Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 541



125 II 541

55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5.
Oktober 1999 i.S. Stadt Zürich gegen Regina Stauffer und Mitbeteiligte
sowie Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Anspruch auf Unvoreingenommenheit gerichtlicher Experten; Art. 58
Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK.

    Ablehnung eines gerichtlich bestellten Experten, der in einer
vergleichbaren Angelegenheit im gleichen Zeitraum für eine der Parteien
ein Gutachten erstattete (E. 4).

    Besoldung der Zürcher Kindergartenlehrkräfte; Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV,
Art. 3 und 6 Gleichstellungsgesetz.

    Berücksichtigung der gegenüber den Primarlehrkräften tieferen
Arbeitszeit der Kindergartenlehrkräfte (E. 2).

    Arbeitsbewertung des Berufs der Kindergartenlehrkräfte und
Festlegung der Besoldung: Gestaltungsspielraum des Gemeinwesens;
Verbot der Lohndiskriminierung; Beurteilung von Rechts- und Tatfragen;
Diskriminierungsvermutung (E. 5 und 6).

Sachverhalt

    Regina Stauffer und weitere Kindergartenlehrkräfte erhoben am 29. März
1996 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Stadt
Zürich wegen Lohndiskriminierung. Sie verlangten Lohnnachzahlungen sowie
ab dem 1. Januar 1996 Lohnauszahlungen entsprechend der Einstufung 18
der kantonalen Besoldungsklasse (BVO/ZH).

    Mit Klage vom 24. März 1997 gegen die Stadt Zürich und den
Kanton Zürich beantragten der Schweizerische Verband des Personals
öffentlicher Dienste (VPOD) und der Verband Kindergärtnerinnen Zürich
beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, es sei festzustellen, dass die
Besoldung der Kindergärtnerinnen (75% der Besoldung der Primarlehrkräfte
bzw. 80% der kantonalen Besoldungsklasse 18 BVO/ZH) diskriminierend sei,
und es seien die Städtische Volksschullehrer-Verordnung bzw. die kantonalen
Besoldungsempfehlungen für die Kindergärtnerinnen entsprechend zu ändern.

    Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen den Kanton Zürich am
10. Juli 1997 mangels Passivlegitimation des Beklagten ab und vereinigte
die Klage gegen die Stadt Zürich mit derjenigen von Regina Stauffer und
Mitbeteiligten.

    Mit Urteil vom 3. Februar 1999 hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich die beiden Klagen teilweise gut. Es kam zum Ergebnis,
eine Lohndifferenz von 18% zwischen den Kindergartenlehrkräften und
den Primarlehrkräften sei gerechtfertigt; der darüber hinaus gehende
Besoldungsunterschied von 7% sei jedoch diskriminierend und verstosse
gegen Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV und gegen Art. 3 des Bundesgesetzes vom
24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG; SR 151). Es
verpflichtete daher die Stadt Zürich zu entsprechenden Lohnnachzahlungen.

    Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts hat die Stadt
Zürich beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das
Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Parallel zu diesem Verfahren hat
das Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Regina Stauffer
und Mitbeteiligten gegen dasselbe Urteil des Verwaltungsgerichts beurteilt,
BGE 125 II 530).

Auszug aus den Erwägungen:

           Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV und Art. 3 GlG haben
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn für
gleichwertige Arbeit und dürfen auf Grund ihres Geschlechts weder direkt
noch indirekt benachteiligt werden (BGE 125 I 71 E. 2; 125 II 385 E. 3a
S. 387 mit Hinweisen). Vorliegend steht keine direkte Diskriminierung
zur Diskussion.

    Eine indirekte geschlechtsbedingte Diskriminierung liegt vor,
wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich
mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts ohne sachliche
Begründung gegenüber jenen des anderen Geschlechts erheblich benachteiligt
(Botschaft vom 24. Februar 1993 zum Gleichstellungsgesetz, BBl 1993 I
1248 ff., 1295 f.; BGE 125 I 71 E. 2a S. 79; 124 II 409 E. 7 S. 424 f. mit
Hinweisen). Eine Ungleichbehandlung, welche nicht spezifisch Angehörige des
einen Geschlechts betrifft, fällt demgegenüber nicht in den Geltungsbereich
von Art. 4 Abs. 2 BV bzw. des Gleichstellungsgesetzes, sondern beurteilt
sich einzig nach Art. 4 Abs. 1 BV (vgl. BGE 125 I 71 E. 2a S. 79; 125 II
385 E. 3b S. 387 mit Hinweisen).

