Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 V 284



125 V 284

45. Urteil vom 14. Juni 1999 i.S. B. gegen Visana Krankenversicherung
und Verwaltungsgericht des Kantons Bern Regeste

    Art. 46 Abs. 1 KVV in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 und 2 lit. a,
Art. 35 Abs. 2 lit. e und Art. 38 KVG: Nichtanerkennung freiberuflicher
nichtärztlicher Psychotherapeuten als Leistungserbringer. Art. 46 Abs. 1
KVV ist bezüglich der Nichtaufnahme der nichtärztlichen Psychotherapeuten
als medizinische Hilfspersonen gesetzeskonform.

Sachverhalt

    A.- Der 1964 geborene B. ist seit 1993 bei der Visana
Krankenversicherung (nachfolgend: Kasse) in der Grundversicherung
(Versicherungsabteilung A) für Krankenpflege versichert. Er unterzog sich
vom 15. Mai 1995 bis zum 16. September 1996 einer neuropsychologischen
Beratung und Begleitung bei Frau Dr. phil. S., Psychologin FSP, wofür diese
am 3. Februar 1997 1'056 Franken in Rechnung stellte. Die Kasse teilte dem
Versicherten am 11. Juni 1997 mit, dass sie die Kosten nicht übernehme,
da diese durch die Krankenpflegeversicherung nicht gedeckt seien; eine
Heilungskosten-Zusatzversicherung bestehe nicht.

    Mit Verfügung vom 30. Juli 1997 hielt die Kasse daran fest, dass
die nichtärztliche Psychotherapie weder nach bisherigem noch nach
neuem Recht zu den Pflichtleistungen einer Krankenkasse gehöre. Die
Psychotherapeuten seien nicht in der abschliessenden Liste jener
Hilfspersonen aufgeführt, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen zu
Lasten der Krankenversicherung erbringen könnten. Mit Einspracheentscheid
vom 25. September 1997 bestätigte sie ihre Verfügung.

    B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies eine dagegen erhobene
Beschwerde im Wesentlichen unter Hinweis auf die Ausführungen der Kasse ab
(Entscheid vom 4. Februar 1998).

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B. erneut die
Kostenübernahme für die Psychotherapie als Pflichtleistung beantragen. Zur
Begründung wird zusammengefasst vorgebracht, die abschliessende Liste
der medizinischen Hilfspersonen in der bundesrätlichen Verordnung sei
gesetzwidrig. (...).

    Die Kasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

    D.- Am 14. Juni 1999 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine
parteiöffentliche Beratung durchgeführt.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Strittig ist, ob die psychotherapeutischen Behandlungen des
Beschwerdeführers nach dem bis zum 31. Dezember 1995 gültig gewesenen
Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 13. Juni 1911 (KUVG)
Pflichtleistungen der Grundversicherung und nach dem seit 1. Januar 1996
in Kraft stehenden Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März
1994 (KVG) Pflichtleistungen der obligatorischen Krankenversicherung sind.

    Die zur Kostenübernahme geltend gemachten Behandlungen erfolgten teils
1995, teils 1996. Übergangsrechtlich gilt, dass Versicherungsleistungen
für Behandlungen bis zum 31. Dezember 1995 nach dem bisherigen Recht (KUVG)
und für solche ab 1. Januar 1996 nach dem neuen Recht (KVG) gewährt werden
(Art. 103 Abs. 1 KVG).

Erwägung 2

    2.- Zunächst ist daher zu prüfen, ob die Kasse Versicherungsleistungen
für die drei Behandlungen im Jahre 1995 zu Recht abgelehnt hat.

