Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 III 55



127 III 55

9. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Dezember 2000
i.S. Beirat der Munizipalgemeinde Leukerbad und Munizipalgemeinde Leukerbad
gegen Caisse de Retraite et de Prévoyance du Personnel Enseignant du
Canton du Valais sowie Kantonsgericht Wallis (obere Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen) (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Beiratschaft gemäss Art. 28 ff. des Bundesgesetzes vom 4.  Dezember
1947 über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften
des kantonalen öffentlichen Rechts (SR 282.11).

    Rechtsmittelweg gegen Verfügungen des Beirates; Abgrenzung zwischen
staatsrechtlicher Beschwerde und Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde
(E. 1b).

    Der Bundesgesetzgeber hat dem Beirat keine Befugnisse zu Eingriffen in
die Gläubigerrechte verliehen. Begrenzte Eingriffsmöglichkeiten gestattet
erst der Nachlassvertrag nach kantonalem Recht (E. 3-5).

Sachverhalt

    A.- Nachdem die Gläubiger der Munizipalgemeinde Leukerbad einen
von Kommissaren ausgearbeiteten Sanierungsplan abgelehnt hatten,
ersuchte der Staatsrat des Kantons Wallis die obere kantonale
Betreibungsaufsichtsbehörde (Kantonsgericht Wallis) um Anordnung einer
Beiratschaft gemäss Art. 28 ff. des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947
über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des
kantonalen öffentlichen Rechts (SchGG; SR 282.11). Mit Entscheid vom 20.
Juli 1999 stellte die angerufene Aufsichtsbehörde die Munizipalgemeinde
Leukerbad für die Dauer von drei Jahren unter Beiratschaft, ernannte
Dr. Andreas Coradi, Zürich, zum Beirat und umschrieb seine Aufgaben
und Kompetenzen.

    B.- Am 13. Januar 2000 erliess der Beirat verschiedene generelle und
spezielle Verfügungen. Unter anderem wies er mit der speziellen Verfügung
Nr. 30 die "Forderung Nr. 63" der Caisse de Retraite et de Prévoyance
du Personnel Enseignant du Canton du Valais (nachfolgend: CRP) im Betrag
von Fr. 527'358.45 vollumfänglich ab.

    Hiergegen beschwerte sich die CRP bei der oberen Aufsichtsbehörde. Mit
Entscheid vom 28. September 2000 hiess diese die Beschwerde gut und stellte
die Nichtigkeit der speziellen Verfügung Nr. 30 fest. In der Begründung
führte sie aus, die Kompetenz, über eine streitige zivilrechtliche
Forderung materiell zu entscheiden oder wie ein Konkursverwalter über
ihre Anerkennung zu befinden, stehe dem Beirat nicht zu.

    C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 30. Oktober 2000 beantragen
der Beirat und die Munizipalgemeinde Leukerbad dem Bundesgericht,
die Angelegenheit unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids an die
Aufsichtsbehörde zurückzuweisen, damit diese die Berechtigung des Beirats
feststelle, mit der speziellen Verfügung Nr. 30 die Forderung Nr. 63 der
CRP abzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit
es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist im Verhältnis zu
anderen Bundesrechtsmitteln subsidiär (Art. 84 Abs. 2 OG). Wohl
scheidet die Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG und Art. 78 ff. OG wegen
Verletzung verfassungsmässiger Rechte aus (BGE 122 III 34 E. 1 S. 35,
mit weiteren Hinweisen). Wird jedoch - wie hier - die Willkürrüge erhoben
und mit qualifiziert unrichtiger Anwendung von Bundesrecht begründet,
steht insoweit eine Verletzung von Bundesrecht zur Diskussion, die mit
der Beschwerde gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG vorzutragen ist, wenn diese
erhoben werden kann (BGE 107 III 11 E. 1 S. 12; POUDRET/SANDOZ-MONOD,
Commentaire OJ, Bd. II, N. 2.3.2.1 und 2.3.5 zu Art. 81 OG; AMONN/GASSER,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl., 1997, § 6
Rz. 100; HEINZ PFLEGHARD, in: Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht,
2. Aufl., 1998, Rz. 5.55). Es ist deshalb zu prüfen, ob die Beschwerde
an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts offen steht.

    Gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG kann grundsätzlich jeder Entscheid
einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde an die bundesgerichtliche
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weitergezogen werden (BGE 122 III 34
E. 1 S. 35); ausgenommen sind Zwischenentscheide (BGE 111 III 50 S. 51;
PFLEGHARD, aaO, Rz. 5.18 f. und 5.26). Das SchGG enthält freilich eigene
Rechtsmittelvorschriften, die jenen des SchKG vorgehen (Art. 30 Abs. 2
SchKG, Art. 1 Abs. 1 SchGG; JENNY, Kommentar zum SchKG, Bd. III, N. 14
zu Art. 1 SchGG; GILLIÉRON, Commentaire de la LP, Bd. 1, N. 16 zu Art. 30
SchKG). Für Anordnungen betreffend die Beiratschaft regeln die Art. 44 und
45 SchGG den Rechtsmittelweg. Art. 44 SchGG lässt i.V.m. Art. 4 Abs. 4
SchGG gegen Verfügungen der Beiratschaft die Beschwerde an die obere
kantonale Aufsichtsbehörde zu. Deren Entscheide können in den Fällen von
Art. 45 SchGG beim Bundesgericht (Schuldbetreibungs- und Konkurskammer)
angefochten werden. Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt,
hat die Aufzählung der beim Bundesgericht anfechtbaren Entscheide
abschliessenden Charakter (ebenso: RUDOLF DIGGELMANN, Die Beiratschaft
über Gemeinden nach dem Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947, Diss. Zürich
1952, S. 81 f.; JENNY, aaO, N. 1 zu Art. 45 SchGG; GILLIÉRON, aaO,
N. 51 zu Art. 30 SchKG; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs,
Bd. II, 3. Aufl., 1993, § 84 Rz. 63). Der hier interessierende Gegenstand
(Abweisung einer Forderung) fällt nicht darunter. Mithin scheidet die
SchKG-Beschwerde aus und ist die staatsrechtliche Beschwerde auch unter
diesem Gesichtswinkel zulässig.

Erwägung 3

    3.- a) Die Aufsichtsbehörde hat erwogen, gemäss Art.  39 Abs. 1 Satz 2
SchGG gingen die Kompetenzen der ordentlichen Verwaltungsorgane und ihrer
Verwaltungsaufsichtsbehörden bezüglich der finanziellen Geschäftsführung
auf die Beiratschaft über, soweit diese zuständig erklärt werde. Der
Beiratschaft könnten somit nicht mehr und nicht andere Kompetenzen zustehen
als den Gemeindebehörden. Über den Bestand einer Forderung gegen die
Gemeinde oder ihre Anerkennung (wie im Kollokationsverfahren) könne die
Gemeinde keine Verfügung erlassen. Sie könne privatrechtliche Forderungen
Dritter nur bestreiten oder akzeptieren. Die Verfügungskompetenz stehe
daher dem Beirat nicht zu, und sie sei ihm im Übrigen auch nicht übertragen
worden. Der Beirat habe somit seine sachliche Zuständigkeit überschritten,
und zwar dergestalt, dass die angefochtene Verfügung als nichtig zu
betrachten sei.

