einer geplanten Jahresleistung von 30'000 m3 wird
gemäss Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (Prüfungsbericht) der
Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons Basel-Landschaft vom 8. Januar
1998 ein durchschnittlicher täglicher Verkehr (Montag - Freitag) von 70
Lastwagen- und 35 Personen-/Lieferwagenbewegungen (Zu- und Wegfahrt)
erzeugt. Geht man von der Kapazitätsgrenze des Standorts (45'000 m3
pro Jahr) aus, erhöhen sich die Lastwagenbewegungen gemäss UVP von 70
auf 90 und die Personen-/Lieferwagenbewegungen auf 45 Fahrten pro Tag
(immer Montag - Freitag). Im Langmattquartier (Gruben-Ein-/Ausfahrt bis
Hauptstrasse) ergibt dies, gemessen am Gesamtverkehr, einen Verkehrsanteil
von rund 7 respektive 9%. Betrachtet man allein den Schwerverkehr, so
macht die neue Anlage 30% des gesamten Lastwagenverkehrs aus.

    Ebenfalls nicht unerheblich sind die zu erwartenden
Luftschadstoffimmissionen des Betriebs selbst und des dadurch verursachten
Verkehrs (vgl. S. 13 des Prüfungsberichts). Die Luftbelastung mit
Stickstoffdioxid an der Ramlinsburgerstrasse, die als Erschliessungsstrasse
dient, liegt im Bereich des Immissionsgrenzwertes und es ist nur
noch eine Frage des weiteren Anstiegs des Verkehrsaufkommens, bis der
Immissionsgrenzwert überschritten wird (Prüfungsbericht S. 15). Der
Prüfungsbericht hält hierzu fest, dass die im Bereich Lufthygiene zur
Verfügung stehenden (beschränkten) Massnahmen dafür wohl kaum Abhilfe
schaffen würden. Eine für die Anwohner befriedigende Situation könne nur
mit einer anderen Erschliessung der Industriezone erreicht werden.

    c) Zu den Aufgaben der Raumplanung gehört es, Bauzonen für
immissionsträchtige Anlagen an geeigneten Orten so auszuscheiden, dass
sie lärmempfindliche Zonen möglichst wenig belasten (Art. 3 Abs. 3
lit. a und b RPG). Mit diesem Planungsgrundsatz dient die Raumplanung
der vorausschauenden Vermeidung von Immissionspotenzialen und ist dem
Umweltrecht insofern vorgelagert. Sie zielt darauf ab, Nutzungskonflikte,
die Gegenstand von umweltrechtlichen Massnahmen werden könnten, schon gar
nicht aufkommen zu lassen (ROBERT WOLF, Kommentar zum Umweltschutzgesetz,
N. 7 zu Art. 25; siehe auch Botschaft des Bundesrates zu einem Bundesgesetz
über den Umweltschutz vom 31. Oktober 1979, BBl 1979 III 763). Bauten
und Betriebe, die mit dem Charakter einer Wohnzone unvereinbar
sind, können mit nutzungsplanerischen Mitteln untersagt werden,
auch wenn die Lärmemissionen, zu denen sie führen, bundesrechtliche
Schranken (insbesondere des Umweltschutzrechts) nicht überschreiten;
ihre Unzulässigkeit darf sich jedoch nicht einzig aus der konkreten
Lärmbelästigung ergeben, sondern muss planungsrechtlich begründet sein
(vgl. ROBERT WOLF, aaO, N. 12 zu Art. 25).