    a) Nach Art. 12 Abs. 1 und 2 Ziff. 1 lit. a und b KUVG und der
dazu ergangenen Rechtsprechung haben die anerkannten Krankenkassen in
der Krankenpflegeversicherung als Pflichtleistung neben der vom Arzt
selber erbrachten psychotherapeutischen Behandlung auch die Kosten für
die so genannte "delegierte Psychotherapie" zu übernehmen (BGE 107 V
46). Eine solche liegt vor, wenn die psychotherapeutische Behandlung
durch einen von einem Arzt angestellten (nichtärztlichen) Psychologen
oder Psychotherapeuten in den Praxisräumen dieses Arztes und unter
dessen Aufsicht und Verantwortlichkeit als "ärztliche Behandlung" im
Sinne des KUVG erfolgt und sofern die betreffende therapeutische Vorkehr
nach den Geboten der ärztlichen Wissenschaft und Berufsethik sowie nach
den Umständen des konkreten Falles an eine solche (unselbstständige)
Hilfsperson delegierbar ist. Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE
104 V 14 ferner entschieden, dass die psychotherapeutische Behandlung
durch einen selbstständigerwerbenden (nichtärztlichen) Psychologen oder
Psychotherapeuten keine Pflichtleistung der anerkannten Krankenkassen
ist. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte durch einen Arzt an diesen
Therapeuten überwiesen wurde.

    b) Nach den Akten handelt es sich bei Dr. phil. S. um eine
selbstständigerwerbende Therapeutin. Die Kasse hat daher nach den
zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz, auf die verwiesen wird, für die
im Jahre 1995 erfolgten Behandlungen selbst dann nicht aufzukommen, wenn
der Beschwerdeführer durch seinen Arzt der Therapeutin überwiesen wurde.

Erwägung 3

    3.- Die Leistungspflicht der Kasse für psychotherapeutische
Behandlungen ab 1. Januar 1996 beurteilt sich nach den Bestimmungen
des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG;
in Kraft seit 1. Januar 1996).

    a) Nach Art. 25 Abs. 1 KVG übernimmt die obligatorische
Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose
oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Dazu gehören
gemäss Art. 25 Abs. 2 lit. a KVG
      "die Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die
      ambulant, bei

    Hausbesuchen, stationär, teilstationär oder in einem Pflegeheim

    durchgeführt werden von:
      1. Ärzten oder Ärztinnen, 2. Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen,
      3. Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder
      einer

    Ärztin Leistungen erbringen."

    Als Leistungserbringer sieht Art. 35 Abs. 2 KVG vor:
      "a. Ärzte und Ärztinnen; b. Apotheker und Apothekerinnen;
      c. Chiropraktoren und Chiropraktorinnen; d. Hebammen; e. Personen,
      die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer

    Ärztin Leistungen erbringen, und Organisationen, die solche Personen

    beschäftigen;
      f. Laboratorien; g. Abgabestellen für Mittel und Gegenstände,
      die der Untersuchung oder

    Behandlung dienen;
      h. Spitäler; i. Einrichtungen, die der teilstationären Krankenpflege
      dienen; k. Pflegeheime; l. Heilbäder."

    Der Bundesrat hat die Zulassung der Leistungserbringer nach Art. 35
Abs. 2 lit. c-g KVG zu regeln (Art. 38 KVG).

    b) Die Verordnung über das Krankenversicherungsgesetz vom 27. Juni
1995 (KVV) konkretisiert in Art. 46 Abs. 1 KVV Art. 35 Abs. 2 lit. e KVG
wie folgt:
      "Als Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbringen,

    werden Personen zugelassen, die einen der folgenden Berufe
selbstständig

    und auf eigene Rechnung ausüben:
      a. Physiotherapeut oder Physiotherapeutin; b. Ergotherapeut oder
      Ergotherapeutin; c. Krankenschwester oder Krankenpfleger; d. Logopäde
      oder Logopädin e. Ernährungsberater oder Ernährungsberaterin."