    b) Die Munizipalgemeinde Leukerbad hält diese Argumentation für
willkürlich. Die Beiratschaft ziele auf die Wahrung der Gläubigerrechte
einerseits und auf die Sanierung der Gemeindefinanzen andererseits
ab. Gemäss Art. 30 Abs. 1 SchGG müsse sie spätestens nach sechs
Jahren aufgehoben werden. Es sei unmöglich, innert dieser Zeitspanne
eine Sanierung ihrer Gemeindefinanzen durchzuführen. Ihre Schulden
hätten sich per 20. Juli 1999 auf Fr. 223 Mio. belaufen. Bei einem
verwertbaren Finanzvermögen von ca. Fr. 6 Mio. verblieben Fr. 217 Mio. als
Restschuld. Die verfügbaren Mittel reichten nicht einmal zur Verzinsung
aus. Das Institut der Beiratschaft müsse deshalb nach seinem Sinn und
Zweck ausgelegt werden. Daraus ergebe sich zwingend, dass der Beirat
über die Kompetenz verfügen müsse, vom Text des SchGG abzuweichen und
Forderungen abzuweisen, was er nicht nur gegenüber der Beschwerdegegnerin,
sondern bezüglich angemeldeter Forderungen im Gesamtbetrag von Fr. 60
Mio. getan habe. Verneine man eine solche Kompetenz des Beirats,
resultiere ein stossendes Ergebnis, das vom Gesetzgeber nicht gewollt
sein könne. Der Beirat könne bei einschränkender Betrachtungsweise
weder eine definitive Bilanz noch einen Finanzplan erstellen, die
Munizipalgemeinde müsste zahlreiche Zivilprozesse (über Ansprüche im
Gesamtbetrag von Fr. 60 Mio.) führen, und es wäre auch unmöglich, das
Gebot der Gläubigergleichbehandlung zu beachten. Es liege ein Sonderfall
vor, und das SchGG sei insofern lückenhaft. Die Kompetenzen des Beirats
müssten deshalb weiter reichen als diejenigen der Gemeinde. Im Übrigen
seien dem Beirat im Ernennungsentscheid auch weiter reichende Kompetenzen
als im SchGG übertragen worden, die ihm nun wieder aberkannt würden.

Erwägung 4

    4.- a) Anlass zur Ausarbeitung des SchGG war der Umstand, dass Mitte
der dreissiger Jahre einige Gemeinden zufolge der Wirtschaftskrise
notleidend geworden waren, die Zinsen und Amortisationsraten für
ihre Obligationenanleihen nicht mehr bezahlen konnten und sich ihrer
Verpflichtungen zu einem erheblichen Teil zu entledigen versuchten. Der
Bundesrat befürchtete eine Erschütterung des Landeskredites, griff
Ende 1936 mit einem Bundesratsbeschluss notrechtlich ein und leitete der
Bundesversammlung Mitte 1939 einen Entwurf zur Überführung der befristeten
Regelung in ein Bundesgesetz zu (BBl 1939 II 1 ff., insb. S. 2). Die
Beratung des Gesetzesentwurfs verzögerte sich unter anderem wegen des
Zweiten Weltkrieges.

    Am 27. Dezember 1944 legte der Bundesrat eine Nachtragsbotschaft
mit neuem Gesetzesentwurf vor (BBl 1945 I 1 ff.; DIGGELMANN, aaO,
S. 6). Bei unveränderter Zielsetzung wurden auch der Ausschluss der
Betreibung auf Konkurs und die Instrumente der Gläubigergemeinschaft
und der Beiratschaft beibehalten. Das Gläubigergemeinschaftsverfahren
regelt das Vorgehen, wenn ein Gemeinwesen ausserstande ist, seinen
Verpflichtungen aus Anleihensobligationen nachzukommen (vgl. Art. 13
ff. SchGG); die Beiratschaft besteht in einer Form von Zwangsverwaltung in
finanziellen Belangen (BBl 1945 I 10 ff.; vgl. Art. 28 ff. SchGG). Für den
Fall, dass die (ordentliche) Beiratschaft nicht zum Ziel führen sollte,
wurden in der Nachtragsbotschaft unter der Marginalie "Nachlassvertrag"
ausserordentliche Massnahmen vorgeschlagen. Danach sollten ausnahmsweise
nicht pfandgesicherte Schuldverpflichtungen um höchstens einen Drittel
reduziert und der Zinsfuss für Kapitalforderungen während längstens fünf
Jahren bis auf einen Drittel herabgesetzt werden können (Art. 27 Abs. 1 des
zweiten Entwurfs; BBl 1945 I 29). Die Möglichkeit des Nachlassvertrags war
bereits im ersten Entwurf vorgeschlagen worden (BBl 1939 II 18 ff. und 30;
MOSER, aaO, S. 99 ff.), aber auf Kritik gestossen. Es wurde eingewendet,
ein Gemeinwesen müsse seinen Verpflichtungen unter allen Umständen in
vollem Masse nachkommen, zumal Obligationen von Städten und Gemeinden als
mündelsichere Anlagen anerkannt seien; ein Eingriff in die Substanz dieser
Gläubigerrechte würde den Kredit der Gemeinden erschüttern. Der Bundesrat
hielt trotzdem am Instrument fest mit der Begründung, es seien Fälle
denkbar, in denen eine Sanierung nur auf diesem Weg durchgeführt werden
könne (BBl 1945 I 13). In der Folge wurden zwar bestimmte Eingriffe in die
Rechte von Obligationären beschlossen (vgl. Art. 13 SchGG). Das Instrument
des Nachlassvertrages fand indessen im Gesetz keine weitergehende,
insbesondere auf andere Schuldpflichten bezogene Aufnahme (vgl. Art. 2
Abs. 2 Satz 2 SchGG). Art. 3 Abs. 1 SchGG räumt bloss den Kantonen die
Befugnis ein, Vorschriften über das Nachlassvertragsrecht aufzustellen. Sie
dürfen dabei freilich nicht über die in Art. 13 SchGG genannten Eingriffe
in die Gläubigerrechte hinausgehen (Erstreckung der Amortisationsfrist,
Stundung von Rückzahlungen und Zinsen während längstens fünf Jahren,
Einräumung bestimmter Sicherheiten, Herabsetzung des Zinsfusses auf
die Hälfte während der nächsten fünf Jahre und Nachlass verfallener
Zinse um höchstens die Hälfte). Namentlich ein Kapitalverzicht ist somit
ausgeschlossen (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 SchGG; DIGGELMANN, aaO, S. 12; JENNY,
aaO, N. 5 zu Art. 3 SchGG). Die Beiratschaft geht einem Nachlassvertrag
nach kantonalem Recht zudem in jedem Fall vor (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchGG).