    b) Gemäss Art. 29 der städtischen Verordnung vom 15. November 1989
über die Anstellungsbedingungen und Besoldungen der Volksschullehrer
(Städtische Volksschullehrer-Verordnung, SVL) entspricht der Lohn der
Kindergärtnerinnen 75% der Primarlehrerbesoldung. Die Beschwerdeführerin
hält diese tiefere Entlöhnung aus zwei Gründen für gerechtfertigt:
Einerseits seien die qualitativen Anforderungen unterschiedlich;
andererseits sei das Arbeitspensum der Kindergärtnerinnen tiefer als
dasjenige der Primarlehrer.

    c) Das Verwaltungsgericht unterschied zwischen der Frage des
quantitativen Arbeitspensums und derjenigen des qualitativen
Arbeitswertes. Bezüglich des Pensums ging es davon aus, eine
Diskriminierung der Kindergärtnerinnen sei glaubhaft gemacht, weil
einzig bei diesem typischen Frauenberuf und nicht auch etwa bei
den Mittelschullehrern die tiefe Stundenverpflichtung zur Annahme
eines reduzierten Beschäftigungsumfangs geführt habe. Damit habe die
Beschwerdeführerin gemäss Art. 6 GlG den Nachweis für die behauptete
Arbeitszeitdifferenz zu erbringen. Diesen Nachweis hielt das Gericht
indessen teilweise für erbracht. Auf Grund einer vom Institut für
Angewandte Psychologie (IAP) erstellten Studie vom 30. Dezember 1995 nahm
es an, die durchschnittliche effektive Arbeitszeit der Kindergärtnerinnen
sei 13% tiefer als diejenige der Primarlehrkräfte. Damit rechtfertige
sich ein Lohnunterschied in diesem Ausmass.

    d) Die Beschwerdeführerin anerkennt die IAP-Untersuchung über
die Arbeitszeit und schliesst sich in diesem Punkt ausdrücklich der
verwaltungsgerichtlichen Beurteilung an. Damit ist die Frage des
Arbeitspensums nicht mehr umstritten. Bei dieser Sachlage stellt
sich die Frage nach der Diskriminierungsvermutung und der Beweislast
nach Art. 6 GlG nicht mehr. Es ist deshalb nicht von Bedeutung, ob
das Verwaltungsgerich mit Recht die Beweislast der Beschwerdeführerin
auferlegt hatte. Die Rüge der Verletzung von Art. 6 GlG erweist sich
daher als gegenstandslos.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin bestreitet zur Hauptsache die
verwaltungsgerichtliche Beurteilung des Arbeitswertes der
Kindergartenlehrkräfte.

    Das Verwaltungsgericht stellte bezüglich der qualitativen Anforderungen
auf die Ergebnisse der vom Kanton im Zusammenhang mit der Strukturellen
Besoldungsrevision eingesetzten Arbeitsgruppe ab. Diese hatte für die
Funktion Kindergartenlehrkräfte 464 Arbeitswertpunkte ermittelt. Das
Verwaltungsgericht berücksichtigte ferner ein durch den Experten
Dr. Christian Katz verfasstes arbeitswissenschaftliches Gutachten
zur Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe zwischen den Funktionen
Primarlehrer/in und Kindergärtner/in eine Differenz bezüglich des
Arbeitswertes bestehe. Gestützt auf diese Grundlagen und auf Grund eigener
Überlegungen kam das Gericht zum Ergebnis, eine Lohndifferenz von 5%
zum Nachteil der Kindergärtnerinnen sei durch die geringere Wertigkeit
ihrer Arbeit gerechtfertigt. Für die verbleibende Differenz von 7% sei
die Vermutung der Diskriminierung nicht widerlegt und in diesem Umfang
daher die Klage gutzuheissen.