    Um als Leistungserbringer zu Lasten der sozialen Krankenversicherung
anerkannt zu sein, müssen die genannten Personen überdies die jeweiligen
berufsbezogenen Zulassungsvoraussetzungen (Art. 47 ff. KVV) erfüllen
und im Weiteren im Besitze einer kantonalen Zulassungsbewilligung sein
(Art. 46 Abs. 2 KVV).

    c) Art. 33 lit. b KVV beauftragt das Eidg. Departement des Innern
(EDI), "die nicht von Ärzten und Ärztinnen oder Chiropraktoren und
Chiropraktorinnen erbrachten Leistungen nach Artikel 25 Absatz 2
des Gesetzes" zu bezeichnen. Gemäss Art. 2 Abs. 1 der gestützt
auf diese Delegationsnorm erlassenen Verordnung über Leistungen in
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom 29. September 1995
(Krankenpflege-Leistungsverordnung [KLV]) hat die Versicherung "die Kosten
für Leistungen der ärztlichen Psychotherapie nach Methoden, welche mit
Erfolg an anerkannten psychiatrischen Institutionen angewendet werden"
zu übernehmen. Nicht zu den Pflichtleistungen gehören hingegen "Kosten für
Psychotherapie, die zum Zweck der Selbsterfahrung, der Selbstverwirklichung
oder der Persönlichkeitsreifung oder zu anderen nicht auf die Behandlung
einer Krankheit gerichteten Zwecken durchgeführt wird" (Art. 2 Abs. 2
KLV). In Art. 3 KLV werden schliesslich besondere Leistungsvoraussetzungen
bezüglich des zeitlichen Umfangs festgelegt. Diese Regelung entspricht
im Wesentlichen der bis zum 31. Dezember 1995 gültig gewesenen VO 8 des
EDI vom 20. Dezember 1985 über die Krankenversicherung betreffend die
von den anerkannten Krankenkassen zu übernehmenden psychotherapeutischen
Behandlungen.

Erwägung 4

    4.- a) Nach dem klaren Wortlaut von Art. 46 KVV gehören freiberufliche
(selbstständig und auf eigene Rechnung tätige) Psychotherapeuten und
Psychotherapeutinnen nicht zu jenen medizinischen Hilfspersonen, die
berechtigt sind, Leistungen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung
zu erbringen. Der Beschwerdeführer rügt diese Regelung als gesetzwidrig:
Die neuropsychologische Behandlung von Unfallopfern mit Hirnverletzungen
oder von Schlaganfallpatienten sei für die Heilung sowie die berufliche
und soziale Wiedereingliederung absolut notwendig. Die Rehabilitation
erfordere zwingend die Mitarbeit eines Neuropsychologen. In der Schweiz
gebe es keine Ärzte, welche solche Behandlungen an Stelle von spezialisiert
ausgebildeten Neuropsychologen durchführen könnten. Es sei nicht der
Wille des Gesetzgebers, dass derartige absolut notwendige Behandlungen
von der Krankenkasse nicht übernommen werden sollten.

    b) Die Frage ist somit, ob Art. 46 Abs. 1 KVV hinsichtlich
der Nichtaufnahme der Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen als
medizinische Hilfspersonen gesetzmässig ist. (Überprüfung von Verordnungen
des Bundesrates durch das Eidg. Versicherungsgericht; vgl. BGE 124 II
245 Erw. 3, 583 Erw. 2a, 124 V 15 Erw. 2a, 194 Erw. 5a, je mit Hinweisen.)

    c) Der Bundesrat wies in der Botschaft vom 6. November 1991 über
die Revision der Krankenversicherung (BBl 1992 I 93; nachfolgend
zitiert nach dem Separatdruck) bei Art. 19 E (Umschreibung des
Leistungsbereichs [= Art. 25 KVG]) darauf hin, dass Abs. 2 lit. a
summarisch angebe, wer Leistungserbringer sei (Ärzte, Chiropraktoren,
"medizinisches Hilfspersonal" im weiteren Sinn) und wo die Leistungen
erbracht würden. Während der Leistungskatalog ausgeweitet werde, bleibe
die jeweilige Rolle des Arztes, Chiropraktors und der medizinischen
Hilfspersonen unverändert (aaO, S. 59 f.). Die vorgeschlagenen Leistungen
und Leistungserbringer deckten eine zeitgemässe und umfassende medizinische
Grundversorgung für die gesamte Bevölkerung durch die obligatorische
Krankenversicherung ab. Wie heute erfolgten diese Leistungen in erster
Linie unter Obhut und Führung des Arztes, der sozusagen in einer
"Scharnierfunktion" den Leistungsbedarf und die Bedarfsdeckung in
zweckmässiger und optimaler Form in Zusammenarbeit mit den anderen
Leistungserbringern zusammenführen solle.
      "Für die anderen, im Gesetz bewusst nicht abschliessend aufgezählten

    medizinisch-therapeutischen Berufe und Berufe der spitalexternen
sowie der

    Hauspflege gilt demgegenüber, wie heute, dass sie nur auf ärztliche

    Anordnung hin für die soziale Krankenversicherung tätig werden sollen.