    b) Für die Beiratschaft bestimmt das SchGG, dass der Beirat zunächst
ein Inventar aufzunehmen, eine Vermögensbilanz aufzustellen und einen Plan
über die zur Sanierung in Aussicht genommenen Massnahmen auszuarbeiten hat
(Finanzplan; Art. 38 Abs. 1 SchGG). Er hat im Weiteren für die Einlösung
der verfallenen Verpflichtungen im Rahmen des Finanzplanes zu sorgen,
Steuerrückstände und andere ausstehende Forderungen einzutreiben,
das Finanzvermögen zu verwerten sowie Verantwortlichkeits- und andere
Anfechtungsansprüche geltend zu machen (Art. 34-36 SchGG). Soweit es
notwendig, zweckmässig und tragbar erscheint, hat er die Steuern und
sonstigen Abgaben, Entgelte oder Vergütungen zu erhöhen (bzw. solche neu
einzuführen), wobei die Zustimmung der Kantonsregierung und die Schranken
des kantonalen und des Bundesrechts vorbehalten sind (Art. 37 SchGG;
DIGGELMANN, aaO, S. 64 ff.; JENNY, aaO, N. 1 f. zu Art. 37 und N. 2 zu
Art. 38 SchGG). Kompetenzen können ihm aus den Bereichen der ordentlichen
Verwaltungsorgane und ihrer Verwaltungsaufsichtsbehörden übertragen werden,
allerdings beschränkt auf die finanzielle Geschäftsführung (Art. 39
Abs. 1 SchGG). Die Beiratschaft ist auf höchstens sechs Jahre beschränkt
(Art. 30 Abs. 1 SchGG) und von Gesetzes wegen mit einer Stundung verbunden
(Art. 41 Abs. 1 SchGG).