    Der Planungsgrundsatz gemäss Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG verlangt,
dass die Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung gestaltet und
in ihrer Ausdehnung begrenzt werden. Insbesondere sollen Wohngebiete
vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm
und Erschütterungen möglichst verschont werden. Diese Bestimmung nimmt
die allgemeine umweltpolitische Verpflichtung der Raumplanung auf und
verdeutlicht sie für die besonders immissionsempfindlichen Wohngebiete. Der
Grundsatz verlangt vorab, dass lärmige und luftverunreinigende Nutzungen
von Wohngebieten ferngehalten oder gegen sie abgeschirmt werden. Dies gilt
beispielsweise für Schiessstände, aber auch für Verkehrsanlagen oder
störende Gewerbebetriebe (PIERRE TSCHANNEN, Kommentar RPG, Rz. 56 zu
Art. 3). Industriezonen sollen, soweit möglich, mit dem Ziel im Einklang
stehen, wohnliche Siedlungen zu schaffen und zu erhalten (vgl. LEO
SCHÜRMANN/PETER HÄNNI, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht,
3. Aufl., Bern 1995, S. 134).

    d) Der Erschliessung kommt in der Raumplanung eine erhebliche
Bedeutung zu, da Land erst dann als erschlossen und damit überbaubar
gilt, wenn eine für die betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt besteht
(Art. 19 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG). Art. 19 RPG gehört
zu den Bestimmungen, die das Ziel und den Inhalt der Nutzungspläne
definieren. Das Raumplanungsgesetz verknüpft die Erschliessung mit den
Nutzungsplänen, indem nur für erschlossenes Land eine Baubewilligung
erteilt werden darf (Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG; vgl. BGE 118 Ib 66 E. 2a
S. 73). Die Nutzungspläne bestimmen die Art der Bodennutzung, und die
Erschliessungspläne stellen insbesondere für die Bauzonen ein Element
dieser Planung dar. Die Erschliessung dient somit der Verwirklichung
der Planung (vgl. ANDRÉ JOMINI, Kommentar RPG, N. 1 zu Art. 19). Eine
einschneidende Veränderung der Erschliessungssituation selbst bedeutet, wie
die Problematik des vorliegenden Falles deutlich aufzeigt, eine erhebliche
Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, was nach Art. 21 Abs. 2 RPG zu
einer Überprüfung der Nutzungsplanung führen muss (s. vorne E. 6f).

    Land gilt nach Art. 19 Abs. 1 RPG dann als erschlossen, wenn die für
die betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt besteht und die erforderlichen
Wasser-, Energie- sowie Abwasserleitungen so nahe heranführen, dass ein
Anschluss ohne erheblichen Aufwand möglich ist. Die Anforderungen an
die Erschliessung sind je nach der beanspruchten Nutzung und nach den
massgeblichen Umständen im Einzelfall verschieden. Die Erschliessung für
eine Industriezone hat andere Voraussetzungen zu erfüllen als für eine
Wohnzone. Ein Bauvorhaben muss spätestens im Zeitpunkt der Realisierung
über die für den ordnungsgemässen Betrieb erforderliche strassenmässige
Erschliessung verfügen, ansonsten die Baubewilligung nicht erteilt
werden kann (vgl. BGE 118 Ib 66 E. 2a S. 73). Vorliegend bietet die
fachtechnische Erschliessung der Industriezone durch das Langmattquartier
gemäss den einschlägigen Normen des Strassenbaus keine Probleme. Nach dem
Bericht der kantonalen Verkehrsabteilung genügt diese den Anforderungen an
eine verkehrsmässige Erschliessung für den Schwerverkehr. Zu prüfen ist
einzig, ob die planungsrechtlichen Voraussetzungen an eine hinreichende
Erschliessung erfüllt sind.