    Angestrebt wird damit eine möglichst gute Koordination von Diagnose und

    Therapie, was der Qualitätssicherung und der Wirtschaftlichkeit der

    Leistungen, und damit letztlich dem Interesse der Versicherten und der

    Patienten dienen soll.
      Aus diesen Überlegungen heraus sind wir auch den hier und dort in den

    Vernehmlassungen geäusserten Wünschen nicht gefolgt, die darauf
abzielten,

    die Psychotherapeuten, die Physiotherapeuten, die diplomierten

    Krankenschwestern und Krankenpfleger, das Spitexpersonal, die
anerkannten

    Heilpraktiker, die Logopäden, die Diätberaterinnen, die

    Diabetesberaterinnen, die Psychomotoriktherapeuten usw. als dem Arzt

    gleichgestellte Leistungserbringer in die Vorlage aufzunehmen. Wir sind

    überdies der Auffassung, dass es wenig sinnvoll wäre, die

    'paramedizinischen' Leistungserbringer im Gesetz abschliessend
aufzuzählen.

    Damit wäre letztlich niemandem gedient. Zu stark ist in diesen

    Leistungsbereichen die Entwicklung im Fluss. Ihr kann sich die
Verordnung

    schneller und besser anpassen. Die hiefür grundlegende Formulierung im

    Gesetz steckt  denn  auch ganz bewusst einen ausreichenden Rahmen
ab. Indem

    sie von 'Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen
erbringen',

    sowie von 'Organisationen, die solche Personen beschäftigen' spricht,
lässt

    sie für die in der heutigen Ordnung vorherrschende selbständige
Tätigkeit

    auf eigene Rechnung (V VI vom 11. März 1966 über die
Krankenversicherung;

    SR 832.156.1) ebenso Raum wie für die Tätigkeit als Angestellte(r) z.B.

    eines Spitex-Dienstes, einer Diabetesberatungsstelle, einer

    Enterostomieberatungsstelle eines Ambulatoriums, einer Gemeinde, einer

    Vereinigung für Hauskrankenpflege usw. Damit soll dem heute in diesen

    Bereichen bestehenden Potential an Strukturen, Kräften und Erfahrungen

    sowie einer möglichen Weiterentwicklung Rechnung getragen und sein
Einsatz

    im Rahmen der sozialen Krankenversicherung in koordinierter Form und in

    vernünftigem Ausmass sichergestellt werden." (aaO, S. 71 f.)