Erwägung 5

    5.- a) Aus der Entstehungsgeschichte des SchGG wird deutlich, dass der
Bundesgesetzgeber dem Beirat bewusst keine Befugnisse zu Eingriffen in
die Gläubigerrechte wie den hier interessierenden verliehen hat. Er hat
durchaus vorausgesehen, dass eine Sanierung des Gemeindehaushalts allein
mit den Möglichkeiten der zeitlich beschränkten Zwangsverwaltung nicht
in jedem Fall gelingen dürfte. Trotzdem hat er es vorgezogen, im Rahmen
einer Beiratschaft auf weitergehende Eingriffe in die Gläubigerrechte
zu verzichten. Das Gleiche ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut und
der Systematik des Erlasses. Eine Aufhebung oder Herabsetzung von
Kapitalschulden auf dem Verfügungsweg sieht das Gesetz weder für die
Beiratschaft noch für die Gläubigergemeinschaft vor, auch dann nicht,
wenn eine Schuld von der Gemeinde bestritten wird. Die Beiratschaft ist
freilich - wenn keine Verpflichtungen aus Anleihensobligationen in Frage
stehen - nicht das letzte Glied in der Stufenleiter der Massnahmen zur
Bereinigung von kommunalen Überschuldungssituationen. Zeitigt sie keinen
Erfolg, bleibt noch die Möglichkeit eines Nachlassvertrags nach kantonalem
Recht. Erst im Rahmen eines solchen Nachlassvertrages können die Kantone
Eingriffe in die Gläubigerrechte gestatten, allerdings höchstens im Umfang
der in Art. 13 SchGG (für die Gläubigergemeinschaft) vorgesehenen. Dies
wiederum zeigt auf, dass die mildere Massnahme der Beiratschaft nicht mit
der Kompetenz zur Abweisung von Forderungen durch Verfügung verbunden ist.

    b) Die Bundesregelung mit ihren beschränkten Eingriffsmöglichkeiten
steht im Zeichen der Sorge um die Erhaltung des allgemeinen Gemeindekredits
(BBl 1939 II 2, 1945 I 2;

DIGGELMANN, aaO, S. 1 und 7; MOSER, aaO, S. 47 und 82; JENNY, aaO, N. 11 zu
Art. 1 SchGG; FRITZSCHE-/WALDER, aaO, § 84 Rz. 5, 67 und 69). Die Sanierung
des Gemeindehaushalts ist zwar auch ein Ziel des SchGG und der darin
vorgesehenen Beiratschaft, aber nicht das alleinige und vorrangige; ebenso
wichtig ist im Interesse des Oberziels die gleichmässige Befriedigung
aller Gläubiger (DIGGELMANN, aaO, S. 20 und 64; JENNY, aaO, N. 2 zu Art. 34
SchGG; FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 84 Rz. 54 und 64). Der Gesetzgeber hat -
wie erwähnt - in Betracht gezogen, dass die Beiratschaft nicht in jedem
Fall ausreicht, um eine Gesundung der Gemeindefinanzen herbeizuführen (BBl
1939 II 19, 1945 13). Er hat dies in Kauf genommen und mit Art. 3 SchGG -
anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen ausserordentlichen Vorkehren -
auch eine Möglichkeit für weiterführende Massnahmen eröffnet (DIGGELMANN,
aaO, S. 20; FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 84 Rz. 68). Die Argumentation der
Beschwerdeführerin, eine Auslegung der Regelung über die Beiratschaft nach
ihrem Sinn und Zweck ergebe, dass dem Beirat die beanspruchte Kompetenz
zustehen müsse, weil sonst eine Gesundung der Gemeindefinanzen nicht zu
erreichen sei, geht deshalb fehl. Ebenso wenig kann gesagt werden, die
offenkundige Unmöglichkeit, mit der befristeten Beiratschaft allein das
Sanierungsziel zu erreichen, führe zu einem stossenden Ergebnis und lasse
das SchGG als lückenhaft erscheinen. An die Möglichkeit einer derartigen
Situation hat der Gesetzgeber vielmehr gedacht, mit Art. 3 SchGG ein
weiteres Instrument zur Verfügung gestellt und im Übrigen auf zusätzliche
Entlastungsmassnahmen zu Gunsten der Gemeinden bewusst verzichtet
(vgl. E. 5a hiervor). Dabei hatte er auch Beispiele von Gemeinden mit hoher
Verschuldung vor Augen, erforderte doch schon zu Beginn der Achtzigerjahre
des 19. Jahrhunderts die sog. Nationalbahn-Misere ausserordentliche
Massnahmen und wurde in der Folge ein erster Gesetzesentwurf ausgearbeitet
(BBl 1939 II 3; FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 84 Rz. 1 ff.; JENNY, aaO, N. 1 zu
Art. 1 SchGG; DIGGELMANN, aaO, S. 5). Der Hinweis der Beschwerdeführerin,
wonach ihre Verschuldung "alle Grenzen sprenge", kann an der dargelegten
Betrachtungsweise daher nichts ändern, selbst wenn die finanzielle
Situation, in die sie sich begeben hat, für die jüngere Zeit beispiellos
sein mag. Die voraussichtliche Unmöglichkeit, mit der Beiratschaft
eine Entschuldung herbeizuführen, lässt somit nicht auf willkürliche
Gesetzesauslegung schliessen, sondern macht bloss deutlich, dass es wohl
mit dieser zeitlich befristeten Massnahme nicht sein Bewenden haben kann.

