Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 518



125 II 518

52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17.
August 1999 i.S. A. gegen Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 159 Abs. 1 und 2 OG. Anspruch der nicht anwaltlich vertretenen
Partei auf eine Parteientschädigung.

    Die besonderen Voraussetzungen, unter denen der nicht anwaltlich
vertretenen Partei nach Art. 159 Abs. 1 und 2 OG eine Parteientschädigung
zusteht (BGE 110 V 72), müssen beim um sein Honorar streitenden amtlichen
Verteidiger nicht erfüllt sein (E. 5b).

Sachverhalt

    Mit Präsidialverfügung vom 16. Oktober 1997 bestellte
der Stellvertretende Präsident des Bezirksgerichtes Zürich
Rechtsanwalt A. zum amtlichen Verteidiger von B., gegen den die
Bezirksanwaltschaft Zürich eine Strafuntersuchung wegen Förderung der
Prostitution im Sinne von Art. 195 StGB führte. Nachdem die ungarischen
Strafverfolgungsbehörden das Strafverfahren gegen B. übernommen hatten,
sistierte die Bezirksanwaltschaft Zürich das bei ihr hängige Verfahren
am 4. August 1998. Am 19. August 1998 stellte Rechtsanwalt A. für
seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger Fr. 4'132.30 in Rechnung. Mit
Präsidialverfügung vom 16. September 1998 entliess der Stellvertretende
Präsident des Bezirksgerichtes Zürich A. als amtlichen Verteidiger und
sprach ihm eine Entschädigung von Fr. 3'356.15 zu.

    Mit Beschwerde vom 24. September 1998 an die Verwaltungskommission des
Obergerichtes des Kantons Zürich stellte A. den Antrag, es sei ihm eine
Entschädigung von insgesamt Fr. 4'085.15 auszurichten. Ausserdem sei ihm
für das obergerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung
zuzusprechen. Am 28. April 1999 hiess die Verwaltungskommission des
Obergerichts die Beschwerde teilweise gut und sprach Rechtsanwalt A. für
seine Bemühungen und Barauslagen als amtlicher Verteidiger von B. im
Strafverfahren zusätzlich Fr. 340.80 zu. Die Kosten des Verfahrens
auferlegte es zur Hälfte Rechtsanwalt A.; zur Hälfte nahm es sie auf
die Gerichtskasse.

    Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. Juni 1999 beantragte
Rechtsanwalt A. unter anderem, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren
eine Parteientschädigung zuzusprechen.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt den
angefochtenen Entscheid auf und spricht dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung zu

Auszug aus den Erwägungen:

                     aus folgender Erwägung:

Erwägung 5

    5.- b) Hingegen fragt es sich, ob dem teilweise obsiegenden
Beschwerdeführer zu Lasten des Kantons Zürich nach Art. 159 Abs. 1 und 2
OG eine Parteientschädigung zuzusprechen ist, obwohl er in eigener Sache
ohne Beizug eines Rechtsvertreters handelte.

    Einer nicht anwaltlich vertretenen Partei steht, unabhängig davon ob
es sich um einen juristischen Laien oder einen Rechtsanwalt handelt,
unter besonderen Voraussetzungen eine Parteientschädigung zu. Der
Tarif über die Entschädigung an die Gegenpartei für das Verfahren
vor Bundesgericht unterscheidet denn auch zwischen den Anwaltskosten
(Art. 3) und der Parteientschädigung, die den Ersatz der Auslagen und eine
angemessene Entschädigung für weitere Umtriebe der Partei selber vorsieht,
«wo besondere Verhältnisse dies rechtfertigen» (Art. 2). Dies ist nach
der Praxis des Bundesgerichts namentlich der Fall, wenn es sich um eine
komplizierte Sache mit hohem Streitwert handelt und die Interessenwahrung
einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen
überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise nebenbei
zur Besorgung der persönlichen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat
(BGE 110 V 72 E. 7, 132 E. 4d; 113 Ib 353 E. 6b).

    Es rechtfertigt sich, dem amtlichen Verteidiger im Strafverfahren
beim Obsiegen in einer staatsrechtlichen Beschwerde betreffend sein
Honorar grundsätzlich eine Parteientschädigung zuzusprechen, ohne
dass die Voraussetzungen der zitierten, auf die Vertretung eigener
persönlicher Angelegenheit zugeschnittenen Rechtsprechung erfüllt
sein müssen. Der um sein Honorar streitende amtliche Rechtsvertreter
nimmt nicht bloss persönliche Interessen wahr, sondern vertritt seinen
Anspruch auf eine in aller Regel minimale Entschädigung (vgl. dazu
BGE 122 I 1 E. 3a) für die Erfüllung einer beruflichen Aufgabe, die
er zudem im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses
wahrnimmt. Dem Beschwerdeführer ist daher für diese Interessenwahrung
im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren im Rahmen des erforderlichen
Aufwandes und nach Massgabe seines Obsiegens eine angemessene
Parteientschädigung zuzusprechen.