    Die Frage des Arbeitswertes und der qualitativen Anforderungen ist
nachfolgend in Erwägung 5f. zu prüfen. Vorerst ist indessen eine formelle
Rüge zu beurteilen.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin macht vorerst geltend, der vom Gericht
beauftragte Gutachter sei nicht unvoreingenommen und unbefangen gewesen.

    a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird die
Verfahrensgarantie von Art. 58 Abs. 1 BV und von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
(SR 0.101) sinngemäss auch auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit von Sachverständigen angewendet (BGE 120 V 357 E. 3a
S. 364 f.; 122 IV 235 E. 1c S. 237; 118 Ia 144 E. 1c S. 146; vgl. auch
124 I 34 E. 3d S. 39; anders BGE 116 Ia 135 E. 2c S. 137; ANDREAS
DONATSCH, Zur Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Sachverständigen,
Festschrift v. Castelberg, Zürich 1997, S. 46 f.). Daraus ergibt sich ein
Anspruch auf Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit
von gerichtlichen Experten. Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände
vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines
Richters bzw. Sachverständigen zu erwecken. Es braucht nicht nachgewiesen
zu werden, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn
Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der
Voreingenommenheit objektiv zu begründen vermögen (BGE 124 I 121 E. 3a
S. 123 mit Hinweisen).

    b) Nicht jede irgendwie geartete Beziehung zwischen dem Experten
einerseits und den Parteien bzw. der zu beurteilenden Frage begründet
für sich allein den Verdacht der Befangenheit (vgl. BGE 121 I 225 E. 3
S. 230). So ergibt sich eine solche nicht schon daraus, dass ein Experte
im gleichen Institut arbeitet wie ein Kollege, dessen Meinungsäusserung
zu beurteilen ist; denn sonst könnte in vielen Fällen überhaupt kein
geeigneter Experte gefunden werden (Urteil des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte i.S. Brandstetter vom 28. August 1991, Serie A,
Band 211, Ziff. 44 f. = EuGRZ 1992 S. 190). Ebenso wenig ergibt sich
eine Befangenheit bereits daraus, dass der Experte etwa als Spitalarzt
Angestellter des Gemeinwesens ist (BGE 118 II 249 E. 2a S. 251 f.).

    c) Der vom Verwaltungsgericht bestellte Experte Dr. Katz hat
1993 im Auftrag der "Aktion Gsundi Gsundheitspolitik" ein Gutachten
erstellt. Im Jahre 1996 verfasste er für den VPOD im Hinblick auf dessen
Lohnklagen einen Untersuchungsbericht über die Arbeitsbewertung bei
Physiotherapeutinnen, Ergotherapeutinnen und Krankenschwestern. Am 25. Juni
1997 nahm er im Rahmen dieses Klageverfahrens wiederum im Auftrag des
klagenden VPOD Stellung zu den Ausführungen des beklagten Kantons Zürich.

    Im Lichte der genannten Rechtsprechung vermögen diese Umstände
erhebliche objektive Zweifel an der Unbefangenheit des Experten zu
begründen. Zwar richteten sich jene Lohnklagen nicht gegen die Stadt
Zürich, sondern gegen den Kanton Zürich und waren andere Berufsgruppen
betroffen als im hier streitigen Verfahren. Indessen handelte es
sich ebenfalls um Lohngleichheitsklagen, die von Vertretern typischer
Frauenberufe gestützt auf das Gleichstellungsgesetz bzw. auf Art. 4 Abs. 2
Satz 3 BV erhoben wurden. Die Bewertungsfragen und die damit verbundenen
Problemstellungen sind weitgehend die gleichen wie diejenigen, die sich im
Zusammenhang mit den Kindergärtnerinnen stellen. In der Stellungnahme vom
25. Juni 1997 äussert sich denn der Experte auch nicht in erster Linie
spezifisch zu der Einstufung der genannten Berufe, sondern kritisiert
in allgemeiner Weise die Methode der Vereinfachten Funktionsanalyse, die
auch der hier fraglichen Bewertung der Kindergärtnerinnen zu Grunde liegt.
Der Umstand, dass der Beklagte ein anderes Gemeinwesen ist und formell
die Besoldung hier nach städtischem, dort nach kantonalem Recht erfolgt,
kann dabei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht entscheidend
sein. Denn die städtischen Kindergärtnerinnenlöhne stehen materiell
mit den kantonalen Empfehlungen im Einklang, und die Stadt Zürich ist
offensichtlich bestrebt, sich dem kantonalen Niveau anzupassen. Hinzu
kommt, dass die Tätigkeit von Dr. Katz als Parteigutachter mehrere
Verfahren betraf und sich zudem zeitlich mit dem hier streitigen
Gutachtensauftrag beinahe überschnitt: Am 10. Juli 1997, also nur rund
zwei Wochen nach der Parteistellungnahme von Dr. Katz, beschloss das
Verwaltungsgericht, diesen als gerichtlichen Experten in Aussicht zu
nehmen; der schriftliche Auftrag erfolgte am 23. September 1997. Der
Umstand, dass Dr. Katz nur wenig später, nachdem er für den VPOD eine
Parteistellungnahme verfasst hatte, als gerichtlicher Gutachter in einem
Prozess eingesetzt wurde, in welchem der VPOD als Kläger auftrat und
in welchem sich weitgehend die gleichen Fragen stellen, stellt einen
objektiven Grund für die Annahme von Befangenheit dar. Dabei kann
nicht ausschlaggebend sein, dass der VPOD ein grosser Verband ist und
die für das Kindergärtnerinnen-Verfahren zuständigen Personen des VPOD
von der Expertentätigkeit von Dr. Katz für diesen Verband in anderem
Zusammenhang nichts gewusst hätten. Wohl muss eine Tätigkeit für einen
grösseren Verband oder ein grösseres Gemeinwesen nicht unbedingt zu einer
Befangenheit führen, wenn es um unterschiedliche Fragen und verschiedene
Stellen innerhalb der grösseren Organisation geht (vgl. BGE 116 Ia 485
E. 3a/b S. 488 f.). Die Gefahr der Voreingenommenheit ist aber zumindest
dann zu bejahen, wenn die Tätigkeit für den Verband eine ähnliche oder
gleiche Fragestellung betrifft und zudem fast zeitgleich stattfindet.

