Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 IV 222



125 IV 222

34. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 29. Oktober 1999 i.S. G.B.
gegen Eidgenössische Untersuchungsrichterin Regeste

    Art. 47 BStP und Art. 214ff. BStP. Beschwerde gegen
Haftprüfungsentscheid.

    Der Entscheid des eidgenössischen Untersuchungsrichters über die
Aufrechterhaltung der Haft unterliegt der Beschwerde an die Anklagekammer
des Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Angefochten ist im vorliegenden Verfahren allein die Verfügung der
Eidg. Untersuchungsrichterin vom 16. August 1999, mit welcher diese die
durch die Bundesanwaltschaft im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren
gegen die Beschwerdeführerin am 12. August 1999 wegen Kollusions- und
Fluchtgefahr verfügte Untersuchungshaft aufrecht erhielt.

    a) Die Bundesanwaltschaft macht geltend, gegen die
Haftbestätigungsverfügung der Eidg. Untersuchungsrichterin bestehe keine
Beschwerdemöglichkeit an die Anklagekammer des Bundesgerichts. Sie
begründet dies damit, dass eine solche systemwidrig wäre, denn der
Beschuldigte habe nach der Systematik des Bundesgesetzes vom 15. Juni
1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BStP; SR 312.0) die Möglichkeit,
jederzeit ein Haftentlassungsgesuch zu stellen, gegen dessen Abweisung bei
der Anklagekammer Beschwerde geführt werden könne. Die Anwendung von Art.
217 BStP auch auf die Haftprüfung würde zu Doppelspurigkeiten führen,
die es zu vermeiden gelte.

    b) Die Eidg. Untersuchungsrichterin hat die angefochtene Verfügung
mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, gegen diese könne innert drei
Tagen bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde geführt werden.

    Die Beschwerdeführerin stützt sich darauf und hält der Auffassung
der Bundesanwaltschaft entgegen, diese habe anlässlich der Haftprüfung
persönlich den Antrag auf Weiterführung der Haft vertreten; dies könne
der Abweisung eines Haftentlassungsgesuches gleichgesetzt werden; es wäre
mit dem Beschleunigungsgebot unvereinbar, wenn zunächst unmittelbar nach
Verkündung des Haftprüfungsentscheides ein Haftentlassungsgesuch gestellt
werden müsste.

    c) In Bundesstrafsachen wird die gerichtliche Polizei unter der
Leitung der Bundesanwaltschaft auch von Staatsanwälten, der Polizei
und den übrigen Beamten und Angestellten des Bundes und der Kantone
in ihrem Wirkungskreis ausgeübt (Art. 17 Abs. 2 BStP). Die Beamten
und Angestellten der gerichtlichen Polizei sind berechtigt, einen
Verdächtigen vorläufig festzunehmen und dieser ist ohne Verzug einem zum
Erlass eines Haftbefehls berechtigten Richter oder Beamten zuzuführen
(Art. 62 BStP). Vor Einleitung der Voruntersuchung sind neben der
Bundesanwaltschaft auch die nach dem kantonalen Recht dafür zuständigen
Beamten der gerichtlichen Polizei zum Erlass des Haftbefehls berechtigt
(Art. 45 Ziff. 1 BStP). Im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren ist
der Verhaftete dem für die Haftprüfung zuständigen kantonalen Richter
oder dem eidgenössischen Untersuchungsrichter zuzuführen, der über die
Aufrechterhaltung der Haft entscheidet (Art. 47 BStP).

    Gegen die vorläufige Festnahme besteht keine Beschwerdemöglichkeit -
auch nicht nach Art. 105bis BStP, wenn der Bundesanwalt den Haftbefehl
erliess -, da diese der Sicherung der Vorführung vor den Haftrichter dient,
durch diesen erst zu bestätigen ist und gegebenenfalls auch aufgehoben
werden kann (so auch HANSJÖRG STADLER, Bemerkungen zur Teilrevision des
BStP im Zusammenhang mit dem eidgenössischen Datenschutzgesetz, in ZStrR
112/1994 S. 297). Gegen die Haftbestätigung durch den eidgenössischen
Untersuchungsrichter kann indessen - innert 3 Tagen - nach Art. 214
ff. BStP Beschwerde bei der Anklagekammer eingereicht werden. Da
diese Beschwerde gegen jede Amtshandlung des Untersuchungsrichters
gegeben ist, ändert die Möglichkeit, nach Art. 52 BStP jederzeit ein
Haftentlassungsgesuch stellen und gegen dessen Ablehnung Beschwerde an die
Anklagekammer führen zu können, nichts daran. Es ergeben sich auch aus
den Materialien keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der
Möglichkeit des Haftentlassungsgesuches und der Beschwerde gegen dessen
Ablehnung eine Beschwerde gegen die Haftbestätigung ausschliessen wollte.
Der Beschuldigte wäre diesfalls denn auch schlechter gestellt, wenn die
Haftprüfung einem kantonalen Richter übertragen wird, was nicht anginge.
Wird bei Ermittlungen, bei denen die untersuchten strafbaren Handlungen
nicht der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen oder die voraussichtlich
an einen Kanton delegiert werden, die Haftprüfung dem zuständigen
kantonalen Richter übertragen (vgl. dazu STADLER, aaO), richtet sich die
Beschwerdemöglichkeit nach dem kantonalen Recht. Die Mehrheit der Kantone
kennt ein Rechtsmittel gegen die Haftbestätigung, und wo dies nicht der
Fall ist, kann gegen diese beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde
erhoben werden.

    Die Beschwerde ist daher zulässig, und da alle
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf sie einzutreten.