    c) Gemäss Art. 2 Abs. 1 SchGG ist die Schuldbetreibung gegen
Gemeinden auf die Wege der Pfändung und der Pfandverwertung beschränkt;
die Betreibung auf Konkurs ist ausgeschlossen (Art. 2 Abs. 2 SchGG). Damit
sind auch die Vorschriften über das Konkursverfahren nicht anwendbar. Es
ist deshalb keineswegs unhaltbar, dass die Aufsichtsbehörde die analoge
Anwendung von Art. 245 SchKG (Entscheidungsbefugnis der Konkursverwaltung
über die Anerkennung der angemeldeten Forderungen) ausgeschlossen hat.

    d) Die Einwände, es könnten keine definitive Bilanz und kein
definitiver Finanzplan erstellt werden, sind unbehelflich. Es liegt in der
Natur der Sache, dass solche Grundlagen Änderungen erfahren können. Auch
die beanspruchte Verfügungskompetenz könnte im Übrigen nicht gewährleisten,
dass keine Änderungen nötig werden.

    e) Ebenfalls unbeachtlich ist das Vorbringen, dem Gebot der
Gläubigergleichbehandlung könne nicht nachgelebt werden. Es bleibt dem
Beirat unbenommen, bestrittene Ansprüche gerichtlich klären zu lassen und
die Gläubiger unter diesem Vorbehalt gleich zu behandeln. Weshalb dies
nicht möglich sein sollte, ist nicht einzusehen. Es kann auch nicht als
unzumutbar für die Beschwerdeführerin bezeichnet werden, Rechtsstreite über
bestrittene Forderungen vor dem Richter auszutragen. Dies umso weniger,
als auch die Abweisung von Forderungen auf dem Verfügungsweg regelmässig
zu einem Anfechtungsstreitverfahren führen dürfte.

    f) Inwiefern die Aufsichtsbehörde die Kompetenzen des Beirats
im Ernennungsentscheid vom 20. Juli 1999 weiter umschrieben und mit
dem angefochtenen Entscheid wieder zurückgenommen haben sollte, ist
nicht ersichtlich. Der Entscheid vom 20. Juli 1999 hält in Ziff. 1
unmissverständlich fest, dass die Beschwerdeführerin im Sinne der
Art. 28 ff. SchGG unter Beiratschaft gestellt werde, und verweist in
Ziff. 2 für die Zuständigkeit und Aufgaben des Beirats auf Art. 39 Abs. 1
und die Art. 34-38 SchGG. Der Auftrag gemäss E. 5a des Entscheids vom
20. Juli 1999, unter anderem auch die von Dritten gewährten Darlehen auf
ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen, verschafft dem Beirat noch nicht die
Kompetenz, im Sinne der umstrittenen Anordnung zu verfügen. Die Folgerung
der Aufsichtsbehörde ist nicht willkürlich, wonach diese Umschreibung nur
so verstanden werden kann, dass der Beirat im Rahmen seiner Tätigkeit als
Zwangsverwalter bezüglich der verschiedenen Forderungen die notwendigen
tatsächlichen und rechtlichen Abklärungen durchzuführen und deren
Ergebnis in der Bilanz und im Finanzplan zum Ausdruck zu bringen hat. Bei
dieser Sachlage braucht nicht geprüft zu werden, inwiefern ein zu weit
umschriebener Auftrag an den Beirat überhaupt Verfügungen rechtfertigen
könnte, die über den gesetzlich umschriebenen Rahmen hinausgehen.

    g) Somit ergibt sich, dass die Aufsichtsbehörde keineswegs in Willkür
verfallen ist (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134), wenn sie die spezielle
Verfügung Nr. 30 als bundesrechtswidrig beurteilt und aufgehoben hat. Ihr
Entscheid würde vielmehr höchstwahrscheinlich auch einer freien Überprüfung
standhalten.