    d) Der Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter ist formeller
Natur. Seine Verletzung führt dazu, dass das fragliche Gutachten von
Dr. Katz als Beweismittel auszuschliessen ist, unabhängig davon, wie es
sich mit den gegen das Gutachten erhobenen materiellen Einwendungen verhält
(BGE 120 V 357 E. 4 S. 367). Die Beschwerde erweist sich insofern als
begründet. Ob dies zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt,
ist indessen davon abhängig, inwiefern das Urteil auf das unzulässige
Gutachten abstellt. Das ist im Folgenden im Zusammenhang mit der Frage
nach der Bedeutung fachlicher Gutachten in Lohngleichheitsverfahren und
auf Grund der materiellen Beurteilung zu prüfen.

Erwägung 5

    5.- a) Die vorliegend umstrittene städtische Besoldungsverordnung, nach
welcher die Kindergärtnerinnen-Besoldung 75% der Primarlehrer-Besoldung
ausmacht, basiert nicht direkt auf einem von der Stadt Zürich selber
durchgeführten Arbeitsbewertungsverfahren. Sie stimmt aber im Ergebnis
mit den kantonalen Empfehlungen überein. Diese basieren ihrerseits
auf einer Bewertung der Funktion Kindergärtnerin, welche von einer
kantonalen Arbeitsgruppe zwar ausserhalb, aber in Koordination mit dem
Projekt Strukturelle Besoldungsrevision für das kantonale Lehrpersonal
durchgeführt wurde. Diese Bewertung führte zur Einstufung der Funktion
Kindergärtnerin in eine Klasse, die der kantonalen Besoldungsklasse 18
BVO/ZH entsprach (und damit eine Lohnklasse tiefer liegt als diejenige
der Primarlehrkräfte).

    Das Verwaltungsgericht erwog, damit sei eine Lohndifferenz
von ca. 5% (zusätzlich zu derjenigen infolge des tieferen Pensums)
gerechtfertigt. Wenn die Stadt die Kindergärtnerinnen tiefer einstufe,
sei deshalb eine Lohndiskriminierung glaubhaft gemacht und gemäss Art. 6
GlG zu vermuten. Es sei Sache der Beschwerdeführerin, diese Vermutung
zu widerlegen. Das Gericht stellte zu diesem Zweck dem Gutachter die
Expertenfrage: "Besteht - auf Grund einer analytischen Arbeitsbewertung
und unter Ausklammerung der Frage des Arbeitspensums - zwischen den
Funktionen Primarlehrer/in und Kindergärtner/in eine Differenz bezüglich
des Arbeitswertes, und wenn ja, wie hoch ist diese Differenz?"