    e) Eine Erschliessung im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit.  b RPG
muss nicht nur den fachtechnischen Anforderungen genügen, sondern
sie hat auch die übrigen raumplanerischen Vorgaben zu erfüllen. Der
Erschliessungsplanung als Teil der Nutzungsplanung kommt bei planerischen
Entscheidungen eine beachtliche Bedeutung zu. Ein Planungsinstrument im
Bereiche der Erschliessung ist nach dem kantonalen Recht der kommunale
Strassennetzplan, der unter anderem das öffentliche Strassennetz generell
festlegt und die bestehenden, die zu korrigierenden und die projektierten
Verkehrswege und Parkierungsflächen enthält (§ 26 Abs. 1 des Baugesetzes
des Kantons Basel-Landschaft vom 15. Juni 1967). An die Bedeutung der
Erschliessungsplanung für die Ortsplanung anknüpfend schrieb das bisherige
Baugesetz in derselben Bestimmung vor, dass der Strassennetzplan mit Zonen-
und Kanalisationsplänen übereinstimmen muss. Im revidierten Raumplanungs-
und Baugesetz des Kantons Basel-Landschaft vom 8. Januar 1998 (RBG) wird
nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass die kommunalen Strassennetzpläne
gleichzeitig mit den Zonenvorschriften zu erlassen oder nötigenfalls
anzupassen sind (§ 24 Abs. 5 RBG). Diese Anforderung dient der Koordination
gemäss Art. 25a RPG, welche auch im Nutzungsplanungsverfahren sinngemäss
zu beachten ist (Art. 25a Abs. 4 RPG).

    f) Angesichts der beschriebenen Rechtslage musste das
Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Beschwerde der Bewohner des
Langmattquartiers berücksichtigen, dass die erschliessungsrechtlichen
Voraussetzungen zur Bewilligung der umstrittenen Anlage überholt sind,
auch wenn die Anlage rein unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzgesetzes
zu keinen Beanstandungen Anlass gibt. Die Einwohnergemeinde Lausen hat
es unterlassen, ihre altrechtliche Zonenordnung aus dem Jahre 1968 auf
die veränderten tatsächlichen Verhältnisse und das Raumplanungsgesetz
des Bundes abzustimmen, obwohl sich eine entsprechende Pflicht sowohl
aus Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG als auch aus Art. 21 Abs. 2 RPG ergibt.
Die Erschliessung der Industriezone mit regem Schwerverkehr durch ein
Wohngebiet ohne Strassenplanung, die eine solche Erschliessung festlegt,
kann aus raumplanerischer Sicht nicht als haltbar bezeichnet werden, da
jedes Baugebiet seine Immissionen grundsätzlich selbst tragen muss (vgl.
BGE 116 Ib 159 E. 6a S. 165). Die altrechtliche Planung ist demnach im
geeigneten kantonalrechtlich vorgesehenen Verfahren zu überprüfen. In den
Berichten der im Baubewilligungsverfahren involvierten Amtsstellen und in
den Entscheiden der kantonalen Behörden wird ebenfalls auf die unhaltbare
Erschliessungssituation hingewiesen und angeregt, bei der Revision der
Siedlungsplanung entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

    Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Entscheid zudem auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung bezogen, welche für eine immissionsmässig
vergleichbare Anlage zur Kiesausbeutung die Durchfahrt von täglich 60
Lastwagen durch die Ortschaft Kerzers, die bereits von ungefähr 3500
Fahrzeugen durchquert wurde, als unhaltbar bezeichnete. Ohne dass eine
Überschreitung der innerorts massgeblichen Immissionsgrenzwerte für Lärm
nachgewiesen war, hielt es einige Planungsgrundsätze, unter anderem auch
die grundsätzliche Verschonung von Wohngebieten vor schädlichen oder
lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterungen,
aufgrund des zusätzlich zu erwartenden Verkehrs für verletzt (BGE 112
Ib 26 E. 5d S. 37 f.). Nutzungskonflikte dieser Art sind im Rahmen der
Überarbeitung der raumplanerischen Grundlagen zu lösen (siehe auch BGE
118 Ib 66 E. 2c S. 76).

