Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 83



125 II 83

9. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 29. Oktober 1998 i.S. X. gegen Eidgenössische Bankenkommission
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 47 BankG, Art. 38 BEHG, Art. 1a IRSG; Bankgeheimnis und Amtshilfe
an das deutsche Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe).

    Das Bankgeheimnis steht der Amtshilfe nicht entgegen, wenn
die Voraussetzungen von Art. 38 BEHG erfüllt sind. Der Schutz des
Bankgeheimnisses könnte nur dann zu den wesentlichen Interessen der Schweiz
im Sinne des analog anzuwendenden Art. 1a IRSG zählen, wenn dieses durch
die verlangten Informationen geradezu ausgehöhlt würde, was vorliegend
nicht der Fall ist (E. 5).

Sachverhalt

    Im Zusammenhang mit einem Amtshilfeersuchen des deutschen
Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel (BAWe) verfügte die
Eidgenössische Bankenkommission am 28. Januar 1998, es werde dessen Gesuch
entsprochen und ihm die gewünschte Information übermittelt. Hiergegen
hat X. beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht,
welche dieses abweist.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Schliesslich geht auch der Einwand fehl, das Bankgeheimnis werde
ausgehöhlt und es würden wesentliche Interessen der Schweiz tangiert,
wenn bei einer Insideruntersuchung, welche notgedrungen eine Vielzahl von
Kunden betreffe, Amtshilfe geleistet werde: Zwar können der Gewährung von
internationaler Rechtshilfe in Strafsachen unter Umständen wesentliche
Interessen der Schweiz entgegenstehen (Art. 1a des Bundesgesetzes vom 20.
März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen, IRSG; SR
351.1), wobei sich dies grundsätzlich auch auf die Amtshilfe übertragen
lässt, nachdem kein entsprechender Rechtsanspruch der ausländischen
Aufsichtsbehörde besteht (ANNETTE ALTHAUS, Amtshilfe und Vor-Ort-Kontrolle,
Diss. Bern 1997, S. 166-168; BERNHARD WEIGL, Schweizer Börsenrecht,
Baden-Baden 1997, S. 107). Im vorliegenden Fall sind indessen keine
solchen Interessen berührt. Das Bankgeheimnis (Art. 47 des Bundesgesetzes
vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen, BankG; SR 952.0)
hat nicht Verfassungsrang. Es behält die eidgenössischen und kantonalen
Bestimmungen über die Zeugnis- und die Auskunftspflicht gegenüber einer
Behörde ausdrücklich vor (Art. 47 Abs. 4 BankG). Sind die gesetzlichen
Voraussetzungen der Amtshilfe erfüllt, steht das Bankgeheimnis deshalb
der Übermittlung von Auskünften an ausländische Aufsichtsbehörden
nicht entgegen. Wie das Bundesgericht für die internationale
Rechtshilfe festgestellt hat, könnte dessen Schutz höchstens dann zu
den wesentlichen Interessen der Schweiz gezählt werden, wenn dieses
durch die verlangten Informationen geradezu ausgehöhlt würde (BGE 115
Ib 68 E. 4b S. 83). Hiervon kann indessen nicht die Rede sein, wenn bei
einer Insideruntersuchung, beschränkt auf diesen Zweck, lediglich Angaben
zu bestimmten Transaktionen weitergeleitet werden. Die Globalisierung
der Märkte und die Internationalisierung der Finanzdienstleistungen
machen eine umfassende Überwachung und damit eine enge Zusammenarbeit
der Aufsichtsbehörden unabdingbar (vgl. die bundesrätliche Botschaft
vom 27. Mai 1998 über die Revision des Bundesgesetzes über die Banken
und Sparkassen, BBl 1998 3885 ff., und ROLF WATTER/RALPH MALACRIDA, Das
Börsengesetz im internationalen Kontext, in: Christian J. Meier-Schatz
[Hrsg.], Das neue Börsengesetz der Schweiz, Bern 1996, S. 137; WEIGL,
aaO, S. 106 f.). Das Funktionieren der internationalen Aufsicht gehört
seinerseits zu den wesentlichen Interessen der Schweiz, weshalb auch aus
diesem Grund das Bankgeheimnis im Allgemeinen gegenüber der Leistung
von Amtshilfe zurückzutreten hat. Zu beachten ist zudem, dass die von
der Bankenkommission erteilten Informationen ausschliesslich zur direkten
Beaufsichtigung der Börsen und des Effektenhandels zu verwenden sind (Art.
38 Abs. 2 lit. a BEHG [SR 954.1]) und ihre Weiterleitung an andere Behörden
deren vorgängigen Zustimmung bedarf (Art. 38 Abs. 2 lit. c BEHG). Das
Bundesaufsichtsamt hat gegenüber der Bankenkommission zugesichert, die
Bedingungen einzuhalten, unter denen die Schweiz bereit ist, Amtshilfe zu
leisten. Es ist jedoch Sache der Bankenkommission, bei der Übermittlung
der Informationen hierauf noch einmal ausdrücklich aufmerksam zu machen
(vgl. BGE 125 II 65 E. 9 S. 75).