    b) Der Experte schlug entsprechend dieser Fragestellung bei einigen
Kriterien eine von der Arbeitsgruppe VFA abweichende Einstufung vor,
was insgesamt zu 471 Arbeitswertpunkten und ebenfalls zur Einreihung in
die Lohnklasse 18 führte. Massgeblich gestützt auf die Vorschläge des
Gutachters kam das Verwaltungsgericht zu folgenden Ergebnissen: Kriterium
Einstufung Vorschlag Urteil Ver- zum Vergleich:
                 Arbeitsgruppe  Gutachter     waltungs-
                 Primarlehrkräfte VFA                          gericht
K1 (Ausbil- 3,0 2,5 2,5 3,0 dung und
Erfahrung) K2 (geistige 3,0 3,5 3,5 3,5
Anforde- rungen) K3 (Ver- 3,5 3,5 3,5
3,5 antwortung) K4 (Psychi- 2,5 3,0 2,5
3,0 sche Bean- spruchung) K5 (physische 2,5 2,5 2,5
2,0 Anforde- rungen) K6 (Beanspr. 2,0 2,5 2,5
2,0 Sinnes- organe)

    Gegenüber den Einstufungen der kantonalen Arbeitsgruppe reduzierte
somit das Gericht gestützt auf die Empfehlungen des Gutachters die
Einstufung bei Kriterium K1 um 0,5, erhöhte sie dafür bei K2 und K6 um
je 0,5. Einzig bei Kriterium K4 wich es auf Grund eigener Überlegungen
vom Gutachten ab und schloss sich, wie auch bei den übrigen Kriterien,
der Einstufung der Arbeitsgruppe an. Gesamthaft kam das Verwaltungsgericht
damit zu 466 Arbeitswertpunkten.

    c) Mit der Fragestellung an den Experten hat das Verwaltungsgericht
die Rolle des Gutachters in einem Lohngleichheitsverfahren verkannt: Den
zuständigen Behörden kommt bei der Ausgestaltung eines Besoldungssystems im
öffentlichen Dienst ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu; sie können
aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandselemente
auswählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen (BGE
123 I 1 E. 6b/c S. 8; 121 I 49 E. 4c S. 53 f.). Das Lohngleichheitsgebot
schränkt diesen grossen Ermessensspielraum nicht grundsätzlich ein. Ob
verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, kann nicht
wissenschaftlich objektiv und wertfrei entschieden werden, sondern
hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können. Es
gibt verschiedene arbeitswissenschaftliche Bewertungsverfahren,
die sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen
unterscheiden. Das Diskriminierungsverbot schreibt nicht eine "richtige"
Lösung vor, sondern lässt unterschiedliche Bewertungsverfahren und -
kriterien zu. Es verbietet jedoch eine geschlechtsdiskriminierende
Bewertung, das heisst eine Bewertung, welche Unterschiede in der Besoldung
an geschlechtsspezifische Merkmale anknüpft, ohne dass dies durch die Art
der auszuübenden Tätigkeit sachlich begründet wäre (BGE 125 I 71 E. 2c/aa
S. 79 f.; 124 II 409 E. 9b S. 427 mit Hinweisen).

    Eine Arbeitsplatzbewertung verstösst nicht schon dann gegen das
Verbot der Lohndiskriminierung, wenn eine andere Bewertung ebenfalls
mit guten Gründen vertretbar wäre oder gar aus der Sicht bestimmter
arbeitswissenschaftlicher Theorien besser begründet erschiene, sondern
nur dann, wenn bei der Bewertung geschlechtsspezifische Diskriminierungen
bei der Auswahl oder Gewichtung der Kriterien oder der Einreihung der
einzelnen Funktionen erfolgen (vgl. BGE 125 II 385 E. 5d S. 391; 124 II
409 E. 10b S. 429 mit Hinweisen).