    d) In der parlamentarischen Beratung wurde verschiedentlich auf die
Bedeutung der Psychotherapie und die unbefriedigende bisherige Form der
delegierten Psychotherapie hingewiesen. Anträge im Ständerat, welche
die bundesrätliche Vorlage ergänzen und die Psychotherapeuten entweder
als selbstständige Leistungserbringer (Amtl.Bull. S 1992 1294 f. Votum
Plattner, a.M. aaO 1296 ff. Voten Morniroli und Berichterstatter Huber)
oder wenigstens als "andere Leistungserbringer" beispielhaft nennen
wollten (Amtl.Bull. S 1993 1058 Votum Bühler), fanden keine Zustimmung. Es
wurde besonderes Gewicht darauf gelegt, dass die "Pforte des Hausarztes
eine zusätzliche Kontrollinstanz" sei (Amtl.Bull. S 1992 1298 Votum
Schoch). Der Nationalrat griff diese Anträge nicht mehr auf. Er beschloss
jedoch, den Bundesrat zu verpflichten, insbesondere die Zulassung der
von Ärzten angestellten Psycho- und Physiotherapeuten (neuer Abs. 2
zu Art. 32 KVG-E [= Art. 38 KVG]) und die Zulassung von selbstständig
tätigen Psychotherapeuten (neuer Abs. 3) zu regeln (Amtl.Bull. N 1993
1728 Votum Berichterstatterin Segmüller, 1853 ff. Voten Dormann, Schmid,
Bertoluzzi, Grendelmeier, Segmüller und Philipona; a.M. 1853 Voten Meier
Samuel und Fischer-Seengen). Bundesrätin Dreifuss empfahl Zustimmung
zum bundesrätlichen Antrag, denn eine ausdrückliche Verpflichtung zur
Umschreibung der Zulassungsvoraussetzungen sei im jetzigen Zeitpunkt nicht
notwendig. Der Bundesrat werde die Entwicklung der Berufsumschreibung der
Psychotherapeuten weiterverfolgen, um zu wissen, in welchem Zeitpunkt
gewisse Ausbildungswege anerkannt werden könnten (aaO 1855 f.). Im
Rahmen des Differenzbereinigungsverfahrens hielt der Ständerat fest,
dass zwischen dem Bundesrat und den Eidg. Räten Einigkeit bestehe, dass
paramedizinische Berufe, also auch nichtärztliche Psychotherapeuten, nur
auf ärztliche Anordnung hin zu Lasten der sozialen Krankenversicherung
tätig werden sollten (Amtl.Bull. S 1993 1064 f.). Bundesrätin Dreifuss
betonte, dass es an den Berufsverbänden liege, die Voraussetzungen für
die Anerkennung des Titels eines Psychotherapeuten zu umschreiben (aaO
1065). Der Nationalrat schloss sich diskussionslos dieser Sichtweise an
(Amtl.Bull. N 1994 21).

    e) Art. 38 KVG räumt dem Verordnungsgeber bewusst einen sehr weiten
Ermessensspielraum ein. In der Tat kommt darin der klare Wille des
Gesetzgebers zum Ausdruck, dem Bundesrat die alleinige Kompetenz zur
Regelung der Zulassungsbedingungen für die medizinischen Hilfspersonen
zu geben. Bezüglich der Psychotherapie ergab das Gesetzgebungsverfahren,
dass eine Behandlung nur dann als Pflichtleistung von der sozialen
Krankenversicherung zu übernehmen ist, wenn eine ärztliche Diagnose
und eine ärztlich ausgewiesene Therapiebedürftigkeit bestehen, was der
bisherigen Regelung entspricht.

    Aus den Materialien ergibt sich aber auch, dass ein Arzt selbstständig
und auf eigene Rechnung tätige Psychotherapeuten mit der Durchführung
psychotherapeutischer Massnahmen sollte beauftragen können und deren
Leistungen in einem solchen Fall als Pflichtleistung gelten sollten. Im
Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde indessen verschiedentlich darauf
aufmerksam gemacht, dass derzeit eine Anerkennung der Psychotherapeuten
als Leistungserbringer noch nicht möglich sei, weil keine genügende
Klarheit über den Ausbildungsweg bestehe. Es liege daher zunächst an den
betreffenden Berufsverbänden, die notwendigen Schritte einzuleiten.

    f) Nach dem Gesagten hielt sich der Bundesrat mit Art. 46 Abs. 1
KVV an die Delegationsnorm und den darin enthaltenen Willen des
Gesetzgebers. Namentlich ist sein Vorgehen gedeckt, Psychotherapeuten erst
dann anzuerkennen, wenn die betreffende Berufsgruppe Richtlinien über die
vorzuschreibende Ausbildung, die zum Titelerwerb führt, vorlegt. Art. 46
Abs. 1 KVV erweist sich daher als gesetzmässig.

Erwägung 5

    5.- Da Dr. phil. S. freiberuflich als Psychologin tätig ist und diese
Berufsgruppe nicht als selbstständige Leistungserbringerin zugelassen ist,
hat die Beschwerdegegnerin für deren Leistungen, die nach dem 1. Januar
1996 erbracht worden sind, nicht aufzukommen. (...).