    g) Es ist somit nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht
der altrechtlichen Strassenplanung der Einwohnergemeinde Lausen in
Bezug auf die Erschliessung des Umschlags- und Recyclingbetriebs
der Surer Kipper Transport AG keine Planbeständigkeit beigemessen
hat. Die akzessorische Überprüfung durch das Verwaltungsgericht und die
Verweigerung der Baubewilligung für den Umschlags- und Recyclingbetrieb
halten vor dem Willkürverbot stand. Die Erschliessung der Industriezone
mit erheblichem Schwerverkehr durch das Wohnquartier durfte vom
Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Planungsgrundsätze und weiteren
Bestimmungen des Raumplanungsrechts als unhaltbar bezeichnet werden. Eine
unverzügliche Überprüfung dieser Situation im Rahmen der Nutzungs- und
Erschliessungsplanung erscheint unerlässlich. Es war somit im Lichte der
Art. 19 Abs. 1 und 22 Abs. 2 lit. b RPG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2
und Art. 35 Abs. 1 lit. b sowie Art. 36 Abs. 3 RPG und dem einschlägigen
kantonalen Recht folgerichtig, dass das Verwaltungsgericht die umstrittene
Baubewilligung aufgehoben hat.

    Die Befürchtung der Einwohnergemeinde Lausen, mit dem angefochtenen
Entscheid werde ihre weitere Nutzungsplanung präjudiziert, ist unbegründet,
da es ihr weiterhin freisteht, zwischen den zur Verfügung stehenden,
rechtlich zulässigen Planungslösungen auszuwählen und dabei auch
die tatsächlichen Verhältnisse sowie weitere massgebende Interessen
zu berücksichtigen. Indessen ist Voraussetzung für die Erteilung von
Baubewilligungen, dass eine hinreichende, planungsrechtlich einwandfreie
Erschliessung besteht, was vom Verwaltungsgericht im vorliegenden
Fall wie erwähnt verneint werden durfte. Unter den gegebenen Umständen
kann dem Verwaltungsgericht auch nicht vorgeworfen werden, es habe eine
umfassende Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen unterlassen. Das
Verwaltungsgericht ist nicht Planungsorgan, sondern hatte im vorliegenden
Verfahren zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der
Baubewilligung erfüllt waren. Es hat erhebliche planungsrechtliche Mängel
festgestellt und aufgrund einer willkürfreien Würdigung dieser Mängel die
Baubewilligung aufgehoben. Eine Pflicht zur umfassenden Interessenabwägung,
wie sie die Gemeinde bei der Erarbeitung ihrer Nutzungsplanung trifft,
oblag dem Verwaltungsgericht nicht, und der angefochtene Entscheid
verletzt auch die Kompetenz der Gemeinde zum Erlass der Nutzungsplanung
nicht. Die Gemeinde liess seit dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes
des Bundes am 1. Januar 1980 trotz der bereits damals sich abzeichnenden
Veränderung der Verhältnisse und trotz der Anpassungsfrist von acht
Jahren gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG über 20 Jahre verstreichen,
ohne ihre Nutzungsplanung aus den Jahre 1968 zu überarbeiten. In diesem
Zeitraum hätte sie die erforderlichen Planänderungen vornehmen können und
war dazu auch rechtlich verpflichtet. Die Einwohnergemeinde Lausen wird
ihre Planung nun unverzüglich überarbeiten müssen, wofür namentlich auch
der Kanton zu sorgen hat (Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG).

    Das Verwaltungsgericht war weiter nicht befugt, über den
Streitgegenstand hinauszugehen, welcher durch das Baugesuch der Surer
Kipper Transport AG und die Beschwerde der Anwohner im Langmattquartier
bestimmt wurde. Ob allenfalls eine hinreichende Erschliessung über
einen anderen Erschliessungsast unter Verzicht auf die Zufahrt über das
Wohngebiet möglich wäre, war vom Verwaltungsgericht jedenfalls entgegen
der Annahme der Surer Kipper Transport AG nicht zu prüfen, da das Baugesuch
und der dazu gehörende Umweltverträglichkeitsbericht die Haupterschliessung
der Bauparzelle über das Wohngebiet vorsahen.