    d) Die Beurteilung, ob eine Diskriminierung vorliegt, umfasst sowohl
Tat- als auch Rechtsfragen: Tatfragen sind z.B. Vorliegen und Höhe von
Lohnunterschieden, Beschreibung der Tätigkeiten u.dgl.; Rechtsfrage ist,
ob Unterschiede in der Tätigkeit bzw. Funktion hinreichend sind, um einen
Lohnunterschied zu rechtfertigen (vgl. BGE 124 II 409 E. 4c S. 422 f.).
Rechtsfragen sind nicht von einem Gutachter, sondern vom Gericht zu
entscheiden (BGE 118 Ia 144 E. 1c S. 146). Die Frage, ob ein System
diskriminierend sei, kann - soweit deren Beurteilung von Rechtsfragen
abhängt - daher nicht von arbeitswissenschaftlichen Experten beurteilt
werden (BGE 125 II 385 E. 5b S. 390; 124 II 409 E. 4c S. 423). Ebenso
wenig hat ein Experte zu beurteilen, ob ein bestimmtes Lohnsystem
"richtig" oder "angemessen" sei (BGE 125 II 385 E. 5c S. 391 und E. 6
S. 392 f.). Demgegenüber gehören zu den beweisbedürftigen Sachfragen,
zu deren Beantwortung allenfalls Experten herangezogen werden können,
etwa Fragen, auf welchen Kriterien die Lohneinstufung erfolgt, wie
die Einstufung verschiedener Funktionen im Vergleich ist, ob sich dabei
Wertungswidersprüche zeigen oder ob durch die vorgenommene Bewertung eine
geschlechtsspezifische Funktion benachteiligt wurde (vgl. BGE 125 II 385
E. 6b S. 393).

    e) Die Frage an den Gutachter ist deshalb, wie das Verwaltungsgericht
selber erkannte, zu weit gefasst. Der Experte prüfte entsprechend
der Fragestellung denn auch nicht, ob die Einstufung der Funktion
Kindergärtnerin bei den einzelnen Bewertungskriterien auf eine Weise
erfolgte, welche spezifisch weibliche Funktionen benachteiligt; er
schlug vielmehr jeweils eine bestimmte Einstufung vor, ohne sich zur
Geschlechtsbezogenheit zu äussern. Das Gutachten hat damit nicht die
rechtserheblichen Fragen beantwortet. Es kommt ihm deshalb nicht die
Bedeutung zu, die ihm das Verwaltungsgericht beimass.

    Da das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 114 Abs. 1 OG), ist im Folgenden
zu prüfen, ob das angefochtene Urteil im Ergebnis auch dann rechtmässig
ist, wenn auf das Gutachten nicht abgestellt wird.

Erwägung 6

    6.- a) Das Verwaltungsgericht hat mit Recht eine Diskriminierung
vermutet: Der blosse Umstand, dass eine frauenspezifische
Tätigkeit tiefer besoldet wird als eine bestimmte männliche oder
geschlechtsneutrale Vergleichstätigkeit, begründet zwar für sich
allein noch nicht die Vermutung einer Diskriminierung; andernfalls
wären alle (männlichen oder weiblichen) geschlechtsspezifischen
Tätigkeiten vermutungsweise diskriminiert, da sich praktisch immer
eine höher besoldete geschlechtsneutrale Funktion finden lässt
(BGE 124 II 409 E. 9a S. 426). Anders verhält es sich aber, wenn zum
Nachteil einer frauenspezifischen Tätigkeit von einer systematischen
Arbeitsplatzbewertung abgewichen wird. Wohl kann eine Funktionsanalyse
nicht als wissenschaftliches Instrument zur objektiven Festlegung von
Arbeitswerten betrachtet werden. Die Bewertung bestimmter Funktionen
im Vergleich mit anderen Funktionen oder in Bezug auf bestimmte
Anforderungskriterien kann nicht objektiv und wertneutral erfolgen,
sondern enthält zwangsläufig einen erheblichen Wertungsbereich,
dessen Konkretisierung davon abhängt, wie eine bestimmte Aufgabe
von der Gesellschaft bzw. vom Arbeitgeber bewertet wird (BGE 125
II E. 5b S. 390). Immerhin macht eine Funktionsanalyse Wertungen
transparent und vergleichbar und erleichtert damit das Aufdecken von
Diskriminierungen. Eine bestimmte Funktionsanalyse kann als solche
frauendiskriminierende Elemente aufweisen, wenn systematisch und ohne
sachlichen Bezug zur entsprechenden Tätigkeit frauenspezifische Merkmale
tiefer bewertet werden als geschlechtsneutrale oder männliche (vgl. dazu
BGE 124 II 409 E. 9c/d S. 427 f.). Ist jedoch eine solche Analyse auf eine
nichtdiskriminierende Weise durchgeführt worden, dann kann sie zwar nicht
den Anspruch erheben, die einzige zulässige Bewertung festzulegen; sie
enthält aber eine gewisse Plausibilität für eine nichtdiskriminierende
Besoldung. Soll davon zum Nachteil eines typisch weiblichen Berufs
abgewichen werden, so ist das begründungsbedürftig und führt in der Regel
zur Vermutung einer Diskriminierung (vgl. BGE 125 I 71 E. 4a S. 82).

    b) Die kantonale Arbeitsgruppe hatte die Funktion Kindergärtnerin
qualitativ in die Besoldungsklasse 18 BVO eingereiht, was in der von den
kantonalen Behörden durchgeführten Vernehmlassung nicht umstritten war. Der
Umstand, dass letztlich für die Kindergartenlehrkräfte eine Empfehlung
in der Höhe von nur 75% der Primarlehrerbesoldung resultierte, ist darauf
zurückzuführen, dass der Kanton ursprünglich von einem quantitativen Pensum
von 80% ausging. Nachdem nun - wie vorliegend nicht mehr streitig ist -
dieses Pensum nicht bloss 80%, sondern 87% des Primarlehrerpensums beträgt
(vgl. oben E. 2d), ist die Besoldungshöhe von 75% nur vertretbar, wenn
der Arbeitswert qualitativ nicht entsprechend der Lohnklasse 18, sondern
17, mithin tiefer eingereiht wird als gemäss Arbeitsbewertung. Damit
wird nachträglich, nachdem sich die ursprüngliche Annahme betreffend
Pensum als unrichtig herausstellt, dafür die Lohnklasse reduziert,
um die ursprüngliche Gesamtlohnhöhe anders zu rechtfertigen. Da sich
das zum Nachteil einer typisch weiblichen Funktion auswirkt, ist eine
Lohndiskriminierung glaubhaft gemacht (vgl. auch BGE 124 II 409 E. 11e
S. 434, 436 u. E. 7c S. 442). Es obliegt daher der Beschwerdeführerin,
diese Vermutung umzustossen.

    c) Es fragt sich, was hierfür das Beweisthema zu sein hat: Die
Beurteilung, ob eine Lohndiskriminierung vorliegt, umfasst sowohl Tat-
als auch Rechtsfragen (vgl. vorne E. 5c). Beweisthema können nur Tatfragen
sein, Rechtsfragen können nicht bewiesen werden, sondern sind von der
Behörde auf Grund der Rechtslage zu beurteilen. Art. 6 GlG begründet
sowohl eine Tatsachen- als auch eine Rechtsvermutung. Aber auch bei
Rechtsvermutungen bezieht sich der Beweis des Gegenteils nicht auf die
Rechtsfragen, sondern nur auf diejenigen Tatsachen, welche geeignet sind,
die Rechtsvermutung umzustossen. Vom Beklagten kann daher auch nach Art. 6
GlG streng genommen nicht verlangt werden, dass er die Nichtdiskriminierung
beweist. Ihm obliegt eine Begründungslast für die Ungleichbehandlung und
die Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen, aus denen er die sachliche
Rechtfertigung der Lohnunterschiede herleitet. Ob diese Tatsachen die
Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen, ist demgegenüber Rechtsfrage.

    d) Vermutungsweise diskriminierend ist die Rückstufung der qualitativen
Arbeitsplatzbewertung von der Lohnklasse 18 in die Klasse 17. Dafür trägt
die Beschwerdeführerin eine Begründungs- bzw. Beweislast.

    e) Die Beschwerdeführerin bestreitet insbesondere die
vorinstanzliche Bewertung der Kindergärtnerinnen im Kriterium K2
(Geistige Anforderungen). Dort hatte die kantonale Arbeitsgruppe, welche
die Besoldungsempfehlungen für Kindergärtnerinnen ausarbeitete, die
Einstufung 3,0 vorgeschlagen. Der Gutachter schlug demgegenüber die Stufe
3,5 vor (gleich wie Primarlehrkräfte). Das Verwaltungsgericht würdigte
eingehend die Beurteilung durch den Experten. Schliesslich führte es
aus, es möge zwar beachtliche Gründe dafür geben, die Kindergärtnerinnen
im Kriterium K2 mit nur 3,0 Punkten einzustufen, doch lasse sich der von
der Beschwerdeführerin zu führende volle Beweis, dass die Einstufung mit
3,0 Punkten zutreffender sei als jene mit 3,5 Punkten, nicht erbringen.

    Diese Ausführungen sind nach dem Gesagten bundesrechtswidrig, und
zwar unabhängig davon, dass die Vorinstanz massgeblich auf das unzulässige
Gutachten abstellte. Der Beschwerdeführerin obliegt nicht die Beweislast
dafür, dass die Einstufung mit 3,0 Punkten zutreffender ist als jene mit
3,5. Massgebend ist einzig, ob die Einstufung mit 3,0 diskriminierend
ist. Das ist entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht zu vermuten: Die
Diskriminierungsvermutung besteht nur für die Abweichung von der aus
der Funktionsanalyse resultierenden Lohnklasse 18, nicht aber für die
bereits in der Funktionsanalyse zu Grunde gelegte Einstufung mit 3,0. Das
Verwaltungsgericht bringt selber nicht vor, dadurch werde ohne sachliche
Begründung auf geschlechtsspezifische Merkmale abgestellt. Im Gegenteil
führt es aus, es bestünden auch für die Einstufung mit 3,0 beachtliche
Gründe. Diese kann demnach nicht als diskriminierend betrachtet werden.

    f) Begründungsbedürftig ist die Abweichung nach unten von den
Resultaten der Funktionsbewertung beim Kriterium K1. Das Verwaltungsgericht
geht davon aus, dass die Einstufung richtigerweise 2,75 lauten müsste,
da die Ausbildung der Kindergärtnerinnen weniger anspruchsvoll sei als
diejenige der Primarlehrkräfte, die mit 3,0 eingestuft worden ist, aber
anspruchsvoller, als für die Stufe 2,5 vorausgesetzt. Wegen Fehlens
von Viertelstufen bei der Methode der Vereinfachten Funktionsanalyse
hatte die Arbeitsgruppe hier aufgerundet, beim Kriterium 2 hingegen
abgerundet. Das Verwaltungsgericht erachtete diese Kompensationsüberlegung
als einleuchtend, erhöhte indessen die Einstufung beim Kriterium
K2 und relativierte dafür die tiefere Einstufung bei K1. Da die
Höherstufung beim Kriterium K2 nach dem Gesagten nicht gerechtfertigt
ist, kann diese nicht mehr herangezogen werden, um beim Kriterium K1
kompensatorisch tiefer zu gehen. Das Verwaltungsgericht stellt fest,
dass die Ausbildungsanforderungen an Kindergärtnerinnen höher sind
als für Stufe 2,5. Das ist eine Sachverhaltsfeststellung, die von
der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten wird und daher
für das Bundesgericht verbindlich ist (Art. 105 Abs. 2 OG). Dass der
Gutachter im Ergebnis trotz einiger Zweifel und unter Berücksichtigung von
Kompensationsüberlegungen die Einstufung 2,5 vorschlug, ist schon deshalb
unerheblich, weil das Gutachten kein taugliches Beweismittel darstellt. Die
vorinstanzliche Beurteilung, dass die Einstufung richtigerweise höher
sein sollte als 2,5, ist daher nicht bundesrechtswidrig.

    g) Wird auf Grund dieser Überlegungen beim Kriterium K2 die Einstufung
3,0 beibehalten, aber entsprechend der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung
beim Kriterium K1 eine Stufe 2,75 angenommen (mit Punkte-Mittelwert
zwischen 2,5 und 3,0), dann ergeben sich anstatt der vom Verwaltungsgericht
errechneten 466 Arbeitswertpunkte deren 447,5. Das liegt immer noch im
Bereich der Lohnklasse 18. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn
die vom Verwaltungsgericht gegenüber der Arbeitsgruppe VFA vorgenommene
Erhöhung beim Kriterium K6 rückgängig gemacht würde. Damit ergäben sich
5,5 Punkte weniger oder insgesamt 442 Arbeitswertpunkte, was ebenfalls noch
im Bereich der Lohnklasse 18 liegt. In den Bereich der Klasse 17 gelangt
man erst, wenn auch in anderen Kriterien eine Tieferbewertung gegenüber der
Arbeitsgruppe VFA erfolgt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch die Vermutung,
dass eine solche Tiefereinstufung diskriminierend wäre, nicht umgestossen.

    h) Im Ergebnis ist somit, auch wenn nicht auf das unzulässige
Gutachten Katz abgestellt wird, die Vermutung nicht widerlegt,
dass die nachträgliche Rückstufung des qualitativen Arbeitswertes der
Kindergärtnerinnen diskriminierend ist. Gestützt auf Art. 6 GlG ist daher
die vorinstanzliche Beurteilung im Ergebnis zutreffend.